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II. Erster Aufenthalt am Lande

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Bis spät in den Abend hinein blieben unsere Freunde bei uns. Es waren fast ausschließlich Männer der unte­ren und mittleren Klassen, die uns zu helfen gekommen waren, und von denen gleich eine Anzahl durch Woodin engagiert wurde, zu pumpen und bei dem am nächsten Morgen zu beginnenden Löschen des Schiffs zu helfen, da die hauptsächlich aus Manilesen bestehende Mann­schaft sehr erschöpft war. Die Mehrzahl dieser Leute waren schlank und gut gewachsen, von dunkelbrauner, selbst schwarzbrauner Körperfarbe, die freilich oft durch das Gelb der aus Curcuma bereiteten Farbe verdeckt wurde, mit der sie sich in verschiedenster Weise bemalt hatten; auf dem Kopfe hatten sie meist eine mächtige aus krausen Locken gebildete Haarkrone, welche hinten in einen kurzen Zopf zusammengebunden war. In ihrem dichten Haargewirr steckte der so charakteristische drei­zackige Kamm mit weit gespreizten Zinken, wie er fast ausschließlich bei allen polynesischen Negerstämmen gefunden wird. Auch in den Gesichtszügen zeigte sich unverkennbar der papuasische Typus ausgeprägt; und schon unter den ersten Besuchern von Peleliu war mir ein kleiner Mann mit ausgesprochenen jüdischen Ge­sichtszügen aufgefallen. Ich kannte damals noch nicht das Reisewerk von Salomon Müller. in dessen prächti­gem Atlas ich später das Porträt eines Bewohners von Gobie auf Neuguinea fand, der ganz gut als der Bruder jenes Mannes von Peleliu hätte gelten können. Dieselbe Beobachtung wird aber von allen Reisenden gemacht, welche mit echten Papuas auf Neuguinea oder mit an­dern Negerrassen im Stillen Ozean wie den Bewohnern der Louisiaden, Fidji-Inseln oder selbst Australiens in Be­rührung kamen; allen ohne Ausnahme fielen solche aus­geprägt jüdische Physiognomien auf, wie man sie nie­mals unter den Stämmen rein malaiischen Ursprungs beobachtet hat. Dass aber die Bewohner von Aibukit neben Papuablut auch malaiisches in den Adern hatten, bewiesen abgesehen von dem meiner Meinung nach keinen Ausschlag gebenden glatten Haar (In dem äußerst dogmatisch gehaltenen Buche von Häckel „Urgeschichte der Schöpfung“ wird ein Stammbaum der Menschen aufgestellt, welchem das glatte oder das krause Haar als ganz scharfes und zutreffendes Merkmal zur Erkennung der Verwandtschaft der verschiedenen Menschenrassen zu Grunde gelegt wird. Es beruht dies wahrscheinlich auf der Untersuchung Pru­ner-Bei's, welcher den Querschnitt des krausen und glatten Haars ziemlich verschieden fand und daraufhin einen wesent­lichen Gegensatz auch sonst in den Rassen annehmen zu können glaubte; denn Pruner-Bei war der erste, der wenigs­tens genauer als bisher den Querschnitt der Haare in ethno­graphischer Beziehung untersuchte. Abgesehen nun davon, dass der Einfluss der Vermischung verschiedener Völker auf die Form des Haars (dessen Querschnitt) bisher nicht unter­sucht worden ist, abgesehen ferner von der Tatsache, dass je­der gewissenhaft beobachtende Reisende überall nur ge­mischte Rassen, nirgends reine findet – sodass die Frage, welchem der Urstämme diese oder jene Form des Haars zu­komme, gar nicht mehr zu entscheiden ist –; und abgesehen endlich davon, dass die Abhängigkeit des Haars in seinem Wachstum von den äußeren Lebensbedingungen absolut un­bekannt ist, also auch darin liegende Fehlerquellen bei der ganz hypothetischen Aufstellung jenes Dogmas vom Gegen­satz des krausen und glatten Haars gar nicht vermieden wer­den konnten: abgesehen von alledem stehen weder die Beob­achtungen Pruner Bei's mit seinen theoretischen Behauptun­gen vor allem das breitknochige fast viereckige Gehauptungen in so vollständigem Einklang, dass sie überhaupt beachtet zu werden verdienten, noch gehen seine Annahmen parallel mit den analogen Hypothesen anderer Ethnologen, welche glau­ben, durch einige Maße die typische Schädelform jedes Stam­mes feststellen, durch die Übereinstimmung in den Maßen auch die Menschenrassen ethnologisch gruppieren zu kön­nen. Hypothetische Voraussetzungen – und weiter nichts, ich wiederhole, ist Häckel’sche Menschenstammbaum – können nur dann einigen Anspruch Beachtung machen, wenn sie sich gegenseitig decken; widerspricht die eine andern, so sind sie gewiss beide verkehrt.) vor allem das breitknochige fast viereckige Gesicht mit den stark hervortretenden Ba­ckenknochen und die äußerst kleinen Augen.

Am nächsten Morgen wurden wir früh durch vorneh­men Besuch überrascht. Am Abend schon hatte uns Krei seinen Adoptivsohn, den kleinen Cordo, entführt; morgens kehrten sie beide zurück in Begleitung eines breitschulterigen, ausnehmend gutmütig aussehenden Mannes, des vornehmsten Fürsten im Staate Aibukit, Mad. Mit ihm kamen eine Anzahl anderer Fürsten und auch mehrere junge Mädchen, von denen zwei sich im­mer an der Seite Mad's hielten, während die andern in ziemlich freier Weise zwischen den fremden Matrosen mit ihren von der Taille bis zum Knie reichenden und seitlich die Schenkel ganz frei lassenden Blätterkleidern dahin rauschten. Fast alle trugen sie eine duftende Blu­me im Ohr. Die Männer, teilweise ganz nackt oder nur mit einem Lendengürtel bekleidet, den sie oft genug auch in der Hand hielten, blieben mit Ausnahme weniger Vornehmer ganz im Vordergrunde des Schiffs, weit ent­fernt von Krei und Mad, sodass ich durch die Achtung, welche beiden gezollt wurde, schon ihre hohe Würde hätte erraten können, selbst wenn ich nicht durch Woo­din und Johnson längst gehört hätte, dass ich hier die zwei mächtigsten Fürsten des Dorfs und Staats Aibukit vor mir sähe.

Dr. Karl Semper und seine Studien auf den Palau-Inseln im Sillen Ozean

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