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2.5BERND HEBECKER – DEUTSCHLANDS ERSTER DARTSPROFI
ОглавлениеBernd Hebecker heute
Er ist ein Frontier. Womit die Amerikaner respektvoll und löblich der Art von Menschen huldigen, die als Grenzgänger Neuland betreten. Was Bernd Hebecker als wahren Pionier auszeichnet, ist die unumstößliche Tatsache, dass er als erster Profi in der deutschen Dartshistorie zu Buche schlägt, und zwar zwischen 1996 und 1999. Nicht nur das. Bernd Hebecker ist zudem der erste deutsche Akteur gewesen, der sich für die BDO-WM qualifizieren konnte. Leider verlor er 1992 sein Auftaktmatch gegen den Dänen Jann Hoffmann 0:3.
Bereits 1984 hatte Bernd Hebecker bei den World Masters für Furore gesorgt. Bei seinem imposanten internationalen Einstand wurde er nicht nur vom TV-Sender Radio Bremen nach West Kensington begleitet, sondern bezwang, nachdem er sich in den gastlichen Räumen des The Albion, einem sehr traditionsreichen Londoner Pub, warmgespielt hatte, am 7. Dezember in der Rainbow Suite im erlesenen 128er-Feld bei seinem Auftaktmatch überraschend und cool Zigarette rauchend den Schotten Alan Meldrum.
„Dieser Sieg war schon beeindruckend“, kommentierte der Bremer vor laufender Kamera und fuhr fort, „und danach die Chance zu bekommen, gegen John Lowe spielen zu dürfen, ist einfach großartig. Leider habe ich natürlich verloren. Aber für mich war das schon ein großes Erlebnis. Manche Spieler warten ihr ganzes Leben darauf, gegen die Nummer eins oder zwei in der Welt spielen zu dürfen. Und ich habe es geschafft!“, zeigte sich der Anästhesieassistent glückselig. Für ihn war ein großer Traum in Erfüllung gegangen. Das Turnier entschied letztendlich Eric Bristow für sich.
1985 gewann Bernd Hebecker erstmalig den German Gold Cup und wiederholte den Erfolg drei Jahre später. Zwischendurch siegte er 1986 bei den German Open und entpuppte sich 1988 als Bester der Dortmund Open. 1992 erstritt er sich als bester Deutscher beim Europe Dartscup im finnischen Kerava Rang drei im Herren-Einzel, nachdem er sich im Halbfinale John Lowe knapp 3:4 geschlagen geben musste.
1992 wartete er außerdem mit dem Erreichen des Achtelfinales bei den British Open auf. 1996 stand er zudem bei den French Open im Halbfinale. 1994 und 1995 bekleidete er im DDV das Amt des Präsidenten. Bernd Hebecker wurde am 5. Oktober 1955 in Bremen geboren und lebt dort heute noch. Ab und zu spielt er noch Darts. So ganz nebenbei.
Grenzgänger ereilt oftmals das Schicksal, dass ihre Fußstapfen von der nachfolgenden Herde förmlich überrannt und zertreten werden, sich ihre Spuren kaum noch auffindbar, im Nirgendwo verflüchtigen. Leider! Gott sei Dank war das Darts1-Team auf der richtigen Fährte und hat ihn gefunden. Back to the roots – immer wieder ein lohnender Ausflug, zumal, wenn sich daraus ein interessantes Gespräch entspinnt:
Shakehands zwischen Bernd Hebecker und Martin Adams
Darts1: Bernd, der DDV wurde am 21. August 1982 in Wiesbaden von Edgar Martin (DV München), Jerry Marcuerquiaga (DV Wiesbaden), Sigurd Schmitz (DV Bremen), Ulli Abendroth (DDV Frankfurt), Ludger Pelka (DC Zocker Datteln), Klaus-Peter Meißner (DC Hameln 79), Hans Jürgen Ruge (Oststeinbecker DV), Günter Seidel (Jolly Dartteam Berlin-Spandau), Hans Studt (DC Lübeck) sowie Peter Hummel als kommissarischer Sprecher gegründet. Welche Erwartungen hatten die Verantwortlichen mit der Gründung verknüpft?
Bernd Hebecker: Der Verband sollte sicherstellen, dass die Spieler gut informiert werden und so über eine gesunde Planungssicherheit verfügen würden. Die Nationalmannschaft war als Aushängeschild auserkoren und musste deswegen finanziert werden. Das ist natürlich viel einfacher gesagt als getan. Ich hatte als Spieler immer eigene Sponsoren und war von 1996 bis 1999 Profi. Förderer für einen Verband zu erwerben, ist eine ganz andere Geschichte, viel komplexer.
Darts1: Welchen Stellenwert hatte der DDV in den 1980er- und 1990er-Jahren?
Bernd Hebecker: Da der DDV viele Mitglieder hatte, stieg der Stellenwert mit den Beitragszahlungen an die World Darts Federation, kurz WDF. Uns fehlte jedoch ein Spitzenspieler oder eine Spitzenspielerin mit absolutem Weltklassepotenzial, beziehungsweise -format. 1992 wurde ich EM-Dritter im Herren-Einzel und durfte so die Profi-WM spielen. Ein erster Schritt nach vorne und in die richtige Richtung.
Darts1: Wie versuchte man, sich einen Namen zu machen und sich zu etablieren?
Bernd Hebecker: Es hilft ungemein, gut zu spielen. Im Ernst jetzt: Es steckt jedoch viel harte Arbeit und viel Training dahinter. Du musst spielen, spielen, spielen. Ich war nicht das geborene Supertalent, also war es für mich noch härter.
In Deutschland war es enorm wichtig, sich in der DDV-Rangliste zu etablieren. So bekommen die Gegner Respekt. Je mehr man international spielt, desto besser wird man. Das ist heute noch so!
Darts1: Wie wart ihr in Bremen organisiert?
Bernd Hebecker: In Bremen waren wir sehr schnell, sehr gut organisiert – dank Fips Sattler. Sehr schnell hatten wir eine gut funktionierende Kneipenliga aufgebaut und außerdem große Turniere veranstaltet. Es boomte in Bremen, und wir hatten einen Riesenzulauf zu verzeichnen.
In den ersten Jahren der Bremen Open konnten wir über 1.000 Teilnehmer zählen. Nach den niederländischen Dartsevents waren die Bremen Open außerhalb Großbritanniens die größte Veranstaltung.
Darts1: Wie viele Spieler und Vereine gab es damals?
Bernd Hebecker: Vereine eher wenige, vielleicht vier oder fünf, dafür aber reichlich Spieler. Bei uns in Bremen hat es uns sehr geholfen, dass das Fernsehen und der Senat sehr schnell eingestiegen sind, vor allem nachdem ich 1984 Deutscher Meister geworden war. So viele Deutsche Meister hatte Bremen ja auch nicht.
Darts1: Wie liefen die ersten Turniere ab?
Bernd Hebecker: Mit Phil Harrison an meiner Seite sehr gut. Wie gesagt, wir hatten die BDO-Rules eingeführt und konnten schon damals die Bremen Open mit Rekordzahlen und mit Rekordpreisgeldern durchführen. In anderen Städten war das allerdings nicht so.
Darts1: Wurde deines Wissens auch in der damaligen DDR Darts gespielt?
Bernd Hebecker: No!
Darts1: Immer wieder gab es Rücktritte, oder Akteuren wurde das Vertrauen entzogen. So konnte sich der Verband nur schwerlich weiterentwickeln. Hat man rückblickend auf die falschen Leute gesetzt oder waren diese schlichtweg überfordert?
Bernd Hebecker: Die meisten Handelnden hatten einfach keinerlei Unterstützung seitens ihrer „Lokalfürsten“. Und Deutschland war und ist eine Neidgesellschaft. Es erinnert alles ein wenig an die Politik – viel Gelaber, wenig Ertrag.
Darts1: Wie vermochte es der Verband, dennoch zu wachsen?
Bernd Hebecker: Die Leute hatten einfach Spaß am Spiel und der damit verbundenen Geselligkeit. Viele Freundschaften sind in dieser Zeit entstanden. Kein Wunder, wenn man sich immer wieder auf Turnieren begegnete. Die Stimmung und Atmosphäre waren einfach gut.
Darts1: Das Anwachsen des Verbandes implizierte sicherlich einige Herausforderungen. Welche explizit?
Bernd Hebecker: Logistische, natürlich finanzielle und informelle!
Darts1: 1984 wurdest du Präsident im DDV, nachdem Rolf Kahrau und Peter Hummel freiwillig zurückgetreten waren. Zuvor hatte der 1. Bremer Dartclub einen Antrag auf Suspendierung der beiden gestellt. Was hatte es damit auf sich?
Bernd Hebecker: Ich kann mich nur noch an gewisse Unregelmäßigkeiten erinnern …
Darts1: Zunächst wurdest du ja nur auf ein Jahr zum Präsidenten gewählt, dann aber für ein weiteres Jahr bestätigt. Was waren deine damaligen Ziele?
Bernd Hebecker: Ich wollte den Dartsport internationaler machen, ein einheitliches Regelwerk einführen und den Verband auf finanziell gesunde Füße stellen. Ich wollte grundsätzlich immer eine Nationalmannschaft zu den großen Turnieren entsenden, um einen größeren Stellenwert zu erlangen, um mehr Öffentlichkeit in Sachen Darts zu gewinnen.
Darts1: Wie hast du versucht das zu erreichen?
Bernd Hebecker: Zuerst habe ich die BDO-Regeln für alle Ranglistenturniere eingeführt. Dann habe ich probiert, den jährlichen Beitrag von 50 Pfennig auf mindestens eine Mark anzuheben. Ein Shitstorm – so würde man es heute sagen – war die Folge! Und das von Leuten, die pro Tag 50 DM in Bier und Zigaretten investiert hatten. Kaum zu glauben!
Darts1: Wurdest du in irgendeiner Weise gefördert?
Bernd Hebecker: Als Präsident nicht, als Spieler immer.
Darts1: Wie sah der Dartsport in dieser Zeit in Deutschland aus?
Bernd Hebecker: Absolut amateurhaft. Jeder wollte sein eigenes Süppchen kochen und seine persönlichen Interessen durchsetzen. Es gab wenig Struktur und vor 1984 sprach keiner im Präsidium Englisch. 1983 sind wir mit vier Herren und zwei Damen zum Worldcup nach Edinburgh gefahren und hatten überhaupt keine Ahnung. Gar keine! Kein Dress, keine Anmeldung, nichts – und alles auf eigene Kosten.
Darts1: Bernd, wir bedanken uns für dieses offene und freundliche Gespräch und dass du uns mit auf diese Zeitreise zu den Anfängen des Dartsports in Deutschland genommen hast. Wir hoffen, so ein wichtiges Stück Darts dokumentiert zu haben, das auch in der Zukunft fortleben sollte.