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Der Preis für den Deal

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Nach einer weiteren durchwachten Nacht bat er als Erstes um ein Gespräch mit seinem Vorgesetzten und der Personalabteilung, welches am späten Vormittag erfreulich problemlos verlief. Beide Parteien freuten sich darüber, so den temporären Personalüberhang zu eliminieren, ohne jemanden entlassen zu müssen, und stimmten zu, ihn mit sofortiger Wirkung unbezahlt zu beurlauben. Woraufhin er seinen Arbeitsplatz aufräumte und gutgelaunt nach Hause fuhr, um mit Peter zu reden.

Doch war Peter widererwartend nicht da, so dass er schon befürchtete, dass sein alter Freund die Nacht bei Maya auf dem Gut verbringen würde und er sich mit dem Gespräch bis morgen gedulden musste. Missmutig ließ er sich daraufhin, so wie er war, aufs Bett fallen, wo er sofort eindöste und erst wiedererwachte, als er hörte, wie jemand die Haustür aufschloss.

„Moin Ole, ich bin wieder da!“, hörte er kurz darauf Peter von unten rufen. „Und ich hoffe, du bist passabel angezogen, denn ich habe Maya mitgebracht!“

Noch etwas verschlafen schreckte Ole daraufhin hoch: ‚Oh nee, was will die den hier!‘, musste er sofort an die Szene von letztem Wochenende denken, kurz bevor er sich an nichts mehr erinnern konnte. Dabei wurde er etwas verlegen: ‚Denn was ist, wenn der blonde Engel ihr alles erzählt hatte?‘, grummelte er innerlich, bevor er grinsen musste: ‚Tja, zumindest weiß sie dann mehr als ich!‘ Dieser Gedanke beruhigte ihn und so rief er das Treppenhaus hinunter: „Okay, habt ihr vielleicht Lust auf einen Kaffee? Denn ich würde gerne mit euch etwas besprechen“, wobei er sich aufrappelte. Dann ordnete er noch schnell seine Klamotten, bevor er zu ihnen nach unten in die Küche ging.

„Oh, das trifft sich gut! Denn wir haben Kuchen mitgebracht, allerdings nur den gesunden vom Vollkornbäcker“, lächelte Maya ihn offen an, als er die Küche betrat. Dann wandelte sich ihr Blick: „Moin erst mal und schön dich wieder zu sehen! Doch sag mal, wie ist es dir eigentlich am letzten Sonntag so ergangen?“, betrachtete sie ihn kritisch von oben bis unten. „Man, du bist ja voll der Partylöwe! Das hätte ich dir auf den ersten Blick gar nicht zugetraut“, überrumpelte sie ihn, während sie wieder zu lächeln anfing. „Zumindest warst du es, bis du uns leider auf einmal zusammengeklappt bist. Davor jedoch hast du die ganze Tenne mit deinen Trommelkünsten unterhalten. Gütige Göttin, na man gut, dass ich das mitbekommen habe. So konnte ich dich rechtzeitig ins Bett befördern, bevor dir vielleicht noch etwas Schlimmeres passiert wäre“, fügte sie in ihrer gelassenen Art hinzu.

„Was, du warst das? Du hast mich in wildfremde Betten gebettet!“, hielt Ole die Luft an, während ihm plötzlich ein Licht aufging.

„Ja, wieso?“, sah sie ihn kurz verständnislos an. „Da war doch genügend Platz und ich habe dir doch deine Unterhose gelassen“, fügte sie gelassen hinzu, als ob dies das Normalste auf der Welt wäre.

„Jetzt sag bloß nicht, du hast mich auch noch ausgezogen? Oh, Schande über mich!“, war ihm die Sache nun superpeinlich.

Jedoch schienen seine Bedenken nicht auf sie abzufärben, da sie ihn weiterhin offen anlächelte: „Na, nun hör aber auf! Eigentlich solltest du mir dankbar sein und nicht jammern. Denn da war doch nun wirklich nichts dabei!“

Diese Aussage ließ Ole kurz nachdenken, bevor er sich kleinlaut berichtigte: „Okay, du hast ja Recht!“ Dann wechselte er lieber das Thema, weil er spürte, wie er gerade errötete und sein Kopfkino ansprang. „Dann jetzt mal ein anderes Thema: Was haltet ihr davon, wenn ihr meine Hütte das nächste halbe Jahr ganz für euch allein zur Verfügung hättet?“

„Oh, wie meinst du denn das?“, sah Peter ihn überrascht an. „Schickt deine Firma dich etwa wieder ins Ausland, um die Welt oder vielmehr sich selbst zu retten?“

„Nein, leider oder zum Glück nicht!“, lachte er. „Vielmehr hatte ich mir überlegt, dass ich gerne mal eine Zeitlang einfach so wegfahren würde, um auf andere Gedanken zu kommen. Denn die letzte Zeit war einfach echt blöd und sehr aufreibend für mich. Außerdem bin ich mittlerweile so kaputt, dass ich morgens auf den Weg zur Arbeit singen muss, um nicht einzuschlafen. Deshalb und aus ein paar anderen Gründen habe ich heute in der Firma um einen unbezahlten Urlaub gebeten und stellt euch vor, die haben tatsächlich zugestimmt!“, konnte er es selbst immer noch nicht glauben, was er gerade von sich gab. „Tja, und da ich in der Zeit meine Hütte nicht brauchen werde und ich sie in guten Händen wissen will, dachte ich: Ihr wollt vielleicht auch mal etwas Zeit allein verbringen. Daher wäre es doch für alle prima, wenn ihr sie zwischenzeitlich komplett übernimmt“, sah er die beiden fragend an, während er erst einmal tief durchatmete.

Peter, der sich gerade ein Stück Kuchen in den Mund schieben wollte und Maya, die gerade ein Schluck Kaffee nehmen wollte, schauten ihn daraufhin kurz überrascht an und dann sich gegenseitig.

„Also, das ist ja mal spontan und die Idee finde ich richtig gut!“, sah Maya ihn als erste wieder an. „Und wo und wie hast du vor Urlaub zu machen oder hast du noch nichts geplant?“

„Ähm…?“, war Ole kurz irritiert, doch erinnerte er sich dann an das Gespräch mit Nina und Jóse. „Also, ich hatte mir überlegt, endlich einmal meine Cousine und ihre Familie in Barcelona zu besuchen. Tja, und auf den Weg dorthin wollte ich mir Frankreichs Mittelmeerküste genauer anschauen und dann…, ach was weiß ich. Egal, irgendwohin, wo es schon warm und nicht allzu teuer ist“, sah er kurz Maya an, bevor er stolz anfügte: „Und nein, einen fertigen Plan habe ich noch nicht. Aber das ist ja auch der Sinn der Sache! Denn ich wollte mich zur Abwechslung einfach mal treiben lassen, um so vielleicht ein anderes Ich an mir zu entdecken. Wer weiß?“ Dann betrachtete er seinen Freund, der ihn kritisch zu beobachten schien. „Also, was denkst du Peter? Du hast ja noch gar nichts gesagt.“

„Mm, also gut, was denke ich?“, wiegte Peter seinen Kopf kurz hin und her. „Gute Frage, denn so kenne ich dich ja gar nicht! Also…, ja doch, ich denke, ich schließe mich Maya an, großartige Idee!“, haspelte er, bevor er sie kurz verliebt anlächelte und sie dann auf einmal kritisch betrachtete. „Tja, wie soll ich es sagen, ohne jemanden von euch auf dem Gut zu nahe zu treten? Denn ich mag die Leute in deiner Kommune sehr, echt. Dennoch wäre ich auch gerne mal längere Zeit ganz allein mit dir. Also, wenn es dir nicht zu viel Fahrerei ist, gerne.“

„Nö Hasi, du weißt doch, wie gerne ich Auto fahre, auch wenn das ökologisch nicht in Ordnung ist, ich weiß, ich weiß!“, runzelte sie erst die Stirn, bevor sie zu strahlen anfing, und ihm verliebt über den Arm streichelte.

Ole, der nach dem Wort: Hasi, mit leerem Blick an die Decke gestarrt hatte, da ihm diese Art Kosewörter immer kalte Schauer über den Rücken laufen ließen, musste erst mal kurz über ihren letzten Satz nachdenken, bevor er abwechselnd beide anschaute: „Dann ist es also abgemacht?“

„Ja, wenn du keine horrende Miete verlangst, können wir darüber reden!“, nickte Peter zustimmend.

Kurze Zeit später war der Kuchen alle und die drei sich einig. Völlig aufgekratzt, weil sein Plan immer mehr Gestalt annahm, musste Ole erst einmal an die frische Luft, um die jüngsten Ereignisse zu verarbeiten. Dabei lief er planlos im Garten umher, blieb hier und da stehen, um die sich gerade entwickelnden Pflanzen zu betrachten, so wie er es immer macht, wenn er sich beruhigen musste. Aber heute fand er keine Ruhe beim Anblick seiner liebevoll angelegten Beete. Denn es schwirrten ihm einfach zu viele Gedanken auf einmal im Kopf herum, so dass er seine Umgebung gar nicht richtig wahrnahm. Deshalb schaute er auch verblüfft auf, als Maya auf einmal neben ihm stand und ihn ansprach: „Hey Ole, erwähntest du vorhin nicht, dass du nach Barcelona willst?“, lächelte sie ihn so lange an, bis sie sich seiner Aufmerksamkeit sicher war. Dann sah sie ihm direkt in die Augen, bevor sie fortfuhr: „Was hältst du eigentlich davon, die Benzinkosten zu halbieren?“

„Äh, wie bitte?“, sah er sie irritiert an, weil er sich mit dieser Frage ein wenig unvorbereitet konfrontiert fühlte. „Willst du mich damit etwa fragen, ob ich jemand mitnehmen würde?“, stutzte er daraufhin etwas ungehalten. „Danke fürs Angebot, aber nein, ich glaube nicht! Denn wie ich vorhin erzählte, wollte ich nicht auf dem direkten Weg nach Barcelona fahren. Außerdem ist der Flieger wesentlich bequemer und schneller, einfach 2 Stunden in der Luft und fertig!“, versuchte er seine Gedanken in Worte zu fassen, wobei er bemerkte, dass er dabei einen viel zu harschen Ton angeschlagen hatte. Weswegen er betont, freundlich hinzufügte: „Aber, wie kommst du eigentlich darauf?“

„Oh, wie ich darauf komme? Na ja, Zeit spielt dabei eigentlich keine Rolle, oder vielleicht doch ein wenig. Aber bis zum Geburtstag von Bernd ist ja noch über einen Monat hin und fliegen mag sie nun mal nicht“, stammelte Maya zuerst, von Oles Tonfall sichtlich irritiert, bevor sie noch einmal tief Luft holte und dann ruhig hinzufügte: „Weißt du, ich kenne da jemanden, die auf den Kanaren lebt. Nur mag sie keine Flugzeuge, zu viel Umweltverschmutzung, Flugangst und so. Und da sie ja nun schon eine Weile bei uns zu Besuch ist, muss sie ja auch irgendwann einmal wieder zurück, also spätestens bis zum sechzigsten Geburtstag ihres Vaters. Denn da wollte sie wieder zu Hause sein und sie würde sich bestimmt riesig freuen, wenn du sie mitnimmst. Seit Tagen überlegt sie nämlich schon, wie sie es vermeiden kann, die ganze Strecke erneut allein mit dem Zug zurückzulegen. Also wie wäre es, Lust auf eine nette Beifahrerin?“, holte sie daraufhin erst einmal tief Luft.

‚Ja aber, mit einem Wildfremden eine Frankreich Rundfahrt machen, das wäre okay für sie?‘, sah er sie daraufhin ungläubig an, da er aus ihrem Menschenschlag einfach nicht schlau wurde. Ihm würde so etwas nicht einmal im Traum einfallen. Auch würde er nie per Anhalter bei irgendjemanden mitfahren oder gar einen Tramper mitnehmen. Jedoch wurde er sanft aus seinem dunklen Gedanken gerissen, weil sie auf einmal seine linke Hand ergriff. Dabei schaute sie ihn unschuldig in die Augen, während sie geduldig seine Antwort abzuwarten schien.

‚Tja, was willst du da machen?‘, atmete er daraufhin ebenfalls tief ein, bevor er ruhig sagte: „Okay, wenn es also für einen guten Zweck ist und ich deiner Freundin aus der Patsche helfen kann, meinetwegen“, hielt er kurz inne, als ihm bewusst wurde was er gerade getan hatte. Darum fügte er mit ernster Stimme hinzu: „Aber meine Großzügigkeit hat Grenzen, denn falls deine Freundin sich als eine Stress-Liesel entpuppt, habe ich kein Problem damit, sie am nächsten Bahnhof einfach abzusetzen. Außerdem hat mein Camper nur eine durchgehende Pritsche. Wenn sie möchte, kann sie sich gerne einen Schlafsack mitnehmen, aber…“

„Ole, alles kein Problem!“, fiel sie ihm beruhigend ins Wort. „Sie ist echt in Ordnung, du wirst schon sehen. Und sie ist bestimmt auch keine Stress-Liesel, auch wenn ich mir gerade nicht sicher bin, was das eigentlich ist“, ergriff sie seine zweite Hand und wiegte beide Hände beschwichtigend hin und her.

Verblüfft sah er daraufhin auf ihre Hände, während er die Energie genoss, die davon ausströmte. Doch wurde ihm diese Situation schnell unangenehm, da er Angst bekam, dass Peter dies sah und es vielleicht falsch deuten könnte. Weshalb er schnell hinzufügte: „Na gut, aber nicht, dass ich es nicht gesagt habe!“

„Okay verstanden, doch das wird schon nicht passieren, glaub es mir. Man, das ist ja echt super!“, jauchzte sie auf einmal überglücklich und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Dann fummelte sie Peters Handy aus ihrer Hemdtasche und führte es direkt zum Mund: „Hast du gehört, er freut sich!“, dann schwieg sie kurz und lächelte, bevor sie ihn erneut ansprach: „Ach ja, wann willst du denn eigentlich los?“

Wo seinen Worten die besagte Freude zu entnehmen war, wusste er zwar nicht. Vielmehr fühlte er sich gerade ein wenig überrumpelt, dennoch bemühte er sich betont sachlich zu antworten: „Am nächsten Mittwoch, denke ich. Denn da kommt man bestimmt noch am besten durch!“

„Das ist ja Super, also abgemacht und sie freut sich übrigens auch!“, gluckste Maya zufrieden und lief zurück ins Haus.

‚Ja, ich mich auch! Echt, ich fasse es nicht, was ich da gerade getan habe!‘, schaute er ihr verwirrt hinterher, wie sie mit Peters Handy am Ohr im Haus verschwand. Erst da fiel ihm ein: Und wem nehme ich nun eigentlich mit?

Drei sind keiner zu viel

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