Читать книгу Die Schlächterin - Auferstehung - J.S. Ranket - Страница 5

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Taylors kleine Wohnung lag im ersten Stock eines Mini-Appartementhauses in Pacific Beach und konnte natürlich nicht ansatzweise mit der Luxusbleibe von Amanda und Kim mithalten. Trotz verschiedener Nebenjobs hatte sie es nur mit der Hilfe ihrer Tante geschafft, sich dieses kleine Zuhause leisten zu können. Doch als Kim anbot, ihr auch noch bei der Möblierung unter die Arme zu greifen, hatte Taylor stolz abgelehnt. Und so war die Einrichtung eher zweckmäßig. Aber mit ein paar schicken Accessoires und einer guten Portion Fantasie war es echt stylisch. Denn gemütlich traute sie sich nicht zu sagen. Aus Angst, dass das einen beschleunigten Alterungsprozess auslösen könnte.

Sie schleuderte ihre Jacke in Richtung des Kleiderständers, ohne jedoch einen der hölzernen Arme zu treffen. Dann stürmte sie zu ihrem Notebook, das auf einem kleinen Tisch vor dem Fenster zum Balkon stand. Taylor breitete vorsichtig Tanners Bild aus, als könne seine bloße Nähe zu ihrem Computer das Gerät veranlassen, erste Informationen zu sammeln.

Genau hier war auch der beste Platz, um nachzudenken. Im Westen kämpfte sich die Sonne durch das abziehende Unwetter und hinter den niedrigen Häusern der Nachbarschaft konnte man den Ozean erahnen. Doch zuerst musste sie sich beruhigen. Die Achterbahn in ihrem Kopf ließ sich sicher nur mit Alkohol und einem Joint bremsen.

Zum Glück schlummerte noch ein Sixpack Coors im Kühlschrank und in der Schublade des Schreibtisches fand sich doch sogar noch ein Tütchen. Nach einer halben Dose Bier und vier tiefen Zügen stoppte endlich das ratternde Gefährt hinter ihrer Stirn und die Passagiere wurden aufgefordert auszusteigen.

„Na wer sagt’s denn“, seufzte sie erleichtert.

Den Rest der Dose trank Taylor in einem Zug aus und rauchte dann den Pot auf ihrem Balkon weiter. Weniger weil ihre Vermieterin, Mrs. McGee, Rauschmittel hasste, sondern weil sonst ihre Klamotten nach einer Hippiekommune stanken. Dann ging sie zurück und startete den Computer. Denn wie fand man am besten eine Person, wenn nicht über das World Wide Web?

Die erste Suchanfrage war ernüchternd. Im Großraum San Diego gab es doch tatsächlich dreihundertsechsundfünfzig Tanners. Doch Taylor ließ sich nicht so schnell entmutigen. Wer Amanda Bennett so lang nerven kann, ohne ernsthaften körperlichen Schaden zu nehmen, der wird wohl ein perverses Arschloch finden können. Also konzentrierte sie sich auf das Naheliegende, nämlich die Suche einzugrenzen. J. Tanner, zweihundertachtunddreißig Treffer. Jeffrey Tanner einundneunzig Treffer.

„Scheiße!“

Amandas zusätzliche Informationen, dass Tanner Elternsprecher in der High School seiner Kinder sei und Mitglied des Lions Club, erwiesen sich ebenfalls als Sackgasse. Elternsprecher ist zwar ein verantwortungsvolles Amt, aber eben kein richtig offizielles, das auf der Webseite der Schulbehörde auftauche würde. Und für den Lions Club benötigte man einen Login.

Da blieb also nur noch die Bildsuche. Doch auch hier erschien derart viel Murks, dass Taylor nach der sechsten Seite aufgab. Wenn man bedachte, wie viele Bilder den Titel „Jeffrey Tanner“ trugen, konnte man nur entnervt den Kopf schütteln oder sich vor einen fahrenden Truck werfen. Ein Smiley mit Tanners Namen war ja noch halbwegs nachvollziehbar, aber ein Hundehaufen zeugte von ausgeprägten psychotischen Zügen.

Doch nach und nach setzte sich Taylors analytischer Verstand durch. Sie hatte schließlich nicht umsonst studiert und mit einem Master in Kommunikationsmanagement abgeschlossen. Also stellte sie eine Kausalkette auf, die sie schließlich zu ihrem Ziel bringen würde.

Tanner hatte demnach ebenfalls junge Frauen entführt, gefoltert, vielleicht sogar selbst ermordet und das Ganze dann mit einem ausgewählten Kreis geteilt. Als Taylor an den Käfig dachte, in dem sie gequält worden war, stellten sich reflexartig ihre Nackenhaare auf. Bestimmt war Rache nicht die beste Verarbeitungsstrategie, aber sie wirkte. Und heute würden ihre Hände bestimmt nicht mehr zittern. Aber nach der tagelangen Tortur war sie einfach nur fertig gewesen. Einzig das Kokain, das ihr Amanda damals gegeben hatte, ließ sie nicht zum Zombie werden. Aber jetzt würde sie mit einer Line bestimmt abheben. Denn der Adrenalinschub, den die Erinnerung an ihre eigene Entführung ausgelöst hatte, dröhnte wie ein Presslufthammer in ihrem Kopf.

„Und was passiert, wenn ich ihn gefunden habe?“

Ihre Frage beantwortete sich mit einem Mal wie von selbst.

„Überrasche mich Taylor, überrasche mich!“, hatte Amanda gesagt.

„Na dann lass dich überraschen!“

Zuerst würde sie ein Geständnis aus ihm herauspressen und danach jeden Quadratzentimeter Haut einzeln aus seinem verkorksten Körper herausschneiden. Sie erinnerte sich noch genau an das Gefühl, als sie nach ihrer Befreiung einen der Entführer in die ewigen Jagdgründe geschickt hatte. War das nur der natürliche Drang nach Vergeltung oder einfach pure Mordlust? Egal! Es war jedenfalls absolut berauschend, genau wie Amanda gesagt hatte.

„Dann hältst du die dunkle Macht in deinen Händen!“

Doch um ihr Vorhaben in die Tat umsetzen zu können, musste sie Tanner erst einmal finden. Und dazu war es nötig, sich in seine Situation, sprich logistischen Bedürfnisse, hineinzuversetzen.

Das Hauptproblem dabei waren geeignete Räumlichkeiten. Dass er in seinem privaten Umfeld einen Folterkeller eingerichtet hatte, konnte sich Taylor nicht vorstellen. Denn das Risiko einer Entdeckung wäre viel zu groß.

„Hey Dad, ist das Blut, da an der Kneifzange?“

Er bräuchte demnach ein Lagerhaus oder etwas Ähnliches, in dem er seinem abartigen Hobby nachgehen konnte. Weiterhin musste es dort Strom, Wasser und einen Internetzugang geben. Ganz zu schweigen von einer geeigneten Verkehrsanbindung. Und auch dabei waren einige wichtige Punkte zu beachten. Lag das Objekt mitten im Nirgendwo und machte einen unbenutzten oder verfallenen Eindruck, so konnten einige Spaßvögel auf die Idee kommen, das Gebäude als Partydomizil oder für den Anbau illegaler Substanzen umzufunktionieren. Und lag es zu zentral, so wäre Tanner vielleicht allzu neugierigen Fragen der Nachbarn ausgesetzt. Demzufolge tippte Taylor auf ein Gewerbegebiet in den Vororten. Aber davon gab es eine Menge. Als die schiere Anzahl der verschiedenen Möglichkeiten sie fast an den Rand der Verzweiflung trieb, erinnerte sie sich an eine der einfachsten Methode einer Problemlösung.

„Betrachte die Aufgabe objektiv und von außerhalb! So, als würdest du neben dir stehen und dich selbst in der Situation beobachten.“

Denn bei einer zu starken emotionalen Beteiligung machen die großen Mengen an Adrenalin strukturiertes Denken nahezu unmöglich. Und die beste Methode, das überschüssige Stresshormon loszuwerden, bestand darin, sich auszupowern.

Schon als in Taylor ihr schicksalhafter Entschluss reifte, hatte sie darüber nachgedacht was passieren würde, wenn sie Tanner endlich gegenüberstand. Denn rein körperlich konnte sie es natürlich nicht mit einem Mann aufnehmen. Und ein paar gemeine Kampfsporttricks würden sicher nicht schaden, wenn die Unschuldiges-Mädchen-Masche versagte. Denn nur auf ihre lange Mähne, die Rehaugen und ihren knackigen Hintern wollte sie sich nicht verlassen. Dass das die meisten Männer zu ferngesteuerten Trotteln machte, hieß noch lange nicht, dass auch Tanner darauf hereinfiel.

Auch fehlte es ihr nicht an der nötigen Energie, denn sie war in Topform. Sie joggte eine Stunde, ohne wirklich außer Atem zu sein, und bewegte sich im Wasser wie ein Fisch. Logisch, mit über einhundert Tauchgängen. Und sicher würde ihr Amanda auch mit Freuden beibringen, wie man einen Gegner mit einer Haarspange oder einem Dosenöffner kampfunfähig macht. Nur sie darum zu bitten, kam überhaupt nicht in Frage. Denn das Ganze schien eine Art Test zu sein. Sie wollte sehen wie Taylor ohne Hilfe zurechtkam.

Ganz anders, als sie noch zur High School ging und eine Gang nach leichten Opfern suchte.

Die Schlächterin - Auferstehung

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