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Könige ohne Land

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Unvermittelt kann das Leben ganz schön sein. Ich sitze bei Fräulein Schlicht vor dem Lokal und löffele Suppe. Eine verzagte Sonne zeigt sich. Schon läuft einer die Straße lang mit Sonnenbrille auf der Nase. Man ist nicht anspruchsvoll. Eine Bahn zieht vorbei. Der Triebwagen ist rot und hat über die ganze Seite eine Bierwerbung, „Heute ein König“, und just über dem Bild eines abgehebelten Kronkorkens schaut ein armer Sock‘ aus dem Fenster, wie man sie kennt mit einer offenen Bierflasche in der Hand und einer Bierfahne schon morgens um 10 Uhr. So verstörend kann Werbung sein.

Später radle ich zum Einkauf in die Limmerstraße. In einem Hauseingang sitzt zwischen seinen Habseligkeiten ein wüster junger Mann mit Gitarre. Richtig spielen kann er nicht, aber es macht ihm nichts. Er ist beseelt und singt ein ungereimtes Lied zur Lobpreisung Gottes:

„Gott, Du verlässt mich nie,

Vater, auf Dich ist Verlass“

und so weiter. Dabei sieht er grad so aus wie der „König“ in der Bahn. Um solche Menschen scheint Gott sich grundsätzlich einen Scheißdreck zu kümmern. Oder woran liegt’s?

Beim desolaten Zustand dieser Welt ist plausibel, was ich mal in einem Aachener Café hörte. Da unterhielten sich zwei Männer vergnügt über Literatur. Der eine hatte einen Roman gelesen, in dem Gott eine Freundin hat, Jeanette heißt sie, glaube ich. Hab’s leider nicht recht verstehen können. Jedenfalls hat Gott seiner Freundin die Welt geschenkt. Das wollte ich unbesehen glauben. Meistens kriegen die Flittchen die besten Geschenke, und was sie dann damit machen, sehen wir nicht nur am Wetter. Irgendwer muss dem kapriziösen Weib dringend den Kopf zurechtsetzen, der verliebte alte Narr macht’s garantiert nicht.

Goethes bunter Elefant

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