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Erneuter Fehler im Galaktischen Betriebssystem
ОглавлениеWo kann ich einen Fehler im galaktischen Betriebssystem melden? Es sollte reichen, wenn ich ihn hier veröffentliche. Das müsste genügen, also wenn die Beamten der Unteren galaktischen Reklamationsannahmebehörde überhaupt Beschwerden registrieren und nicht allein mit Machtkämpfen und Intrigen beschäftigt sind.
Folgendes: Weil der Koch des Marktcafés Urlaub macht, musste ich in dieser Woche woanders essen. Vorgestern aß ich eine leckere Suppe in einem Café, das in meiner Nachbarschaft neueröffnet hat. Vorher hieß es Kaffeepause und jetzt „Fräulein Schlicht“.
„Fräulein Schlicht“ ist ein schöner Name für ein Café. Schlicht ist der Name der 31-jährigen Betreiberin. Sie habe sich mit dem eigenen Café einen Kindheitstraum erfüllt, hat sie der Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) erzählt. Zuvor habe sie auf Papas Wunsch Medienrecht studiert. Dass mir eine studierte Juristin die Suppe serviert, passt in unser gentrifiziertes Viertel. Dass Fräulein Schlicht mit Vornamen Johanna heißt, auch. Jetzt der Fehler, kaum der Rede wert, angesichts der fast peinlichen Stimmigkeit in meinem Mikrokosmos: Als mir die Suppe serviert wurde, fehlte eine Serviette. Ich wollte kein Gewese drum machen, denn ich wusste, dass ich eine Serviette in meiner linken Jackentasche mit mir trug. Zur Sicherheit fühlte ich mal nach. Da war sie und ich benutzte sie.
Gestern habe ich in der Mensa gegessen. Servietten gibt es in einem Spender vor der Kasse. Ich vergaß, mir eine zu nehmen, was mir sogleich auffiel. Aber ich wollte den Ablauf an der Kasse nicht durcheinander bringen, sondern nahm mir vor, die Serviette später zu besorgen.
Nachdem ich gegessen hatte, griff ich versonnen absichtslos in meine linke Jackentasche und fand darin schon wieder eine unbenutzte Serviette, und zwar von solch ungewöhnlichem Design, dass ich mir beim besten Willen ihre Herkunft nicht erklären kann, noch wie sie in meine linke Jackentasche gelangt ist. Wo ich verkehre, gibt es nur schlichtweiße Servietten.
Die Tatsache, dass sich in meiner linken Jackentasche Servietten materialisieren, ist seltsam genug, aber eine mit bunten Punkten und einem gepunkteten Schaf, über dem die rätselhaften Worte stehen „Schwarzes Schaf war gestern“, mit Verlaub, das versetzt mich in Unruhe.
Ich behaupte nicht, dass derlei Aufregung zuviel für mich ist, aber es drängt mich an diesem sonnigen Freitagmorgen zu fragen: „Was, meine Damen und Herren, soll denn das?“