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Kapitel 22
ОглавлениеElisabeth
Sie lief mit der Gießkanne umher und goss die Orchideen vor dem Fenster, während sie mit Grete telefonierte und auf Kriemhild wartete.
„Du kannst dir nicht vorstellen, wie erleichtert ich bin, dass sie es dir gesagt hat“, ließ ihre Schwester sie wissen. „Bitte, glaub mir, Betty. John und mich hat fast der Schlag getroffen, als Kriemhild uns erzählte, dass sie heiraten will. Ich war von Anfang an dagegen, es dir zu verschweigen. Aber in Hinsicht auf Sam kann ich dich beruhigen. Einen so wunderbaren jungen Mann habe ich noch nie getroffen. Deine Tochter hat Geschmack, das muss man ihr lassen.“
Elisabeth brummte. „Ich weiß einfach nicht, was ich davon halten soll. Ich bin schließlich ihre Mutter. Da wird man plötzlich vor vollendete Tatsachen gestellt und muss sehen, wie man zurechtkommt. Was ist denn das für ein Junge? Kennt ihr seine Familie?“
Grete erzählte ausführlich über alles, was sie wusste. Elisabeth bemerkte nebenbei einen Kleinwagen vor der Tür halten. Mit wem um alles in der Welt kam das Mädchen denn da angefahren? Jedenfalls nicht mit Sara!
„Sie tauschen ihre Handynummern aus!“, rief sie in die Muschel. Ihre Schwester stutzte.
„Was? Wovon redest du?“
„Kriemhild kommt eben heim. Willst du kurz mit ihr sprechen? Sonst lege ich erst auf.“
„Natürlich will ich mit ihr reden. Sie hat sich noch nicht ein Mal bei mir gemeldet, seitdem sie fort ist, was ich ihr ziemlich übel nehme!“
Die Haustür fiel ins Schloss. Elisabeth hielt mit der Hand den Hörer zu, während sie Kriemhild tadelnd empfing. „Wer war denn der Mann in dem Auto? Wieso hast du ihm deine Telefonnummer gegeben?“
„Guten Abend, Ma. Hattest du auch einen schönen Tag?“, flötete Kriemhild.
„Wir reden später“, gab sie zurück hielt ihr das Telefon hin. „Tante Grete für dich. Sie ist ziemlich enttäuscht, dass du dich noch gar nicht bei ihr gemeldet hast.“
„Oh! Tante Margret?“ Kriemhilds Gesicht hellte auf und sie riss den Hörer an sich. „Hallo, Tante Margret! Wie geht es euch? Ja, ich vermisse dich auch. Was machen John und Jake?“
Das Mädchen lief in den Garten hinaus und kam erst nach einer ganzen Weile wieder, bevor sie das Telefon in der Ladestation versenkte.
Elisabeth hatte in der Zwischenzeit einen Tee aufgesetzt.
„Möchtest du auch einen?“, fragte sie.
„Gern.“
„Wo wart ihr denn schwimmen? In Cuxhaven? Ich müsste eigentlich dringend mal wieder da hochfahren und meine Cousine besuchen. Erst letzte Woche hat sie mich eingeladen … Aber ich komme gar nicht dazu.“
„Nein, Ma, wir waren an einem Strand auf halber Strecke. War nett.“
Kriemhild nippte an ihrem Tee und Elisabeth musterte sie skeptisch. „Und wieso bist du nicht mit Sara heimgekommen? Habt ihr euch gestritten?“
„Nein, wir haben nicht gestritten. Das eben war Mats. Er ist ein Freund von Frank und wird Arzt für Psychiatrie und Neurologie. Stell dir vor, er ist ab Montag auf Justus’ Station. Das war auch der Grund, wieso ich mit ihm heimgefahren bin.“
„Tatsächlich?“
Das Telefon schellte erneut. Elisabeth erhob sich, um den Anruf entgegenzunehmen.
Sicher Grete, dachte sie, die wieder irgendwas vergessen hat.
Doch es war nicht ihre Schwester. Stattdessen sprach jemand sie auf Englisch an und sie verstand nur einzelne Bruchstücke von dem, was er da sagte.
„Hallo?“, rief sie. „Sprechen Sie Deutsch? Es tut mir leid, aber ich verstehe Sie kaum.“
Kriemhild sprang sofort auf und hätte ihr das Telefon fast aus der Hand gerissen, als der Mann am anderen Ende der Leitung seine Worte wiederholte.
„Guten Abend, Ma’am. Bitte entschuldigen Sie die Störung.“
Sie drehte sich weg und hatte nicht vor, Kriemhild das Telefon so schnell zu überlassen.
„Guten Abend“, sagte sie. „Mit wem spreche ich denn?“
„Mein Name ist Samuel Dawson.“
„Aha, wie schön, dass ich Sie einmal persönlich an der Strippe habe, nach allem, was meine Tochter über Sie erzählt hat.“
Sie schaute zu Kriemhild hinüber, der in dem Moment offenbar die Kinnlade herunterfiel.
„Ist das etwa Sam? Seit wann spricht er Deutsch?“ Elisabeth ignorierte sie und lauschte seiner Stimme.
„Es tut mir aufrichtig leid, Ma’am, dass Sie auf einem so unkonventionellen Weg von mir erfahren haben. Ich hoffe, Ihre Tochter hat Ihnen die genauen Umstände bereits erklärt.“
„Ma! Jetzt gib ihn mir endlich!“ „Ja, das hat sie, Mister Dawson. Obwohl ich das alles nicht nachvollziehen kann. Um ehrlich zu sein, bin ich wegen dieser Sache ziemlich wütend auf Kriemhild! Als Mutter wäre ich über eine Hochzeit gern informiert worden.“
„Das verstehe ich. Kriemhild hatte nicht die Absicht, Sie zu hintergehen. Bitte, seien Sie nicht zu hart mit ihr. Die Idee mit der Heirat stammte von mir.“
„Wie auch immer. Ich denke nicht, dass das Telefon der richtige Weg ist, um das alles auszudiskutieren.“
„Da haben Sie wohl recht. Ich bin sicher, wir werden die Gelegenheit bekommen, uns persönlich kennenzulernen.“
„Ja, davon gehe ich aus. Ich würde es bevorzugen, wenn es früher wäre als später.“
„Natürlich, Ma’am.“ Sie hörte ein leises Lachen und ohne es zu wollen, musste sie sich eingestehen, dass der Junge sympathisch klang. „Ich freue mich, Sie demnächst kennenzulernen.“
„Gut, dann reiche ich jetzt mal an Kriemhild weiter, bevor sie noch länger vor meiner Nase rumhampelt. Auf Wiederhören, Mister Dawson.“
„Vielen Dank, Ma’am. Auf Wiederhören.“