Читать книгу Bildband Fernweh Deutschland. Naturparadiese direkt vor der Haustür erleben. Natur pur genießen. - Julia Schattauer - Страница 16
ОглавлениеWorpswede und das Teufelsmoor
Der Dichter Rainer Maria Rilke schwärmte vom Himmel und seinen fantastischen Wolkenformationen, die Malerin Paula Modersohn-Becker sah hier ihr »Wunderland«. Wenn sich reihenweise Künstler ansiedeln, um die Natur auf Leinwand zu bannen, dann muss es sich um einen ganz besonderen Ort handeln. Wie Worpswede. Hier fanden die Künstler nicht nur Inspiration, sondern auch die Gemeinschaft mit Gleichgesinnten.
ZURÜCK ZUR NATUR
Raus aus den Großstädten, rein in die Natur – als sich Ende des 19. Jahrhunderts die ersten Maler in Worpswede am Teufelsmoor ansiedelten, erlebten sie in der ländlichen Einsamkeit das Kontrastprogramm zu ihrem Alltag in der Stadt. Weg von der streng getakteten Lehre der Akademien ging es mitten hinein in die Ursprünglichkeit des Landlebens. In der Natur suchten die Künstler Inspiration jenseits vom städtischen und schulischen Regelwerk und entdeckten in den mystischen Mooren malerische Motive. Mehr noch – sie fanden in den Bauernhäusern und der Gemeinschaft ein neues Zuhause.
TEUFLISCH Bei Nebel und Morgenrot ist der Name augenscheinlich Programm.
EIN FALL VON STADTFLUCHT
Wer hätte gedacht, dass drei junge Maler namens Fritz Mackensen, Hans am Ende und Otto Modersohn die Zukunft des bis dahin bescheidenen Orts Worpswede 1889 so nachhaltig verändern würden? Von der Abgeschiedenheit des Bauerndorfs begeistert, folgten die Künstler dem Zeitgeist und gründeten in Worpswede eine Kolonie zum gemeinsamen Malen und Leben. Immer mehr Künstler kamen, und das Dorf machte sich rasch über die Grenzen hinweg einen Namen. Neben Bernhard Hoetger, Fritz Overbeck, Heinrich Vogeler und Paula Modersohn-Becker ließen sich auch Rainer Maria Rilke und seine späterer Ehefrau Clara Westhoff vom schlichten Leben und der geheimnisvollen Moorlandschaft inspirieren. Der Nationalsozialismus markierte einen tiefen Einschnitt für Worpswede. Völkische Ideen fielen in der Künstlerkolonie auf fruchtbaren Boden, und nicht wenige Künstler wurden zu begeisterten Anhängern des Regimes.
DORFLEBEN Auf dem Land fanden Künstler das einfache Leben.
DAS MODERNE WORPSWEDE
Heute ist Worpswede, in dem mittlerweile mehr als 9000 Menschen leben, wieder ein Ort für Künstler und Kunstfreunde. Wer auf den Kopfsteinpflasterstraßen durchs Dorf spaziert, kann dem Flair nachspüren. Gleich sechs Museen laden dazu ein, die Werke der »Worpsweder Meister«, aber auch der zeitgenössischen Künstler zu bewundern. Ins zauberhafte Haus im Schluh rettete Martha Vogeler, die Witwe des Jugendstil-Allrounders Heinrich Vogeler, das originale Inventar aus dem Barkenhoff – er war der Mittelpunkt der einstigen Kolonie. Quer durch den sanierten Ortskern verläuft die Kunstmeile Bergstraße, in der auch das leibliche Wohl nicht zu kurz kommt.
MÄRCHENHAFTE MOORLANDSCHAFT
Um das Wesen der hier entstandenen Werke zu ergründen, muss man allerdings raus aus dem Dorf und rein in die Natur. Die mystische Leere des Teufelsmoors regt seit Urzeiten die Fantasie der Menschen an. Das Moorwasser prägt die Landschaft mit seinen Gräben, Bächen und Flüssen, die schließlich in die Nordsee münden. Da der größte Teil des Teufelsmoors unter Naturschutz steht, empfiehlt es sich, an einer der geführten Erkundungstouren teilzunehmen, die von der Biologischen Station Osterholz angeboten werden. Die Möglichkeiten, die Worpsweder Natur zu erleben, sind vielfältig: Ob zu Fuß, mit dem Rad oder im Kanu, die Faszination für die Landschaft lässt sich auf vielen Wegen nachspüren – auch ganz ohne künstlerische Ambitionen.
Trip im Torfkahn
Ein besonderes Erlebnis ist die Fahrt mit dem Torfkahn, den schwarzen Eichenholzbooten. Die originalgetreuen Nachbauten erinnern an die historischen Torfkähne, die zwischen Mitte des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts die wichtigsten Fortbewegungsmittel der Gegend darstellten. Fans von Eisenbahnromantik begeben sich mit dem Moorexpress, einer nostalgischen Museumsbahn, auf eine erlebnisreiche Zeitreise.