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Dosierung: 1,5 mg. Erhöhte Dosis scheint positive Resultate zu zeigen. Patient beschreibt eine Zunahme der Halluzinationen, die darauf bezogenen Reaktionen bleiben aber minimal. Hervorragender Fortschritt.

19. September 2012

Wir beide haben ein komisches Verhältnis. Sie wissen bereits, dass meine Ärzte die ToZaPrex-Dosis erhöht haben. Sie wissen, dass es Nebenwirkungen gibt, und weil Sie in Harvard Psychologie studiert haben, wissen Sie auch genau, um welche es sich dabei handelt.

Aber ich bin gut drauf und das Medikament wirkt, also werde ich Ihnen von meinen »Erfahrungen« mit der höheren Dosis berichten.

Die Kopfschmerzen kommen und gehen. Ich kriege sie meistens an Orten voller Menschen, die sich viel bewegen. Ich bin ein bisschen lichtempfindlich. Und meine Halluzinationen haben zugenommen.

Ich weiß aber ganz genau, was real ist und was nicht, da kann ich Sie beruhigen. Ich habe nicht mehr diese panischen Momente, in denen ich mir nicht sicher bin, ob mein Bett nun wirklich brennt oder nicht. Aber ich sehe überall Dinge, die ich eigentlich nicht sehen sollte. Zum Beispiel den Mann im Anzug, dessen großer Metallaktenkoffer ständig aufgeht und überall Geldscheine verteilt. Und die Frau mit dem riesigen Hund, der sie über den Rasen schleift. Dann gibt es da noch den komischen Schattentyp, den ich nur aus dem Augenwinkel in enge Gassen huschen sehe. Die Mafiosi. Rebecca. Und ein paar andere, die ich nur gelegentlich sehe.

Da mein Nachname Petrazelli ist, finden Sie es wahrscheinlich naheliegend, dass ich Mafiosi sehe. Die gehören wahrscheinlich zum Pflichtprogramm für italienischstämmige männliche Schizophrene, richtig? Ich glaube aber nicht, dass meine Mafiosi-Halluzinationen meiner italienischen Abstammung geschuldet sind, sondern eher der Tatsache, dass meine Mom früher ein Riesenfan von den Der-Pate-Filmen war.

Sagen Sie ihr das bitte nicht. Ich will nicht, dass sie sich eine Mitschuld an meinem Irrsinn gibt.

Aber sicherlich sind die Halluzinationen trotzdem irgendwie symbolisch. Mit den Mafiatypen kann man nicht vernünftig reden. Es sind Schergen, die nur die Befehle eines namenlosen Don ausführen, der sich selbst nie die Hände schmutzig machen muss. Mein Viertel ist von der italienischen Mafia genauso weit entfernt wie vom Mond, aber wenn ich sie sehe, kommen sie mir dennoch nicht fremd vor. Sie scheinen irgendwie in mein Leben zu passen. Sie erinnern mich an die Wiesel in Roger Rabbit, nervige kleine Handlanger, die ständig laut »Jawohl, Boss« näseln.

Hin und wieder habe ich auch ungewöhnliche Halluzinationen, irgendwelche Dinge, die ich noch nie zuvor gesehen habe, und dann muss ich besonders vorsichtig sein. Es ist nämlich durchaus möglich, dass es sich gar nicht um Halluzinationen handelt – sondern nur um eine Person, die ich nicht kenne. Also warte ich auf die Zeichen. Die seltsame Augenfarbe. Die merkwürdige Stimme. Die Tatsache, dass es niemand außer mir bemerkt, wenn sie sich abnormal benehmen. Nur so habe ich begriffen, dass die alte Dame, die im Jogginganzug unsere Straße entlanggerannt ist, eine Halluzination war. Sie hat in unserer Einfahrt Rückwärtssaltos geschlagen. Das Pärchen mit dem Kinderwagen, das auf der anderen Straßenseite vorbeiging, hat überhaupt nicht darauf reagiert und ich bin mir beinahe hundertprozentig sicher, dass die beiden echt waren.

Bei einer Sache weiß ich nicht genau, ob es sich um eine Nebenwirkung des Medikaments handelt oder nicht. Ich erzähle Ihnen einfach, was passiert ist, und dann sagen Sie es mir.

In St. Agatha gibt es einen Pool. Jungs und Mädchen dürfen ihn nur getrennt benutzen, weil Badeanzüge provokant sind und hormongesteuerte Teenager zu unreinen Gedanken verführen. Ich würde der Schulleitung gerne sagen, dass diese Gedanken auch ohne Badeanzüge existieren, aber egal. Letzte Woche wurden wir in Gruppen eingeteilt und mussten Bahnen schwimmen.

Ich hätte nicht geglaubt, dass ich irgendetwas noch mehr hassen könnte als Dauerlauf, aber eins muss ich zugeben: Ich bin tatsächlich wesentlich motivierter, weiterzuschwimmen, wenn die Alternative lautet, in einem Pool zu ertrinken, in den wahrscheinlich die Hälfte der Schüler reinpinkelt. Ich hob den Kopf kurz aus dem Wasser und beobachtete Ian, der ein paar Bahnen weiter neben mir schwamm. Ich gebe es nur sehr ungern zu, aber er ist ein ausgezeichneter Schwimmer. Er war als Erster mit seinen Bahnen fertig und verbrachte den Rest der Stunde damit, am Beckenrand zu sitzen und die anderen mit arroganter Miene zu beobachten. Er rümpfte die Nase in Richtung Dwight und seine Herablassung wurde noch größer. Na gut, Dwight schwamm wirklich so ungelenk wie menschenmöglich und war der Einzige im Wasser, der eine Nasenklemme und eine knallblaue Schwimmbrille trug. Aber ich wette, Ian hätte ihn auch ohne jeden Grund so angeschaut.

Und jetzt kommt der Teil, bei dem ich Ihre Hilfe brauche. Mir ist klar, dass meine Halluzinationen nicht besonders vertrauenswürdig sind, aber manchmal habe ich das Gefühl, dass sie mir etwas mitteilen wollen, das ich alleine nicht erkennen kann. Ergibt das irgendeinen Sinn?

Ich war der Letzte in der Umkleide und ich hatte mich gerade fertig angezogen, als ich ein Platschen hörte. Rebecca, die mit überkreuzten Beinen auf einer Bank gesessen und auf mich gewartet hatte, sprintete aus dem Raum. Sie rannte weder kopflos herum noch flitzte sie zwischen den Spinden zum Ausgang. Das meine ich nicht. Sie raste mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Schwimmbecken, und weil so etwas noch nie vorgekommen war, folgte ich ihr.

Das Becken war leer bis auf eine wild zappelnde Person, die sich in den Bahnentrennern verheddert hatte. Ich hatte meine Gläser nicht auf, aber diese Person konnte ganz offensichtlich nicht schwimmen.

Also sprang ich ins Becken. Ich dachte mir, falls die Szene nicht echt war, würde ich halt schlimmstenfalls umsonst nass werden.

Jemanden vor dem Ertrinken zu retten ist nicht so glamourös, wie es sich anhört. Als ich nahe genug dran war, um helfen zu können, wurde ich von der verzweifelt um Auftrieb kämpfenden Person mit einem heftigen Tritt ins Gesicht belohnt.

»Hör auf, dich zu bewegen!«, brüllte ich.

»Warum? Damit ich noch schneller ertrinke?« Es war Maya.

»Nein«, keuchte ich. Das Blut, das inzwischen aus meiner Nase tropfte, lief mir in den Mund. »Damit ich dich packen und zum Rand ziehen kann.«

Erst wollte sie die Bahnentrenner nicht loslassen, aber schließlich schaffte ich es, sie wegzuzerren und uns beide zur Leiter am Beckenrand zu bewegen. Maya kletterte heraus und übergab sich prompt in die Abflussrinne.

»Du kannst nicht schwimmen?«, fragte ich nach Atem ringend. Die dumme Frage brachte mir einen wütenden Blick ein. »Okay, okay«, sagte ich. »Gibt es denn einen Grund dafür, dass du da drin warst?«

Sie zeigte auf einen Stapel Klemmbretter bei der Tür.

»Coach Russert hat mich gebeten, die Dinger mitzunehmen, weil ich auf meinem Weg zum Englischunterricht am Sportsekretariat vorbeikomme«, sagte sie.

»Und da hast du beschlossen, eine Runde zu schwimmen?«, fragte ich. Meine Nase blutete inzwischen ziemlich heftig, aber sie schaute mich immer noch wütend an.

Dann zeigte sie auf einen umgestürzten Stapel Rettungswesten. »Ich bin gestolpert«, sagte sie tonlos.

Die Situation wurde sehr schnell ziemlich peinlich. Uns wurde nämlich gleichzeitig bewusst, dass wir beide klatschnass auf dem Boden der Schwimmhalle neben einer Pfütze aus Mayas Erbrochenem lagen, während Blut aus meiner Nase strömte. Wirklich unangenehm. Aber das Gute daran war, dass die ganze Peinlichkeit sie milder zu stimmen schien.

»Tut mir echt leid«, sagte sie und zeigte auf mein Gesicht.

»Ist schon okay«, antwortete ich. Ehrlich gesagt war es überhaupt nicht okay. Meine Nase tat höllisch weh, aber ich hatte nicht vor, ihr das mitzuteilen.

Wir standen auf und blieben erst mal verlegen an Ort und Stelle stehen. Wenn sich so etwas in Filmen abspielt, folgt danach entweder eine dramatische Liebesszene oder zumindest ein Schwur der ewigen Freundschaft. Aber wir beide starrten uns nur stumm an. Irgendwann sagte sie schließlich: »Danke, dass du mir das Leben gerettet hast«, was wesentlich weniger dramatisch ist, als Disney einem weismachen will.

»Gern geschehen«, erwiderte ich. Für einen Sekundenbruchteil huschte ein Lächeln über ihr Gesicht und der Effekt war atemberaubend. Aber ich durfte ihn nicht lange genießen. Sie rannte los und verschwand in der Mädchenumkleide. Ich blieb am Beckenrand stehen und fragte mich, was zum Henker gerade passiert war.

War ich dem Platschgeräusch nachgerannt? Oder war ich nur Rebecca gefolgt?

Ist das überhaupt wichtig?

Am vergangenen Freitag habe ich in St. Agatha meine erste Beichte abgelegt. Alle Jahrgangsstufen wechseln sich dabei ab, was ich erstaunlich finde, weil das Ganze so ewig dauert. Erst mal wartet man eine Stunde und fünfundvierzig Minuten, bis man an der Reihe ist. Es folgen fünf Minuten mit dem Priester und danach noch mal fünf Minuten auf den Knien. Das ist eine Menge Zeit, in der man eigentlich was lernen könnte.

Ich bin zwar Katholik, aber ich war vorher erst ein einziges Mal bei der Beichte gewesen, und zwar mit ungefähr acht Jahren. Das ist das normale Alter für die erste Beichte. Es versteht sich von selbst, dass ich nichts zu beichten hatte. Achtjährige sündigen nicht besonders viel. Aber ich hatte trotzdem Schuldgefühle, also erzählte ich dem Priester ein paar Sachen, wegen denen ich ein schlechtes Gewissen hatte, und das schien ihm zu reichen.

Ich verstehe nicht, warum irgendjemand den Drang verspürt, einem vollkommen Fremden all seine Sünden zu beichten (sage ich, während ich Ihnen hier meine Probleme aufschreibe). Aber was noch wichtiger ist: Ich glaube keine Sekunde lang, dass es wirklich jemand macht.

Die Leute erfinden einfach ein paar Sünden, während sie vor dem Beichtstuhl anstehen.

Manchmal frage ich mich, wie andere Menschen Schuld empfinden. Ich glaube nämlich, ich mache es falsch. Normalerweise fühle ich mich nicht wegen der Dinge schuldig, die ich tue – sondern deshalb, weil ich mich dafür eben NICHT schuldig fühle. Gestern zum Beispiel habe ich einen langen inneren Monolog darüber gehalten, wie gerne ich meine Schizophrenie weitergeben würde, wenn ich könnte. Ich würde mir jemanden aussuchen, der sie verdient hat, und mich danach großartig fühlen, weil ich nichts mehr mit ihr zu tun haben müsste.

Ich wäre ungeheuer erleichtert, und einen Moment lang machte mich der Gedanke, meine Probleme auf jemand anderen abzuwälzen, richtig glücklich. Aber dann bekam ich ein schlechtes Gewissen, weil ich deshalb überhaupt keine Schuldgefühle hatte. Denn das macht mich zu einem schlechten Menschen, stimmt’s?

Ich schaute in die Gesichter meiner Mitschüler, die alle auf die Beichte warteten. Sie wirkten gelangweilt.

Maya saß in der Bankreihe auf der anderen Seite des Mittelgangs. Sie lächelte mir zu und verdrehte dann die Augen, als wolle sie mir sagen: So ein Blödsinn, was? Ich tat es ihr nach. Wem sagst du das?, sollte meine Miene bedeuten. Aber ich weiß natürlich nicht, wie mein Gesicht in diesem Moment tatsächlich ausgesehen hat. Vielleicht las sie etwas ganz anderes darin. Oder gar nichts. Es war unsere erste Begegnung, seit ich sie aus dem Pool gezogen hatte, aber aus unerfindlichen Gründen fühlte es sich überhaupt nicht peinlich an.

Der Chor probte gerade für die Sonntagsmesse und ich verzog das Gesicht, als sie zu singen begannen. Ich habe herausgefunden, dass es ziemlich einfach ist, Informationen an mir vorbeigleiten zu lassen, wenn ich es will oder wenn sie einfach langweilig sind. Außer, sie sind in ein Kirchenlied verpackt. Dann brennt sich der Scheiß für alle Ewigkeit in mein Hirn ein.

Als ich an die Reihe kam, ging ich in den Beichtstuhl und kniete mich hinter das Trenngitter. Ich sagte die vorgeschriebenen Worte: »Vergib mir, Vater, denn ich habe gesündigt. Meine letzte Beichte war vor acht Jahren.«

»Warum hast du so lange gewartet, mein Sohn?« Es war der Priester mit dem irischen Akzent, der manchmal statt Father Benjamin die Messe liest. Ich hasse es, wenn Leute »mein Sohn« zu jemandem sagen, der nicht ihr Sohn ist. Das finde ich gruselig. Aber er ist ein waschechter Ire, was ihn zumindest ein bisschen interessanter macht als den amerikanischen Durchschnittspriester. Eine Art irischer Kobold, der Wünsche erfüllt. Ich stellte mir vor, wie er am Ende des Regenbogens auf einem Topf voll Gold hockte, und ich versuchte, mich deshalb schuldig zu fühlen. Aber das klappte nicht. Die Vorstellung war einfach zu witzig.

»Meiner Meinung nach ist es Zeitverschwendung, jemandem seine Sünden zu beichten.«

Ich hörte, wie er auf seinem Stuhl nach vorne rutschte. Wahrscheinlich war es ziemlich unhöflich, so etwas zu sagen, aber in der Beichte zu lügen wäre sicher noch schlimmer gewesen.

»Zeitverschwendung?«, fragte er.

»Genau«, sagte ich. »Tut mir leid.«

Ich wartete darauf, dass Father Patrick die Hände durch das Gitter streckte, um mich zu erwürgen, aber nichts passierte. Das Schweigen dauerte so lange, dass ich mich irgendwann genötigt fühlte, es zu brechen.

»Haben Sie wegen mir einen Herzinfarkt bekommen?«

Als er lachend mit »Nein« antwortete, war ich erleichtert.

»Kommen alle anderen hier rein, beichten Ihnen ihre Sünden und gehen dann wieder?«

»Meistens schon«, sagte er. Ich konnte hören, dass er immer noch lächelte.

»Aber manchmal kriege ich auch Kids wie dich, die wissen wollen, was das Ganze soll.«

»Und was sagen Sie denen?«, fragte ich.

»Dass jemand, der seine Sünden beichtet – sie aufrichtig beichtet –, sich damit seiner Unvollkommenheit bewusst wird.«

»Glauben Sie im Ernst, dass wir uns für makellos halten? Und dass wir uns deshalb ständig unsere Fehler vorhalten müssen?«

Er schwieg eine Zeit lang. Dann sagte er: »Würdest du es akzeptieren, wenn ich dir sage, dass dies nur eine weitere Möglichkeit ist, mit Gott zu kommunizieren?«

»Und wenn ich nicht an Gott glaube?«

Er rutschte wieder auf seinem Stuhl herum. Wahrscheinlich, weil Leute wie ich seine Jobsicherheit bedrohen.

»Dann nutze die Zeit doch, um darüber nachzudenken, welche Art von Mensch du sein möchtest. Und glaube wenigstens an dich selbst«, sagte er dann leise.

Das hatte ich nun wirklich nicht von ihm erwartet, aber ich machte trotzdem, dass ich aus dem Beichtstuhl kam, bevor er mir irgendwelche Gebete aufdrücken konnte. Nach seiner erstaunlich schlüssigen Abwägung hätte ich sonst den Drang verspürt, sie tatsächlich zu sprechen.

Als ich aus dem Beichtstuhl kam, zeigte Schwester Catherine auf die Bankreihe zu ihrer Linken und legte den Zeigefinger ihrer anderen Hand an die Lippen, als sei ich ein Fünfjähriger, der nicht weiß, dass man in der Kirche nicht pfeift oder laut herumgrölt. Maya saß jetzt direkt vor mir. Sie betete. Vermutlich.

Als ich mich in meiner eigenen Reihe hinkniete, senkte ich wie vorgeschrieben den Kopf und schloss die Augen. Einen Moment später spürte ich, wie sich jemand neben mich setzte.

»Hey«, flüsterte Maya.

»Hey«, flüsterte ich zurück. »Kriegen wir keinen Ärger, wenn wir in der Kirche reden?«

»Nicht, wenn du stur nach vorne starrst und leise sprichst«, sagte sie ruhig. »Manchmal befiehlt dir der Heilige Geist eben, laut zu beten.« Sie verdrehte die Augen. Dann lächelte sie. »Wie geht’s deiner Nase?«

»Ganz gut«, log ich. Sie sah so schuldbewusst aus, dass ich ihr nicht sagen wollte, wie weh es immer noch tat. Zum Glück war sie nicht gebrochen, sondern nur geprellt.

»Hör zu. Schwester Catherine wird dich fragen, ob du dem akademischen Team beitreten willst. Ich habe gehört, wie sie einer Kollegin erzählt hat, dass du all diese Gebete auswendig gelernt hast.«

»Meinst du die Loser, die bei diesen Zehnkampfturnieren des Wissens antreten?«

»Das sind wir«, sagte sie und zog eine Augenbraue hoch. Ich versuchte, mich dafür zu entschuldigen, dass ich sie Loser genannt hatte, aber sie winkte ab.

»Vergiss es«, sagte sie. »Wir sind stolz darauf. Außerdem musst du hier eine AG besuchen. Wenn du weder ein Instrument spielst noch besonders sportlich bist, bleibt nur noch das akademische Team.«

»Mit anderen Worten, mir bleibt keine Wahl.«

»Na ja, du bist groß. Spielst du Basketball?«

Ich lachte auf und täuschte einen Hustenanfall vor, als Schwester Catherine in meine Richtung blickte. Ich war in meiner alten Schule für die Mannschaft angeworben worden, aber ich habe Koordinationsschwierigkeiten. Ich kann kaum meine Gläser aufsetzen, ohne mir dabei ein Auge auszustechen. Es dauerte keine zehn Minuten, bis die Mannschaft realisierte, dass ich völlig nutzlos war. Außer, sie brauchten jemanden, um den Korb festzuhalten.

»Gib mir nachher deine Nummer, dann kann ich dir texten, wo wir uns zum Training treffen.«

»Gib mir einfach deine«, flüsterte ich.

»Ich habe aber keinen Stift dabei«, sagte sie.

»Ich kann sie mir merken.«

»Natürlich«, grinste sie. Ich versuchte, nicht allzu selbstzufrieden zu wirken, als sie mir ihre Nummer sagte und ich sie mir augenblicklich einprägte.

Später am selben Tag forderte Schwester Catherine mich tatsächlich auf, in das Team einzutreten. Sie sagte, da ich keine Religionshausaufgaben machen müsste, könnte ich die Zeit dazu nutzen, mir Fakten einzuprägen. Na super.

Während unseres Gesprächs drehte Rebecca vor der Tafel Pirouetten. Ihr blondes Haar flog durch die Luft wie gesponnenes Gold und ein unsichtbarer Chor sang dazu »Amazing Grace«. Ich war einen Moment lang abgelenkt, bis ich merkte, dass Schwester Catherine mich vielsagend ansah. Ich dachte, ich hätte mir keine Blöße gegeben, aber sie hatte begriffen, was gerade passiert war. Ich sah Verständnis in ihrem Blick, aber auch eine Warnung. Es war zu offensichtlich gewesen. Ich holte tief Luft und konzentrierte mich bis zum Ende der Stunde voll und ganz auf den Unterricht.

Am Nachmittag schickte ich Maya eine Nachricht. Ich brauchte zehn Minuten, um sie zu schreiben, und am Ende stand nur darin: »Hi, hier ist Adam.«

Eine Sekunde später kam ihre Antwort: »Thx.«

Als Paul mich von der Schule abholte, sprach er nicht viel, aber er fuhr mit mir zum McDrive und kaufte uns Milchshakes. Er hat immer noch Angst vor mir. Aber ich habe das Gefühl, dass er dagegen ankämpft.

Mein Handy vibrierte in meiner Tasche, als wir in unsere Einfahrt fuhren, und ich sah, dass Maya mir noch eine Nachricht geschickt hatte.

»Übrigens: Willkommen bei den Losern!«

Ich glaube, sie mag mich.

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