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4. Kapitel

Zwei Wochen früher

Für ihr Vorhaben hatte sich Lucy zu Beginn der Saison eigentlich Jason Warriner ausgesucht, einen blonden Schönling. Er trug immer sandfarbene Breeches und Jacketts in royalen Farbtönen und sah aus wie ein Prinz. Allerdings hatte Lucy dann nicht gewusst, wie sie sich unauffällig an ihn heranmachen und ihn erfolgreich verführen konnte, ohne sich zu blamieren. Außerdem hatte es den Anschein, dass er vielleicht selbst ein sehr erfahrener Verführer war und sie keine Kontrolle über die Situation gehabt hätte. Mit allen anderen Gentlemen konnte sie sich aber - beim besten Willen - keine intimen Begegnungen vorstellen.

Und dann stand sie plötzlich mit Alexander Spencer auf der Tanzfläche und wirbelte mit ihm in einem perfekten Walzer über das Parkett. Sie erinnerte sich noch an ihn aus ihrer ersten Saison. Damals hatte sie ihn noch für einen uninteressanten Grünschnabel gehalten. Obwohl ihr seine beinahe türkisfarbenen, leuchtenden Augen auch da schon aufgefallen waren.

Inzwischen war er zu einem richtigen Mann geworden. Gutaussehend und selbstbewusst, dennoch nicht arrogant oder überheblich wie die meisten anderen Gecken. Er wirkte bodenständig und ehrlich, aufrichtig und weich. Nicht wie die Sorte Mann, die eine Frau verletzen oder vorsätzlich enttäuschen würde.

Also beschloss Lucy spontan, dass er der neue Kandidat für ihre Mission Verführen und Abhärten sein würde - ihr Lustobjekt.

Sie hatte keine Ahnung, wie er darauf reagieren würde. Bei ihrem gemeinsamen Walzer spürte sie aber eine unerklärliche Vertrautheit zwischen ihnen, obwohl kein Wort gesprochen wurde. Außerdem nahm Lucy Alexanders gütige und warmherzige Augen war, sodass sie zu der Überzeugung kam, dass er sie nicht zurückweisen oder enttäuschen oder gar Bloßstellen würde. Sie konnte ihm vertrauen.

Unmittelbar nach dem Walzer führte sie ihn hinaus aus dem stickigen Ballsaal in den Garten und stürzte sich ungeschickt, aber entschlossen auf ihn. Nachdem er kurz überrascht und verdutzt wirkte, spielte er ihr Spielchen schließlich - wie erhofft und offenbar äußerst willig - mit.

Dass Lucy so schnell erregt und bereit sein würde, hätte sie von sich selbst nicht gedacht. Seine Männlichkeit, seinen warmen Schaft in sich zu spüren, bereitete ihr überraschende Freude, Geborgenheit und Lust. Damit hätte sie nicht gerechnet. So viele Jahre war es her und sie konnte sich nicht erinnern, dass es sich früher jemals derart gut und richtig angefühlt hatte, wie nun mit Alexander Spencer. Erschrocken darüber schloss sie schnell die Augen, um ihre Gefühle nicht preiszugeben, und stürmte gemeinsam mit ihm dem Höhepunkt entgegen. Es war so erfüllend, so berauschend. Wie hatte sie nur bislang ohne das hier leben können?

Ging es jeder Frau so, die mit Alexander Spencer schlief? Schlief er überhaupt mit anderen Frauen? Er wirkte so harmlos und vertrauenswürdig. War er denn hoffentlich nicht in jemand anderen verliebt, ohne dass sie es wusste?

So viele Fragen schossen Lucy plötzlich durch den Kopf und sie konnte keine Einzige davon stellen. Also sprang sie auf und wandte sich zum Gehen ab, um der unangenehmen Situation zu entfliehen. Was sollte sie denn auch sagen? In seinen Augen musste sie sich schändlich benehmen, wie ein leichtes Mädchen. Jedenfalls nicht wie eine junge Dame von guter Herkunft. Sie wollte aber auch nicht preisgeben, dass sie sich schämte, also beschloss sie, der ganzen Sache zu entfliehen. So wie Männer das vermutlich taten, wenn sie von einer Frau bekommen hatten, was sie wollten. Ohne Rechenschaft abzugeben und ohne Rücksicht auf die Gefühle des anderen zu nehmen. Obwohl es Lucy kurz im Herzen wehtat, als sie in Alexanders erwartungsvolle Augen blickte und sich plötzlich ihr Herz erwärmte. Am liebsten hätte sie ihm noch einen innigen Kuss gegeben. Sie wäre sich dabei aber vollkommen albern vorgekommen und beschloss, nun einfach zu gehen.

Erst als sie zurück im Ballsaal angekommen war, erfuhr sie, mit wem sie da gerade intim gewesen war. Ihre Freundinnen wollten nämlich wissen, wie es denn gewesen war, mit dem gut aussehenden, frisch gebackenen Duke of Kintbury zu tanzen? Etwas erschrocken darüber, dass Alexander Spencer inzwischen ein Duke war, antwortete Lucy nur knapp und wechselte schnell das Thema. Sie konnte nur hoffen, dass ihre Freundinnen ihrem plötzlichen Erröten keine nähere Bedeutung beimessen würden.

Lucy musste in den darauffolgenden Tagen ständig an Alexander Spencer, den Duke of Kintbury, und ihre stürmische erotische Begegnung denken. Sie konnte sich kaum auf etwas anderes konzentrieren. Der Duke war so ganz anders als ihr erster Verlobter. Alexander war groß und schlank, aber muskulös. Sein dunkles Haar stand im Kontrast zu seinen wunderschönen blauen, fast türkisfarbenen Augen, die etwas ganz Besonderes waren. Er hatte markante, aber weiche Gesichtszüge. Eine gerade freundliche Nase. Er war gut gekleidet, so wie es sich für einen Duke gehörte. Alexander wirkte selbstbewusst, aber nicht arrogant. Gestärkt, aber nicht abgehoben. Um ihn mit einem Wort zu beschreiben, er war liebenswert.

Ein paar Tage später begegnete sie ihm endlich wieder auf dem Ball der Rosenbergs. Sie vergab an ihn erneut einen Walzer, obwohl sie sich fest vorgenommen hatte, Alexander diesmal nicht zu verführen. Sie musste dringend aufhören mit diesem Spiel, weil sie wieder kurz davor war, sich in diesen gut aussehenden, dunkelhaarigen und zärtlichen Mann zu verlieben.

Als Lucy dann aber auf der Tanzfläche in seinem Arm stand, seinen angenehmen und anziehenden Duft nach Seife, frisch gewaschener Kleidung und einfach Alexander roch, fühlte sie sich zurückversetzt in ihr erotisches Abenteuer im Garten, und wollte ihn zumindest nur noch ein einziges Mal in sich spüren und ihm nahe sein.

Also warf sie jegliche Vernunft über Bord und zog ihn nach dem Tanz kurzerhand mit sich in das menschenleere Arbeitszimmer des Gastgebers. Lucy kannte sich im Stadthaus der Rosenbergs ziemlich gut aus, da es der Familie ihrer engen und guten Freundin Clarissa gehörte. Zu Besuch bei ihr hatte Lucy hier bereits viele Stunden ihrer Kindheit verbracht.

Nun würde sie im abgelegenen Arbeitszimmer des Earls ihren zweiten sündhaften Fehler in dieser Woche begehen. Das Seltsame war nur - mit Alexander Spencer fühlte es sich nicht wie ein Fehler an. Eher wie das Natürlichste der Welt.

Ein wenig verwundert darüber, dass der Duke sich ihr immer noch nicht widersetzte oder ihrem erotischen Überfall in irgendeiner Weise keinen Einhalt gebot, war Lucy schon. Dennoch spielte sie erneut ihr Verführungsspiel mit ihm. Sie zeigte ihm sogar, was sie früher alles gelernt hatte und nun an ihm erfolgreich anzuwenden wusste. Zu ihrer Freude schien es Alexander außerordentlich gut zu gefallen. Jedoch spürte Lucy sehr wohl die Verwunderung und Überrumpelung des jungen Dukes. Sie gab ihm aber keine Gelegenheit, seine Fragen oder Einwände zu äußern, und stürzte sich stets wild küssend auf ihn. Was hätte sie ihm auf seine absolut berechtigten Fragen auch antworten sollen? Ohne Worte gelangten sie wieder gemeinsam ans Ziel der Erfüllung.

Als sie beide fertig waren und sie immer noch atemlos in seinem Arm lag, überlegte Lucy, was sie zu Alexander sagen konnte. Wie sie ihren erneuten sinnlichen Überfall erklären konnte. Nichts wollte ihr einfallen. Außer: Du gefällst mir und ich wollte einmal in die Rolle des rücksichtslosen Verführers schlüpfen, um mich abzuhärten. Oder Worte wie: Es tut mir leid, dass ich dich einfach so benützt habe. Ich soll bald irgendjemanden heiraten und ich habe Angst ...

Es war einfach zu verwirrend und ein Teil von Lucy schämte sich für ihr Verhalten, wie auch für ihre Gedanken. Niemand außer Alexander und ihrem damaligen Verlobten wusste, dass sie keine Jungfrau mehr war. Würde ihr zukünftiger Ehemann es herausfinden? Würde er es bemerken und sie trotzdem zur Frau nehmen? Lucy wusste es nicht und konnte niemanden um Rat fragen, außer vielleicht Alex…

Lucy sprang auf und wollte gehen, hielt aber kurz inne, um Alexander noch etwas zu sagen. Aber was? Im Dunkeln konnte sie seine wundervollen, leuchtenden Augen erahnen, die sie erwartungsvoll und etwas entgeistert anstarrten. Da ihr aber nichts über die Lippen kommen wollte, drehte sie sich rasch um und floh.

Draußen auf dem Gang hielt Lucy in einer Nische inne und ordnete ihr Kleid und ihre Frisur, so gut es eben ging. Sie fragte sich, wie - um Himmels willen - sie schon wieder so weit gehen hatte können? Wieso fiel es ihr so leicht, sich mit Alexander auf diese Weise einzulassen? Wieso machte er es ihr so leicht?

Und vor allem, wie sollte das weiter gehen? Wäre der Duke ein Mann zum Heiraten? Darüber hatte sie bislang noch gar nicht nachgedacht. Wollte er denn überhaupt heiraten? War er bereits jemand anderem versprochen?

Würde er sie - eine offenbar in Ungnade gefallene junge Frau - überhaupt in Erwägung ziehen? Gleich würde er ebenfalls den Raum verlassen und ihr wieder begegnen. Kurzerhand beschloss Lucy, die Treppe hinauf und in die Privaträume ihrer Freundin Clarissa zu fliehen, bis sie wieder klar denken konnte. Also lief sie rasch die Stufen hinauf in den ersten Stock.

Als Lucy später neu geordnet und wieder einigermaßen gefasst zurück in den Ballsaal kam, war Alexander nicht mehr da. Enttäuschung machte sich in ihr breit.

Eine Woche später fand der Ball ihrer Eltern in ihrem eigenen Zuhause statt. Lucy war sehr aufgeregt und wurde wenige Stunden davor von ihrem Vater noch einmal daran erinnert, tunlichst Ausschau nach einem geeigneten Ehemann zu halten. In zwei Monaten würde sie bereits vierundzwanzig Jahre alt werden, und danach bliebe ihr nicht mehr allzu viel Zeit, um ihr Erbe zu sichern.

Als ihr Vater Lucys Zimmer wieder verlassen hatte, war sie wütend und trommelte mit den Fäusten auf ihr Kissen ein. Ihre Wut verwandelte sich in Verzweiflung und Traurigkeit und Lucy ließ ihren Tränen freien Lauf. So saß sie eine Weile da und schluchzte in ihr Kissen. Was war das für eine Wahl? Entweder ihren Körper und ihre Seele an einen rücksichtslosen Mann zu verschenken oder ein Leben in ärmeren Verhältnissen zu wählen und lediglich die Zofe oder Gesellschafterin von irgendjemandem zu werden. Denn ohne angemessene Mitgift würde sie später sicherlich keinen passablen Ehemann mehr finden können. Und aus Liebe heiraten? Wer heiratete schon aus Liebe? Wer würde sie nur aus Liebe heiraten?

Erneut vergrub Lucy ihr Gesicht in ihrem Kissen und versuchte, sich zu beruhigen. Als es ihr schließlich gelungen war, stand sie auf und setzte die Vorbereitungen für die heutige Ballnacht fort.

Nun kam auch ihre Zofe Bella ins Zimmer und begann, sie für den Ball fertigzumachen. Die Zofe wählte ein wunderschönes, aber schlichtes, hellblaues Seidenkleid mit zierlichen weiß-blauen Stickereien an Saum und Mieder für Lucy aus. Sie würde darin himmlisch aussehen und ihre schönen blauen Augen kämen dadurch besonders gut zur Geltung. Lucy ließ es geschehen, ebenso wie eine wunderschöne, prachtvolle Hochsteckfrisur. Dazu trug sie eine zarte Kette mit einem winzigen, glitzernden Diamanten in einer Fassung in Tropfenform. Wie passend - dachte sich Lucy - angesichts ihrer kürzlich vergossenen Tränen.

Als sie endlich fertig war, machte sie sich etwas widerwillig auf den Weg zum Ballsaal. Doch plötzlich verspürte sie eine unerwartete Vorfreude. Lucy vernahm ein freudiges Kribbeln in ihrem Bauch, wenn sie daran dachte, in Kürze vielleicht Alexander Spencer gegenüber zu stehen. Einerseits fühlte sie zwar ein Gefühl der Glückseligkeit, andererseits bekam sie furchtbare Angst davor, denn es würde auch bedeuten, wieder enttäuscht werden zu können.

Das gute Gefühl siegte für den Moment, als sie Alexander, den Duke of Kintbury, am Eingang zum Ballsaal stehen sah. Ihr Herz setzte für einen Schlag aus und sie konnte gar nicht mehr denken. Grazil ging sie an ihm vorbei - ohne ihn anzusehen, sich seiner Gegenwart aber sehr intensiv bewusst. Auch er hatte sie bemerkt, denn sie spürte seinen Blick warm und versengend in ihrem Rücken.

Eine Weile später kam Alexander auf sie zu und bat sie um einen Tanz. Er blickte sie ernst, aber freundlich an. Da Lucy gerade mit ein paar Freundinnen zusammenstand und plauderte, hatte er keine Gelegenheit, ein intimeres, womöglich verräterisches Gespräch mit ihr zu beginnen und ging weiter seiner Wege.

Sie begegneten sich erst wieder für ihren gemeinsamen Walzer, den sie wortlos zu tanzen begannen. Wie gerne hätte Lucy etwas zu Alexander gesagt. Schön dich wiederzusehen, ich denke viel zu oft an dich. Es tut mir sehr leid, dass ich dich einfach, ohne ein Wort zu sagen, verführt habe. Kannst du mir verzeihen? Magst du mich? Was denkst du?

Sie konnte aber nichts dergleichen sagen. Also kam ihr gar nichts über die Lippen. Über das Wetter oder die stickige Luft im Ballsaal zu sprechen, erschien ihr ebenso unsinnig.

Auch Alexander sagte kein Wort. Zweimal versuchte er, Blickkontakt herzustellen, Lucy wich aber aus, um nicht in die Verlegenheit eines klärenden Gesprächs zu geraten. Wie verrückt das war. Zwei Menschen, die bereits zum wiederholten Male miteinander intim gewesen waren, aber nicht miteinander sprechen konnten. Lucy hatte einfach zu viel Angst. Zuviel Angst davor, wieder enttäuscht und abgewiesen zu werden, und der Wahrheit und den Konsequenzen ihres Handelns ins Gesicht blicken zu müssen.

Der Walzer endete und Lucy bekam Panik. Also tat sie, was sie inzwischen am besten konnte. Sie packte Alexander am Arm und zog ihn mit sich aus dem Ballsaal und ziemlich unüberlegt, aber sehr entschlossen hinauf in ihr Zimmer. Sie schloss die Tür hinter ihnen ab, wunderte sich kurz, dass Alexander keine Einsprüche erhob, und stürzte sich wieder auf ihn.

Die eiskalte Verführung des Dukes

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