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EINS

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DNA


THE BEGINNING


Das Böse hat einen Namen
















Ein Roman


von


K. Krista




















Wer nur ein einziges Leben zerstört,

der vernichtet die ganze Welt.

Wer nur ein einziges Leben rettet,

der rettet die ganze Welt.


Aus dem Talmud







***






Der Mensch erfand die Atombombe,

doch keine Maus der Welt

würde eine Mausefalle konstruieren.


Albert Einstein





ERSTER TEIL

















An manchen Tagen geht einfach alles schief.

Heute ist mein 25. Geburtstag und ich sollte längst in München bei meinen Eltern sein, die in diesem Moment sicherlich bereits alle Hände voll zu tun haben, um eine Party für mich vorzubereiten. Inzwischen konnte ich sie wenigstens dahingehend beeinflussen, dass sie keine „Überraschungsparty“ mehr für mich organisieren. Bis zu meinem 20. Geburtstag machten sie jedes Jahr ein Staatsgeheimnis aus diesem Tag, was ja nett gemeint ist, aber wenn man jedes Jahr am selben Tag „überrascht“ wird, wo bleibt dann die „Überraschung“?

Der Gedanke an meine Eltern zaubert ein Lächeln auf mein, eben noch genervtes Gesicht. Sie sind die wichtigsten Menschen in meinem Leben, denn obwohl sie beruflich sehr eingespannt sind, kann ich mich doch immer und zu jeder Zeit auf sie verlassen. Wie klein mein Problem ihnen auch immer erscheinen mag, sie sind sofort zur Stelle, wenn bei mir der Schuh drückt. Sie haben ein wunderschönes Zuhause für mich geschaffen und geben mir immer das Gefühl geliebt zu werden. Meine Eltern haben vor vielen Jahren erkannt, dass Computer und das Internet nicht nur die Technik und die Bürokommunikation maßgeblich verändern werden, sondern sie gehören zu den Pionieren der ersten Computerspiele.

Mein Vater kreierte und programmierte diese, meine Mutter übernahm das Marketing und den Vertrieb. Das von meinen Eltern gegründete Unternehmen wurde über die Jahre so erfolgreich, dass inzwischen mehr als 200 der besten Programmierer täglich damit beschäftigt sind, neue Spiele zu erfinden, oder Optimierungen älterer Versionen vorzunehmen.


Vor etwa 10 Jahren haben meine Eltern die Verwaltung der Firma aus der Hand gegeben. Mein Vater hat einen seiner besten Programmierer und Visionär zum Geschäftsführer gemacht und ihm eine äußerst fähige Controllerin zur Seite gestellt. Der bis heute andauernde und ständig steigende Erfolg des Unternehmens bestätigt die Richtigkeit seiner Entscheidung.

Was meine Eltern heute beschäftigt, könnte man lapidar mit „privatisieren“ umschreiben. Es ist jedoch viel mehr. Sie reisen in Drittländer und Krisengebiete, sehen sich diverse Hilfsorganisationen vor Ort an und unterstützen diese dann entweder ganz profan mit Geld, oder machen die Arbeit dieser Menschen hier in Deutschland und Europa bekannt, wodurch dann Spenden fließen können. Wie viele Stiftungen und Stipendien in ihrem Namen gegründet wurden und immer noch werden, kann ich gar nicht aufzählen. Nicht zuletzt für dieses Engagement liebe ich meine Eltern.

Sie könnten sich mit ihrem Geld ein leichtes und luxuriöses Leben machen, aber sie kümmern sich um Menschen, die nicht so viel Glück wie sie hatten und geben von ihrem Reichtum ab. Sie schenken ihre Zeit und nicht zuletzt sich selbst für eine, wie ich finde, sinnvolle und gute Aufgabe.

In diesem Moment sollte ich bereits im Flugzeug, mit Anflug auf München sitzen, befinde mich aber immer noch am Flughafen Milano-Malpensa, der größte der drei Flug-häfen in Mailand und warte auf den Start der nächsten Maschine, in die bayerische Hauptstadt.

Als ich heute Morgen um zehn Uhr, in der Warteschlange, am Schalter der Lufthansa Maschine nach München stehe, höre ich „zufällig“, wie sich zwei Männer am Neben-schalter, darüber unterhalten, das Flugzeug, in welches sie vorhaben einzusteigen, „umzuleiten“. Schlagartig ist mein Interesse geweckt und ich beobachte die Beiden unauffällig. Sie tragen maßgeschneiderte Anzüge die sich perfekt an ihre gut durch-trainierten Körper schmiegen. Ihre Haltung wirkt lässig und doch aufmerksam. Es könnte sich um zwei Geschäftsmänner handeln, die gelangweilt auf ihren Flug warten. Sie unterhalten sich in russischer Sprache, ein Blick auf die Anzeigetafel zeigt mir, dass es sich um einen Flug nach Moskau handelt. Einem zufälligen Beobachter wäre niemals aufgefallen, dass die Männer sich unterhalten, denn selbst bei genauem Hinsehen sind kaum Mundbewegungen ersichtlich. Das machen sie nicht zum ersten Mal.

Ich habe Sprachen studiert, spreche seit Jahren, fließend Russisch, Chinesisch und natürlich Englisch, und bin mir deshalb sehr sicher, mich nicht verhört zu haben. Hier wird eindeutig eine Flugzeugentführung geplant. Die beiden Männer stehen allein am Schalter, welcher zu dieser Zeit noch nicht besetzt ist. Wie an der Anzeige ersichtlich, startet der Flug erst in knapp zwei Stunden, es wird daher noch etwas dauern, bis der Schalter öffnet, auch befinden sich die Herren außer Hörweite aller anderen Passagiere und sie konnten deshalb sicher sein, von niemandem belauscht zu werden. Ich war die einzige Person, die sie auf diese Entfernung belauschen konnte und das liegt einzig und allein an meinen außergewöhnlichen Fähigkeiten. Ich höre siebenmal besser als jeder andere Mensch, meine Reflexe und meine Schnelligkeit übersteigen die eines normalen Menschen um ein Vielfaches.

Ein paar Tage nach meinem 16. Geburtstag machten ein befreundetes Ehepaar meiner Eltern und ich einen Ausflug in die Berchtesgadener Berge. Es war ein wunderschöner Tag im Frühsommer und ich genoss die Fahrt in dem offenen Wagen in vollen Zügen. Wir befanden uns auf einer Passstraße, als es passierte. In meiner Erinnerung sehe ich heute noch alles wie in Zeitlupe.


Plötzlich machte die Straße eine scharfe Linkskurve und uns kam auf unserer Spur ein anderer Wagen entgegen. Dieser war viel zu schnell unterwegs, konnte dadurch seine Spur in der Kurve nicht mehr halten und prallte frontal in unser Cabriolet.

Es blieb einfach weder Platz, noch Zeit zum Ausweichen.

Bei dem Aufprall wurde ich heraus geschleudert und zog mir unzählige Knochenbrüche und Schäden am Rückenmark zu. Die Freunde meiner Eltern und der Unfallverursacher haben den Crash leider nicht überlebt. Ich lag sehr lange ohne Bewusstsein an der Unfallstelle. Da ich über die Absperrung geschleudert wurde dauerte es viele Stunden, bis ich gefunden wurde, da zunächst niemand nach mir gesucht hatte. Die Erinnerung an diese Zeitspanne ist bis heute nicht zurückgekehrt. Ich hoffe, dass ich nicht zu mir gekommen bin, bis ich gefunden wurde, falls doch, bin ich sehr dankbar, mich nicht mehr erinnern zu können. Erst durch einen Anruf meines Vaters, auf das Handy der Verstorbenen, der sich inzwischen Sorgen gemacht hatte, wo wir solange bleiben, wurde die Polizei informiert, dass außer dem verunglückten Ehepaar auch noch ein Kind im Wagen saß und begann daraufhin die Suche nach mir.

Verschiedene deutsche Ärzte erklärten meinen Eltern später, dass diese Stunden maßgeblich dafür verantwortlich wären, dass ich wohl nie mehr würde laufen können. Die Schäden an meinem Rücken hätten bei sofortiger Stabilisierung und zeitnahem operativen Eingriff eventuell wieder heilen können, so jedoch sehen sie keine Heilungschancen. Meine Eltern wollten sich mit dieser Diagnose jedoch nicht zufrieden geben und brachten mich nach einigen Wochen und vielen Recherchen zur Behandlung nach Russland in eine Privatklinik. Ich konnte nach einiger Zeit wieder laufen und entwickelte zwei Jahre später, ungewöhnliche Fähigkeiten.

Mein Vater erklärte mir, dass, um mich zu heilen, ein Eingriff in meine DNA nötig war, was diese Mutation verursacht hatte. Näher ging er jedoch nicht auf meine Behandlung ein und mir war nur wichtig, dass ich wieder laufen konnte.

Es dauerte lange, bis ich mich damit abgefunden habe, anders als andere Menschen zu sein, lange Zeit hielt ich mich für einen Freak, komme jetzt jedoch sehr gut damit zurecht. Vor allem, seit mir, Prof. Dr. Juan Jintao, der Arzt, der mich damals behandelte, beigebracht hat, wie ich, vor allem den enorm gesteigerten Hörsinn beeinflussen, gegebenenfalls ausschalten kann. Es war die erste Zeit unerträglich für mich, ganz normale Geräusche, wie den Verkehr und die Gespräche anderer Personen, die ungeschützt und zu jeder Zeit auf mich einprasselten, zu ertragen.


Es war mir unmöglich, mich dort aufzuhalten, wo andere Menschen sich begegnen.

Jedes gesprochene Wort, jedes Geräusch, ob dies der Kaffeekocher in einer Bar, ein laufendes Radio in einer Kneipe oder das Klingeln eines Fahrrades in fünfzig Meter Entfernung war, alles prallte ungefiltert und für mein Empfinden dröhnend laut an mein Ohr.


Ich musste mir die Ohren zuhalten, Tränen liefen mir die Wangen hinab, da die Ge-räusche anfangs immer mit Schmerzen verbunden waren. Erst als Prof. Dr. Jintao mir beibrachte, mein Gehör abzuschirmen, fand ich Ruhe und traute mich wieder unter Menschen.


Aus Langeweile und aus reiner Neugierde, hatte ich diesmal auf die Abschirmung verzichtet und zugegeben, nicht sehr anständig von mir, die Gespräche um mich herum, belauscht.

Obwohl der Milano-Malpensa Flughafen der größte in Mailand ist, darf man ihn sich nicht wie einen Großflughafen in Deutschland vorstellen. Wer die Dimensionen vom Frankfurter oder dem Münchener kennt, der hat völlig falsche Vorstellungen. Es haben sich hier zwar sehr viele Fluggesellschaften angesiedelt, es gibt jedoch nur zwei Terminals mit jeweils drei Schaltern. Die Anzahl der Reisenden, die sich gleichzeitig mit mir in der Halle befinden, ist deshalb eher überschaubar.

Eine kurze Zeit fesselt eine Mutter mit ihrer kleinen Tochter meine Aufmerksamkeit. Das Mädchen ist eine ausgesprochene Schönheit, wenn man das bei einem, vielleicht gerade einmal vierjährigen Kind sagen darf. Ihr Haar, übrigens dasselbe wie das ihrer Mutter, fiel dem Mädchen in langen, dichten, dunkelbraunen Wellen weit über die Schultern. Selbst in diesem künstlichen Licht schimmerte es in Bewegung, in einem wunderschönen rotbraun, was dem an sich dunklen Haar einen weichen und warmen Schimmer gibt. Ihr Gesicht ist das eines Engels, na ja wie man sich einen Engel vorstellt. Große dunkelbraune Augen, rosige Pausbacken, eine kleine zierliche Stupsnase und einen zum Küssen süßen Schmollmund.

Ich finde ja alle Babys und Kleinkinder sind schön, aber dieses Mädchen ist schon ein richtiger „Wonneproppen“. Sie spricht Italienisch, deshalb konnte ich nicht verstehen was gesprochen wurde, aber die Kleine ist ganz aufgeregt und man kann anhand ihrer Handbewegungen und ihrer vor Staunen großen Augen erkennen, dass sie sich wohl zum ersten Mal auf einem Flughafen befindet.


Als der Flug der Beiden aufgerufen wurde schweifte mein Blick durch die Abflughalle und blieb an den beiden Männern hängen.


Je länger ich der Unterhaltung lauschte, umso mehr kam ich zu der Überzeugung, dass sie etwas Illegales vorhaben und ich verließ die Warteschlange und begab mich auf die Suche nach dem Sicherheitspersonal, wurde auch sehr schnell fündig und versuchte den beiden Carabinieri meine Beobachtung mitzuteilen. Leider sprachen die Herren nur sehr unzulänglich Englisch, was für ein Flughafengelände schon fast fahrlässig ist und so wahrscheinlich nur in Italien möglich, sie brachten mich in das Büro des Flughafenleiters, wo ich zunächst eine Weile sitzen gelassen wurde, bis ein beleibter, schon ziemlich ergrauter, aber durchaus noch attraktiver Mann auf mich zukam und mich in korrektem Deutsch nach meinem Anliegen befragte.

Ich erklärte ihm die Situation, die er mir zunächst nicht abnahm. Da ich ihm nichts von meiner Fähigkeit erzählen konnte und wollte, nur meine Familie und engste Freunde wissen von meiner Mutation, hielt er es doch für sehr unwahrscheinlich, dass es mir möglich war, ein solches Gespräch zu belauschen. Ich erklärte ihm, dass ich sehr geübt im Lippenlesen sei und mir deshalb sicher war, dass mit den beiden Herren etwas nicht stimmt. Nach langen Minuten konnte ich ihn endlich davon überzeugen, dass er die beiden von mir beschrieben Männer, die sich hoffentlich immer noch an dem Flugschalter befinden, zur Befragung in sein Büro bringen lässt.


Ich wurde in einem anderen Raum weiter festgehalten und bereute schon fast, mich eingemischt zu haben und musste von dort aus zusehen, wie die Maschine nach München, ohne mich startete. Es dauerte beinahe zwei Stunden, bis der Flughafenleiter freundlich lächelnd wieder den Raum betrat, in dem ich warten musste.

Wie sich herausstellte, hatte ich recht, im Handgepäck eines der Herren wurde eine Pistole, in kleinste Einzelteile zerlegt, entdeckt.

Allerdings wäre eine Entdeckung der Waffe eher unwahrscheinlich gewesen, auch wenn sie nicht zerlegt worden wäre, da dieser Herr plötzlich einen Diplomatenpass vorlegte, der erst bei genauerer Untersuchung als Fälschung erkannt werden konnte. Der Flughafenleiter ging davon aus, dass die Männer wahrscheinlich vorhatten, den Check-in für VIPs zu benutzen und das Gepäck der Beiden wäre, ohne meinen Verdacht niemals kontrolliert worden.





















DNA

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