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ZWEI
ОглавлениеSehr geehrte Damen und Herrn, hier spricht ihr Flugkapitän, ich hoffe sie hatten einen angenehmen Flug, wir erreichen in wenigen Minuten den Franz-Josef-Strauß Flughafen in München. Ich wünsche ihnen einen schönen Tag. Im Namen der gesamten Crew bedanke ich mich bei ihnen und würde mich freuen, wenn sie uns bald wieder beehren.
Gott sei Dank, endlich zu Hause.
Mit vierstündiger Verspätung komme ich an. Leider konnte ich meine Eltern noch nicht telefonisch erreichen und sie von meinem späteren Eintreffen informieren. Kurz denke ich darüber nach, es noch einmal zu versuchen, lasse es jedoch bleiben, da ich nur einen kurzen Fahrtweg von 10 Minuten habe.
Nachdem ich durch den halben Flughafen gelaufen bin, um endlich an mein Gepäck zu kommen ist eine gute halbe Stunde später ein Taxi schnell gefunden. Kurz habe ich es bereut, nicht auf meinen Vater gehört zu haben, der mir immer wieder predigt, erster Klasse zu fliegen. Nicht der Luxus von mehr Platz und besseres Essen wäre dafür ausschlaggebend, dies ist meinem Vater nicht wichtig, doch Personen der ersten Klasse vor allem mit VIP Status, den ich als Tochter und „Vielflieger“ von Thomas Arnold genieße, werden bevorzugt abgefertigt.
Ich könnte schon seit einer halben Stunde im Taxi sitzen. Egal, die Freude, meine Eltern nach einer Woche Abwesenheit wieder zu sehen, ist riesengroß und die lasse ich mir nicht durch ein paar Minuten verlorene Zeit verderben.
Schon als das Taxi in unsere Straße einbiegt bekomme ich ein beklemmendes Gefühl, das Atmen fällt mir schwer und mein Herz scheint sich zu verkrampfen. Noch denke ich über meinen irrationalen Zustand nach, da hält das Taxi vor meinem Elternhaus. Was ist hier geschehen?
Fahrzeuge mit blinkendem Blaulicht, wohin das Auge reicht, uniformierte Polizisten unterhalten sich mit Personen in Zivilkleidung, am Ende unseres Grundstücks stehen zwei Krankenwagen. Es dauert nur den Bruchteil einer Sekunde, in der ich diese Situation aufnehme. Wie in Trance übergebe ich dem Fahrer des Taxis den geforderten Beförderungspreis und steige aus dem Fahrzeug. Langsam bewege ich mich auf den Eingang zu, niemand hält mich auf.
Die Haustüre steht offen und ich betrete den Eingangsbereich, mein Blick fällt durch die geöffnete Wohnzimmertüre, auf zwei am Boden liegende Personen.
Beinahe augenblicklich erkenne ich meine Mutter und meinen Vater, mein Entsetzen löst sich in einem Schrei und ich stürze ins Zimmer, werde jedoch von einem Mann aufgehalten, der mich festhält und gleichzeitig die umstehenden Personen wütend anbrüllt, wer mich hereingelassen hätte.
Ich wehre mich, doch dem Mann gelingt es, mich aus dem Raum, in den Flur zurück zu drängen. Der Schock und mein Entsetzen lähmen mich derart, dass ich meine übermenschlichen Kräfte nicht einsetze. In jahrelangem Training und mit Selbstbeherrschung habe ich gelernt und es immer vermieden, meine Kräfte öffentlich zur Schau zu stellen, daran denke ich in diesem Moment jedoch nicht.
Mein Entsetzen ist viel zu groß, ungläubig sehe ich den Mann vor mir an.
>>Was ist hier geschehen<<, flüstere ich kaum vernehmbar.
Kriminaloberkommissar Max Krämer, wie sich der Mann vorstellt, erklärt mir, mit ein-fühlsamer Stimme, dass die Spurenlage auf einen Raub hindeutet. Er winkt einen Arzt hinzu, der mir eine Spritze verabreicht, was ich willenlos über mich ergehen lasse.
Noch immer weiß ich nicht, ob meine Eltern noch am Leben sind, allein bei dem Ge-danken, verkrampft sich mein Herz und ich bin nicht mehr in der Lage mich auf den Beinen zu halten. Das Letzte, das ich noch realisiere, bevor ich den Boden unter meinen Füssen verliere, ist dass der Kriminalbeamte mich auffängt.
Ich weiß nicht, wie lange ich bewusstlos war. Als ich wieder zu mir komme, liege ich auf dem Sofa, in der Bibliothek meines Vaters und Kriminaloberkommissar Krämer sitzt neben mir, auf einem Stuhl.
>>Sie waren kurz weggetreten<<, spricht er mich mit einer angenehm einfühlsamen Stimme an, der Anflug eines Lächelns umspielt seinen Mund.
Mir ist sofort klar, dass mich eine schlechte Nachricht erwartet. Ich setze mich mit seiner Hilfe auf und sehe ihn fragend an.
>>Sie sind Nicole Arnold, nicht wahr?<< Beginnt er mit seiner Befragung.
>>Nennen sie mich Nicole<<, erwidere ich leise.
>>Wie geht es meinen Eltern?<<
Insgeheim kenne ich die Antwort bereits, ich habe Beide auf dem Boden des Wohnzimmers liegen sehen. Kein Arzt war in der Nähe um sie zu behandeln, woraus ich schlussfolgere dass es für jede Behandlung zu spät ist.
Der Kriminalbeamte sieht mich traurig an und schüttelt nur mit dem Kopf.
Diese Geste sagt mehr als tausend Worte. Die Bestätigung meiner Befürchtung droht mir beinahe wieder die Beine weg zuziehen, nur mit äußerster Selbstbeherrschung schaffe ich es, nicht wieder ohnmächtig zu werden. Der Schmerz über den so unerwarteten Tod meiner geliebten Eltern ist einfach zu groß, ohne dass ich es beeinflussen könnte, ja ohne, dass es mir bewusst ist, laufen Tränen über mein Gesicht. Erst als Kriminaloberkommissar Krämer mir ein Taschentuch reicht, registriere ich, dass er immer noch neben mir sitzt. Mit aller Kraft die mir noch zur Verfügung steht, atme ich tief durch, ich muss mich zusammen nehmen, jetzt ist nicht die Zeit für Trauer, ich muss wissen, was hier geschehen ist.
>>Wie kommen sie darauf, dass es sich um einen Raub handelt<<, frage ich leise, aber einigermaßen gefasst nach.
Kriminaloberkommissar Krämer führt mich zurück ins Wohnzimmer, wo meine Eltern inzwischen abtransportiert wurden und weist mich auf aufgebrochene Schubladen hin, er führt mich durchs Haus, jedes Zimmer ist verwüstet, Schränke aufgebrochen, Glas ist zerschlagen worden. Ich bin entsetzt über die Zerstörungswut, ich fühle mich beschmutzt, ja fast vergewaltigt angesichts des Chaos, das hier hinterlassen wurde.
Zum ersten Mal kann ich nachvollziehen, was Einbruchopfer fühlen, wenn sie sagen, dass sie nicht mehr in dieser Wohnung leben können. Dass man immer daran denken muss, was die Einbrecher alles angefasst haben. Kurz, das Sicherheitsgefühl, welches jeder Mensch in seinen vier Wänden ganz natürlich hat, ist von einem Moment auf den anderen verloren gegangen.
Nach dem ersten Schock fällt mir jedoch sofort auf, dass wirklich wertvolle Gegenstände, wie die Bilder an den Wänden, wobei es sich ausschließlich um echte Gemälde namhafter Künstler handelt, völlig unberührt sind. Bereits im Wohnzimmer ist mir aufgefallen, dass die Chinesischen Vasen, sämtliche aus der Ming-Dynastie und damit äußerst wertvoll, nicht angerührt wurden. Im Schlafzimmer schließlich stelle ich fest, dass selbst der Safe nicht aufgebrochen oder geöffnet wurde. Ich weise den Beamten darauf hin, dass mir dies sehr seltsam vorkommt, da mein Vater, wäre es den Räubern um Geld und Wertsachen gegangen, sofort die Safe Kombination genannt hätte, niemals hätte er sein Leben oder das seiner Frau wegen Geld in Gefahr gebracht. Hier handelte es sich mit Sicherheit nicht um einen Raub, der sollte nur vorgetäuscht werden. Auch diese Vermutung teile ich dem Kriminalbeamten mit, sehe jedoch an seinem Gesichtsausdruck, dass er meine Einschätzung nicht teilt.
Da der gesamte Schmuck meiner Mutter fehlt, was ich an den leeren Schatullen er-kenne, sie hat es immer abgelehnt, ihn im Safe unterzubringen, die Kombination konnte sie sich einfach nicht merken und da das Haus alarmgesichert ist, war sie sicher, dass der Schmuck auch in der Kommode im Schlafzimmer gut aufgehoben wäre, sowie einige wertvolle kleinere Statuen und zwei teure Geigen, bestätigte dies nur seine Vermutung, es könne sich hier nur um einen Raub gehandelt haben.
Ich dringe nicht weiter in ihn, ob Raub oder nicht, meine Eltern sind tot, selbst wenn das Eindringen einen anderen Grund gehabt hat, diese Erkenntnis bringt sie auch nicht mehr zurück. Es gelingt mir nur mit Aufbietung meiner ganzen Kraft, mich auf den Beinen zu halten. Der Verlust meiner geliebten Eltern wird mir mit jeder Minute bewusster. Der Schmerz ist kaum auszuhalten und ich schaffe es nur mit Mühe ihm zu widerstehen. Gäbe ich dem Schmerz nach, würde ich schreiend zusammenbrechen, doch alles in mir sträubt sich, mich vor diesen, mir völlig fremden Menschen fallen zu lassen. Dabei bringt mich der Schmerz fast um.
Den Vorschlag des Kriminalbeamten, ich solle mich für ein paar Tage ins Krankenhaus Rechts der Isar begeben, lehne ich barsch ab, allerdings gebe ich ihm recht, ich möchte mich unter diesen Umständen nicht allein in unserem Haus aufhalten.
Plötzlich trifft mich die Erkenntnis, dass dies nun nicht länger mein Lebensmittelpunkt ist, ich kann hier nicht mehr länger wohnen. Fünfundzwanzig Jahre lang war dies mein Zuhause, hier habe ich gelacht, geweint und die schönsten Stunden meines Lebens erleben dürfen, mit einem Schlag ist dies alles vorbei. Dieser Gedanke treibt mir wieder die Tränen in die Augen, aber ich wische sie wütend beiseite, begebe mich in mein Zimmer und packe ein paar Sachen. Als ich gerade dabei bin, den Safe zu öffnen um die darin befindlichen Wertsachen und Bargeld herauszunehmen, betritt Prof. Dr. Juan Jintao hinter mir das Zimmer.
>>„Onkel“ Juan<<, mit einem Aufschrei werfe ich mich in seine Arme und kann nicht mehr verhindern, dass sich die Tränen ihren Weg bahnen.
Prof. Dr. Jintao sollte bei den Vorbereitungen für meine Geburtstagsparty helfen und ist deshalb schon früher hier. Er ist über die Geschehnisse im Haus bereits informiert und genauso geschockt wie Nicole. Beruhigend spricht der Professor auf sie ein, hält sie im Arm und streichelt ihr immer wieder beruhigend übers Haar.
Als Nicole sich wieder einigermaßen beruhigt hat, bitte er sie, mit zu ihm in seine Wohnung zu kommen und Beide verlassen, nachdem er bei Kriminaloberkommissar Krämer seine Adresse hinter lassen hat, tief erschüttert das Haus.