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ACHT

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Natürlich konnte ich Lisa nicht vollständig davon überzeugen, dass es besser für sie ist, mit dem Rechtsanwalt und Denis nach Hause zu fahren, letztendlich hat sie jedoch eingesehen, dass es oberste Priorität hat, Denis in Sicherheit zu bringen. Das letzte Gespräch mit Dr. Schreiber hat gezeigt, dass Denis kurz vor einer Verlegung stand, ganz sicher bin ich mir nicht, aber ich gehe stark davon aus, dass er für Dr. Maikow vorgesehen war. Da Denis niemals allein mit meinem Rechtsanwalt gefahren wäre, blieb Lisa kaum eine andere Wahl, als mit den Beiden nach Hause zu fahren.

Kaum sind die Drei unterwegs, checke ich aus dem Hotel aus und begebe mich, das letzte Tageslicht nutzend, nochmals an die Villa Wagner. Ich sehe zwar in der Nacht genauso gut wie am Tag, es hat sich jedoch bewährt, wenn ich mir die Örtlichkeiten schon einmal vorab bei Tageslicht einprägen kann. Meine dunkle Kurzhaarperücke trage ich bereits, wie immer wenn ich mein Anwesen in Österreich verlasse. Obwohl ich dies nun schon seit Monaten so handhabe, bin ich doch immer noch erstaunt, wie sehr allein diese kleine Veränderung mein Aussehen beeinflusst.

Noch heute ertappe ich mich gelegentlich bei einem erstaunten Blick, wenn ich in den Spiegel sehe, nicht verwunderlich, dass Menschen, die mich nicht gut kennen, mich nicht mit der blonden, langhaarigen Nicole Arnold in Verbindung bringen. Ich sehe mit den dunklen Haaren meiner Mutter viel ähnlicher als mit den Blonden.

Meine Mutter stammte aus den italienischen Teil der Schweiz, von ihr habe ich den leicht gebräunten Teint geerbt, die Augenfarbe und meine von mir nicht unbedingt als schön empfunden, üppigen weiblichen Rundungen. Die dunkle Perücke lässt meinen Teint wesentlich heller erscheinen und der Kontrast zu meinen grünen Augen wirkt deutlich intensiver. Sie scheinen direkt zu leuchten. Die leichte Schrägstellung meiner Augen lässt fast einen asiatischen Einschlag vermuten.

Da mein, aus China stammender „Onkel“ und ich, als wir nach Österreich kamen, beschlossen hatten uns als Familienmitglieder auszugeben, macht mein Aussehen mit der schwarzen Kurzhaarperücke, die Familienzugehörigkeit plausibler.

Nachdem ich mir einen Überblick über die Örtlichkeiten der Klinik gemacht habe, verbringe ich die restliche Zeit, bis zum späten Abend damit, mir ein Motorrad und eine schwarze Lederbekleidung zu besorgen. Da ich lange nicht mehr auf einem Motorrad gesessen habe und dies sehr vermisse, fahre ich ziellos durch die ländliche Gegend rund um München. Die Stunden vergehen so, wie im Fluge und ich habe den Kopf frei für den Einstieg in die Klinik.

Obwohl es sich bei meinem Vorhaben selbstverständlich um einen Einbruch handelt, widerstrebt es mir, den Einstieg auch so zu benennen. Der Spruch, „der Zweck heiligt die Mittel“, trifft meiner Meinung nach nicht immer zu, doch in diesem Fall, kann ich an meinem Vorgehen nichts illegales finden. Meine Gegner sind skrupellose Ver-brecher, die sehr viel Leid über viele, oft noch sehr junge Menschen und vor allem, die Wehrlosesten unter uns bringen. Ich finde es deshalb mehr als legitim, mich derselben Mittel zu bedienen, vor allem deshalb, da von offizieller Stelle, wie Behörden, oder Polizei keine Hilfe zu erwarten ist.

Ich genieße die ländliche Umgebung durch die ich fahre, rings um mich herum stehen Weizen-, Roggen- und Rapsfelder, soweit das Auge blickt. Ich durchquere kleinere Orte und vor mir kann ich, dank klarem Wetter die Berge der Allgäuer Alpen sehen, was mich an die vielen gemeinsamen Motorradtouren, die ich mit meinem Vater, rund um München unternommen habe erinnert. Meine Begeisterung für das Fahren habe ich von ihm übernommen und denke wehmütig und zunehmend trauriger darüber nach, wie früh meine Eltern aus dem Leben und von meiner Seite gerissen wurden.

Die traurige Stimmung hält jedoch nicht lange an, sie wandelt sich schnell in Wut, bei dem Gedanken, wer für den Tod meiner Eltern verantwortlich ist. Ich habe gelernt, diese Wut in Kraft umzuwandeln, sie hilft mir, wenn ich schwach werde, wenn ich Angst bekomme, auch ich bin nur ein Mensch, trotz meiner Mutationen.

Wie jeden anderen Menschen beeinflussen mich Emotionen entweder positiv oder negativ. Deshalb war eines der Dinge, die mir Meister Li beigebracht hat, mich entweder nicht beeinflussen zu lassen, oder das jeweilige Gefühl für mich zu nutzen. Heute weiß ich, dass die Kontrolle meiner Gefühle, einer der wichtigsten, wenn nicht sogar der wichtigste Faktor für den Erfolg meiner Mission ist.

So in Gedanken, bin ich fast unmerklich wieder im Münchener Stadtteil Perlach, vor dem Sanatorium angekommen. Inzwischen ist es weit nach Mitternacht und ich stelle mein Motorrad in geringer Entfernung ab. Die letzten Meter gehe ich zu Fuß. Da dieses Sanatorium nur freiwillige Bewohner beherbergt, ist zum Glück keine Mauer oder ein Zaun zu überwinden, auch bekomme ich es im Außenbereich nicht mit Wachpersonal zu tun, was sich wahrscheinlich im Innern der Klinik, ändern wird.

Während ich mich, jede Deckung nutzend, an das Gebäude heranschleiche, aktiviere ich meine Sinne. Mein hochsensibles Gehör registriert die Stimmen von zwei Männern, die sich augenscheinlich in einem Raum, gleich neben dem Eingang befinden. Ich begebe mich deshalb zur Rückseite, in der Hoffnung ein geöffnetes Fenster vorzufinden. Um jegliches Geräusch zu vermeiden, möchte ich lieber darauf verzichten, eine Scheibe einzuschlagen, auch eine leicht zu öffnende Hintertüre wäre sehr hilfreich. Allerdings hat die Erfahrung, bei meinen nächtlichen Aktivitäten in Linz gezeigt, dass immer irgendwo ein Fenster geöffnet ist.

Meine erweiterte Sehfähigkeit erlaubt es mir, auch bei völliger Dunkelheit, jede Einzelheit, wie bei hellem Tageslicht, zu erkennen. So dauert es nicht lange, bis ich auf eine kleine Dachluke aufmerksam werde, durch die ich gerade so passen müsste.

Jedes Mal wieder, sobald ich Hausfassaden hochklettere, danke ich Meister Li dafür, das er mich wochenlang in die Berge gejagt hat, mich fast senkrecht in die Luft ragende Steilwände, hat erklimmen lassen. Was heute genau für diese Aktivitäten von großem Vorteil ist. So muss ich mich nicht von einem Balkon, oder Fenstersims zum nächsten hangeln, sondern schaffe es fast senkrecht die Fassade zu erklimmen.

Manchmal komme ich mir dabei vor, wie Spiderman. Für diese Art Fassaden klettern ist natürlich nicht nur Technik, sondern auch eine enorme Kraft ausschlaggebend, wobei meine Mutation sehr hilfreich ist. Ich verfüge, obwohl man es mir nicht ansieht, über die dreifache Kraft eines sehr starken Mannes.

So dauert es nur Minuten, die Fassade des vierstöckigen Hauses zu überwinden und ich lasse mich, langsam und ohne einen Laut zu verursachen, durch die Dachluke gleiten, die wie ich gehofft hatte, sehr leicht von außen aufzuklappen ist. Ich befinde mich auf einem Dachboden, der augenscheinlich nie benutzt wird, was ich an den vielen Spinnweben erkenne, die mir fast die Sicht auf die Türe, welche ins Gebäude führt, nehmen. Ohne mich lange aufzuhalten, durchquere ich ihn und begebe mich in den Flur. Aus dem Stockwerk unter mir sind leise Atemgeräusche zu vernehmen. Ich lausche einige Minuten, um sicher zu gehen, dass alle Bewohner schlafen.

Mein Ziel sind die Büroräume, die sich, wie ich durch den Besuch bei Denis weiß, im Erdgeschoss befinden. Sämtliche Flure, sowie die Treppen sind mit Teppichen ausgelegt, sodass ich mich, ohne ein Geräusch zu verursachen, zwar vorsichtig, aber dennoch zügig in das Erdgeschoss bewegen kann. Dort angekommen, vernehme ich wieder sehr deutlich die Stimmen der beiden Männer, die sich angeregt über irgendetwas unterhalten. Während ich mein Gehör noch weiter sensibilisiere, um verstehen zu können um was es geht, stelle ich plötzlich fest, dass die Männer sich auf Russisch unterhalten.

Ich habe die russische und die chinesische Sprache studiert, verstehe aber nur hie und da einige Worte, dieser Dialekt ist mir völlig fremd. Meine Kenntnis der Sprache reicht jedoch soweit aus, zu verstehen, dass die Männer in wenigen Stunden Verstärkung erwarten. Ich lag also richtig. Hier stimmt etwas ganz und gar nicht. Gerne würde ich mir die Beiden sofort vorknöpfen, kann aber nicht mit Sicherheit davon ausgehen, dass nicht noch mehr Wachpersonal herumschleicht und so entschließe ich mich, die Gunst der Stunde zu nutzen und in Dr. Schreibers Büro nach Beweisen zu suchen.

Da ich keine Ahnung habe, wonach ich eigentlich genau suche, beginne ich mit dem Schreibtisch und arbeite mich, immer darauf bedacht, kein Geräusch zu verursachen, zum Aktenschrank vor. Als ich die Türe zum Schrank gerade wieder enttäuscht schließen möchte, fällt mein Blick auf die Rückwand des Möbelstückes und ich erblicke einen kleinen Spalt. Meine Hände noch behandschuht, schaffe ich es nicht den Spalt zu vergrößern, also greife ich nach dem Brieföffner auf Dr. Schreibers Sekretär. Tatsächlich komme ich so an eine kleine Nische in der Wand, in der sich ein Schnellhefter befindet. Bereits ein kurzer Blick auf den Deckel der Dokumente zeigt, dass ich einen Volltreffer gelandet habe.

In großen Buchstaben steht dort deutlich zu lesen:

TESTPERSONEN ZUM ABTRANSPORT – Dr. Maikow.

Die Dokumentenmappe enthält, nach flüchtiger Durchsicht, die personenbezogenen Daten von drei Bewohnern, darunter auch die Akte von Denis.

Was für ein Glück, dass wir noch rechtzeitig gekommen sind. Ich kann gerade noch einen erleichterten Seufzer unterdrücken, denn ich möchte mir gar nicht vorstellen, was Denis in Russland erwartet hätte. Noch zu frisch sind die Bilder, die auftauchen, wenn ich daran denke, wie Lisa ausgesehen hat, als ich sie damals aus den Fängen von Dr. Maikow befreien konnte. Ferner befinden sich Unterlagen über die Krankheitsbilder, sowie psychologische und physiologische Analysen, zwei weiterer Patienten unter den Dokumenten.

Das Entsetzen über den Fund hat mich sosehr gepackt, dass ich für einen Moment vergessen habe, meine Sinne, vor allem meinen Hörsinn aktiviert zu lassen. Einzig meine neu hinzugekommene Mutation, das Spüren von Gefahr, ja ich scheine sie regelrecht zu riechen, rettet mir das Leben, das und die Tatsache, dass ich, ohne es zu bemerken, immer noch den Brieföffner in der Hand halte.

Kaum eine Armlänge hinter mir steht plötzlich ein, gewaltig muskulöser, Mann. In der Hand hält er eine Pistole mit Schalldämpfer und ist gerade im Begriff, mir diese über den Kopf zu ziehen. Im Bruchteil einer Sekunde realisiere ich die Situation, springe ihm entgegen und ramme ihm den Brieföffner in den Hals. Durch diese Aktion, kann ich zwar mein Leben retten, jedoch nicht vermeiden, dass er mit einem Röcheln und durch die Wucht meines Schlages, nach hinten stolpert und mit einem lauten Knall, auf einem Stuhl zusammenbricht.

Wie befürchtet bleibt dieses Geräusch nicht unbemerkt und binnen weniger Sekunden sehe ich, durch die geöffnete Türe, aus zwei gegenüberliegenden Zimmern, wie drei weitere sehr große, muskelbepackte Männer auf das Büro von Dr. Schreiber zustürmen.

Nur durch einen beherzten Sprung aus dem Fenster in Dr. Schreibers Büro gelingt es mir, mich den Männern zu entziehen, die im selben Moment, ebenfalls mit Pistolen bewaffnet das Zimmer stürmen.

Während meines Sprungs, entfallen die Unterlagen aus dem Umschlag und ich schaffe es leider nur noch, wenige Blätter der Dokumente zu greifen, da pfeifen mir schon die ersten Schüsse um die Ohren. Meinen Hörsinn immer noch aufs äußerste aktiviert, knallt das gedämpfte „Plopp“ der Schüsse wie Kanonenschläge in meinen Ohren, der Schmerz reißt mich von den Beinen, was mir wahrscheinlich abermals das Leben rettet. Die nächsten beiden Schüsse zielen weit über meinen Kopf hinweg.

Liegen bleiben, ist jedoch keine Option, die Männer dürfen mich auf keinen Fall in ihre Hände bekommen. Kraft meiner Mutation ist es mir möglich, aus dem Stand nicht nur meterweit in die Höhe, sondern auch in die Weite zu springen.

Einer Katze nicht unähnlich, spanne ich meine gesamte Muskulatur an und schnelle, einem Katapult gleich, weit in den Park des Klinikgeländes. Meine Verfolger setzen mir zwar unmittelbar hinterher, haben aber keine Chance mich zu erreichen.

In weniger als einer Minute habe ich das Gelände durchquert und befinde mich auf einer öffentlichen Straße. Schnell, aber um nicht aufzufallen, nicht schneller als ein „normaler“ Mensch laufe ich, einen kleinen Umweg beschreibend, auf mein Motorrad zu, starte es und bin Minuten später auf dem Weg in Peters Wohnung, in der ich den Rest der Nacht verbringe. Leider ohne viel Schlaf zu finden, da ich viel zu aufgewühlt von den Ereignisse bin.

Nur knapp mit dem Leben davon gekommen zu sein, nimmt mich mehr mit, als ich dies für möglich gehalten hätte.

DNA

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