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2.5.1 Faktorenanalytische vs. theoriegeleitete Subtestbildung
ОглавлениеDie faktorenanalytische Subtestbildung erfreut sich großer Beliebtheit in allen Fällen, in denen globale Konzepte wie emotionale Intelligenz, Persönlichkeit und Motivation durch repräsentative Beschreibungen möglichst ökonomisch und zuverlässig abgebildet werden sollen. Bei der faktorenanalytischen Subtestbildung werden anhand der Daten einer größeren Stichprobe (Faustregel: mindest n = Itemzahl * 3) die Items einer Hauptkomponentenanalyse (explorative Faktorenanalyse) mit anschließender orthogonaler Rotation (Varimax) unterzogen. Wenn jedoch inhaltlich und konzeptuell relevante wechselseitige Abhängigkeiten der Subtests vorliegen, kann statt der orthogonalen Rotation eine schiefwinkelige Rotation (z. B. Oblimin) gewählt werden. Im Falle, dass die Einzelfacetten des Merkmals im Sinne eines Profils besonders bedeutsam sind (Profil zur Arbeitszufriedenheit, Stressprofil, Profil der individuellen Stressbewältigungsstrategien), führt die nichtorthogonale Rotation oft zu inhaltlich besser interpretierbaren Ergebnissen.
Wenn ein Merkmalsbereich besonders ökonomisch erfasst werden soll (z. B. für die Entwicklung eines Screeningverfahrens zur Burnout-Prophylaxe), stellt die orthogonale Rotation die Methode der Wahl dar. Orthogonale Rotationen sind auch dann vorzuziehen, wenn der Merkmalsbereich noch nicht hinreichend strukturiert ist und die Beschreibung von „Kerndimensionen“ im Zentrum der Entwicklung steht. Orthogonal sollte auch immer rotiert werden, wenn die späteren NutzerInnen keine Übung im Umgang mit Merkmalsprofilen haben. Als abschließender Hinweis sei erwähnt, dass das Kaiser’sche Eigenwertkriterium als Standard für die Faktorenextraktion bei Items fraglich ist, da die „wahre“ Varianz von Items in der Regel weit unterhalb von 1 liegt.
Bei der (orthogonal rotierten) Faktorenanalyse von Items ergeben sich in der Regel eher wenige Basisfaktoren, die im Sinne eines Screeningverfahrens sehr gut eine erste Einordnung von Personen erlauben. Beispiele für faktorenanalytisch entwickelte Verfahren sind das NEO-FFI (Costa & McCrae, 1992), das Persönlichkeitsmerkmale in fünf Bereichen ökonomisch erfasst.
Für die faktorenanalytische „Suche“ nach Subtests stellt sich oft das Problem der unterschiedlichen Abstraktionsebene/begrifflichen Ebene von Items und der nur selten eingesetzten repräsentativen Itempools. Unterschiedliche Abstraktionsniveaus von Items lassen sich in linearen Korrelationen nicht angemessen abbilden. Faktorenanalysen „kranken“ oft daran, dass die Faktorenanalyse nicht mehr „herausbringt“ als an Information „hineingesteckt“ wurde. Somit lässt sich ein Test nur dann faktorenanalytisch sinnvoll konstruieren, wenn die Items den Merkmalsbereich repräsentativ auf vergleichbarem Niveau mit einer vergleichbaren Skala (z. B. Häufigkeiten) so abbilden, dass alle relevanten Abhängigkeiten in der linearen Korrelation angemessen repräsentiert sind. Für interessierte LeserInnen sei hier auf die parallelen Probleme bei der Anwendung und Interpretation linearer Strukturgleichungsmodelle verwiesen (siehe auch Kapitel 6.4.2). Andererseits sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Faktorenanalyse auch einsetzbar ist, um bei mäßigen Trennschärfen die (faktorielle) Struktur innerhalb von Subtests (insbesondere von Subtests mit mehr als sechs bis acht Items) zu prüfen.
Ein Grundproblem der faktorenanalytischen Testkonstruktion stellt die Informationsbasis „Item“ an sich dar. Einzelitems sind in der Regel nicht sehr zuverlässig – aus diesem Grund werden in Fragebogen Summenwerte gebildet, die eine höhere Reliabilität aufweisen. Faktorenanalysen mit wenig reliablen Einzelvariablen benötigen generell eine eigene Methodik (s. a. Cronbach, Gleser, Nanda & Rajaratnam, 1972). Diese Überlegungen werden jedoch oft nicht (mehr) berücksichtigt, da SPSS und andere Rechenprogramme entsprechende Optionen (z. B. Schätzung der Kommunalitäten durch das Quadrat der multiplen Korrelation) nicht (mehr) eröffnen. Damit scheint es sinnvoll, in vielen Fällen den Stellenwert der Faktorenanalyse zu relativieren. Bei komplexen Merkmalen wird der Einsatz der weiter oben dargestellten Methoden zur Entwicklung von (korrelierten) Subtests empfohlen. Dabei wird versucht, die unterschiedlichen Facetten oder Ebenen des Merkmals mit jeweils vier bis sechs Items aus der Perspektive der Befragten abzubilden. Der Königsweg ist hier immer der theoriegeleitete. Dieser stellt sicher, dass die ermittelten Subtestwerte gut interpretierbar sind und damit auch gute Validitäten erreichen. Der Einsatz der Faktorenanalyse erfolgt dabei dann in einem gestuften Vorgehen. Nach Bildung der Subtests kann einer explorativen Faktorenanalyse der Subtests oder mit einer konfirmatorischen Faktorenanalyse in linearen Strukturgleichungsmodellen die Merkmalsstruktur dargestellt werden.