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2.5.3 Grenzen der faktorenanalytischen Konzeptdefinition

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Die möglichst ökonomische Charakterisierung von Individuen zur Beschreibung interindividueller Unterschiede ist nur einer der Einsatzbereiche von Fragebogen. Bei der Zustands- und Prozessbeschreibung und der Ableitung von Interventionsansätzen, d. h. im Bereich der (formativen) Evaluation und des Monitorings, geht es nicht um eine möglichst sparsame Differenzierung von Personen. Vielmehr sollen Facetten von Veränderungsprozessen abgebildet werden, die frühestmöglich eine Korrektur unerwünschter Wirkungen, aber auch das Ausbleiben angezielter Effekte aufzeigen. Die Ableitung konkreter Beratungs- und Interventionshinweise erfordert ein differenziertes, verhaltensnahes Monitoring der Umsetzung von Veränderungen bei Personen, Teams und Organisationen. Ein Monitoring des Zustandes von Teams oder Personen sollte so verhaltensnah wie möglich stattfinden. Damit wird neben der Messung auf dem Niveau von Globalwerten (vergleichbar der Typenebene im Eysenck’schen Modell der Personenbeschreibung; s. Stemmler, Hagemann, Amelang & Bartusek, 2011, S. 57) eine Messung auf der Ebene konkreter Verhaltensmuster (z. B. beim Führungsverhalten) benötigt, die eher dem Konzept der Habits im Eysenck’schen Modell entsprechen. In diesen Fällen sind differenzierte, konzeptorientiert konstruierte Messverfahren den faktorenanalytisch zusammengefassten Itemgruppen immer vorzuziehen. Gerade das Profil der korrelierten Facetten von Führung, von Stress, von Ressourcen oder von sozialen Beziehungen oder Konflikten spiegelt erst die Charakteristik von Veränderungen wider und gibt Ansatzpunkte für Interventionen. Für prozess- und interventionsorientierte Messungen steht die Globalinformation in ihrem Wert immer weit hinter der Profilinformation zurück. Im Unterschied dazu ist bei der summativen Evaluation von Programmen oder Maßnahmen die zusammengefasste Information von Bereichssubtests zur einfachen Kommunikation von Ergebnissen besonders hilfreich. Bereichssubtests, die mit der Profilinformation kompatibel sind, lassen sich mit einer Faktorenanalyse auf Subtestebene generieren.

Weitere Schwächen faktorenanalytisch konstruierter Verfahren ergeben sich aus der Methode selbst und aus der mangelnden Stabilität der faktorenanalytischen Ergebnisse über Populationen, Situationen und Merkmalsebenen. Hier sei auf das Problem der Kalibrierung von Items verwiesen (Kapitel 3.3). Ohne repräsentative Items auf vergleichbarem Abstraktionsniveau mit theoretisch gleich gewichteter Verteilung steht eine faktorenanalytische Testkonstruktion auf unzureichend stabilem Fundament.

Die (explorative) Faktorenanalyse stellt eine (aber nicht „die“) Methode zur Entwicklung von psychometrischen Tests und Fragebogen dar. Die Faktorenanalyse eignet sich insbesondere für die Konstruktion von Kurzfragebogen zur Orientierung und Diagnostik in großen Gruppen von Personen. Hier kommen kurze Fragebogen mit nur einer oder wenigen Messdimensionen zum Einsatz. Dabei sind faktorenanalytisch entwickelte Verfahren aufgrund ihrer hohen Ökonomie besonders für Fragestellungen im Kontext großer Organisationen (wie MitarbeiterInnenbefragungen) oder für Gruppenvergleiche geeignet (vgl. ISO 10667-2: 2011; Jiménez, Dunkel & Kallus, 2016). Oft erreichen Kurzfragebogen dabei nur einen Präzisionsgrad, den ISO 10075-3: 2004 für Screening und Orientierungszwecke bei der Messung psychischer Beanspruchung einordnet. Für individuelle Diagnostik und die Ableitung von Interventionen sind mehrdimensionale Fragebogen oft besser geeignet, welche die Komplexität des Merkmalsbereichs nicht künstlich unangemessen reduzieren. Komplexe Konzepte wie „Stress“ umfassen unterschiedliche Funktionssysteme, die im Hinblick auf die Indikatoren eher wenig homogen sind, obwohl die Stresssysteme vergleichsweise gut beschrieben sind und die wechselseitigen Abhängigkeiten durch experimentelle Analysen der Funktionssysteme bekannt sind. Würde man versuchen, sich diesem Phänomen faktorenanalytisch zu nähern, müsste man feststellen, dass die der Faktorenanalyse zugrunde liegende Funktion (lineare Korrelation) nicht geeignet ist, die vorhandenen zeitversetzten nichtlinearen Abhängigkeiten angemessen abzubilden. Daher werden in diesem Leitfaden alternative bzw. ergänzende Methoden betont (siehe dazu auch Eid & Schmidt, 2014).

Bei der Entwicklung von Fragebogen oder auch von „Fragebogensystemen“ ist der Messzweck bereits früh einzubeziehen. Wichtige Messziele werden z. B. im Bereich der ISO-Normen definiert, in dem „Orientierung“, „Screening“ und „exakte Messung (auf Expertenniveau)“ unterschieden werden (Jiménez, Dunkl & Kallus, 2016).

Erstellung von Fragebogen

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