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Sprung ins kalte Wasser

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17. Dezember: Hab den Job! Kann es noch nicht fassen. Gerade kam der Anruf aus der Personalabteilung. Sie wollen mich, ja mich und schicken heute noch den Vertrag heraus. Du hast mal wieder recht gehabt. Einfach Wahnsinn! Bin überglücklich! Habe sofort Susi angerufen und sie spontan heute Abend zum Essen eingeladen. Fange am 1. März an. Vorbereitung auf das Interview hat sich endlich einmal gelohnt. Hatte schon irgendwie ein gutes Gefühl, aber dann überwog die Skepsis. Fragte mich, all Deinem guten Zuredens zum Trotz, ob sie das Risiko wagen würden, mich als Quereinsteiger zu nehmen? Als Volkswirt war meine bisherige Spielwiese die konjunkturelle Analyse und das Verfassen volkswirtschaftlicher Kurzstudien. Aktives Portfoliomanagement ist jedoch Neuland für mich. Muss mich für einmal überzeugend verkauft haben, da meine Bedenken nicht die ihren wurden. Endlich! Weiter so!

18. Dezember: Mensch, was für ein Katzenjammer. Jetzt gelingt mir endlich, nach vielen Anläufen der heiss ersehnte Schritt aus der grauen volkswirtschaftlichen Analysewelt in den operativen Glanz des Portfoliomanagements. Und was macht Susie?!? Freut Sie sich mit mir? Nein, mitnichten! Bös ist Sie mit mir. Gebe zu, dass es nicht ganz optimal ist, wenn mein neuer Arbeitsort gut 800km nördlich von unserem aktuellen Wohndomizil entfernt liegt. Aber seien wir ehrlich: Das Leben ist keine Wunschkonzert? Man kann doch nicht alles haben – meinst Du doch auch, oder?!? Warum verschliesst sie nur ihre Augen, vor den Chancen, die sich mir durch den Jobwechsel auftuen. Seitwärtsschritt vom volkswirtschaftlichen Research in das Portfoliomanagement bringt doch einen enorme Erweiterung meines fachlichen Erfahrungsschatz mit sich. Meine zukünftige Arbeitsmarkttauglichkeit, meine Einsatzradius wird deutlich grösser. Im Hinblick auf die langfristige Einkommenssicherung kann dies in der heutigen kompetitiven Arbeitswelt essentiell sein. Kurzum: Ein Karriereschritt, der begangen werden muss. Und überhaupt, Sie kann ja mitkommen. Nach der erfolgreich absolvierten Probezeit, zieht sie mir einfach nach. Sie findet schon einen neuen Job, oder besser: Wir bekommen Kinder, so habt Ihr das doch auch gemacht. Flexibel muss man sein! Und steht nicht auch im „Handbuch für die gute Ehefrau“, wie mein Chef jüngst in einem anderen Zusammenhang erwähnte: „Denken Sie daran: Er ist der Hausherr und als dieser wird er seinen Willen stets mit Fairness und Aufrichtigkeit durchsetzen. Sie haben kein Recht, ihn in Frage zu stellen.“. Richtig so! Vielleicht kennt sie dieses Standardwerk der Pflichten einer Hausfrau noch nicht. Na, da habe ich ja etwas für Weihnachten gefunden. Endlich!

9. Februar: Mit Susi in den Ferien. Erholung dringend notwendig. Auch musste Susi irgendwie für eine temporäre Pendelbeziehung begeistert werden. Letztendlich ist der Tausch des geliebten Biergartenpanoramas gegen nordische Nüchternheit und Grachtenwelt durch zähestes Ringen und bereitgestellte Urlaubsfreuden erreicht.

28. Februar: Morgen geht’s los! Stehe vor neuem Karriereschritt als Portfoliomanager. Tasche vor Aufregung dreimal gepackt. Emotional aufgewühlt, auch durch Abschied von Susi. Sehe Sie erst in zwei Wochen wieder. Was ziehe ich nur an? Dunkler Anzug – blau oder anthrazit, mit Streifen oder ohne – , weisses Hemd – mit oder ohne Manschetten – und eine Krawatte – mit Streifen, Punkten oder doch lieber nicht? Würde ein konservativer Auftritt meine künftigen Kollegen nicht eher verschrecken, als Türen zu öffnen? Der erste Eindruck aus den Bewerbungsrunden war ja, das Portfoliomanager in Stilfragen ein eher relativ lockeres Völkchen sind. Zwar meint der oft in seiner Weissheit überschätzte Volksmund, dass es auf die inneren Werte ankommt, klar ist jedoch auch: Der erste Blick ist oft schon entscheidend. Susi fehlt mir. Ruf sie an.

1. März: Geschafft, Wouter! Erster Arbeitstag verging wie im Rausch. Bin begeistert. Ganze Aufregung war umsonst. Du willst sicher wissen, wie die Leute hier sind? Warmer Empfang, nette Kollegen, freundlicher Chef. Alle ganz locker und leger, jedoch trotzdem elegant gekleidet. Hohe Manschettenknopf- und Luxusuhrendichte – wer will es verdenken bei den hohen Bonizahlungen, pecunia non olet [!] – aber keine Krawatte – Mann will Brusthaar zeigen. Toller Arbeitsplatz direkt am Fenster mit schönem Blick ins Grüne und – da wird Susi staunen – mit sechs Bildschirmen. Wahnsinn, da den Überblick zu behalten. Mir soll es gelingen! Mit stoischer Ruhe und souverän das Einstellungsprozedere der Personal- und IT-Abteilung über mich ergehen lassen. Straffes Einführungsprogramm erhalten. Bin ganz erschlagen von den vielen, gleichwohl interessanten Eindrücken. Mit den neuen Kollegen noch „auf ein Bierchen“ gegangen. Es wurden zehn – oh weh, mein Kopf.

5. April: Gut in mein Portfolio sowie die diversen Analysevehikel und Handelssysteme eingearbeitet. Weiss jetzt, wie man es macht – glaub es mir, alles keine Hexenwerk. Übergabe von meinem Vorgänger verlief indes holprig. Er war in Gedanken schon weg. Musste mir vieles durch hartnäckiges Nachfragen bei Kollegen selbst erarbeiten. Fragen wurde zunehmend als lästig empfunden und immer knapper beantwortet. Egal, das muss einfach sein. Portfolio jetzt neutral zur Benchmark ausgerichtet. Nur kein Risiko eingehen. Kann ruhig schlafen.

9. April: Viel Fundamentalresearch gelesen. Auszüge gemacht. Einschätzungen über die aktuelle Konjunkturlage gewonnen. Viel Strategieresearch gelesen. Auszüge gemacht. Ideen zur strategischen Positionierung bekommen. Ganz erschlagen von Researchkakophonie. Faust’sches Dilemma erschien mir als Déjà-vu: Der Gelehrte Faust hat es nicht leicht gehabt. Er studierte Philosophie, Jurisprudenz, Medizin und zu seinem Leidwesen auch Theologie, nur um am Ende zu dem Schluss zu gelangen, er stehe dort, der armer Tors und sei so klug als wie zuvor.

16. April: Mit Susi in Ferien, dringend erholungsbedürftig.

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