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Jahresbeginn – Offsite, View-Sitzung, Jahresendgespräche
Оглавление7. Februar: Mit Kollegen und Chef Offsite durchgeführt. Event diente in erster Linie zur Stärkung des „Teamworks“. Auch sollten neuen Kollegen, die zu Jahresbeginn zu uns gestossen sind, integriert werden. Unter Anleitung eines Coaches diverse „Teambuilding“-Spielchen gemacht. Hatte viel Spass. Tolle Truppe haben wir da beisammen. Alles mündete dann in der gemeinsamen Zubereitung einer Feuerzangenbowle, die wir zum Rühmann-Klassiker von 1944 „Feuerzangenbowle“ konsumierten. Fühlte mich in unsere Studienzeiten zurückversetzt. Während die Bowle in Strömen floss, leuchteten wir in der Geschichtsunterrichtsszene spitzbübisch mit Taschenlampen auf den Fernseher. Liessen bei jeder passenden Gelegenheit mechanische Wecker klingeln. Zündeten bei Pfeiffers Chemiestunde die Wunderkerzen an. Pfiffen wie pubertierende Buben als die Oberklasse der benachbarten Mädchenschule in den Unterricht geführt wurde. Fielen unserem Nachbarn wie Pfeiffer und Eva im grossen Finale in die Arme. Fand mich dabei in den Armen der neuen Kollegin – auch sie hiess Eva – wieder. Emotional entrückt und vom Alkohol enthemmt, küssten wir uns leidenschaftlich. Bin immer noch verwirrt. Wie konnte das passieren? Hoffe Susi erfährt nie etwas davon – erzähl ihr bloss nichts, versprich es mir! Böse ist sie schon, weil ich erst in den Morgenstunden zurückkam. Überdies fiel in meinen Erzählungen zum Offsite blöderweise allzu oft und vor allem zu euphorisch der Name „Eva“. Eskalieren sollte dies nicht. Situation könnte ansonsten schnell wie ein Billy Wilder Drehbuch eskalieren: Mit einem Erdbeben beginnen und dann langsam steigern. Aber seien wir ehrlich: Kann denn Liebe Sünde sein?
15. Februar: Optimal vorbereitet in View-Sitzung gegangen. Hauseigener Chef-Ökonom, der auch ausserhalb unseres Büroturms als Hegemon der Konjunkturauguren wahrgenommen wird, zeichnete zu Beginn ein düsteres Konjunkturbild für die Weltwirtschaft. Blieb dabei sehr technisch und verlor sich in den Verästelungen der makroökonomischen Modellwelt. Konnte mir Verweis nicht verkneifen, dass die Wirtschaft nicht wie Newtonsche Mechanik funktionert, wo die Kugel auf einer schiefen Ebene immer denselben Kräften ausgesetzt ist. In der Wirtschaft verändern sich die Kräfte und auch die Oberfläche der schiefen Ebene und dann fängt die Kugel noch an sich eigene Gedanken zu machen. Doppelte in die zunehmend bedrückte Stille im Sitzungsraum mit der Einschätzung nach, dass die modellbasierte Argumentation nur eine schlechte Karikatur der Realität sei. Umfragebasiere Frühindikatoren deuteten doch auf einen weiterhin festen Konjunkturgang hin. Geldpolitisches Doping in Form akkommodierender Geldpolitik wirke zudem konjunktureller Ermüdung entgegen. Mit dem Eingeständnis unseres Chef-Ökonoms, die ultra-expansive Geldpolitik in seinem Modellbaukasten nicht adäquat integrieren zu können, war der Moment gekommen, bei dem jeder merkt, der Konjunkturkönig hat keine Kleider an. View-Sitzung wurde kurzum abgebrochen. Neukalibrierung des Modelansatzes und Neuformulierung der makroökonomischen Ausblicks, der sich letztendlich in den jeweiligen Portfolios widerspiegeln sollte, schnellstmöglich eingefordert.
21. Februar: Hatte aufgrund hoher Arbeitsüberlastung meines Chefs verspätet das Jahresendgespräch über meine persönlichen Entwicklungsmassnahmen. Soll mich nicht auf meinen akademischen Meriten ausruhen. Getreu dem Motto „ Wenn Du glaubst etwas zu sein, hörst Du auf etwas zu werden“ – hat das nicht auch immer unser Fussball-Trainer gesagt – sei der CFA-Titel zügig anzustreben. Dies sei Usus im Asset Management. Interventionen meinerseits, dass die Prüfung für den ersten Teil bereits Ende Mai sowie der Lernstoff immens und die gleichzeitige Arbeitsbelastung hoch sei, wurden kalt abgekanzelt. Erste Teilprüfung repetiere nur das Wissen aus dem Studium. Mit einer guten Woche konzentrierter Vorbereitungszeit sei die Prüfung bravourös zu meistern. Solle mir meine Kollegen zum Vorbild nehmen. Susi wenig begeistert, dass ich in den kommenden Monaten meine Freizeit wenig mit Ihr, jedoch viel mit den Büchern verbringen werde.
2. März: Jahrestag meines Einstiegs in das aktive Portfoliomanagement schlicht gefeiert.