Читать книгу Tage des Traders - Kaas Koop - Страница 5
Auf Erfolgsspur
Оглавление17 September: Wo waren wir noch bei Deiner letzten Email stehen geblieben? Genau, wollte Dir von meinem Seminarbesuch in London berichten. Gut mal rauszukommen, nach all dem Stress in jüngster Zeit. Interessanten Vortragskanon zu makroökonomischen und geopolitischen Themen sowie zu aktuellen Fragen der strategischen Asset Allokation gehört. Habe viele neue Erkenntnisse und Kontakte gewonnen. Konnte mit meinen Einwürfen – „das hat schon Keynes gesagt“, „das Fazit ändert sich, wenn sie die Unsicherheit berücksichtigen“, „Hatten sie Schwierigkeiten bei der Inversion der singulären Matrix?“ – Zeichen setzen. Zeichen setzen konnten auch die Freizeitaktivitäten im Seminarprogramm. Auf der Buckmore Park Kartbahn wurde Driftwinkel jenseits der Physik gezogen. Und schnell war klar: Beschleunigung ist, wenn die Tränen der Ergriffenheit waagerecht zum Ohr hin abfliessen. Und es floss in Strömen.
4. November: Lieber Wouter, kann Dir sagen, Rückkehr in den Büroalltag fiel anfänglich nicht leicht. Einige glückliche Trades brachten jedoch neue Sicherheit und liessen mein „Looser“-Stigma verblassen – auch beim Chef. An den Märkten und auch unter meinen Kollegen kursiert aktuell alles um die Frage, ob das unsere Hormone in Wallung versetzende Konjunkturhoch über den USA und somit an den Märkten nur vorübergehend Natur ist. Wegweisende Erkenntnisse verspricht man sich von der für morgen anstehenden Veröffentlichung des Oktober-Arbeitsmarktberichtes. Die Veröffentlichung wurde gehyped wie der Millennium-Bug oder das Ende der Welt laut Maya-Kalender, manch einer wird heute doppelt gefrühstückt haben – wer weiss, ob es morgen noch Nussnougatcreme gibt. Aber seien wir ehrlich, dass es mit der US-Konjunktur und somit den Märkten einmal wieder runter gehen wird, ist bei aller Unsicherheit von Prognosen eine bedauerliche Gewissheit. An den Märkten geht es nicht anders zu als im richtigen Leben, auf und ab eben, was aktuell indes nur diejenigen vertrösten mag, die ihre Verkäufe schon hinter sich haben. Hoffe indes auf weitere Fortsetzung der Hausse. Habe mich dementsprechend positioniert – im Fahrwasser meiner Kollegen.
5. November: Bin begeistert, ganz euphorisch! Kannte die Faust auf ausgestrecktem Arm der Black Panther-Bewegung, die Faust auf angewinkeltem Arm der SED-Parteibosse, kannte Goethes „Faust“ und kannte „Vier Fäuste für ein Halleluja“, doch was war das alles gegen die Fäuste meiner Kollegen, die nach den überraschend festen US-Arbeitsmarktzahlen im wilden Tremolo vor Freude über die aufgegangenen Wetten auf die Tische knallten. Im ganzen Handelsraum flogen die Hände zusammen wie verliebte Tauben – erst unkoordiniert, dann rhythmisch immer lauter werdend. Und schon umfassten wir wie im Rausch die Schultern des Kollegen und die Polonaise schob sich durch die Gänge des Handelsraums. Wahnsinn, Wahnsinn, einfach Wahnsinn! Wouter, es war der pure Wahnsinn – unglaublich!
2. Januar: Vielen Dank für die guten Neujahreswünsche, die ich hiermit umgehend erwidere. Altes Geschäftsjahr dank glücklichem Händchen zum Jahresschluss letztendlich doch noch knapp positiv abgeschlossen. Bonus egoistisch genutzt. Top-end Rennrad gekauft. Susi böse, da für Sie statt Klunker nur ein kleines Festessen blieb.
Ende Januar: Kurzer Ski-Urlaub konnte alles wieder komplett einrenken. Ressourcen gefüllt. Viel Research gelesen. Bin jetzt im Bilde und gut gerüstet, das neue Geschäftsjahr aggressiv anzugehen. Wie verlief Dein Jahresstart?