Читать книгу Bettgeschichten - Karin Feuerstein-Praßer - Страница 23
Ein sinnlicher Kirchenfürst: Alexander VI.
ОглавлениеDoch Rodrigo Borgias Lebenswandel stand nicht zur Debatte, als es im August 1492 galt, einen Nachfolger für den verstorbenen Papst Innozenz VIII. zu wählen. Hier zählte allein die Tatsache, dass Kardinal Rodrigo Borgia während seiner 25-jährigen Tätigkeit als Vizekanzler unter fünf Päpsten nicht nur gute Arbeit geleistet hatte, sondern auch unermesslich reich geworden war.
Diejenigen Kardinäle, die im Konklave am 10. August 1492 für den Spanier Rodrigo Borgia votiert hatten, wurden jedenfalls nicht enttäuscht, denn sie gingen mit prall gefüllten Geldbeuteln nach Hause. Obwohl es sich ganz eindeutig um Simonie (Ämterkauf) handelte, war die Papstwahl nach den damaligen Rechtsbestimmungen gültig und Rodrigo bestieg als Alexander VI. den Heiligen Stuhl. Der Name war Programm. Wie einst bei Alexander dem Großen stand die Machtpolitik auch für den Borgia-Papst im Vordergrund.
Als Erstes ging er daran, seine Kinder großzügig zu versorgen. Den erst 18-jährigen Cesare ernannte er unverzüglich zum Kardinal und stattete ihn mit dem reichen Bistum Valencia aus. Dabei lag dem Sohn wohl nichts so fern wie ein frommes und gottgefälliges Dasein – im Gegenteil. In den nächsten Jahren erwies sich Cesare als ebenso ehrgeiziger wie skrupelloser Machtpolitiker, dessen Ziel es einzig war, die Hausmacht der Borgia zu erweitern, ganz im Sinne seines Vaters. Der Florentiner Historiker Francesco Guicciardini schrieb über Alexander VI: Er besaß alle Laster des Fleisches als auch des Geistes. Sein Ehrgeiz kannte keine Grenzen und wuchs in demselben Maße, wie sein Staat wuchs … Er war schlimmer und vielleicht glücklicher als jeder Papst seit Menschengedenken.
Tochter Lucrezia war, wenn man so will, bereits „versorgt“ worden. Ihr Vater hatte sie schon als Zwölfjährige mit einem italienischen Adligen verheiratet. Doch nun, nach seiner Wahl zum Papst, hielt er diese Ehe aus machtpolitischen Erwägungen nicht mehr für opportun und ließ sie umgehend annullieren. Stattdessen vermählte er Lucrezia nun mit Giovanni, der aus dem mächtigen Sforza-Clan stammte, der ihn bei der Papstwahl massiv unterstützt hatte.
Eigentlich hätte sich Alexander VI. jetzt von seiner schönen Mätresse trennen müssen, doch dazu konnte er sich nicht überwinden. Um wenigstens den Schein zu wahren, machte er Giulia 1493 offiziell zur Hofdame seiner Tochter Lucrezia, deren Palast ganz in der Nähe der Peterskirche1 lag. Beide Gebäude waren durch einen Gang miteinander verbunden, sodass Giulia jederzeit die päpstlichen Gemächer aufsuchen konnte. Dass Alexander VI. sich auch als Papst eine Mätresse hielt, blieb natürlich nicht geheim. Die päpstlichen Kammerherren waren keineswegs so verschwiegen, wie sie es hätten sein sollen, und so sprach bald ganz Rom davon, dass Giulia in Borgias Schlafgemach schwarze Bettwäsche bevorzugte, um so ihren makellosen Körper noch besser zur Geltung zu bringen. Wie es scheint, hatte sie tatsächlich begonnen, ihre Rolle als Papstmätresse zu genießen. Und so tat sie auch alles, um ihr attraktives Äußeres zu bewahren. Lorenzo Pucci, einer ihrer Verwandten, schrieb nach seinem Besuch in Rom: Madame Giulia ist jetzt von besonderer Schönheit. In meiner Anwesenheit ließ sie sich Haare und Kopf schmücken und die Haare reichten ihr bis zu den Füßen, und schließlich nahm sie eine Haube aus Leinwand und eine Art Netz, zart wie Rauch, mit Gold bestickt, dass es aussah wie eine Sonne.
Giulias Engagement zahlte sich aus, nicht nur in Form von kostbarem Schmuck und edlen Gewändern, mit denen Alexander VI. seine schöne Mätresse überhäufte. Nach einer aufregenden Liebesnacht im September 1493 machte er ihr ein ganz besonderes Geschenk, indem er ihr zuflüsterte, dass er ihren Bruder Alessandro zum Kardinal ernennen werde. Mit dieser Entscheidung dürfte auch Mutter Giovanna Farnese äußerst zufrieden gewesen sein. Zunächst musste Alessandro freilich den Spott der Römer ertragen. Jedermann wusste, wie es der junge Mann zum Kardinal gebracht hatte, zum „Kardinal Röckchen“, wie hinter vorgehaltener Hand gelästert wurde. Doch dass Giulia Farnese den maßgeblichen Beitrag geleistet und bereitwillig ihr Röckchen gehoben hatte, schadete seiner künftigen Karriere in keiner Weise und geriet zudem auch bald wieder in Vergessenheit. Alessandro folgte übrigens dem Beispiel seines päpstlichen Gönners und hatte eine langjährige Liaison mit seiner Geliebten, die dem Kardinal vier Kinder schenkte …