Читать книгу Bettgeschichten - Karin Feuerstein-Praßer - Страница 28
Die keusche Gouvernante
ОглавлениеSo attraktiv, wie Diana von ihren Zeitgenossen geschildert wurde, schien sie geradezu die ideale Mätresse zu sein. Doch wie gesagt: Franz I., den alten Schwerenöter, ließ die junge Witwe völlig kalt, zumindest in sexueller Hinsicht. War sie nicht sein Typ? Oder lag es vielleicht daran, dass die kühle Schönheit so etwas wie Erotik und Sinnlichkeit völlig vermissen ließ? Diana gab sich nämlich stets keusch, beherrscht und unnahbar, trauerte – zumindest nach außen hin – um ihren verstorbenen Louis und unterschied sich damit vollkommen von all den vielen niedlichen Schönheiten, die ständig um Frankreichs König herumschwirrten. Und außerdem: Wenn man genau hinschaute, dann wirkte Dianas Gesicht stets etwas streng, verkniffen und „gouvernantenhaft“.
Das sah Franz I. genauso: Statt Diana in sein königliches Bett zu holen, machte er die ehemalige Hofdame von Claude zur Erzieherin und „Ersatzmutter“ seines zweitjüngsten Sohnes, des 1519 geborenen Heinrich. Der heranwachsende Prinz war noch immer verschlossen, scheu und kontaktarm, und Diana schien der einzige Mensch zu sein, gegenüber dem er sich ein wenig öffnen konnte. Nach dem zarten Kuss, den sie ihm nach seiner Rückkehr aus Spanien auf die Wange gehaucht hatte, war er ohnehin ihr heimlicher Verehrer geworden.
So wurde Diana zur Gouvernante des Prinzen. Wirklich befriedigen konnte sie diese Aufgabe zwar nicht, aber dem Wunsch des Königs von Frankreich musste sie natürlich nachkommen. Schließlich war Diana ungemein ehrgeizig und dachte gar nicht daran, auf immer und ewig Erzieherin zu bleiben. Hatte sie ihre Aufgabe vier Jahre lang eher etwas lustlos erledigt, so änderte sich das schlagartig mit dem Tod des Dauphin Franz, der im August 1535 völlig überraschend aus dem Leben gerissen wurde. Jetzt nämlich war Heinrich der neue Thronfolger und damit ergaben sich für Diana langfristig ganz neue Möglichkeiten.
Heinrichs Verehrung für die 20 Jahre ältere Diana war mit der Zeit zu einer stillen Liebe geworden. Daran hatte sich auch nichts geändert, als der erst 14-jährige Prinz 1533 mit der gleichaltrigen Italienerin Katharina von Medici verheiratet worden war, die trotz ihrer Jugend der aparten Diana nicht das Wasser reichen konnte. Viele Jahre lang blieb die Ehe kinderlos.