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Die „graue Eminenz“ am Hof

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Doch Heinrich blieb auch weiterhin der kühlen Schönheit seiner Mätresse verfallen, selbst wenn Diana inzwischen so langsam auf die fünfzig zuging und sich die ersten unvermeidlichen Spuren des Alters nicht mehr aufhalten ließen. Aber die kluge Dame kannte ein probates Mittel, um sich dennoch zum Symbol der ewigen Jugend zu stilisieren: Sie beauftragte Bildhauer mit der Erschaffung von Marmorstatuen, die sie als Jagdgöttin Diana mit makellos nacktem Körper zeigten, und ließ sie überall in ihren Räumen aufstellen. Wie es tatsächlich unter der eleganten Kleidung aussah, ging niemanden etwas an – und Heinrich selbst ließ sich von den üblichen Alterserscheinungen wie Cellulite oder kleinen Fettpölsterchen wohl nicht abschrecken.

Dianas Engagement zahlte sich aus. Als Franz I. 1547 starb und Heinrich als der Zweite dieses Namens den französischen Thron bestieg, wurde Diana zu so etwas wie der „grauen Eminenz“ am Hof und konnte endlich ihren maßlosen Ehrgeiz befriedigen. Ohne mit der Wimper zu zucken, übergab ihr Heinrich II. die Kronjuwelen, die Diana künftig zu offiziellen Anlässen trug. Der König sorgte nicht nur dafür, dass gewisse staatliche Gelder in die Privatschatulle seiner Mätresse flossen, er gestand ihr sogar ein politisches Mitspracherecht zu. So konnte Diana zum Beispiel dafür sorgen, dass künftig alle wichtigen Positionen im Reich mit ihren streng katholisch-konservativen Parteigängern besetzt wurden. Und nicht nur das: Sie allein wählte die Hofdamen für Königin Katharina aus, die ebenfalls eine höchst einflussreiche Stellung einnahmen, weil man nur über sie Zugang zur Monarchin erhielt. Während die inzwischen ständig schwangere Katharina auf ihre Rolle als Gebärerin reduziert blieb, besprach Heinrich mit Diana sämtliche Staatsangelegenheiten und suchte ihren Rat. Auf diese Weise verbrachten die beiden täglich viele Stunden miteinander. So konnte Diana die Richtlinien der französischen Politik maßgeblich mitbestimmen.

Und schließlich macht der König Diana Chennonceaux zum Geschenk, das idyllisch gelegene Renaissanceschloss am Flüsschen Cher, heute bevorzugtes Ziel zahlloser Frankreich-Touristen. Großzügig stellte er erhebliche Mittel zum Ausbau des Schlosses zur Verfügung und war beglückt, dass sich in allen Räumen Zeichen ihrer tiefen Verbundenheit fanden: Zwei „D“, Rücken an Rücken, die ein Querstrich zu einem „H“ verband. Königin Katharina nahm diesen Affront kommentarlos hin. Was blieb ihr auch anderes übrig, als ihre Rivalin in Ruhe gewähren zu lassen? Schließlich war Diana als heimliche Herrscherin auch der Königin gegenüber loyal und bot ihr keinerlei Anlass zur Kritik. Zudem hatte Katharina als mehrfache Mutter inzwischen an Selbstbewusstsein gewonnen und konnte es sich leisten, ihrem Gemahl gegenüber großzügig zu sein. Vielleicht ahnte sie ja auch, dass ihre große Stunde noch kommen würde …

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