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Kapitel 5

Mittwoch, 10. September 2014; 14:45 Uhr

Seit dem Mord an Sabrinas Mutter hatte Konstanze nur kurz am Telefon mit ihrer Freundin gesprochen. Jetzt stand sie, mit einem flauen Gefühl in der Magengegend, vor deren Appartement und klingelte. Was sollte sie sagen?

Die Tür öffnete sich schwungvoll und Sabrina lächelte sie an. Ihr langes schwarzes Haar fiel in sanften Wellen auf ihre Schultern und bildete einen perfekten Rahmen für ihr engelsgleiches Gesicht. Mit der Stupsnase, den frechen Sommersprossen und den sinnlichen Lippen wirkte sie wie ein süßes Mädchen.

Umwerfend und sexy wie immer, dachte Konstanze.

»Hi, komm rein. Möchtest du ein paar Hausschuhe haben?«

»Ja, danke. Ich bin völlig durchnässt.« Konstanze schälte sich aus ihrer Regenjacke, legte den Schal sorgfältig auf der wackeligen Garderobe ab und brachte den Schirm zum Trocknen ins Badezimmer.

»Ich habe Früchtetee gekocht. Den magst du doch«, rief Sabrina aus der Küche.

»Ja gern. Danke.« Konstanze trat ins Wohnzimmer und wunderte sich, dass noch niemand außer ihr da war.

»Wo sind die anderen?«

»Welche anderen?«

»Ich dachte, unsere Referatsgruppe trifft sich heute hier«, fragte sie.

»Ach … ähm …«, kam Sabrina ins Stottern, »nein! Die haben heute keine Zeit. Es war aber schon zu spät, um dir noch abzusagen.«

Konstanze ging zu ihrer Freundin in die Küche. Einfach das Thema totschweigen wollte sie nicht. Sie schluckte den Kloß im Hals herunter und legte eine Hand auf Sabrinas Schulter. »Es tut mir so leid wegen deiner Mutter. Wie geht es dir?«

»Mir geht es gut. Ehrlich. Du weißt doch, wir haben uns nie besonders gut verstanden. Mach dir keine Sorgen um mich.« Sabrina gab sich erschreckend heiter für jemanden, der vor ein paar Tagen seine Mutter durch einen Mord verloren hatte.

»Setz dich, der Tee kommt gleich.« Völlig perplex ging Konstanze zurück ins Wohnzimmer und fragte sich, warum Sabrina so ungerührt mit dem Tod ihrer Mutter umging. Die Tatsache, dass ihre Freundin völlig anders mit dem Tod umging, als sie erwartet hatte, verunsicherte sie nur noch mehr. Sie trat ans Fenster und schaute nachdenklich auf die Blasen, die der Regen auf dem Asphalt bildete. Es hatte schon den ganzen Sommer über geregnet und der Herbst schien genauso weitermachen zu wollen. Plötzlich stutzte sie. Auf der anderen Straßenseite stand ein hagerer Mann und trat zigarettenrauchend von einem Bein auf das andere. Derselbe Mann war ihr vorhin bereits aufgefallen, als sie ihre Wohnung verlassen hatte. Er stand in der Jahnstraße gegenüber ihres Mietshauses und telefonierte.

»Kennst du diesen Kerl?«

Sabrina kam mit einem Tablett ins Zimmer, stellte es auf dem Tisch ab und trat zu Konstanze ans Fenster. »Wen denn?«

»Da drüben, der mit der Kippe.« Sie deutete mit dem Zeigefinger auf die Richtung.

»Nö! Noch nie gesehen. Warum sollte ich den kennen? Komm setz dich.« Sabrina ging zum Sofa und ließ sich fallen.

»Bist du sicher? Den habe ich vorhin schon bei mir vor der Tür gesehen. Ich glaube, der Typ ist mir gefolgt.« Sie drehte sich um und schaute ihre Freundin an.

»Seit wann bist du so paranoid? So ein Unsinn. Warum sollte dir jemand folgen? Vielleicht sehen die sich ähnlich. Jetzt komm schon, der Tee wird kalt.«

»Ich bin mir ganz sicher, dass es derselbe Mann war. Seltsam.«

»Konny, du bist zu gestresst. Du solltest mal kürzer treten, dann siehst du auch keine Gespenster«, sagte Sabrina und schenkte den Tee ein.

»Vielleicht hast du recht.« Sie setzte sich zu ihrer Freundin, doch ein ungutes Gefühl blieb und verankerte sich in ihrem Unterbewusstsein.

Auf dem Tisch standen mehrere Kerzen, die bereits brannten und ein gemütliches, sanftes Licht verbreiteten. Sie nahm den zarten Blumengeruch einer Duftlampe wahr. So viel Romantik hätte sie ihrer Freundin gar nicht zugetraut.

»Ich hoffe, er schmeckt dir! Ich habe ihn vor knapp einer Stunde aus dem Ofen geholt.« Konstanze sah etwas ungläubig auf den dunklen duftenden Schokoladenkuchen vor sich. »Ich wusste gar nicht, dass du backen kannst.«

»Das hättest du nicht von mir erwartet, oder? Ich habe extra noch eine Schokoladensoße dazu gemacht. Du wirst begeistert sein.«

Irgendwie hatte Konstanze das Gefühl, dass Sabrina diesen Kuchen nur für sie gebacken hatte. Sabrina spießte ein kleines Stück davon auf die Gabel und lehnte sich zu Konstanze herüber. »Hier probier ihn.«

»Hm, der ist saulecker. Ich liebe Schokoladenkuchen.«

»Ich weiß.« Sie grinste. »Das hast du mal erwähnt vor einer Weile.«

»Holla! Ich bin ja richtig beeindruckt von deinen Backkünsten.« Konstanze aß genüsslich einen weiteren Bissen von dem köstlichen Kuchen und hatte für einen winzigen Moment das Gefühl, dass Sabrina leicht verlegen wirkte.

»Wo ist eigentlich Merlin?«

»Ich habe ihn bei Oma Wallie gelassen.«

Oma Wallie hieß eigentlich Waltraud Koch und wohnte im gleichen Mietshaus wie Konstanze. Sie selbst hatte keine Enkel und ihr einziger Sohn war nach Kanada ausgewandert. Konstanze besuchte die ältere Dame ab und zu und erledigte kleinere Einkäufe für sie. Im Gegenzug passte diese auf Merlin auf, wenn Konstanze in der Uni und bei ihrem Nebenjob in der Buchhandlung war.

»Magst du Musik hören?«

»Ja klar, was kannst du anbieten?«

»Ich habe Rock und Pop, so querbeet von allem was, aber ich habe auch Queen da.« Sie sah Konstanze mit einem verschmitzten Lächeln an.

»Queen ist gut. Wir haben wohl den gleichen Musikgeschmack.«

»Gute Musik ist nicht zu verachten«, antwortete Sabrina knapp und legte eine CD in die Stereoanlage ein. Wenige Augenblicke später spielte Brian May einige Akkorde auf seiner Gitarre und Freddy Mercury sang Crazy Little Thing Called Love. Konstanze zog ihren Pulli zurecht und trank dann etwas zu hastig den Tee aus. Sie verschluckte sich und ein Hustenanfall schüttelte ihren Körper. Sabrina setzte sich dicht neben sie auf das Sofa und klopfte ihr auf den Rücken. »Geht es wieder?«

»Ja, danke, ich bin in Ordnung.«

Sabrina schenkte für beide noch Tee nach und reichte Konstanze ihre Tasse. Aus den Augenwinkeln heraus sah Konstanze, dass Sabrinas Arm hinter ihrem Rücken auf der Sofalehne ruhte und ihre Freundin keine Anstalten machte, wieder ein Stück wegzurücken. Verkrampft hielt sie sich an ihrem Tee fest und zuckte unwillkürlich zusammen, als sie plötzlich eine leichte Berührung auf ihrer Schulter spürte. »Soll ich dir ein wenig die Schultern und den Nacken massieren? Du bist ja total verspannt.«

»Ich weiß nicht, ach nein, das brauchst du wirklich nicht zu tun.«

»Nun stell dich nicht so an, da ist doch nichts dabei. Das mach ich gern. Und außerdem könntest du mich danach auch massieren.« Sabrina grinste süffisant.

»Gut, einverstanden«, gab Konstanze nach.

Sabrina griff hinter sich und holte von dem niedrigen Beistelltisch eine Massagekerze und ein Feuerzeug und zündete damit die Kerze an. »Bis der Balsam flüssig ist, kannst du dich schon mal ausziehen.« Sie zog sich ihren Pulli über den Kopf, legte ihn zusammen und neben sich auf das Sofa. Nervös fuhr sie sich durch ihre lockigen Haare und schüttelte sie in Form. »Dreh dich ein bisschen, damit ich mich hinter dich setzen kann.« Sabrinas Bein berührte sanft ihren Rücken. Dann versuchte sie, die kleinen Häkchen von ihrem schwarzen Spitzen-BH zu öffnen.

Erschrocken drehte sich Konstanze um und hielt reflexartig ihren BH fest.

»Der stört doch nur. Entspann dich einfach Konny.« Sanft drückte sie die Arme von Konstanze nach unten und streifte langsam den BH ab, während es Konstanze gleichzeitig heiß und kalt über den Rücken lief. Sabrina nahm die Massagekerze und tropfte den inzwischen flüssigen Balsam auf die Schultern. Mit sanften kreisenden Bewegungen massierte sie die Pflegeöle in die Schulter und den Nacken. Ganz langsam entspannte sich Konstanze unter den sanften Fingern ihrer Freundin, schloss die Augen und genoss diese wundervolle Massage. Es fühlte sich an, wie ein von der Sonne erwärmter Windhauch.

»Na und? Das tut doch gut oder?«

»Und wie. Du machst das fantastisch. Und es riecht so gut.«

»Siehst du, kein Grund dich so zu zieren.« Sabrina verteilte noch weiteres Öl aus der Kerze auf ihren Händen und massierte nun auch den Rücken entlang. Sie ließ ihre Hände langsam über den Rücken gleiten und dann unter den Armen hindurch, sodass ihre Finger an die pralle Rundung von Konstanzes Brüsten stießen. Diese hielt geschockt den Atem an und wollte sich schnell umdrehen, doch Sabrina umschloss schnell beide Brüste mit ihren Händen und hauchte gleichzeitig einen Kuss hinter ihr Ohr. Während sie zärtlich die inzwischen harten Brustwarzen knetete, flüsterte sie ihrer Freundin ins Ohr: »Ich habe mich total in dich verliebt.«

Konstanze schaffte es, sich loszureißen und sprang vom Sofa auf. Mit einer Hand versuchte sie ihre bloßen Brüste notdürftig zu verdecken, während sie mit der anderen Hand nach ihrer Kleidung griff. Hastig verschwand sie im Badezimmer.

»Konny, sei bitte nicht böse« drang es durch die Badtür.

»Ich bin dir nicht böse.« Während sie sich wieder anzog, schwirrten tausend Gedanken durch ihren Kopf und sie hörte ihren Herzschlag wie eine Kesselpauke dröhnen. Sie ging hinaus auf den Flur und lief dabei Sabrina genau in die Arme.

»Hey, alles Okay? Ich wollte dich nicht bedrängen, das war ein Fehler.« Sie neigte ihren Kopf zur Seite.

»Ich geh jetzt lieber nach Hause.« Hektisch drehte sich Konstanze um und griff nach ihrer Jacke.

»Bitte bleib! Ich bin auch ganz brav.«

»Wir sehen uns morgen in der Uni, Sab.« Sie rannte fast nach draußen ins Treppenhaus und ging dann verstört die Treppen nach unten. Die Gedanken in ihrem Kopf überschlugen sich regelrecht. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie mit dieser neuen Situation umgehen sollte. Für den Moment sah sie nur eine Möglichkeit: Flucht.

Blutrune

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