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Kapitel 7

Freitag, 12. September 2014; 14:23 Uhr

Begleitet von heftigen Krämpfen, hatte Anne Scheffler sich übergeben müssen und betrachtete nun ihre glasigen Augen im Spiegel. Das grelle Licht im Waschraum der Bibliothek blendete sie, sodass sie ihre Augen zusammenkneifen musste. Sie drehte den Wasserhahn auf, beugte sich über das Waschbecken und spritze sich kaltes Wasser in das heiße, fiebrige Gesicht. Anschließend spülte sie sich den ekligen Geschmack von Erbrochenem und Galle aus dem Mund. Ich muss mir etwas eingefangen haben, dachte sie und entschloss sich, lieber nach Hause zu gehen. Eigentlich wollte sie heute nach den Vorlesungen auf dem Campusgelände bleiben, um in der Bibliothek für ihre Referatsgruppe zu arbeiten und direkt im Anschluss zur Party von Nils gehen.

Doch plötzlich auftretende Magenkrämpfe machten ihr gerade einen dicken Strich durch die Rechnung. Geschwächt ging sie zurück an ihren Platz im Lesesaal, packte ihre Sachen zusammen und ging quer über den Bibliotheksvorplatz hinüber zur Bushaltestelle.

Erleichtert erreichte sie ihre Wohnung und schloss die Tür auf. Es war ganz still. Ihre Mitbewohnerin war anscheinend noch unterwegs. Anne ließ ihre Tasche auf den Fußboden ihres Zimmers gleiten und zog die Vorhänge zu. Dann schleppte sie sich in das gemeinsame Badezimmer. Sie hatte dieses Bad nie leiden können. Es war klein und stickig, ohne ein Fenster. Die Fliesen an der Wand waren in seltsamen braunen und grünen Farbtönen gehalten. Neben dem Waschbecken gab es doch tatsächlich eine Fliese mit Ausbuchtung für das Seifenstück.

Zehn Minuten später hatte sie endlich ihr Fieberthermometer hinter dem Wäschekorb gefunden und ging damit zurück in ihr Zimmer. Ihr Bett war noch ganz zerwühlt von heute Morgen. Nachdem der Wecker geklingelt und sie sich noch einmal umgedreht hatte, war sie wieder eingeschlafen. Wie so oft. In einer Ecke auf dem Fußboden lagen zwei T-Shirts, eine Jeans und die Unterwäsche der letzten drei Tage. Genervt schob sie den Berg mit dem Fuß zusammen. Sie konnte förmlich ihre Mutter hören: »Ordnung ist das halbe Leben!« Mit diesem Spruch lag sie ihr früher tagein tagaus in den Ohren. Zum Glück studierte sie jetzt weit weg von zu Hause.

Sie fühlte sich extrem hinfällig und abgeschlagen. Die Party heute Abend konnte sie vergessen. Das Fieberthermometer in ihrem Mund piepste. Sie zuckte bei dem Geräusch kurz erschrocken zusammen, dann nahm sie es heraus und las das Ergebnis ab. 40,3 Grad Celsius stand auf dem Display in blinkenden Zahlen. Benommen legte sie das Thermometer zurück auf den Tisch. Ihr Mund fühlte sich ausgetrocknet und taub an. Sie dachte gerade daran in die Küche zu gehen und sich ein Glas Wasser zu holen, als ein stechender Schmerz durch ihren Magen fuhr. Sie krümmte sich zusammen und stöhnte auf. Der Schmerz nahm ihr den Atem. Unfähig sich erneut aufzurichten ließ sie sich auf den Teppich gleiten, bis die Kolik vorüber war. Kleine Schweißperlen liefen in dünnen Rinnsalen die Stirn herunter und eine dunkle Haarsträhne klebte ihr im Gesicht. Sie blieb einige Minuten auf dem Boden liegen und rang nach Luft, bevor sie mühsam aufstand. Unter großer Anstrengung schleppte sie sich in die Küche, drehte den Wasserhahn auf und füllte ein Glas zur Hälfte mit Leitungswasser. Sie trank einen Schluck und stöhnte dabei schmerzerfüllt. Ein glühend heißer Lavastrom rann ihre Speiseröhre hinab. Als Anne das Glas zurück auf die Küchenspüle stellen wollte, bemerkte sie ein heftiges Zittern. Entsetzt blickte sie auf ihre Hände, die in diesem Moment die Kontrolle über das Glas verloren und es klirrend zu Boden fallen ließen. So ein Mist, dachte sie, während eine Träne ihre Wange hinunter rann. Sie würde das später aufräumen. Für den Moment wollte sie einfach nur in ihr Bett und ihren heißen, schmerzenden Kopf auf das kühle Kopfkissen betten. Im Gefrierfach lag noch eins dieser, mit blauem Gel gefüllten, Kühlpacks. Das nahm sie heraus und wickelte es in ein Geschirrtuch ein. Das Fieber musste auf jeden Fall runter. Sie ging zurück in ihr Zimmer, entledigte sich ihrer Klamotten, schob die Bettdecke beiseite und ließ sich erschöpft ins Bett fallen. Sie legte sich das kühlende Geschirrtuch auf die Stirn und stöhnte leise auf. Das tat gut. Sie fiel in einen unruhigen Schlaf und sie wälzte sich unter der Bettdecke.

Eine weitere Kolik riss sie aus ihrem Dämmerzustand. Zusammengekrümmt wie ein Baby lag Anne in ihrem Bett und versuchte die starken Schmerzen wegzuatmen. Es fühlte sich an, als würde ihr Körper von innen zerreißen. Der Schmerz nahm sie völlig gefangen und lähmte sie. Als die Kolik langsam verebbte, drehte sie sich erschöpft auf den Rücken. Irgendetwas stimmte nicht. Es fühlte sich warm und feucht unter ihr an. Mühsam schlug sie die Bettdecke zurück und stieg aus dem Bett. Erschrocken blickte sie auf das Bettlaken. Es war dunkelrot verfärbt, voll mit Blut. »Scheiße, was ist das?« Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie begriff, was geschehen war. Angeekelt stieg sie aus dem Bett, zog mit keuchenden Atemzügen das besudelte Bettlaken vom Bett und brachte es ins Badezimmer, um es direkt in die Waschmaschine zu packen. Irgendwie schaffte sie es sogar die Maschine mit Waschmittel und Weichspüler zu befüllen, ein Programm zu wählen und den Waschgang zu starten. Jetzt musste sie nur noch ein sauberes Bettlaken aus ihrem Schrank holen und es aufziehen und sich etwas waschen, dann konnte sie sich weiter ausruhen. Sie ging über den schmalen Flur zurück in Richtung ihres Zimmer, als sie plötzlich in eine tiefe Dunkelheit eintauchte. Anne spürte den Aufprall nicht mehr, als ihr Kopf hart auf den Dielenboden aufschlug.

Blutrune

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