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Flughafen Tegel

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„Entschuldigen Sie, wenn Sie bitte mitkommen würden?“

Beim Check-in wimmelte es von Polizei. Jeremy war von zwei männlichen Polizisten einer sehr detaillierten Leibesvisite unterzogen worden, man hatte ihn genauestens befragt, wo er herkomme und wo er hinwolle, und dann hatten sie seinen Pass haben wollen. Ein Polizist war damit für einige Minuten in einem Nebenraum verschwunden. Der reichte ihm nun den Pass zwar zurück, jedoch mit besagter Aufforderung verbunden.

„Aber warum denn?“ Der Polizist murmelte etwas von erhöhten Sicherheitsvorkehrungen und weiteren nötigen Kontrollen. „Nun gut, wenn es nicht lange dauert. Ich muss nämlich zu meinem Flug, wissen Sie.“ Mit Befriedigung hatte Jeremy soeben noch zur Kenntnis genommen, dass seine Maschine wider Erwarten und im Unterschied zu den meisten anderen Flügen an diesem Tag pünktlich um 18.10 Uhr starten sollte. Da blieb nicht mehr viel Zeit. „Wir kümmern uns darum”, so die vage Antwort des Polizisten. Dann führte man ihn durch ein paar Türen und Gänge in einen Raum der Polizei, verschloss die Tür hinter ihm und ließ ihn dort sitzen.

Jeremy bemühte sich, entspannt zu bleiben. War er doch gerade wieder einigermaßen guter Dinge gewesen. Er würde heute noch zurück bei Cathy sein, zumindest irgendwann am späten Abend, und Jonathan würde das Seine tun, Cathy bis dahin versöhnlicher zu stimmen. Außerdem hatte ihn Jonathans gelassene Besonnenheit angesichts der von Dr. Welti vorgebrachten Verdächtigungen beruhigt. Sicher würden sich die irritierenden Kontobewegungen als harmlos erweisen. Es war schon eine große Hilfe, einen so gefassten, nüchternen Freund zu haben, besonders wenn man Cathys Hysterie dagegenhielt. Männerfreundschaften waren eben aus einem anderen Schrot und Korn als die verschiedenartigen Formen der Beziehungen zwischen Männern und Frauen, die doch meist in irgendeiner Form erotisch aufgeladen sind und dadurch bei allem damit verbundenen Schönen mitunter sehr verkompliziert werden.

Jeremy saß Minute um Minute allein und wurde immer unruhiger. Er wollte gerade laut zu fluchen anfangen und an die verschlossene Tür hämmern, da öffnete sie sich und zwei Polizisten traten ein, ein älterer Mann und eine recht appetitliche junge Frau, die offensichtlich noch in der Ausbildung war. „Sie werden sich leider noch ein wenig gedulden müssen“, erfuhr er. Auf seine erregte Nachfrage hin wurde ihm mitgeteilt, dass sich sein Name auf einer Liste von „zu überprüfenden Personen“ gefunden habe und diese Überprüfungen noch nicht abgeschlossen seien. Dann schloss sich die Tür wieder.

Nun fluchte Jeremy doch laut auf. Er blickte auf die Uhr. Zehn Minuten vor sechs. Wenn er nicht in den nächsten fünf Minuten hier rauskam, konnte er seinen Flug nach London mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vergessen.

Liste von Verdächtigen? Klar hatten ihn die Deutschen verdächtigt. Daher war er gestern aus seinem Taxi heraus sozusagen verschleppt und seither zweimal vom Geheimdienst vernommen worden. Aber das hatte sich inzwischen doch erledigt. Das hatte er mit dem Widerling Korff und seinem farblosen Kollegen Fels alles geklärt.

Mit den beiden ja. Aber nicht mit den Listen der Polizei. Dann gab es wohl nur eine Lösung. Jeremy fluchte erneut. Dann lachte er bitter. Noch vor wenigen Stunden hatte er sich geschworen, niemals diese Telefonnummer anzurufen. Seufzend kramte er nach der Visitenkarte. Er musste es länger klingeln lassen. Der Herr war offensichtlich gerade beschäftigt. Dann endlich ein Klickgeräusch. „Ja? Ach, unser britischer Gentleman. Das hätte ich ja nicht gedacht, dass Sie sich so schnell bei uns melden, freut mich sehr! Na, neue Erkenntnisse? Fassen Sie sich bitte kurz, es hat gerade gewisse ... nun ja, gewisse Vorkommnisse gegeben, die meine ganze Aufmerksamkeit erfordern.“

Jeremy beeilte sich, sein Anliegen durchzugeben. „Ist gut, keine Sorge, wir kümmern uns darum“, war die knappe Antwort Walter Korffs, dann hatte er auch schon aufgelegt. Ganz beruhigen konnte Jeremy diese Aussage nicht, schließlich hatte er den gleichen Spruch erst vorhin von der deutschen Polizei gehört, ohne dass der Ankündigung Taten gefolgt waren. Doch war er sehr erleichtert, als sich nach wenigen Minuten die Tür öffnete, die junge Polizistin und ihr Begleiter wieder eintraten und er mit einer knappen Entschuldigung nach draußen entlassen wurde.

Noch blinkte die Boarding-Anzeige für seinen Flug. Last Call. Sein Gate war acht Nummern weiter. Das Handy in seiner Tasche begann wild zu läuten. Keine Zeit jetzt. Lange war er nicht mehr so gerannt.

Leider war er nicht mehr der Schnellste. Er hatte gerade sein Gate erreicht, als die junge Polizistin ihn eingeholt hatte. „Es tut mir sehr leid. Ein Herr Korff möchte Sie sprechen. Es ist dringend. Rufen Sie ihn bitte sofort zurück.“ Erneut begann Jeremys Handy zu klingeln. Er ging ran. Die unangenehme Stimme des Widerlings.

„Entschuldigen Sie, Mister Gouldens. Nur noch eine Frage: Hat sich Ihre koreanische Freundin inzwischen bei Ihnen gemeldet? Aha. Aber nicht persönlich? Dann bräuchten wir leider nochmal Ihre Hilfe, Mister Gouldens, schon in Ihrem eigenen Interesse. Wir müssen Sie bitten, eine Identifizierung vorzunehmen.“ – „Eine Identifizierung? Wenn ich noch eine Minute warte, verpasse ich meinen Flug.“ – „Tut mir leid. Wir kümmern uns um einen Ersatz.“ – „Aber warum gerade ich? Ich kenne in Berlin doch niemanden!“ – „Eine Frau, Mister Gouldens. Ostasiatisches Aussehen. Passt genau auf Ihre Beschreibung.“

Jeremy stockte das Herz. „Eine Frau? Was ist mit ihr?“

„Nun ja, sie ist ... genau gesagt nicht direkt eine Frau. Genau gesagt handelt es sich um eine Frauenleiche.“

Korea Inc.

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