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Archie Wingate kam aus dem Bad. Er hatte sich ein dunkelblaues Frottiertuch um die Hüften geschlungen. In eine Ecke des weichen, flauschigen Tuches waren seine Initialen eingestickt. Sie fanden sich überall in der Sechs-Zimmer-Penthouse-Wohnung, auf Gläsern und Flaschen, auf Kissen, Morgenmänteln und sogar Pantoffeln. Wingate war ein Mann, der seine Initialen liebte, und wer ihm zu schmeicheln versuchte, redete ihn einfach mit A. W. an.

Wingate war siebenunddreißig und besaß eine Figur von Modellcharakter. Er opferte täglich eine volle Stunde Zeit, um sich in Form zu halten und wachte aufmerksam darüber, dass seine Idealmaße erhalten blieben.

Er war verheiratet mit Babs, einer geborenen Gonella, der Tochter von Don Bruno, einem der einflussreichsten Mafiabosse der Stadt.

Obwohl Archie Wingate es geschickt verstand, diese Familienbindung zu nutzen, war er nur selten Gast seiner Schwiegereltern, die die Verbindung nicht ohne Einwände hingenommen hatten und in Archie einen Aufsteiger sahen, der es gelegentlich am rechten Augenmaß fehlen ließ.

Archie kannte die Spielregeln der Mafia, schließlich hatte er ihr selbst einmal als Leutnant angehört. Er bemühte sich, diese Regeln nicht zu verletzen. Er pfuschte seinem Schwiegervater und dessen ehrenwerten Gesellschaftern nicht ins Handwerk, wenn es um so traditionelle Einnahmequellen wie Schmuggel, Falschspiel, Prostitution und Rauschgifthandel ging. Stattdessen war Archie seit Langem bemüht, sich eigene Verdienstmöglichkeiten zu schaffen, und zwar dort, wo sie nicht die Bezirke der alteingesessenen Mafiosi verletzten.

Natürlich war es in einer Stadt wie Chicago so gut wie unmöglich, ein illegales, florierendes Rackett aufzuziehen, ohne sich früher oder später mit denen anzulegen, die ein Monopol auf derlei Einnahmen zu haben glaubten. Aber Archies genialer Schachzug, die Tochter des Dons zu heiraten, hatte ihn bislang vor ernstzunehmenden Schwierigkeiten bewahrt.

Die meisten hielten ihn für ein Mitglied des großen, allmächtigen Mafia-Clans. Archie war clever genug, diesen Eindruck beständig zu nähren, aber tatsächlich war er kein offizielles Mitglied der Organisation. Was ihn betraf, so hatte er auch nicht die Absicht, es zu werden. Er hasste Abhängigkeiten und legte Wert darauf, sein eigener Herr zu sein.

Er wusste, dass er nicht im luftleeren Raum operierte und taktierte geschickt, wenn es darum ging, den Mafiosi ein paar Konzessionen abzukaufen. Das gehörte zum Geschäft und tat ihm nicht weh. Damit hielt er sich den Rücken frei für sein ständig wachsendes Einnahmevolumen.

Archie Wingate war hochgewachsen und dunkelhaarig. Er hatte ein bisschen Ähnlichkeit mit Rock Hudson und versuchte, dessen Lächeln zu kopieren. Was dabei herauskam, hatte allerdings nur wenig mit dem Charme des Originals zu schaffen, es fiel stets um ein paar Nuancen zu schief und verschlagen aus.

Archie Wingate betrat das Schlafzimmer. Auf dem breiten Bett räkelte sich Linda Dorsey, die erst kürzlich von New York nach Chicago gekommen war – einem Mann zuliebe, der sie hatte sitzenlassen müssen, weil seine vermögende Frau der Eskapade ein Ende gemacht hatte.

Sie hieß eigentlich Linda Dobroczin, aber seitdem sie in der Modellbranche tätig war, schmückte sie sich mit dem eindrucksvolleren Namen.

Linda war zwanzig. Sie trug in diesem Augenblick auf ihrem schimmernden, biegsamen Leib nur ein Platinkettchen mit Namensplatte. Es zierte ihr rechtes Fußgelenk. Linda war schön und wusste es. Ihr schulterlanges Blondhaar war leicht getönt und schimmerte in einem sanften Rotton.

„Hallo“, hauchte sie.

Es war zweifellos eine Auszeichnung, in Archie Wingates Schlafzimmer gebeten zu werden. Archie zeigte sich im Allgemeinen recht großzügig, so schien es jedenfalls, aber seine Geschenke und Vermittlungsdienste erfolgten niemals ohne Zweck und Berechnung, er schlug selbst noch aus der Liebe Kapital.

Es war nicht schwer für ihn, attraktiven Mädchen zu Jobs und kurzfristigen Erfolgen zu verhelfen. Die Werbebranche war unersättlich und hatte einen unstillbaren Hunger nach frischen, anziehenden Gesichtern. Hatte Wingate die Mädchen erst einmal auf diese Weise zur Dankbarkeit verpflichtet, verstrickte er sie mit großem Geschick in nicht immer einwandfreie Geschäfte. Er machte sie abhängig und zwang sie schließlich zu Aktionen von dubiosem und kriminellem Zuschnitt.

„Hallo“, sagte er, setzte sich auf den Bettrand und griff nach einer Zigarette. Linda fuhr ihm mit einer Fingerspitze verspielt über den Rücken und zählte seine Wirbel.

„Ist was?“, fragte er und zündete sich die Zigarette an.

Er fühlte sich eher gereizt als entspannt. So war es fast immer, wenn er Babs betrogen hatte.

Er hatte die Tochter des Dons aus purer Zweckmäßigkeit geheiratet und sich über ihren grotesk anmutenden Hang zur konservativen Bürgerlichkeit insgeheim lustig gemacht, aber seit einiger Zeit schätzte und respektierte er Babs zielstrebige Linie. Er hatte angefangen, seine Frau zu verehren.

„Was war mit Cindy?“, fragte Linda.

Archie Wingates Kopf zuckte herum, er warf einen Blick über seine nackte Schulter. „Was soll mit ihr gewesen sein?“, fragte er.

„Sie ist tot.“

„Ich weiß, dass sie tot ist.“

„Sie war meine Freundin“, erklärte Linda. „Warum musste sie sterben?“

Archie Wingate blickte wieder nach vorn. Er musterte das glühende Ende seiner Zigarette. „Warum fragst du mich?“, wollte er wissen.

„Du hast sie gekannt. So gut wie mich. Du hattest Streit mit ihr, nicht wahr?“

„Hat sie das gesagt?“

„Nein, aber ich weiß es.“

„Warum hätte ich mich mit ihr streiten sollen?“

„Es ging um diesen Hillary, glaube ich.“

„Glaubst du. Ich frage, was du weißt, alles andere ist doch Quatsch“, knurrte Wingate.

„Du hast keinen Grund, böse zu werden. Aber es ist so schrecklich. Ich habe das Foto in den Zeitungen gesehen. Ich möchte ja nur hören, dass du nichts mit dieser schrecklichen Geschichte zu tun hast!“ Archie Wingate entzog sich dem streichelnden Finger und stand auf. Er lächelte. „Dummchen. Ich bin doch kein Killer.“

In Lindas Augen war ein seltsamer Ausdruck. „Jeder weiß, dass du dir einen leisten könntest – gleich ein Dutzend, wenn es sein müsste.“

„Ich habe nichts mit der Sache zu tun“, sagte Wingate. Er log überzeugend. Das war seine Stärke. Er hätte selbst dann nicht die reine Wahrheit sagen können, wenn es in seiner Absicht gelegen hätte. Die Lüge war ihm zur zweiten Natur geworden.

„Ich bin so froh, dass du das sagst“, hauchte Linda und öffnete ihm ihre Arme. „Komm!“

„Ich möchte, dass du mir einen Gefallen tust“, sagte Wingate.

„Gern. Welchen?“, fragte das Mädchen erwartungsvoll.

Archie Wingate klaubte sich einen Tabakkrümel von der Lippe. „Du ziehst ins Hotel. Palmer House, Monroe Street. Ich habe dort ein Zimmer für dich reservieren lassen. Dein Nachbar ist Araber, ein junger Mann namens Kemal Maffet. Sein Vater ist Ölminister. Kemal ist immens reich. Er ist nach Chicago gekommen, um hier zu studieren. Ich möchte, dass du mit ihm bekannt wirst.“

„Wie soll ich das anstellen?“

„Ich habe gehört, dass er auf Mädchen deines Typs steht – besonders dann, wenn ihr Blondhaar einen rötlichen Schimmer hat. Du bist nicht von gestern. Es wird dir gelingen, seine Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen. Ich will, dass du mit ihm intim wirst und ihn in den Klub bringst.“ Linda setzte sich auf, zog die Knie an und legte ihre Arme darum. Sie kannte den 'Klub'. Es war eine illegale Spielhölle für die oberen Zehntausend. Aus unerfindlichen Gründen war der Klub noch niemals in eine Razzia verwickelt worden. Wingate hatte es offenbar verstanden, die richtigen Leute zu schmieren.

Über den Klub wurde manches gemunkelt, vieles davon nur hinter vorgehaltener Hand. Linda war es ein Rätsel, dass reiche, respektierte Leute sich der Gefahr aussetzten, in dem Klub geneppt und betrogen zu werden. Der Ruch des Bösen schien für sie von magnetischer Wirkung zu sein, sie erlagen ihm mit naiver Freude. Entscheidend für die Anziehungskraft des Klubs, der sich 'Top Five' nannte, war sicherlich der Umstand, dass in ihm vornehmlich Gäste verkehrten, deren Jahreseinkommen die Millionengrenze überstieg.

Dass sich dazwischen auch ein paar Goldfische tummelten, die als Zierde und Köder dienten, Mädchen wie Cindy Bell und Linda Dorsey, hing mit dem Charakter des Etablissements zusammen.

„Ich mag keine Araber“, sagte Linda.

„Er ist nett, er wird dir gefallen.“

„Wäre es nicht einfacher, wenn du ihn einladen würdest?“, fragte Linda.

„Ich gehe den richtigen Weg, verlass dich darauf“, sagte Wingate und blickte auf seine Uhr. Linda kannte Wingate gut genug, um zu wissen, was die Geste bedeutete. Die Zeit des Kosens und Schmusens war vorbei, jetzt begann der Ernst des Lebens.

Sie stand auf und eilte ins Badezimmer.

Als sie sich von Wingate mit einem Kuss verabschiedete, prallte sie beim Verlassen des Penthouses um ein Haar mit einem Besucher zusammen.

„Pardon“, sagte Roberto.

Wingate hatte sich den Morgenmantel übergestreift, seine Füße steckten in ledernen Pantoffeln, deren Spitzen seine Initialen trugen.

„Sind Sie angemeldet?“, fragte er und machte eine unwirsche Handbewegung, die der stehen gebliebenen Linda bedeuten sollte, dass ihre Anwesenheit nicht länger erwünscht war.

„Nein“, sagte Roberto.

Linda ging.

Archie Wingate musterte den Besucher prüfend und fand, dass er das gewisse Etwas hatte. Wingate hielt sich auf seine Menschenkenntnis einiges zugute, sie hatte ihm geholfen, seine jetzige Position zu erobern.

„Worum geht’s?“, fragte Wingate.

„Um Cindy Bell.“

„Treten Sie näher“, sagte Wingate gelassen, machte kehrt und strebte durch die große Diele in das elegant möblierte Wohnzimmer.

Roberto schloss die Tür hinter sich und folgte Wingate. „Sind wir allein?“, fragte er beim Überqueren der Wohnzimmerschwelle.

„Ja, warum?“, fragte Wingate. Er zog den Gürtel seines seidenen, blaurot abgesetzten Morgenmantels straffer und ließ sich in einen Sessel fallen. Dann lachte er plötzlich. „Ich kenne meinen Ruf. Die meisten Leute vermuten bei mir Gorillas oder so was Ähnliches. Düstere Gestalten mit viel Muskeln und Kanonen. Ich kenne ein paar Leute, die mir, falls notwendig, Schützenhilfe leisten würden, aber in meinen eigenen vier Wänden hasse ich solche Typen, ihr Schweißgeruch verursacht mir Übelkeit. Wie heißen Sie, bitte?“

„Briggs“, sagte Roberto.

„Briggs, Briggs“, murmelte Wingate und legte die Stirn in Falten. „Klingt irgendwie vertraut. Muss ich den Namen kennen?“

„Sie kennen ihn. Durch Herb Greene“, sagte Roberto, der neben der Tür stehen geblieben war.

„Was wollen Sie von mir?“

„Die Antworten auf ein paar Fragen. Ich werde sie nicht gleich bekommen“, befürchtete Roberto, „aber früher oder später werde ich Sie dazu zwingen, mir das Gewünschte zu geben.“

„Sie riskieren eine ganze Menge, junger Mann“, sagte Wingate lächelnd.

Er fühlte sich keineswegs unbehaglich. Angst war ihm nahezu fremd. Er hatte seinen Weg vor allem deshalb gemacht, weil er sich jeder Herausforderung gestellt hatte und mit seinen Problemen auf diese oder jene Weise fertiggeworden war. Obwohl er keine Skrupel hatte und zur Brutalität neigte, war er durchaus imstande, vorsichtig zu handeln und vor einem Stärkeren auf Distanz zu gehen. Er suchte den Kampf nicht um jeden Preis, aber er ging ihm auch nicht aus dem Weg.

„Ich war dabei, als Cindy starb“, sagte Roberto. „Ich habe beschlossen, die Hintergründe des Mordes aufzuklären. Deshalb bin ich hier.“

„Sie sind Reporter?“

„Sagen wir: ein Wahrheitsfinder“, meinte Roberto.

„Sie waren mit dem Girl befreundet?“

„Nein. Das waren Sie.“

„Das ist lange her“, erklärte Wingate und zuckte mit den Schultern. „Sehen Sie mich an. Ich bin verheiratet, glücklich verheiratet, wie ich betonen möchte. Das hält mich nicht davon ab, den Reiz amouröser Abenteuer zu suchen. Ich habe eine Schwäche für schöne Mädchen. Eines davon ist Ihnen gerade über den Weg gelaufen. Linda Dorsey, ein Topmodell. Ich war auch mit Cindy intim, vor langer Zeit. Ich habe sie aus den Augen verloren. Ich hatte keinen Grund, ihr zu schaden – von Mord ganz zu schweigen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das zur Kenntnis nehmen würden!

„Wie ich hörte, haben Sie eine steile Karriere hinter sich“, sagte Roberto.

„Sie sind keineswegs einer Falschinformation zum Opfer gefallen“, spottete Wingate. „Ich bin mit mir zufrieden. Ich bin ein Junge aus den Slums, wissen Sie. Der einzige aus einer Straßenbande von zwanzig, der es zu etwas gebracht hat. Sie mögen darüber denken, wie Sie wollen, aber darauf bin ich stolz.“

„Ich finde Leistung imponierend – vorausgesetzt, dass sie auf persönlicher Tüchtigkeit, auf Fleiß und Ehrlichkeit beruht.“

„Ehrlichkeit! Jetzt muss ich lachen. In dieser Welt gibt es keine Ehrlichkeit. Oder sind Sie ehrlich? Ich wette, Sie treten unter falschem Namen auf und taktieren auch sonst so, wie es Ihnen nützlich erscheint. Ich verüble Ihnen das nicht. Ehrlichkeit ist Dummheit. Die Politiker exerzieren uns das ja vor. Wir wären verrückt, wenn wir daraus nicht unsere Lehren zögen.“

„Ich fürchte, Sie haben sich ein verdammt schiefes Weltbild zurechtgezimmert“, meinte Roberto. „Es mag in den Grundzügen stimmen, trotzdem ist es verkehrt. Sie sind wie ein Mann, der auf das Atmen verzichten möchte, weil es Mühe macht. Praktiken dieser Art haben Bumerangwirkung und enden tödlich. Es beginnt damit, dass man seinen Charakter versaut, und das ist der Anfang vom Ende.“

„Hören Sie, Briggs, ich bin nicht in der Stimmung, mir einen Wanderprediger anzuhören. Kommen Sie zur Sache, oder ich muss Sie bitten, zu gehen.“

„Wer bezahlte Rufus Maretti?“

„Ich höre den Namen zum ersten Mal.“

„Maretti hat Cindy erschossen.“

„Wenn das zutrifft, frage ich mich, warum Sie zu mir kommen und sich nicht an die Polizei wenden.“

„Ich bin noch am Recherchieren“, sagte Roberto.

„Ich halte Sie nicht davon zurück, bedaure Ihnen jedoch erklären zu müssen, dass Sie sich in der Adresse geirrt haben“, meinte Archie Wingate.

Er erhob sich und trat an die gläserne Schiebetür, die zum Dachgarten führte. Er hielt seine Rechte in den Strahlengang des Radarauges und sorgte auf diese Weise dafür, dass das schwere Kristallglas fast geräuschlos zur Seite glitt. Wingate betrat die Terrasse. Er atmete tief durch. „Ein herrlicher Tag“, sagte er. „Das Leben ist schön.“

„Nicht mehr für Cindy Bell“, meinte Roberto und folgte Wingate auf das Dach.

Um ein Blumenbeet waren kugelrund geschnittene Lorbeerbäumchen aufgestellt; in der Mitte des Beetes plätscherte ein Springbrunnen. Über die fast brusthohe Begrenzungsmauer hatte man einen fantastischen Blick über die Stadt. Ganz in der Nähe landete ein Helikopter auf dem Landeplatz eines Geschäftshauses.

„Sie könnte noch leben“, sagte Wingate.

„Aber sie ist tot.“

„Sie hat ein paar Fehler gemacht, nehme ich an. Fehler sind in dieser Stadt tödlich.“

„Ich werde Sie an Ihre Worte erinnern“, versprach Roberto.

Sein Blick glitt über die Dächer. Dann sprang er nach vorn, packte Wingate mit beiden Händen an der Schulter und riss ihn mit sich zu Boden.

Fast gleichzeitig wurde ein merkwürdiges Geräusch laut. Ein Projektil schrammte über die Ziegelmauer des Außenkamins und riss ein Stück Zementfüllung heraus. Die Kugel geriet ins Trudeln und zwitscherte als Querschläger durch die Luft.

Wingate lag flach auf dem Bauch. Er hob den Kopf, maßlose Verwunderung im Blick.

Es geschah nicht zum ersten Male, dass auf ihn geschossen wurde, aber seit dem letzten Anschlag waren Jahre verflossen. Niemand hatte es seither gewagt, den Schwiegersohn von Don Bruno anzugreifen. Wingate rang um Luft und Fassung. Er setzte sich auf.

„Das galt Ihnen“, sagte Roberto und wies auf den Kaminabzug. „Sehen Sie sich das Loch an. Dort befand sich Ihr Kopf. Auf gleicher Höhe mit ...“ Er unterbrach sich, weil Wingate in diesem Moment lachte. Das Lachen war laut, hässlich und sogar wütend.

„Ein hübscher Trick“, sagte er. „Sie geben jemand den Befehl, auf mich zu schießen. Ihr Helfer sollte mich nicht treffen, sondern erschrecken. Er sollte Ihnen die Gelegenheit verschaffen, sich als mein 'Lebensretter' zu bewähren. Was versprechen Sie sich von der Schmierenkomödie? Dass ich Ihnen jetzt aus der Hand fresse, oder dass ich vor Angst zu schlottern beginne?“

„Ich habe nicht versucht, Sie zum Luftholen auf dem Dach zu bewegen“, erinnerte Roberto den Penthousebesitzer. „Es war Ihre Idee, den Dachgarten zu betreten. Ich sah den Burschen mit dem Gewehr sofort, er stand neben dem Wasserreservoir auf dem gegenüberliegenden Haus. Hätte ich warten sollen, bis er Ihnen ein Loch zwischen die Augen pustet?“

Archie Wingates Gesicht war in Bewegung geraten und spiegelte die inneren Kämpfe, die er mit sich ausfocht, wider. Einerseits traute er dem Besucher nicht über den Weg, andererseits musste er einräumen, dass dessen Worte Hand und Fuß hatten.

Archie Wingate kam auf die Beine, wagte es jedoch nicht, sich voll aufzurichten. Gebückt hastete er im Schutz der Mauer zurück in das Wohnzimmer, dort holte er eine Flasche Whisky aus dem Schrank. Er füllte sich ein Glas. „Nehmen Sie auch einen?“, fragte er mürrisch.

Roberto war Wingate in den Raum gefolgt und schüttelte den Kopf. Er sah zu, wie Wingate trank und sein Glas nachfüllte.

Wingates Blick ging ins Leere. Sein Mund bildete einen verkniffenen Strich.

„Sie haben Feinde“, stellte Roberto fest.

Wingate schwieg.

Roberto durchquerte den Raum. „Nehmen Sie sich in Acht“, sagte Wingate.

Roberto blieb an der Tür stehen. Er lächelte. „Aber ja“, sagte er. „Ich weiß schließlich, mit wem ich es zu tun habe.“

„Dann richten Sie sich danach“, empfahl Wingate.

Ehrenwerte Killer: 3 Top Krimis

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