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Verkehrslenkende Maßnahmen – Pompeji als Blaupause für Rom?
ОглавлениеHerrschte in Rom Links- oder Rechtsverkehr? Selbst diese grundsätzliche Regel lässt sich aus dem vorhandenen Quellenmaterial nicht sicher rekonstruieren. Für den innerstädtischen Verkehr war das allerdings auch nicht von besonderer Bedeutung. Viele Straßen waren so eng, dass sie ohnehin nur in einer Richtung befahren werden konnten. In dieser Hinsicht lassen sich manche Erkenntnisse aus dem Verkehr in Pompeji auf die Hauptstadt übertragen: Dort waren Einbahnstraßen sowie Straßenbarrieren häufige Mittel der Verkehrslenkung. Hinzu kommt, dass Spurrillen die Fahrzeuge vielfach auf einen bestimmten Kurs festlegten. Jedem, der Pompeji besucht und diese teilweise tief ins Pflaster eingegrabenen Spurrillen wahrgenommen hat, ist klar, dass die Fahrzeuge kaum gegen den „Strom“ schwimmen konnten. Diese Lenkungswirkung war sicher beabsichtigt, sonst hätte man das Pflaster ausgebessert, sobald es zu starke Gebrauchsspuren aufwies.
In Pompeji kamen als Fahrbahn-„Markierungen“ auch noch die berühmten Fußgänger-Übergangssteine hinzu. Sie ermöglichten Passanten, die Straßenseite mit erhöhtem Gehkomfort zu wechseln und auch verschmutztes Pflaster mit Wasserpfützen zu meiden. Auf Fuhrleute wirkten diese steinernen „Zebrastreifen“ disziplinierend, wobei auf die Spurbreite der Wagen (zwischen 1,40 und 1,60 m) bei der Verlegung Rücksicht genommen wurde. Allerdings waren diese Übergangssteine ein pompejanischer Sonderweg, der nicht einmal im benachbarten Herculaneum beschritten wurde.65 Auch für Rom ist mit dieser Möglichkeit kaum zu rechnen; jedenfalls gibt es weder einschlägige literarische Quellen noch archäologische Spuren. Und es wäre auch schwerlich eine Lösung für Roms gravierende Verkehrsprobleme gewesen: Solche Steine hätten sich im besten Fall als zusätzliche Bremsklötze, im schlechtesten sogar als Stolperfallen erwiesen. Das musste nun wirklich nicht noch sein in einem Umfeld, dem Ray Laurence in vornehmer wissenschaftlicher Diktion ein limited investment in transport infrastructure bescheinigt.66
Gepflasterte Straße in Pompeji, mit Spurrillen von starkem Wagenverkehr. Die Trittsteine zum Überqueren der Straße waren eine Besonderheit von Pompeji.
Wie erklärt sich diese mangelhafte Verkehrs-Infrastruktur, die für einen Großteil der Bevölkerung mit einer massiven Einbuße an Lebensqualität verbunden war und die aufgrund der ständigen Hektik, des Tag und Nacht herrschenden Krachs und daraus resultierender Schlafstörungen negative Auswirkungen auf die Gesundheit vieler hatte? Die wesentliche Ursache ist eine Kombination aus Topographie und Bevölkerungsentwicklung. Schlicht ausgedrückt: Rom war für seine Lage einfach zu groß; es ballten sich zu viele Menschen auf einem vergleichsweise knappen Raum. Eine Million Einwohner auf der Fläche von wenigen Quadratkilometern war ein unerhörtes historisches Experiment, eine absolute Ausnahmesituation, die Bodenspekulation, Mietwucher und eine enge, nach oben ausweichende Bebauung zur Folge hatte.