Читать книгу Latein - da geht noch was! - Karl-Wilhelm Weeber - Страница 13
Bremsklotz auf dem Weg zum „trilingualen Europäer?“ – Ganz im Gegenteil!
ОглавлениеEin weiterer Aspekt, der für das Erlernen der lateinischen Sprache spricht, sind ihre Töchter. Latein hat Tochtersprachen hervorgebracht, die weltweit von rund 700 Millionen Menschen gesprochen werden – unter anderem in einem Erdteil, der bezeichnenderweise „Lateinamerika“ heißt. Es ist sicherlich kein ausreichender Grund, Latein wegen seiner Tochtersprachen zu betreiben, auch wenn deren Erlernen besonders in lexikalischer Hinsicht demjenigen leichter fällt, der Latein kann (S. 134ff.). Aber es ist, wenn man nach einer praktischen Nutzanwendung des Lateinischen fragt, durchaus ein nicht unwesentlicher Gesichtspunkt. Ebendas zeigt auch die Statistik: Lateinschüler wählen überdurchschnittlich viele zusätzliche moderne Fremdsprachen – sicher auch, weil Latein eine gute Grundlage für Französisch, Spanisch und Italienisch schafft.
Eines der übelsten Verleumdungs-„Argumente“ bei der Frage „Latein – ja oder nein?“ heißt: Latein steht dem Idealtypus des „trilingualen Europäers“ entgegen, der neben seiner Muttersprache zwei moderne europäische Sprachen beherrscht. Schaut man sich die einschlägigen Statistiken der Kultusministerien an, so ist das ein nur auf den ersten Blick einleuchtender, de facto aber widerlegbarer Anti-Latein-Einwand. Das Gegenteil ist nämlich der Fall: Wer Latein lernt, lernt durchschnittlich mehr andere moderne Fremdsprachen als der „Nichtlateiner“. Eben darunter leidet der Lateinunterricht auf der Oberstufe vielfach: Dass Schülerinnen und Schüler, die das Latinum in der Tasche haben, neugierig sind auf eine weitere in der Sekundarstufe II einsetzende Fremdsprache und zu deren Gunsten Latein abwählen. Für Lateiner bitter, aber im Sinne des „trilingualen Europäers“ zu begrüßen. Womit aus dem scheinbar so einleuchtenden Anti-Latein-Argument, wenn man bereit ist, einfach nur nüchterne Zahlen zur Kenntnis zu nehmen, ein veritables Pro-Latein-Argument wird. Was ja auch, Rom-freundlich und damit genderspezifisch verdächtig, wie wir Lateiner nun einmal sind, Sinn ergibt: Wer die Mutter kennt, erfährt schon eine ganze Menge über ihre Töchter …