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3.

DAS ROM
des Wasserreichtums

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Aquädukte und Thermen – noch heute gehören diese Großbauten zum Image der römischen Kultur, und das zu Recht. Rom verstand sich als High-Tech-Zivilisation; die monumentalen Wasserbauten waren der schlagende Beweis dafür, dass diese Selbsteinschätzung richtig war. Es gehört zu den großen Leistungen Roms, dass es seine Provinzen an diesen Segnungen hat teilhaben lassen. Rom hat das Know-how auch den unterworfenen Völkern im Imperium Romanum zur Verfügung gestellt – den überaus präzisen Bau von Aquädukten mit einem Minimalgefälle über weite Strecken und die Technik, wie man zwei widerstreitende Elemente – Wasser und Feuer – in den Thermen beherrschte und miteinander versöhnte. Selbstverständlich war dieser Technologietransfer auch Teil einer Machtsicherungsstrategie. Gleichwohl haben die Römer damit dokumentiert, dass sie auch zu teilen und abzugeben verstanden.

Allerdings profitierte die Hauptstadt selbst am meisten von solchen grandiosen Wasserbauprojekten, für die sich die Römer, darin von den griechischen Beobachtern (fast) neidlos unterstützt, selbst auf die Schulter klopften. Aquädukte zählte nicht nur der Ältere Plinius zu den „Wundern“, die, weil sie zugleich nützlich waren, „nutzlose“ Großbauten wie die Pyramiden weit in den Schatten stellten.

Die erste große Wasserleitung war die legendäre Aqua Appia. Sie wurde bereits im Jahr 312 v. Chr. gebaut. Weitere zehn Aquädukte folgten in den nächsten Jahrhunderten. Auch wenn sie nur auf eher kurzen Bogenbrücken geführt wurden – über viel größere Strecken verliefen sie unterirdisch –, prägten diese gewaltigen Arkaden das Bild – teilweise auch bis ins Zentrum Roms hinein.

Dazu kamen Hunderte von Laufbrunnen und Schöpfbecken, die, vielfach mit Kunstwerken geschmückt, die programmatische Einheit von utilitas, „Nutzen“, und cultus, „Prunk“, verkörperten: Das Wasserholen wurde so in ein stilvolles Ambiente verlegt und zu einem kulturellen Akt nobilitiert. Nur Angehörige der Oberschicht kamen in den Genuss eines direkten Hausanschlusses für Wasser – ein kaiserliches Privileg, das stets ein Privileg blieb. Aber die vielen anderen hatten keinen besonders weiten Weg zurückzulegen, um sich mit Wasser einzudecken, mit sauberem Trinkwasser wohlgemerkt, dessen Qualität durch strenge Hygienevorschriften sichergestellt war. Wasser war so eine der wenigen unentgeltlichen Sozialleistungen für die Bevölkerung Roms. Spätestens seit Agrippa, dem Schwiegersohn des Augustus, der als Wassermanager und -sponsor Maßstäbe gesetzt hatte, war die Trinkwasserversorgung der Metropole eine staatliche Aufgabe, der sich die Kaiser nicht entziehen konnten. Dazu gehörte auch das Programm der abundantia aquae: Wasser sollte stets im Überfluss da sein, und es sollte Tag und Nacht fließen.

Einer der Nachfolger Agrippas, der curator aquarum Frontin, hat rund hundert Jahre später ein Fachbuch über die Wasserversorgung Roms veröffentlicht, das unter anderem detaillierte Angaben zu Kapazitäten und Verteilungsquoten enthält. Rechnet man die Maximalkapazitäten aller Aquädukte zusammen, so kommt man auf rund 1000 Liter Wasser, die Tag für Tag jedem Bewohner der Stadt zur Verfügung standen. Freilich setzt das voraus, dass keine Wasserleitung defekt war. Ebendas aber kam häufig vor; die Aquädukte waren ausgesprochen reparaturanfällig. Das zeigen etliche einschlägige Inschriften, die den Kaisern auch die Möglichkeit gaben, sich als verlässliche „Väter“ des Wasserüberflusses zu profilieren. Selbst wenn man mit einem täglichen Wasserdargebot von nur 400 oder 500 Liter pro Person pro Tag rechnet, ist das ein Wert, den Rom erst wieder in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erreicht hat.

Ein großer Teil des in Rom ankommenden Wassers wurde für die Thermen gebraucht; manche Wasserleitung – auch die berühmte „jungfräuliche“ – diente sogar vorrangig dazu, Thermen zu beliefern. Auch die Thermenpaläste Roms gehörten zu den repräsentativen öffentlichen Bauten, die wesentlich zum Stolz auch der kleinen Leute auf ihre Stadt beitrugen. Mochten die meisten in stickigen, engen Wohnungen leben – die riesigen Badetempel boten Tausenden von Römern gleichzeitig die Gelegenheit, für ein paar Stunden in die glamouröse Welt des öffentlichen Luxus einzutauchen.

Baden gehörte zum römischen way of life, war Teil urbaner Lebensqualität. Dass die Thermen sich zu klassenlosen Stätten der Gleichheit oder gar der Demokratie entwickelt hätten, weil sich ab und zu auch ein Senator oder sogar ein Kaiser darin blicken ließ, ist ein moderner Mythos. In aller Regel badeten die Angehörigen der Oberschicht in ihren privaten Thermen daheim. Im 1. Jahrhundert n. Chr. lag die Zahl der stadtrömischen Thermen bei drei; bis zum 4. Jahrhundert zog sie mit der der Hügel Roms gleich: sieben. Dabei nahm ihre Größe stetig zu. Mit den Diokletians-Thermen wurde im Jahr 305/6 die größte Thermenanlage des antiken Rom eingeweiht: thermae felices, „segensreiche Thermen“, die sich auf einem Areal von 13 Hektar ausdehnten. Man schätzt, dass alle sieben Badepaläste zusammen an die 12.000 Gäste aufnehmen konnten. Nicht alle blieben den ganzen Tag, so dass realistischerweise 20–25.000 Menschen pro Tag in die Wellness-Tempel strömen konnten, die außer dem „Namensgeber“ des warmen Wassers auch sportliche und kulturelle Angebote bereithielten.

Das antike Rom

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