Читать книгу KOMMISSAR LAVALLE UND DER SEINEMÖRDER - Karla Weigand - Страница 6
5. Juni 1789
ОглавлениеGleich nach Dienstschluss machte Armand Lavalle sich auf den Weg zur Wohnung seiner Liebsten, die mit ihrem jüngeren Bruder Luc und Großmutter Céléstine – wie die meisten Pariser – in höchst beengten Wohnverhältnissen lebte.
Die engen Gassen der Altstadt waren voller Müßiggänger; statt ihnen höflich auszuweichen, drängte sich der Kommissar energisch durch die Menge, schubste wohl auch hin und wieder einen, der gar nicht weichen wollte. Wenn man ihm hinterher fluchte, war es ihm auch egal, er hatte es furchtbar eilig.
Weshalb eigentlich, fragte er sich plötzlich. Er wusste doch, dass die Blumenfrauen um diese Zeit – es war sechs Uhr abends – bereits brav zu Hause waren, um das Abendessen für sich und Luc zuzubereiten. Keine der beiden verließ mehr die Wohnung nach sieben Uhr. Es war nicht ratsam für anständige weibliche Passanten, sich abends ohne männlichen Begleiter auf der Straße zu zeigen. Übles Gesindel schoss Tag für Tag wie giftige Pilze oder Unkraut aus dem Boden.
Lavalle hatte nach dem enttäuschenden Gespräch mit seinem obersten Vorgesetzten einfach das starke Bedürfnis, sich Ginettes Zuneigung zu versichern – auch wenn es wieder nichts war mit Beförderung und mehr Gehalt und daher ihre Hochzeit noch warten musste.
Im Sturmschritt erklomm er bis zur vierten Etage die halbmarode Stiege, die er samt ihren gefährlichen Eigenheiten genauestens kannte. Er wusste über jede wacklige Stufe Bescheid und sogar die Stelle, an der – kurz vor dem dritten Absatz – eine einzelne Treppenstufe fehlte, hätte er sogar im Schlaf überspringen können.
Jedes Mal wenn Lavalle die Lücke passierte, erinnerte er sich daran, dass er Ginette längst versprochen hatte, dem Hauseigentümer Beine zu machen, dass er den Schaden endlich beheben ließ. Es bestand immerhin die Gefahr, dass irgendwann jemand durch das Loch bis ins darunter liegende Stockwerk plumpste. Aber immer kam ihm irgendetwas anderes dazwischen …
Als er die Tür aus dünnen Bohlen aufdrückte – der Riegel war nicht vorgelegt und das Schloss ohnehin ein Witz – stand er mitten in der Wohnstube, weil es keinen Flur gab. Beide Frauen blickten gleichzeitig auf.
»Ach, Ihr seid es bloß«, murmelte Céléstine, während Ginette vom Tisch, an dem sie gerade Brot aufschnitt, aufsprang und ihm entgegenlief.
»Chéri, wie schön, dass du heute kommst! Hätte ich es gewusst, hätten wir mehr Suppe gekocht! Aber ich denke, es wird trotzdem für alle reichen!«
Sie umarmte Armand stürmisch und küsste ihn zärtlich auf beide Wangen. Ihre großen grünbraunen Augen, die ihn von jeher fasziniert hatten, strahlten ihn an. Er sah das als Einladung zu einem »richtigen« Kuss, aber verschämt drehte Ginette ihren Lockenkopf zur Seite.
»Lasst euch bloß nicht stören, ihr Turteltäubchen«, grummelte die Großmutter, die seit fünfzig Jahren Blumen auf dem Pariser »Marché aux Fleurs« verkaufte. Wobei allerdings ihre wohlwollende Miene ihre Brummigkeit Lügen strafte.
Als Lavalle seine Liebste endlich freigab, entschuldigte sich die Alte bei ihm: »Ihr dürft mir die wenig freundliche Begrüßung von vorhin nicht übel nehmen, Monsieur le Commissaire; aber wir haben am heutigen Abend nicht mit Euch gerechnet. Außerdem warten wir auf Luc. Der Bengel ist seit einer geschlagenen Stunde überfällig. Weiß der Himmel, wo er sich andauernd herumtreibt!«
»Es ist ja noch lange hell draußen«, versuchte Armand Grand-mère Céléstine zu besänftigen. »Der Hunger wird ihn schon nach Hause treiben!«
»Genau das ist es ja, was mich so verärgert«, gab ihm die alte Frau zur Antwort. »Er geruht zu erscheinen, wenn ihm danach ist und nicht, weil er meinen Anordnungen gehorcht. Ich habe schließlich die Verantwortung für ihn. Zudem hört man doch immer wieder von grässlichen Verbrechen an jungen Burschen, die aus der Seine gefischt werden und die keiner mehr erkennt, weil sie so schrecklich zugerichtet sind. Wäre an der Zeit, wenn die Polizei den Mörder endlich schnappen würde!«
Der letzte Satz stocherte in der ohnehin schwärenden Wunde Lavalles. Er überhörte die Anklage und ging lieber auf das geschätzte Alter der bedauernswerten Opfer ein.
»Bisher handelte es sich nicht um Knaben, die der Seinemörder auf dem Gewissen hat, Madame Madrier, sondern stets um junge Männer von Anfang bis Mitte zwanzig.«
»So? Ist das so?«, erkundigte sich Céléstine. »Na ja, mag ja sein! Aber wirklich beruhigen kann mich das auch nicht. Ich vertrete an Luc immerhin Mutterstelle. Und wer schwört mir, dass der Mörder seinen Geschmack nicht ändern könnte?«
Darauf antwortete der Kommissar lieber nicht.
Ginettes und Lucs Eltern waren vor über zehn Jahren kurz hintereinander gestorben und die Großmutter hatte die Kinder ihres Sohnes daraufhin bei sich aufgenommen.
»Was will Luc eigentlich einmal werden?«, erkundigte sich Lavalle, um die alte Frau abzulenken. Aber dieses Thema brachte sie erst recht auf.
»Nichts! Das ist ja das Schlimme! An allem hat er etwas auszusetzen. Gerade so, als gäbe es genügend Arbeitsplätze! Luc wird uns noch lange auf der Tasche liegen, fürchte ich.«
Lavalle versprach, mit dem Jungen ernsthaft über seine Berufswahl zu sprechen. Es durfte nicht sein, dass der Bruder seiner fleißigen Ginette zu einem Tagedieb heranwuchs. Er wusste auch schon, was er ihm vorschlagen wollte.
Kurz darauf traf Luc endlich zu Hause ein. Als Entschuldigung für seine Verspätung führte er an, sich mit Freunden herumgetrieben und ganz auf die Zeit vergessen zu haben.
»Tut mir leid, Grand-maman. Wird nicht wieder vorkommen! Ich versprech’s!«
Lavalle fiel auf, wie charmant der ziemlich hübsche und älter aussehende, gerademal vierzehnjährige Junge war, der seiner Schwester sehr ähnlich sah; und wie gut er es verstand, seine Großmutter um den Finger zu wickeln. Luc war groß für sein Alter und ziemlich kräftig gebaut. Man konnte ihn gut und gerne für sechzehn oder siebzehn halten.
Das nach dem Abendbrot stattfindende »Gespräch unter Männern« – Armand nahm sich den Knaben im Nebenzimmer vor – brachte nicht sofort das vom Kommissar erhoffte Resultat.
Nein, Polizist wolle er nicht werden. »Ich hätte viel zu viel Schiss vor den Verbrechern«, gestand Luc freimütig.
»Du warst ein recht guter Schüler. Das weiß ich von deiner Schwester. Du kannst flüssig lesen, leserlich schreiben und gut rechnen, habe ich gehört. Wie wäre es mit einer Anstellung als Lehrling in einem Büro, einer Anwaltskanzlei oder einem Notariat?
Du könntest nebenher noch eine Schule besuchen, in der Recht und Gesetz gelehrt werden; mit einem guten Abschluss bekämest du bestimmt eine krisensichere Anstellung. Anwalts- und Notargehilfen werden immer gebraucht!«, versuchte Lavalle ihm den Beruf eines juristischen Mitarbeiters oder Sekretärs schmackhaft zu machen.
Aber dafür war Luc noch weniger zu begeistern.
»Ich bin kein Stubenhocker«, behauptete er. »Den ganzen Tag in einem Büro? Nix für mich!«
Seine Selbstgefälligkeit irritierte Lavalle.
»Nun, soviel ich weiß, bist du künstlerisch nicht unbedingt begabt, aber wie wäre es mit einer Ausbildung als Handwerker? Gute Maurer oder Zimmerleute sind gesucht, selbst wenn alle Aristokraten das Land verlassen würden. Dann baust du eben keine Paläste oder Schlösser, sondern Villen für das vermögende Bürgertum, das seinen Reichtum auch zeigen will!«
Dazu aber hatte Luc Madrier ebenso wenig Lust.
»Steine schleppen, auf Baugerüsten herumklettern soll ich?« Nein, das mochte er bestimmt nicht.
Allmählich wurde es Lavalle zu bunt.
»Aber du erwartest wohl nicht ernsthaft, dass deine Großmutter dich ihr Leben lang durchfüttert, oder?«, fragte er mit schärferer Stimme als beabsichtigt.
»Ginette ist ja auch noch da«, meinte der Junge lässig. Der Kommissar musste kräftig schlucken. Es lag ihm auf der Zunge zu sagen: »Sobald ich dein Schwager bin, streckst du deine Beine nicht mehr unter meinen Tisch, solange du so ein Faulenzer bist!«
Aber das Thema »Heirat« war heikel und er hielt lieber den Mund. Gerade heute, nach der Abfuhr, die ihm »Le Président« erteilt hatte, wollte er es lieber nicht zur Sprache bringen.
»Vielleicht solltest du dich als Page bei unserem König bewerben!«, schlug er stattdessen vor.
Es war nur so dahingesagt, aber Luc sprang sofort darauf an.
»He! Das wär’s! Ich in Versailles! Beim König! Das werde ich probieren!«
Lavalle schätzte Lucs Chancen zwar eher gering ein, aber er hielt sich mit Bedenken zurück; zumal Ginettes Bruder regelrecht begeistert war und etwas von einem Freund erzählte, der wiederum einen Bekannten habe, dessen Vetter angeblich eine Anstellung in Versailles gefunden habe.
»Den will ich fragen, was ich tun muss, damit sie mich nehmen!«
Der Kommissar blieb skeptisch; beglückwünschte aber den Jungen zu seinem Entschluss. »Deine Großmutter und deine Schwester wären sehr erleichtert, falls du Arbeit fändest – und dann noch eine, die dir zusagt!«
Luc versprach, gleich am nächsten Tag entsprechende Schritte zu unternehmen.
Da es Lavalle an diesem Abend nicht vergönnt war, mit seiner Liebsten allein ein paar Worte zu wechseln, verschwieg er ihr auch die traurige Mitteilung, dass er nicht auf eine Beförderung und damit auf eine Gehaltsaufbesserung rechnen konnte.
›Vielleicht ist es besser so‹, dachte er. ›Dann müssen wir auch nicht über unsere bis auf Weiteres aufgeschobene Hochzeit sprechen!‹
Er fühlte sich irgendwie erleichtert – und schämte sich deswegen.
Kurz nach dem Gespräch mit Luc verabschiedete sich der Kommissar und suchte seine eigene Wohnung auf.
Je kritischer in Frankreich die Situation für die Monarchie wurde, desto stärker war Ludwig XVI. darauf bedacht, die grandiose alte Zeit des Königtums neu zu beleben. Seine Majestät versuchte, die glanzvollen Erinnerungen an die Zeiten seines großen Vorfahren, des Sonnenkönigs, wachzurufen.
Er veranstaltete in Versailles nicht nur die berühmten Bälle, Festbankette, Empfänge und Theateraufführungen, die seine Vorgänger, Ludwig XIV. und Ludwig XV., so pompös zu zelebrieren pflegten, er ließ ferner die Tradition der »Schauessen« erneut aufleben.
Monsieur Alfonse, Comte de Montmorency, seines Zeichens »Grand Maître de la Maison du Roi« – Haushofmeister des Königs – war gehalten, sein Bestes zu geben, um die verblichenen königlichen Vorfahren detailgetreu in ihrer Prunkentfaltung nachzuahmen.
Dass diese Inszenierungen zu Zeiten, in denen große Teile des Volkes am Hungertuch nagten, höchst geschmacklos, ja, auf viele geradezu skandalös wirkten, bedachte der Monarch nicht – und wenn, war es ihm vermutlich gleichgültig. Ihm halfen sie jedenfalls dabei, die Gefahren, die seinen ererbten Thron und seinen königlichen Machtanspruch zunehmend bedrohten, wenigstens in seinen Gedanken für eine Weile auszublenden.
Monsieur Alfonse war oberster Dienstherr sämtlicher Angestellter am französischen Hof. Als solcher herrschte er unumschränkt über ein riesiges Heer von Domestiken. Als sichtbares Zeichen seines Amtes trug er stets einen mit Brillanten besetzten Stab in der Hand, den er wie ein Zepter majestätisch schwang, sooft er sich durch die Flure des Palastes bewegte.
Die Diener im königlichen Schloss lebten in großer Angst vor dem großen, schweren, ungefähr fünfzig Jahre alten Grafen. Zu Lob ließ er sich nur höchst selten hinreißen; erachtete er es doch als selbstverständlich, dass jeder Beschäftigte bei Hofe gewissenhaft seinen Aufgaben nachkam.
Umso häufiger tadelte er die Angestellten aufs Schärfste. Seinem kritischen Blick entging auch nicht der kleinste Regelverstoß. Abmahnungen sprach er im Allgemeinen nur ein einziges Mal aus; bei Wiederholung einer Verfehlung erfolgte der gnadenlose Rauswurf.
Manchmal, wenn ihn jemand besonders verdross – oder auch bloß, wenn er schlecht geschlafen hatte – entließ der Grand Maître den Betreffenden bereits nach dem ersten Fauxpas. Da die Palastangestellten bei keiner höheren Instanz protestieren konnten, verbreitete die bloße Anwesenheit des Haushofmeisters Furcht und Schrecken bei allen am Hofe Tätigen.
Sogar die Älteren der Dienerschaft befleißigten sich ihm gegenüber einer geradezu absurd devoten Unterwürfigkeit; entschied der Comte de Montmorency doch über die Schicksale ganzer Sippen. Eine Entlassung bedeutete für die meisten, die häufig aus dem nicht gerade vermögenden, aber häufig total verschuldeten Kleinadel stammten, nicht nur eine persönliche, sondern auch eine familiäre Katastrophe …
Der Grand Maître als ranghöchster Angestellter des Hofes, trug die Verantwortung dafür, dass alles reibungslos ablief; vor allem besagte Schauessen vor recht gemischtem Publikum, die der König nun wieder regelmäßig in Versailles abhielt, um seine Macht augenfällig zu demonstrieren.
Eine Macht, die Tag für Tag für jeden auch in Kleinigkeiten ersichtlich, im Schwinden begriffen war. Die Szenerie bedurfte genauester Planung und sorgfältigster Überwachung.
Während an vier Tagen der Woche alles »in geregelten Bahnen« ablief, stellte sich jeden Montag, Donnerstag und Sonnabend das glänzende Organisationstalent des Haushofmeisters in besonderer Weise aufs Neue der Kritik.
Der Monarch und seine Gemahlin saßen in prächtig bestickten und mit Gold und Silber verbrämten Seidengewändern, aufgeputzten Marionetten ähnlich, schweigend an der mit Blumengestecken, Goldgeschirr, geblümtem Porzellan und kristallenen Weinkelchen überladenen Tafel.
Um die beiden nicht vor den zahlreich im Speisesaal des Schlosses von Versailles vorüberdefilierenden Gaffern zu blamieren, musste der Grand Maître augenfällig unter Beweis stellen, wie hervorragend er seine Untergebenen im Griff hatte. Jede Bewegung eines Bediensteten bei diesen zeremoniellen Mahlzeiten ähnelte einer sorgfältig einstudierten Choreografie.
Des Grafen ganz spezielles Augenmerk galt an diesen Tagen der so genannten »Kredenz«, einem siebenstufigen, hölzernen Aufbau, umhüllt von blütenweißem Leinen, direkt hinter der Tafel.
Sie war der Blickfang schlechthin: Hier konnte der König dem ehrfürchtig staunenden Publikum, das sich in Dreierreihen –, wenn auch in gebührender Entfernung –, an der Prunktafel vorüber schob, die enormen Reichtümer der Bourbonen präsentieren.
Ob das derzeit so klug war, überlegte Seine Majestät offenbar nicht …
Ludwig schien zu glauben, seine Untertanen durch Protz und Pomp beeindrucken zu können, sodass jeder Widerstand gegen ihn und die Monarchie von selbst zum Erliegen käme.
Auf der obersten Etage der Kredenz thronten die großen schweren und prunkvoll verzierten, aus Silber und Gold getriebenen Pokale und die kunstvoll ziselierten Weinkannen. Sie dienten lediglich als Dekor, für den Gebrauch waren sie viel zu unhandlich. Das galt auch für die meisten der Schalen, Schüsseln und Platten und für die in Silber getriebenen Becken für die Säuberung der Hände.
Auf den beiden vorletzten Stufen des Möbels pflegten die Köche und Küchenjungen das Geschirr zu platzieren, das tatsächlich benutzt wurde: die riesigen Silberplatten mit den diversen Braten, die Schüsseln mit dem Gemüse und die Terrinen für Suppe und Saucen.
Das wichtigste Prunkstück wurde allerdings für gewöhnlich auf der untersten Étagère der Kredenz deponiert: Ein kunstvoll ausgeführtes und verziertes Segelschiff aus massivem Silber. Es enthielt das persönliche Besteck Ludwigs XVI., sowie seinen goldenen Trinkbecher, das goldene Salzfass und das seidene Mundtuch des Monarchen.
Mit diesem Schiff betrieb der Grand Maître einen geradezu lächerlichen Kult: Haargenau mittig hatte es auf der untersten Stufe zu stehen; der Graf duldete auch nicht die winzigste Abweichung nach links oder rechts. Sobald es der betreffende Küchenjunge an die richtige Stelle gesetzt hatte, stellte Monsieur Alfonse sich breitbeinig vor die Kredenz und beäugte die Komposition aufs Genaueste. Dabei pflegte er alternierend jeweils ein Auge zuzudrücken. Das tat er etwa ein Dutzend Mal, dabei dem bedauernswerten Burschen ständig Anweisungen zuzischend, die dieser unermüdlich ausführte.
Alle Gegenstände musste der Ärmste so lange verrücken, bis sie millimetergenau an Ort und Stelle standen, und das Gesamtarrangement dem schon zwanghaft anmutenden Symmetrieempfinden des Grand Maître genügte.
Endlich war es geschafft! Der an diesem Tag damit befasste Küchenjunge André de Junot, ein dunkelhaariges mageres Bürschchen aus dem Süden Frankreichs, wagte ein schüchternes Lächeln. Ob der strenge Haushofmeister ihm heute vielleicht ein kleines Lob aussprach? Immerhin hatten die Schüsseln, Kannen und Platten ein enormes Gewicht, von dem Segelschiff ganz zu schweigen …
»Komm nachher in den Silberputzraum, André. Ich werde dir Anweisungen geben, welche Teile des Silberbestecks zu polieren sind und wie du damit umgehen musst«, murmelte Monsieur Alfonse. Sein Gesicht blieb dabei ganz unbewegt. Nur am Glitzern seiner graublauen Augen erkannten die erfahrenen Domestiken, dass der Grand Maître wieder einmal Feuer gefangen hatte …