Читать книгу Paradies und Wiedergeburt - Karlheinz Benninger - Страница 10
ОглавлениеKapitel 3
Was bedeutet »Christus?«
Wenn wir den Evangelien glauben, jedenfalls etwas völlig anderes als das, was die Kirchen lehren.
Christus ist nicht identisch mit Jesus, weder ein Synonym von ihm noch sein Beiname, wie die Namensnennung Jesus Christus nahelegen möchte. Die Bezeichnung Christus ist auch nicht auf Jesus beschränkt.
Christus heißt wörtlich: der Gesalbte. Dieser Titel ist nicht neu. Im ersten Buch Samuel salbt Samuel Saul zum König: Da nahm Samuel den Krug mit Öl und goss es auf sein Haupt und küsste ihn und sprach: Siehe, der HERR hat dich zum Fürsten über sein Erbteil gesalbt (1 Sam 10, 1; Luther 84). Diese Salbung hatte lange Vorbilder in Ägypten. Dort übertrug der Pharao einem seiner Vertrauensmänner durch Salbung die Generalvollmacht.
Paulus bevorzugt in seinen Lehrbriefen anstelle von »Jesus der Christus« die umgekehrte Wortordnung, nämlich »Christus Jesus« und damit meint er: »Christus als Jesus«, also der ewige, geistige Christus, wie er in der historischen Gestalt von Jesus aus Nazareth körperlich erfahren werden konnte (1 Joh 1, 1). Dieser Christus ist ja älter als Johannes der Täufer (Joh 1, 30), älter als Abraham (Joh 8, 58), er war vielmehr gegenwärtig ehe die Welt war (Joh 17, 5 und 24). Jesus, geboren aus einer Frau (Gal 4, 4), hat in den ersten drei Jahrzehnten seines Lebens die Vollendung dieses Christus erreicht, er hat ihn verwirklicht und ihn als die wahre und einzige Identität des Menschen anerkannt.
Über diesen Christus, der ewiges LEBEN bedeutet und der in der Gestalt des historischen Jesus sichtbar und greifbar war, weil er ihn vorbildhaft verwirklicht hat, schreibt der erste Johannesbrief: Was von Anfang an da war, was wir gehört, was wir mit unseren eigenen Augen gesehen, was wir betrachtet und was unsere Hände berührt haben vom LOGOS des LEBENS12 - das LEBEN ist offenbart worden, wir haben es gesehen, wir bezeugen es und verkünden euch das ewige LEBEN, das beim Vater war und uns offenbart worden ist (1 Joh 1, 1 f).
Christus heißt auf Deutsch »der Gesalbte«, er ist der Sohn oder der in „dieser Welt“ zum Ausdruck gebrachte lebendige Vater Log 50). Christus, das »Bild und Gleichnis GOTTES«, ist die Ausstrahlung seiner Herrlichkeit und der Ausdruck seines Wesens (Hebr 1, 3); denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig (Kol 2, 9).
GOTT der Vater hat aber nicht zweierlei Kinder, ein unsterbliches und die sterblichen, sondern für ihn sind alle am LEBEN (Lk 20, 38). Darum fährt der Johannesbrief fort: Und ihr habt die Salbung von dem Heiligen und wisst es alle. … Und die Salbung, die ihr von ihm empfangen habt, die bleibt in euch (1 Joh 2, 20 und 27).
Im dritten Kapitel versichert Johannes noch einmal: Seht doch, was für eine Liebe uns der Vater erwiesen hat: Wir wurden »Kinder GOTTES« genannt, und wir sind es auch. Deswegen erkennt uns die Welt nicht an. Sie hat ja ihn nicht verstanden. Meine Lieben, schon jetzt sind wir Kinder GOTTES. Und doch hat sich das, was wir sein werden, noch nicht voll entfaltet. So viel jedoch wissen wir: Wenn unsere Identität zu Tage getreten ist, werden wir ihm qualitativ gleich sein, und wir werden ihn so sehen, wie er ist. Und jeder, der diese Aussichten hat, zu ihm zu gelangen, der macht sich genau so heilig, so wie GOTT heilig ist (1 Joh 3, 1-3). Auch Paulus bekräftigt dies in seinem Brief an die Galater (Gal 3, 26 f). Zum Christus geworden bewies dies Jesus durch seine Wundertaten13 und verhieß seinen Nachfolgern: Wer an mich glaubt, der wird die Taten, die ich vollbringe, auch vollbringen, ja er wird noch größere vollbringen als sie, weil ich unterwegs zum Vater bin. Und alles, um was ihr den Vater bitten werdet in meinem Namen, das wird er tun, damit der Vater in seinem Sohn zum Ausdruck gebracht wird. (Joh 14, 12 f). In den Evangelien fordert Jesus immer wieder dazu auf, ihm auf seinem Christus-Weg nachzufolgen14. Paulus bekennt sich dazu, diesem Ziele nachzujagen (z.B. Phil 3, 12). Der große christliche Lehrer Origenes15 verkündete noch, dass es schon viele Christusse gegeben habe und noch geben werde, und er wurde auch dafür von der Kirche zum Ketzer erklärt.
Dein Reich komme!
Christus, die Ausstrahlung des ewigen Lichtes, ist schon ewig da, zeitlos wie der anfanglose GOTT16. Er ist der Mittler17, d.h. der Übersetzer, der GOTT, der in unzugänglichem Licht wohnt (1 Tim 6, 16), bei uns, die wir noch in „dieser Welt“ sind, zum Erstrahlen bringt und sein Wirken sichtbar werden lässt. Wie das für unsere Augen unsichtbare weiße Licht erst durch die Farben des Regenbogens sichtbar in Erscheinung tritt, so wird das Wirken GOTTES auf unserer Bewusstseinsebene erst durch den Christus erfahren. Jesus, zum Christus geworden, sagt von sich:
Mein Vater ist am Wirken bis zum heutigen Tag,
und ich wirke auch. …
Was immer jener tut,
das tut der Sohn in gleicher Weise. Joh 5, 17 und 19
Wenn ich in GEIST, GOTT,
die dämonischen Mächte austreibe,
dann ist doch das Reich GOTTES
schon bei euch da. Mt 12, 28
Der »Sohn GOTTES« das sind wir, die wir die Botschaft hören, daran glauben (Lk 11, 28) und außer dem Christus nichts als unsere Identität gelten lassen. Wir leiten unseren Ursprung von GOTT her, der sich im Licht offenbart: Wir sind aus dem Licht gekommen, wir sind seine Söhne und wir sind die Auserwählten des lebendigen Vaters (aus: Log 50).
Das Johannes-Evangelium lässt Jesus zu seinen Schülern sagen:
Es ist wirklich wahr: Wenn ihr den Vater
um etwas bitten werdet, wird er es euch geben
in meinem Namen.
Bisher habt ihr um nichts gebeten
in meinem Namen.
Bittet, und ihr werdet es bekommen,
damit eure Freude vollkommen ist. Joh 16, 23 f
Was heißt das, in meinem Namen, das hier nachdrücklich betont wird?
Dieser Name ist »Christus«. Christus ist der »Mensch«, der am sechsten Schöpfungstag geschaffen wird, er ist das »Abbild und Gleichnis GOTTES«, der »Sohn«, der die gleichen Gene hat wie der Vater. GOTT hat nur diesen Menschen allein geschaffen, einen anderen gibt es nicht. Wenn Jesus im Johannes-Evangelium von seinem »Ich« spricht, meint er damit immer den Christus, den er als seine einzige Identität für sich gelten lässt.
Wie Jesus dürfen auch wir den Christus für uns in Anspruch nehmen und in diesem Namen mit unserer Bitte vor GOTT kommen: Dies ist die Freimütigkeit, die wir ihm gegenüber haben: Wenn wir um etwas bitten, was seinem Willen entspricht, dann hört er uns. Und wenn wir wissen, dass er hört, worum wir auch bitten, wissen wir, dass wir das Erbetene haben, um das wir ihn gebeten haben (1 Joh 5, 14 f). Darum sage ich euch: Alles was ihr betet und bittet, glaubt, dass ihr es empfangen habt, so wird es euch zuteil werden (Mk 11, 24). Durch die Allgegenwart des Reiches GOTTES ist ja alles bereits da, uns müssen nur die Augen dafür aufgehen, wie es im Johannes-Evangelium (4, 35 f) heißt. Es gibt nur GOTT und seine vollkommene Offenbarwerdung – alles andere ist vergängliche Illusion, ein Weltbild, das sich selbst zerstört.
Vater, die Zeit ist gekommen:
Lass deinen Sohn offenbar werden,
damit du durch deinen Sohn offenbar wirst.
Joh 17, 1
12 Vgl. Joh 1, 4
13 Vgl. Zeichen und Wunder, in: Benninger, Befreit 202 ff
14 Mt 4, 19; Mt 19, 21; Mk 2, 14; Lk 9, 59; Joh 1, 43 u.a.O.
15 Vgl. Exkurs Origenes
16 Hebr 13, 8
17 Gal 3, 19; 1 Tim 2, 5; Hebr 8, 6. 9, 15. 12, 24