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Kapitel 1

Und GOTT sprach: Es werde Licht!

Und es ward Licht.

1 Mos 1, 3

Alles, was zu Tage kommt, ist Licht.

Eph 5,13

Was ist eine Idee?

Es wird eine klare Definition nötig sein für das, was wir unter »Idee« verstehen und was nicht.

Wenn wir im folgenden von »Idee« oder »Ideen« sprechen, meinen wir damit nicht eine gute Geschäftsidee, eine intelligente Lösungsmöglichkeit für ein Problem oder sonst einen klugen Einfall, auch nicht, dass in der Suppe vielleicht noch eine Idee Salz fehlt.

Ideen werden hier immer im platonischen Sinne verstanden als absolute Wahrheiten, universelle Konstanten, die zugleich Maßstab für menschliches Handeln sind. In Platons Nomoi heißt es: Gott hält, wie ja auch ein alter Spruch sagt, Anfang und Ende wie auch die Mitte aller seienden Dinge, und er kommt geradewegs zum Ziel auf einer Kreisbahn, wie es seiner Natur entspricht. Ihn begleitet aber stets Dike als rächende Strafe für die, die vom göttlichen Gesetz abweichen (215). Ideen sind immer göttliche Ideen, Offenbarwerdungen aus dem Reich des Absoluten, Erleuchtungen und Lichteinfälle aus dem Bereich der absoluten WAHRHEIT.

Treffend sagt es der Psalmist:

Sende aus dein Licht und deine Wahrheit,

dass sie mich leiten

und mich bringen zu deinem heiligen Berg

und zu deiner Wohnung. Ps 43, 3

Der heilige Berg1 ist die Wohnung2 GOTTES, der Berg, auf dem Jesus des Nachts meditierte.

Solche Offenbarwerdungen GOTTES ergehen aber nicht an privilegierte Menschen oder nur an Priester, vielmehr hat jeder zu dem Göttlichen immer freien Zugang, wie es der Platoniker Ralph Waldo Emerson darlegt: Obgleich die Tore des Tempels Tag und Nacht offen stehen und die Orakel dieser Wahrheit nie aufhören, wird sie von einer strengen Bedingung bewacht: es ist die Intuition (Eine Vorlesung).

Die Schöpfungstage beginnen mit dem göttlichen Befehl: Es werde Licht: das Lichtreich GOTTES zeige sich, das Reich der WAHRHEIT oder der göttlichen Ideen, und vertreibe die mentale Finsternis der sterblichen Illusionen! Die fruchtlosen Machenschaften der Finsternisall das wird vom Licht widerlegt und kommt zutage; denn alles, was zu Tage kommt, ist Licht (Eph 5, 11-13).

Das Wort idéa bedeutet im Griechischen: Bild, Abbildung. In der platonischen Philosophie bekommt es die Bedeutung »Urbild«. Was Platon unter idéa versteht, definiert er so:

eben das, was ist

die wirklich seienden Dinge

das wirklich Seiende

das absolut Seiende

das immer sich Gleichbleibende

das immer Seiende

das ewige Sein

das Sein

die Wahrheit

die Wahrheiten (Phaidr 248c)

Zur Symbolik in der Christlichen Bibel: GOTT ist Licht (1Joh 1, 5), der Vater des Lichtes [die Lichtquelle] (Jak 1, 17) und jede Idee ist ein Lichtstrahl aus dieser göttlichen Lichtquelle, der die mentale Finsternis aufzuhellen vermag.

In der Theologie Echnatons (1365-1347 vor) enden alle Strahlen des Lichtgottes Aton in Händen, die die Schöpferkraft des Lichtes zum Ausdruck bringen und manifestieren3. Dem König und der Königin halten sie das Zeichen für ewiges Leben an die Nase.


Im Sonnenhymnus heißt es: Du erschaffst Millionen Verkörperungen aus dir, dem Einen… Du bist die Lebenszeit selbst, man lebt durch dich.

Ein schönes Bild für eine göttliche, wahre Idee bietet Seneca im 41. Brief an Lucilius: Eine göttliche Kraft steigt hierher herab … Mit ihrem größeren Teil ist sie dort, von wo sie herabsteigt. Genau wie die Sonnenstrahlen die Erde zwar berühren aber doch dort sind, von wo sie ausgeschickt werden, so verweilt ein großer und heiliger Geist – hierher herabgesandt, damit wir Göttliches kennen – zwar bei uns, doch haftet er an seinem Ausgangspunkt. Von dort ist er abhängig, dorthin schaut und strebt er; wie etwas Besseres nimmt er teil an unseren Dingen (Sen ep 41, 5).

Die Gnostiker, obwohl in vielfältiger Weise von Platon abhängig, verwenden statt idéa das Wort »aión – Äon«. Äon ist das »immer Seiende [in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft]« oder das »Ewigkeitswesen«.

Die Christliche Bibel verwendet das Wort idéa nicht, sie spricht vom Lichtreich GOTTES. Die Ausstrahlung dieses Lichtes sind die »Samen«. Wo Jesus seinen Schülern das Gleichnis vom Sämann auslegt, nennt er den Samen das »Wort [lógos] vom Reich« (Mt 13, 19), das »Wort« (Mk 4, 14), das »Wort GOTTES« (Lk 8, 11), bei Matthäus an anderer Stelle: Der gute Same sind die Kinder des Reiches … der Feind, der das Unkraut sät, ist der Diabolos (Mt 13, 38 f).

Wie alle Lichtstrahlen in der Lichtquelle zusammenlaufen, so nennen wir die Gesamtheit aller Ideen »die Idee«. Sie ist das volle Bild oder der volle Ausdruck GOTTES: die Ausstrahlung seiner Herrlichkeit, der Ausdruck seiner Substanz (Hebr 1, 3).

Da zudem bei der Unendlichkeit jeder Idee jede Idee in jeder anderen Idee enthalten sein muss, erinnert uns dies stark an das holographische Weltbild: Ein Hologramm ist eine besondere Art von optischem Speichersystem. Nimmt man die fotographische Platte mit der holographischen Aufnahme eines Menschen, schneidet den Kopfteil ab und projiziert diesen Teil, dann erscheint nicht etwa nur der Kopf, sondern der ganze Mensch, wie er auf der unversehrten Platte abgebildet war. Und ein Teil dieses Teiles ergibt wiederum das ganze Bild. Mit anderen Worten: Jeder einzelne Teil des Hologramms enthält das ganze Bild in verdichteter Form. Der Teil ist im Ganzen und das Ganze ist in jedem Teil - eine Form von Einheit-in-der-Vielfalt und Vielfalt-in-der-Einheit. Der entscheidende Aspekt ist, dass der Teil Zugang zum Ganzen hat. … Im entfalteten und manifesten Bereich von Raum und Zeit sind die Dinge tatsächlich getrennt und verschieden. Unter der Oberfläche jedoch, im eingefalteten oder Frequenzbereich, sind alle Dinge und Geschehnisse raumlos, zeitlos, immanent, eins und ungeteilt (Wilber, Weltbild 8 f). Erst so können wir die Stelle im Johannes-Evangelium richtig verstehen: Ich bitte dich nicht nur für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben, damit alle eins sind, wie du, Vater, in mir und ich in dir, damit auch sie in uns sind, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast. Ich habe ihnen ihre wahre Identität gezeigt, die du mir gezeigt hast, damit sie Eins sind, genau wie wir Eins sind: Ich in ihnen und du in mir, damit sie vervollkommnet sind zu Eins (Joh 17, 20-23).

Die Selbstpräsentation des GEISTES

Das einzige, was im ganzen Universum jemals vor sich geht, ist die Selbstpräsentation des GEISTES: Es werde Licht! Jeder Lichtstrahl endet in einer schöpferischen Hand, die nur Gutes bewirken kann. Und jede dieser göttlichen Ideen ist ein unmittelbarer Zugang zu GOTT, WAHRHEIT: Ihr werdet die WAHRHEIT erkennen, und die WAHRHEIT wird euch frei machen.

Ist das nicht eine wundervolle Aussicht?

1 Vgl. Exkurs Berg

2 Wohnung oder Haus = Bewusstsein; vgl. Benninger, Alternatives Christentum, Exkurs Haus

3 manifestieren von lat. manus – die Hand

Paradies und Wiedergeburt

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