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Kapitel 5

Weh euch Theologen!

Ihr habt den Schlüssel der Erkenntnis fortgenommen.

Selbst seid ihr nicht hineingegangen,

und die eintreten wollten, die habt ihr daran gehindert.

Lk 11, 52

Siehe: eine offene Tür habe ich gewährt vor deinen Augen,

und keiner hat die Macht, sie zuzuschließen.

Off 3, 8

Die Sieben Schöpfungstage als Schlüssel zum Verständnis der Christlichen Bibel

Der Pentateuch beginnt mit den Sieben Schöpfungstagen. Sie sind mit ihrem universalen Gottesbild Elohim als Geist-Gott zugleich das jüngste Stück des gesamten Pentateuch, wurden aber gleichsam als Ouvertüre an den Anfang gesetzt, weil sie der Schlüssel sind für das Verständnis. Sie beschreiben in Worten das, was die Zikkurats Mesopotamiens und die Pyramiden Ägyptens in Stein ausdrücken: ein Weltbild.

Damit haben die Sieben Schöpfungstage eine lange Vorgeschichte. Sie sind als sorgfältig ausgefeilter Schlüssel das reife Ergebnis dessen, was in Jahrtausenden geistiger Evolution, der Philosophia Perennis, große Seher

an Erkenntnis und Wissen aus der Selbstoffenbarung des Seins zusammengetragen und destilliert hatten. Mit Hilfe dieses Schlüssels können wir bedeutende Weisheitstexte nicht nur des Alten Orients dechiffrieren.

Dechiffrieren ist indessen nicht so zu verstehen, als hätten die großen Weisen ihr Wissen absichtlich verschlüsselt. Vielmehr bedeutet dechiffrieren in diesem Falle: das vor Jahrtausenden in den damaligen Bildvergleichen oder Symbolen Geschriebene und in dieser Form Zeitgebundene in die heutige Vorstellungswelt übersetzen, möglichst in wissenschaftlicher Sprache zeitlos und verständlich zu machen.

Vor Augen haben wir die

7 Farben des Regenbogens, in denen sich das unsichtbare

Licht offenbart. Der Regenbogen bildet die

7 Himmel oder Sphären ab.

7 Töne der Musik lassen die himmlische Sphärenharmonie erklingen, und die

7-stufige Himmelsleiter ist die

Nabelschnur zwischen Himmel und Erde.

Auf dieser Himmelsleiter können, wie die Jakobsleiter zeigt, die Engel des suchenden menschlichen Gedankens zur absoluten WAHRHEIT aufsteigen, um als Ideen, als göttliche Informationen zurückzukommen. Diese Ideen wiederum sind die Steine, mit denen das Fundament gelegt und das Haus unseres Bewusstseins erbaut wird:

Die Weisheit hat ihr Haus gebaut

und ihre sieben Säulen behauen. Sprüche 9, 1

Die 7 Schöpfungstage sind nicht nur der Schlüssel zu den meisten Schriften der Jüdischen Bibel. In diesen 7 Schöpfungstagen begegnet uns der Geistgott Elohim. Er erschafft alles nach seinem Bild und Gleichnis. Seine Schöpfung ist also rein geistig und sehr gut, d.h. vollkommen. An diesem Gottesbild knüpft die christliche Lehre an.

Solange wir glauben, bei den Sieben Schöpfungstagen, die die Genesis einleiten, handle es sich um einen Bericht über einen Schöpfungsakt im fünften Jahrtausend vor Beginn unserer Zeitrechnung, bleiben wir hoffnungslos hinter jedem geistigen Verständnis zurück. Denn einmal kann es sich nicht um einen Bericht handeln, da ja keiner dabei war, zum zweiten fragt man sich, wo denn das Licht des ersten Tages herkommen soll, wenn erst am vierten Tag die Himmelsleuchten geschaffen wurden. Ist das Licht des ersten Tages etwa ein Urknall? Schwerlich, denn es grünt am dritten Tag schon auf der Erde, und erst einen Tag später treten die anderen Himmelskörper auf. Ferner: Eine Himmelsfeste, wie sie am zweiten Tag geschaffen wird, hat es nie gegeben, auch wenn damals die Menschen fest daran glaubten.

Die Sieben Schöpfungstage sind vielmehr in Bildsymbolen geschrieben, wie sie den damaligen Menschen geläufig waren. Sie sind ihrer Umgebung und ihrem Weltbild entnommen. Keineswegs sollte dadurch ein physikalisches Weltbild als göttliche Offenbarung festgeschrieben werden.

Hier erklärt eine in Buchstaben umgesetzte Hieroglyphenschrift die Schöpfung des Geistgottes Elohim.

Elohim sprach: Elohim, Geist, bringt sich in seinen 7 Erscheinungsweisen zum Ausdruck. Da sich eine Lichtquelle nur durch Licht, niemals durch Dunkelheit zum Ausdruck bringt, muss also auch der Ausdruck oder die Schöpfung des Geistes geistig sein. Sie kann nicht materiell sein: Was von GEIST geboren ist, das ist GEIST, erklärt Jesus dem Nikodemus (Joh 3, 6).

GOTT, GEIST, ist wie das weiße Licht unsichtbar. Wie dieses Licht in den 7 Farben des Regenbogens sichtbar wird, so kommt das schöpferische PRINZIP nur in seiner Schöpfung, Bild und Gleichnis oder Christus19 genannt, zum Ausdruck. Schöpfer und Schöpfung bilden eine untrennbare Einheit:

Keiner hat GOTT jemals gesehen. Der einzige Sohn, im Schoß des Vaters, er hat ihn uns dargelegt. Joh 1, 18

Niemand kommt zum Vater, es sei denn durch mich. Joh 14, 6

Wer mich sieht, der sieht den Vater. Joh 14, 9

Ich und der Vater sind eine Einheit. Joh 10, 30

Die Symbole20 der Schöpfungstage

In der Eingangserklärung wird Gott Elohim genannt. Elohim ist eine Pluralbildung zum kanaanäischen Gott El Eljon »El der Höchste« und wird wohl am besten verstanden als »die Gottheit« oder »das Göttliche«. In 1 Mos 14, 19 wird die Gottheit, die Himmel und Erde erschaffen hat, vom kanaanäischen Priester Melchisedek El Eljon genannt.

Da der Alte Orient noch kein Wort für Kosmos oder Universum kannte, steht statt Kosmos oder Universum der Merismos Himmel und Erde.

Erster Tag


Die Flügelsonne als das Licht.

Das in Ägypten geschaffene und vom ganzen Alten Orient übernom-mene Symbol für Licht ist die »Flügelsonne«. Tagsüber bringt sie der Erde Licht und ermöglicht das Leben, bei Nacht steigt sie hinab in die Unterwelt, um auch den Toten ihr Licht zu bringen.

Dieses Licht ist der LOGOS, wie der Anfang des Johannes-Evangeliums erklärt: Am Anfang war der LOGOS, und der LOGOS war bei GOTT und der LOGOS war GOTT. Dieser war am Anfang bei GOTT. Alle Dinge sind durch ihn entstanden … .

Durch die Quantenphysik wissen wir: Licht ist ein sichtbares aber immaterielles Phänomen. Es ist in der Lage, eine große Menge von Infor-mationen zu transportieren (Knapp, Quantensprung 60).

Der ägyptische Gott Ptah, der Stadtgott von Memphis, hat Menschen-gestalt und gilt zur Pyramidenzeit (um 2500 vor) als der Schöpfergott. Er, der "Uralte", hat durch die Macht seines Wortes die Welt geschaffen.

Zweiter Tag

Die steinerne Himmelsfeste zwischen den Wassern oben und den Wassern unten.

Man war im Alten Orient der Überzeugung, dass das Firmament ein steinernes Gewölbe sei, an dem die Fixsterne befestigt seien. Darüber vermutete man den Himmelsozean mit Schleusen für den Durchlass von Regen. (Dass es dieses steinerne Gewölbe nicht gibt, ändert nichts an der gültigen Aussage des Verfassers; denn er wollte sich seiner Zeit verständlich machen und benutzte dazu – wie es jeder Lehrer tun muss – die Begriffe und Bildvorstellungen seiner Zeit.)

Der sumerische Gott Enki (akkadisch Ea) ist der Gott der Weisheit. Er hält die Wasser oben und unten getrennt. Er verwaltet die göttlichen Kräfte Me, deren Besitz ihn auch als Ordner der Erde erscheinen lässt (Haussig I 56).

Urgewässer und Urfinsternis gehören als Elemente der Welt vor der Schöpfung eng zusammen, und sie erfüllen gemeinsam auch die Tiefe der Unterwelt (Hornung, Sonne 163).

Der ägyptische Schu ist der Luftgott, der bei der Schöpfung Himmel und Erde voneinander trennt und seither den Himmel trägt, damit er nicht wieder auf die Erde fällt. So „trennt“ er auch hier21 den Himmel von der Unterwelt, hebt mit seinen Händen die Sonne zum Himmel hinauf und „versiegelt“ zugleich die Unterwelt, damit die beiden Bereiche sauber getrennt bleiben und feindliche Gewalten zurückgehalten werde (Hornung, Sonne 188 f).

Dritter Tag

Das Auftauchen des trockenen Urhügels.

Nach alten ägyptischen Mythen ist aus dem Urschlamm eines Tages „der herrliche Hügel des Uranfangs“ aufgetaucht. Er ist der Heilige Berg, nachgeahmt in den Pyramiden und Zikkurats. In Israel finden wir ihn unter dem Namen Horeb (trocken) als den Gottesberg, auch Sinai geheißen.

Im Gegensatz zum formlosen Urschlamm gewinnt das Trockene feste Form: Identität.

Der Same in seiner Artenvielfalt.

Der Same (sperma) ergänzt das erste Symbol. An den einzelnen Samen lässt sich identifizieren, woher sie stammen. Im Samen schlummern die Erbanlagen, die Gene, an denen man den Vater22 identifizieren kann, die aber auch dafür garantieren, dass aus ihnen immer wieder dieselbe Pflanze, dasselbe Wesen mit denselben Erbanlagen entsteht. Da der Same in gewissem Sinne sterben, seine bisherige Identität aufgeben muss, damit aus ihm das Neue in größerer Fülle hervorkommt, gilt er schon in altägyptischer Zeit als Symbol für Auferstehung.

Vierter Tag

Das kosmische System und seine berechenbaren Umläufe.

Sterne galten seit ältesten Zeiten als Götter. Bei Zarathustra ist der höchste Gott Ahura Mazda „der Vater der Lichter“. Im Götterhimmel sah man im Alten Orient eine Hierarchie walten. Für den Verfasser der Schöpfungstage bildet der gestirnte Himmel mit seinen Hierarchien und Systemen den Kosmos oder das Universum. Der Fixsternhimmel ist das 8. über den 7 Planetensphären und galt überhaupt als Gott, im Sumerischen An oder Anu. Die 7 Planeten ließen nach Ansicht der Pythagoreer bei ihrem Umlauf um die Erde eine wundervolle Musik ertönen: die Sphärenmusik oder Sphärenharmonie. Auch teilten sie den Monat in 4 Wochen zu je 7 Tagen.

Am Stand der Sterne am Firmament wollte man das Schicksal ablesen.

Das griechische Wort kosmos bedeutet: Schmuck, Ordnung, Weltall; das Universum wurde also als eine schöne Ordnung empfunden.

Die Tierkreiszeichen geben die 4 Jahreszeiten, auch die 12 Monate des Jahres werden durch sie festgelegt. 365 Tage hatte das einzelne Jahr.

Da die Bahnen der Gestirne am Firmament berechenbar sind und ihre Wiederkehr verlässlich ist, orientierten sich an ihnen bei Nacht die Seefahrer. Wer sich bei Nacht nicht an ihnen zu orientieren weiß, fährt in die Irre oder erleidet Schiffbruch. So galt und gilt das große Himmelssystem als Symbol für Wissenschaft, die darauf beruht, dass sie zielführend ist und Beweise führen kann.

Im Laufe der wissenschaftlichen Begriffsbildung und Begriffsschärfung wurde das Symbol Stern über Leitstern zu göttlicher Norm und schließlich zur platonischen Idee. Aus den »Göttersöhnen« und dem »Himmelsheer« wurde der Begriff der Ideenwelt, Platons Ideen-WISSENSCHAFT23.

Fünfter Tag

Die Fische in unendlicher Vielfalt und Fruchtbarkeit.

Dass das Meer von ihnen wimmelt, wird mehrfach betont. Das deutet auf Leben. Auch Homer spricht vom „fischdurchwimmelten Meer“.

Die Millionen von Eiern, die Fische legen, sind Symbol für unendliche Fruchtbarkeit und Fülle.

Die am Himmel fliegenden Vögel.

Die Ägypter glaubten, dass die Seele in Gestalt eines Vogels das Grab verlassen könne. Im Dialog Phaidros vergleicht Platon die menschliche Psyche mit dem Bild eines geflügelten »Seelenwagens«: Die Kraft des Gefieders besteht drin, das Schwere emporzuheben und hinaufzuführen, wo das Geschlecht der Götter wohnt (246 d).

Sechster Tag

Die Tiere als Bildsymbole für Eigenschaften.

Tiere symbolisieren Eigenschaften. Die Ägypter bildeten ihre Götter oft in Tiergestalt oder mit einem Tierkopf ab. Tierische Attribute sollen eine individuelle Eigenschaft, Qualität, zum Ausdruck bringen.

Auch die Tierfabel hatte schon eine Tradition. In ihr verkörpert das Lamm die wehrlose Unschuld, der Wolf die rücksichtslose Brutalität, die Schlange die Hinterlist des Bösen, in fortentwickelter Symbolik die Intelligenz in der Materie, weil die Schlange in der Erde wohnt.

Der Mensch als Symbol für Bewusstsein.

Er ist das eindeutige Symbol für Bewusstsein. Der früheste Beleg dafür findet sich im Gilgamesch-Epos.

Bild: Im Alten Orient gilt der Gott in seinem Götterbild, seiner Statue, als persönlich gegenwärtig.

Philon von Alexandria war Zeitgenosse von Jesus dem Christus. In seiner Erläuterung zum 6. Schöpfungstag erklärt Philon den Menschen als unsterbliche, rein geistige Idee seines Schöpfers: Der nach dem Ebenbild geschaffene Mensch war die Idee, die Gattung, das Siegel des Menschen, rein geistig, unkörperlich, weder männlich noch weiblich, und von Natur unsterblich.

In römischer Zeit wird der stoische Philosoph Seneca (1 - 65 nach) es als Sinn des Lebens ansehen, sich zum gottgleichen Bild (imago) zu machen, an dem Gott zum Ausdruck kommt.

Auch der Philosoph Epiktét (50-120 nach) kommt auf die Verwandtschaft des Menschen mit Gott zu sprechen und fragt, warum sich der Mensch nicht Bürger des Universums nennen sollte, warum nicht Sohn Gottes? An anderer Stelle: Wenn du aber erkennst, dass du ein Sohn des Zeus bist, solltest du dann nicht stolz sein ?

Siebter Tag

Vollendung und Ruhe.

Keine Bildsymbole

Die wissenschaftliche Deutung der Schöpfungstage (1 Mos 1, 1 – 2, 4)

GOTTES Schöpfung ist ewig, so ewig wie er selbst; denn das Licht ist so alt wie die Lichtquelle. Warum aber wird dann die Schöpfung so dargelegt, als sei sie ein historischer Vorgang?

Die alten Seher hatten tiefe Einsichten in das Sein, sie hatten ein großes Bild vor Augen, das sie mitteilen wollten. Wer aber jemandem, der ein Bild nicht kennt, dieses Bild beschreiben will, der muss mit seiner Darlegung irgendwo beginnen und alle Einzelheiten fortlaufend Schritt für Schritt mitteilen. So entsteht automatisch der Eindruck eines Vorgangs. Keiner von diesen Sehern oder Propheten, wie Platon sie nennt, wollte oder konnte einen „Bericht“ von der Schöpfung geben, da doch gar niemand das Urchaos gesehen hat und folglich auch nicht darüber berichten kann.

Sie schildern in allgemein verständlichen Bildern aus ihrer Erfahrungswelt ein von ihnen erkanntes Gesetz des Seins, konnten es aber noch nicht in wissenschaftlicher Sprache darlegen, da Abstrakta und das heutige wissenschaftliche Begriffsinstrumentarium erst noch entwickelt werden mussten. Der Verfasser der Schöpfungstage ist, mit den alten Mythenerzählern verglichen, geistig und wissenschaftlich weit fortgeschritten. Er braucht keinerlei Mythologie mehr. Er nimmt seine Symbole aus dem wissenschaftlichen Weltbild seiner Gegenwart. Seine Schöpfungstage legen letztlich das große Kreativgesetz dar, eine Konstante des Seins.

1. Tag: LOGOS (1, 3-5)

1 Im Anfang schuf Elohim Himmel und Erde.

Der Anfang ist unentstanden. Denn aus dem Anfang muss alles Entstehende entstehen, er selbst aber aus nichts (Platon, Phaidros 245 c). Das Ewige und Unendliche kennt keinen Anfang; die Schöpfung hat eine Ursache, einen Urgrund, ein Ur-PRINZIP. GOTT ist das Ur-PRINZIP, der Urgrund allen Seins.

2 Die Erde aber war ein Tohuwabohu24, und Finsternis lag über dem Urmeer, und der Geist Elohims schwebte über den Wassern.

Die Welt ist vor der Schöpfung ein einziges Tohuwabohu: Irrsal und Wirrsal (Buber).

Der Schöpfergott Elohim ist GEIST und schwebt ohne Berührung über diesen Chaoswassern. Er schafft die Welt nicht aus einem Nichts. Er gleicht dem iranischen Ahura Mazda, dem »Vater der Lichter«. Er ist die ewige Lichtquelle, deren Lichter in 7 Tagwerdungen aufleuchten und Licht ins mentale Dunkel bringen.

3 Und Elohim sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht.

4 Und Elohim sah: Das Licht ist gut.

Elohim sprach: Das Wort GOTTES. GOTT, GEIST, offenbart sich. Die Selbstpräsentation GOTTES beginnt mit Lichtwerdung. Das Aufgehen seines Lichtes bringt Erleuchtung, Inspiration und Orientierung in die chaotische Urfinsternis.

Und Elohim schied das Licht von der Finsternis.

5 Und Elohim nannte das Licht Tag, und die Finsternis nannte er Nacht.

Die Finsternis wird mentale Umnachtung genannt und aus der Wirklichkeit ausgeschieden. Neben dem Sein kann es kein Nichts geben, neben dem GEIST nicht sein Gegenteil, die Materie.

Und es ward Abend, und es ward Morgen,

erster Tag.

Abend und Morgen: Elohim sprach: Es werde! … Und es ward. … Er sah: gut geworden. … Aus Abend und Morgen wird ein neuer Tag.

Dies ist die perfekte Beschreibung des kybernetischen Regelkreises. Die Evolution wird also von GOTT, GEIST, gesteuert.

Die Ideen bzw. Informationen: GOTT, GEIST, ist der Allschöpfer. Das anbrechende Licht gibt Orientierung in der Finsternis und legt zugleich die Koordinaten Osten, Westen, Norden, Süden fest. Es bringt Erleuchtung im finsteren Chaos. Intelligenz und Inspiration sind die Folge. Die Strahlen schaffen Lichtpunkte, Informationen oder Ideen, deren Summe, die Idee, Ausdruck der Selbstpräsentation des schöpferischen GEISTES ist. Heilung von geistiger Blindheit ist die Folge.

2. Tag: GEIST (1, 6-8)

6 Und Elohim sprach:

Es werde eine Feste mitten in den Wassern, sie bilde eine Scheidewand zwischen den Wassern!

Und es geschah so.

7 Und Elohim machte die Feste und schied die Wasser unterhalb der Feste von den Wassern oberhalb der Feste.

8 Und Elohim nannte die Feste Himmel. Und es ward Abend, und es ward Morgen, zweiter Tag.

In den Schöpfungen bringt Elohim sich selbst zum Ausdruck. Hier geschieht dies durch die »Feste«, das Firmament. Sie soll als feste Scheidewand dienen, als unüberwindliche Trennwand, als festes Verständnis, das die oberen Elemente des göttlichen Lichtes vom ersten Tag von den irdischen Elementen, den sterblichen Vorstellungen, Konzeptionen und Gedanken streng getrennt hält, eine steinerne Schwelle, so dass irdische Illusionen nicht eindringen und sich mit göttlichen Ideen und vermischen können.

(Hier fehlt scheinbar die Feststellung, dass es gut war. Gut bedeutet göttlich. Im gemeinsemitischen Sprachraum bedeutet das Wort Himmel zugleich Gott. Mit der Benennung Himmel ist diese Aussage bereits getroffen.)

Eine neue Stufe des Gottesverständnisses ist erreicht, das zweite Licht des Leuchters brennt.

Die Ideen bzw. Informationen: Die Feste symbolisiert Substanz und Stärke, einen festen Standpunkt, also Verständnis. Verständnis schafft Ordnung und führt zur Trennung und Widerlegung alles Illusorischen. Nach dem Bad der Taufe steht die geistige Schöpfung nun da in ihrer Reinheit und Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit ist das Gute, sein Gegenteil ist Illusion und trägt immer den Keim zu seiner Zerstörung schon in sich.

3. Tag: SEELE (1, 9-13)

9 Und Elohim sprach:

Es sammle sich das Wasser unterhalb der Himmel

an einem Ort,

dass das Trockene sichtbar werde!

Und es geschah so.

10 Und Elohim nannte das Trockene Erde,

und die Sammlung des Wassers nannte er Meer.

Und Elohim sah: Es ist gut.

Die göttlich Ideenschöpfung des ersten Tages gewinnt nach der klaren Trennung von irrlichternden Illusionen am zweiten Tag jetzt ihre klare Identität.

11 Und Elohim sprach:

Die Erde lasse Grün sprossen, Kraut, das Samen bringt,

und Fruchtbäume, die Früchte,

in denen ihr Same ist, tragen auf der Erde!

Und es geschah so.

12 Und die Erde brachte Grün hervor,

Kraut, das Samen bringt,

nach seinen Arten und Bäume, die Früchte tragen,

in denen ihr Same ist, nach ihren Arten.

Und Elohim sah: Es ist gut.

13 Und es ward Abend, und es ward Morgen,

dritter Tag.

Alles Gewächs muss Samen tragen, vielerlei Samen. Und an jedem Samen kann man die Identität der Pflanze ablesen. Und aus jedem individuellen Samen wächst aus der Erde wieder eine Pflanze derselben Art, die noch weit mehr Samen trägt: Unendliche Auferstehung aus dem Grab irdischer Vorstellungen, unendliches Über-sich-Hinauswachsen aus sterblichen Vorstellungen, ohne je die individuelle göttliche Identität zu verlieren. Nach ihren Arten: Es gibt unendlich viele Identitäten.

Die dritte Lampe am Leuchter, durch das Öl göttlicher Inspiration gespeist, ist aufgeleuchtet.

Die Ideen bzw. Informationen: Nach dem Trennungsvorgang des zweiten Tages erfolgt ein Aufstieg aus den Wassern unten, eine Erhebung; das Geistige kann sich als das Erhabene erweisen. Das wahre Selbst der Schöpfung, seine göttliche Identität in ihrer Unwandelbarkeit und Unveränderlichkeit zeigt sich und führt zu Umdenken und Bewusstseinswandel, zur wahren Metánoia.

Die vielfältigen Samen zeigen: Die Ideen sind in unendlicher Vielzahl da. Sie alle bewahren das Erbmaterial ihrer Herkunft vom Geistgott in sich. Ihre Identität ist in Sicherheit. Aber der Same muss über sich hinauswachsen und eine Umwandlung erfahren. Er erlebt in seiner Auferstehung Erweiterung durch Selbsttranszendenz. Die Metánoia ist die Abwendung vom illusionären materiellen Ego und die Hinwendung zum göttlichen Selbst.

4. Tag: PRINZIP (1, 14-19)

14 Und Elohim sprach:

Es sollen Lichter werden an der Feste der Himmel,

zu scheiden Tag und Nacht,

und sie sollen dienen zu Zeichen

und zu Zeiten und zu Tagen und Jahren,

15 und sie sollen an der Feste der Himmel stehen, um die Erde zu erleuchten!

Und es geschah so.

16 Und Elohim machte die beiden großen Leuchten, diegrößere Leuchte zur Herrschaft über den Tag

und die kleinere Leuchte zur Herrschaft über die Nacht,

und die Sterne.

Die am dritten Tage klar identifizierten individuellen Ideen ordnen sich ein und unter in der großen Hierarchie oder Holarchie. Die göttlichen Ideen bilden das geordnete und vollkommene System der göttlichen Metaphysik oder WISSENSCHAFT. Das Sein kann deshalb nur in einem wissenschaftlichen Sinne erfasst werden.

Göttliche Offenbarung ist die Offenbarwerdung dessen, was immer war, ist und sein wird, bisher jedoch im irdischsterblichen Bereich noch nicht erkannt wurde.

17 Und Elohim stellte sie an die Feste der Himmel, um die Erde zu erleuchten

18 und zu herrschen über den Tag und die Nacht

und zu scheiden Licht und Finsternis.

Und Elohim sah: Es ist gut.

19 Und es ward Abend, und es ward Morgen,

vierter Tag.

Mitten im vierten Tag beginnt eine neue Wende. War bisher der Blick zu den göttlichen Ideen am Firmament gerichtet, so wendet sich jetzt der Blick nach unten: Welche Auswirkung hat das Licht des Absoluten, Göttlichen, auf das Relative, auf die Welt der sterblichen Gedanken, Vermutungen und Illusionen? Das Licht bricht unaufhaltsam ein in die materielle Finsternis der sterb-lichen Illusionen, um sie in ihr natürliches Nichts aufzulösen. Finsternis kann diesem Lichteinbruch keinerlei Widerstand leisten.

Das vierte und mittlere Licht des Leuchters brennt.

Die Ideen bzw. Informationen: Das kosmische System mit seinen Umläufen und den Fixsternen ist Symbol für die absolute göttliche Weltordnung. Ein System setzt Einheit voraus. Die verschieden großen Himmelskörper symbolisieren Hierarchie oder Holarchie, Interaktion und Interdependenz. In dem Einklang der Umläufe sahen die Alten eine Harmonie der Sphären, ein Regelsystem, das auf Gerechtigkeit hinweist, Treue verspricht und Gehorsam fordert. Die Fixsterne sind die absoluten Werte GOTTES, menschlichem Zugriff und Willkür entzogen. Zugleich sind die wiederkehrenden Umläufe berechenbar. Die Astronomie ist der Beginn der Wissenschaft, die Demonstration und Beweis führen kann. Die Jahreszeiten zeigen die Gesetze der Kybernetik.

5. Tag: LEBEN (1, 20-23)

20 Und Elohim sprach:

Es wimmle das Wasser von einem Gewimmel

von lebenden Wesen,

und Vögel sollen über der Erde hinfliegen

an der Feste der Himmel!

Und es geschah so.

21 Und Elohim schuf die großen Wale

und alle kleinen Lebewesen,

von denen das Wasser wimmelt, nach ihren Arten und alle beflügelten Vögel nach ihren Arten. Und Elohim sah: Es ist gut.

22 Und Elohim segnete sie und sprach:

Seid fruchtbar und mehret euch

und füllet das Wasser im Meer,

und die Vögel sollen sich mehren auf der Erde!

23 Und es ward Abend, und es ward Morgen,

fünfter Tag.

Nachdem die unendlich differenzierten und individualisierten Ideen eingereiht sind in die große Holarchie, in das Regelsystem des Seins, bringt sich das Göttliche an ihnen zum Ausdruck als wimmelndes LEBEN, unendliche Fülle, unendliches Wachstum. Die Vögel an der Feste des Himmels zeigen, dass hier von einem himmelanstrebenden, ewigen geistigen Wachstum die Rede ist, das keinen Stillstand nach der Ankunft an einem Ziel kennt.

Mit der fünften Leuchte ist die fünfte Stufe auf der Himmelleiter erklommen. Das fünfte Licht am Leuchter brennt.

Die Ideen bzw. Informationen: Die vielfältigen Arten der Fische mit ihrer unendlichen Fruchtbarkeit sind hier zusammengefügt mit den himmelan fliegenden Vögeln. Der Sinn des Lebens, der Weg des Lebens ist Aufschwung in die Unendlichkeit zu immer höherer Lebensform. Aufschwung aus dem Begriff von einem materiellen, biologischen Leben himmelan in ein Verständnis von Leben im GEIST. Geistiges Wachstum in unendlicher Vielfalt. Der Himmel ist Unendlichkeit, Grenzenlosigkeit, die geistige Evolution und Entfaltung der ewigen Identität zeitlos. Dies führt hinein in das Verständnis von Leben ohne Anfang und Ende, in die Unsterblichkeit des ewigen LEBENS.

6. Tag: WAHRHEIT (1, 24-31)

24 Und Elohim sprach:

Die Erde bringe hervor lebende Wesen nach ihren Arten;

Vieh und Gewürm und Getier des Landes nach seinen Arten! Und es geschah so.

25 Und Elohim machte das Getier des Landes

nach seinen Arten

und das Vieh nach seinen Arten.

und alles Gewürm auf der Erde nach seinen Arten.

Und Elohim sah: Es ist gut.

Die vielerlei Tiere sind Symbol für individuelle Qualitäten oder Eigenschaften. Diese Qualitäten werden gut, d.h. göttlich genannt. Hier ist also von den Qualitäten GOTTES die Rede, die in vielfältigen Ideen als Informationen zum Ausdruck kommen.

26 Und Elohim sprach:

Wir wollen den Menschen machen nach unserem Bilde, uns gleich.

Und sie sollen herrschen über die Fische des Meeres

und über die Vögel der Himmel und über das Vieh

und über alles Getier des Landes

und über alles Gewürm, das da kriecht auf der Erde!

27 Und Elohim schuf den Menschen nach seinem Bilde, nach Elohims Bild schuf er ihn, männlich und weiblich schuf er ihn.

Mensch ist Symbol für Bewusstsein oder Gewahrsein. Es ist immer GOTT, der in seinen Schöpfungen sich selber zum Ausdruck bringt; GOTT ist Bewusstsein und er kommt als das zum Ausdruck, was er ist: als Bewusstsein seiner selbst. Etwas, das mutmaßlich außerhalb von ihm liegt, Fehlerhaftes oder Sündiges, kann er nicht kennen. Darin liegt seine Allwissenheit: Es gibt nur das, was GOTT weiß.

Der »Mensch« ist geschaffen nach GOTTES »Bild und Gleichnis«. Bild bedeutet Abbild, Ausdruck. Gleichnis bedeutet nach Auffassung der LXX, dass dieser Ausdruck von derselben Qualität, also geistig ist wie der Schöpfer. Die Eigenschaften GOTTES kommen also in seinen Ideen, als die geistige Idee, das Urbild oder Ideal zum Ausdruck, auf welches das Kreativitätsgesetz hinsteuert.

Ganz und gar abwegig ist also der Glaube, GOTT, GEIST, habe materielle Sterbliche schaffen können, das Unendliche hätte sich im Endlichen, das Ewige hätte sich in Sterblichem zum Ausdruck gebracht.

Da es vom »Menschen« heißt, dass er männlich und weiblich ist, muss GOTT männliche wie weibliche Eigenschaften in sich vereinen.

28 Und Elohim segnete sie, und Elohim sprach zu ihnen:

Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und macht sie euch untertan

und herrschet über die Fische des Meeres

und über die Vögel der Himmel

und über alles Getier, das sich auf der Erde bewegt!

Auf dem Bewusstsein ruht der Segen Elohims. Ihm ist stetes Wachstum, fortwährendes geistiges Wachstum zugesichert. Freude am Erfolg treibt in jeder Wissenschaft weiter voran. Je weiter der Schüler in die Geheimnisse einer Wissenschaft, z.B. der Mathematik, eindringt, umso mehr beherrscht er sie. Mathematik beherrschen heißt ihre Regeln anerkennen und anwenden.

29 Und Elohim sprach:

Ich gebe euch jetzt alles Samen bringende Kraut

auf der ganzen Erde

und alle Bäume mit Baumfrüchten,

die Samen enthalten:

Das sei eure Nahrung!

30 Aber allen Tieren des Landes

und allen Vögeln der Himmel

und allem, was sich auf der Erde bewegt und beseelt ist,

gebe ich alles grüne Gras zur Nahrung.

Und es geschah so.

Der gute Same, das sind die Kinder des Reiches [GOTTES], sagt Jesus bei Matthäus (13,38). Beim Griechen Lukas heißt es präziser: Der Same ist das Wort GOTTES (8, 11). Wort aber heißt Information, Idee. Hiervon nährt sich das geistige Bewusstsein25.

Gras ist das erste Lebenszeichen auf bisher unfruchtbarem Land: Das erst aufkeimende Bewusstsein erhält Nahrung für sein weiteres Wachstum (Joh 6, 10 f).

31 Und Elohim sah alles an, was er gemacht hatte,

und siehe: Es ist sehr gut.

Und es ward Abend, und es ward Morgen,

sechster Tag.

All dem, was GOTT hervorgebracht hat und was ihn zum Ausdruck bringt, wird das höchste Prädikat zuerteilt: sehr gut. Der Schöpfer ist vollkommen zum Ausdruck gebracht.

So ist dem aufsteigenden Bewusstsein das sechste Licht aufgegangen und die sechste Stufe auf der Himmelsleiter ist eingenommen.

Die Ideen bzw. Informationen: Wie GOTT Bewusstsein seiner selbst ist, so muss auch der Mensch das Bewusstsein und Gewahrsein seiner Identität haben. Ideen-Bewusstsein schafft das Bild und Gleichnis GOTTES, bringt seinen Sohn oder Christus zum Ausdruck, den Christus, der von sich sagt, dass er die WAHRHEIT ist (Joh 14, 6). Der Christus ist das anzustrebende Ideal, der wahre Standard des Menschen, der der Erbe GOTTES ist und Herrschaft und Vollmacht hat (Mt 28, 18). Das Bewusstsein, das diesen Christus-Leib26 berührt, erfährt Heilung und Gesundheit (Lk 8, 43 ff).

7. Tag: LIEBE (2, 1-4)

2, 1Und es wurden vollendet Himmel und Erde und ihr ganzes Heer.

2 Und Elohim vollendete am siebenten Tage die Werke, die er gemacht hatte, und ruhte am siebenten Tage aus von all den Werken, die er gemacht hatte.

3 Und Elohim segnete den siebenten Tag und heiligte ihn;

denn an ihm ruhte er aus von all den Werken, die Elohim schaffend gemacht hatte.

Die Schöpfung war am 6. Tage zu Ende gekommen. Der siebte Tag zeigt: Die Spitze der Zikkurat mit ihrem Tempel, der den azurblauen Himmel berührt und reflektiert, ist erreicht. Das unsichtbare Lichtquelle ist in allen ihren 7 Spektralfarben zu Ausdruck gebracht.

Vollendung und Ruhe ist die Aussage des 7. Tages: Das Vollkommene hat seinen vollen Ausdruck. Das ewige Sein war schon immer in aller Vollkommenheit da, und sein Ausdruck, die Ideenschöpfung, ist seine uranfängliche Widerspiegelung. Auf ihr ruht Segen und Heiligkeit. Es gibt nichts dazuzutun. Vollkommenheit weckt sehnsüchtige Liebe.

4 Dies ist das Werden von Himmel und Erde, als sie entstanden.

»Himmel und Erde« machen das Ideenuniversum aus. Martin Buber übersetzt aus dem Hebräischen „ihr Erschaffensein“. »Werden« betont das schrittweise Bewusstwerden von dem, was ewig vollendet da war, dem menschlichen Bewusstsein aber stufenweise einleuchten muss.

Die Ideen bzw. Informationen: Vollendung heißt Vollkommenheit. Das Vollkommene strahlt in Schönheit und Heiligkeit. Der große Plan hat Erfüllung gefunden. Endgültigkeit bringt Erlösung, Ruhe, Frieden und Seligkeit in göttlicher Gnade.

19 vgl. Exkurs Christus

20 Die Symbole sind das, was nach dem Gebot: „Es werde!“ jeweils entsteht, z.B. Licht.

21 im Unterweltbuch Amduat ~ 1500 vor

22 Die weibliche Eizelle wurde erst 1827 n. entdeckt.

23 Auch „Ideenlehre“ genannt.

24 Ein hebräisches Wort, das »Irrsal und Wirrsal« bedeutet.

25 Joh 4, 32 ff; Mt 4, 4; Platon, Phaidros 246 e

26 Der Christus-Leib hat eine Parallele im ägyptischen Ba. Der Ba ist die gottgeschaffene unvergängliche, immaterielle Substanz und Identität des Menschen.

Paradies und Wiedergeburt

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