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1.4 Der Völkerbund
ОглавлениеKrönender Schlussstein des Versailler Friedensgebäudes sollte ein alle Nationen vereinender Bund sein. So dachte sich der amerikanische Präsident Woodrow Wilson die Weltordnung. Wie eng mit diesem Bund das Ideal eines dauerhaften Friedens verknüpft war, wird schon daran deutlich, dass die Völkerbundsatzung Bestandteil der Pariser Verträge war.
1815 hatten die Großmächte schon einmal einen idealistischen Friedensbund gegründet, die Heilige Allianz. In ihr galt der Leitgedanke, dass ihre Herrscher sich an die „Prinzipien christlicher Religion“ halten wollten. Nun war 1919 an deren Stelle die Humanität getreten, der Glaube an das Gute im Menschen. Dies hätte zum Fundament eines gütlichen und friedlichen Zusammenlebens der Völker werden können.
Wilson vertraute dem Ideal der Humanität, nach der nationale Egoismen vor der Erhaltung des Weltfriedens zurückzutreten hätten. Der Völkerbund müsste deshalb fähig sein, die Heere in der Welt zu kontrollierter Abrüstung zu zwingen. Wenn dennoch jemand mit Krieg drohe, wäre das ein Angriff auf alle Völkerbundstaaten. Sie hätten, um den Frieden zu erhalten, zunächst dem Friedensstörer Boykott und Sanktionen anzudrohen. Ließe sich der Krieg dennoch nicht abwenden, müsste die Völkergemeinschaft militärisch eingreifen. Die Wirklichkeit bewies das Illusionäre solcher Erwartungen. Allein schon in der Tatsache, dass die Mitgliedschaft im Bund nicht allen Staaten offen stand bewies, wie schwach das Humanitäre in ihm war. Zu Recht sah man den Ausschluss missliebiger Nationen als Testfall für die herrschende Gesinnung. Ausgesperrt von der Gemeinschaft des Völkerbundes waren Deutschland, die Verlierer-Nation, und die aus der Revolution hervorgegangene Sowjetrepublik. Da ließ sich die Frage nicht umgehen, ob diese Gesellschaft humanitärer Idealisten vielleicht doch nur ein exklusiver Abb. 1.2 Woodrow Wilson Club der Sieger war.
Abb. 1.2 Woodrow Wilson
Als es um die Annahme des Artikel 10 der Satzung ging, der eine internationale Eingreiftruppe gegen Friedensstörer vorsah, befürchtete manch Amerikaner, sein Land könne „ungefragt“ in einen Krieg verwickelt und seine Söhne wieder auf überseeische Schlachtfelder geschickt werden. Sie ratifizierten den Versailler Vertrag nicht und versagten sich auch dem Völkerbund. Das amerikanische Fernbleiben entwertete die Weltgemeinschaft nun gänzlich.