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Kapitel 3

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Zwei Tage später war es so weit. Nachdem er allen haushälterischen und töchterlichen Einwänden widerstanden und es – nach dreimaligem Umpacken – auch geschafft hatte, den Kofferberg seiner Frau und seine eigenen zwei Reisetaschen im Auto zu verstauen, hieß es Abschied nehmen. Cornelius würde Ramona zum Flughafen und von dort weiter in sein eigenes Urlaubsdomizil fahren. Davor musste er Maria hoch und heilig versprechen, sofort anzurufen, wenn er sich »in diesem fremden Haushalt mit all den unbekannten Geräten« nicht zurechtfinden sollte. (Cornelius musste an dieser Stelle insgeheim zugeben, dass er sich auch in seinem eigenen Haushalt mit all den bekannten Geräten nicht besonders gut zurechtfand, aber dies laut zu äußern hätte eine sofortige Vernichtung seiner Pläne bedeutet.) Er konnte Maria auch so gerade noch davon abhalten, ihm einige Brote für die – knapp zweistündige (!) – Fahrt zu schmieren und Notfallkonserven in eine seiner Reisetaschen zu packen.

»Ruf mich bitte sofort an, wenn du dort angekommen bist, Papa. Und am Wochenende besuche ich dich natürlich«, sagte Tabea.

Cornelius wusste nicht recht, ob dies eine Drohung oder ein Versprechen sein sollte. »Ich komm schon zurecht. Kümmere du dich lieber um dein Studium.«

Tabea grinste nur.

Nachdem sie den Großstadtverkehr hinter sich gelassen hatten, ging es auf der Autobahn Richtung Flughafen zügig voran. Jetzt, Ende April, war noch keine Urlaubszeit und mit ein bisschen Wehmut musste er daran denken, dass in wenigen Tagen das Sommersemester an der Universität beginnen würde.

»In Neukirchen wird am ersten Mai bestimmt ein Maibaum aufgestellt«, sagte Ramona. »Vielleicht wirst du ja die nächsten Tage zum Wachdienst abkommandiert, damit ihn niemand klauen kann. Das macht man doch auf dem Land so, nicht wahr?«

»Ja, mein Schatz, das wird dort durchaus noch so gehandhabt. Ich erinnere mich sogar daran, dass Lukas etwas in der Art erwähnt hat. Allerdings glaube ich nicht, dass sie einem Ortsfremden gleich so eine heikle Aufgabe anvertrauen werden. Ein Maibaumdiebstahl ist schließlich eine ernste Sache.«

»So ein Unsinn. Wie kann man nur wegen eines angemalten Holzstücks so ein Theater verursachen. Bin ich froh, dass ich das nicht mitmachen muss.«

Cornelius fand die Aussicht auf eine feierliche Maibaumeinweihung mit einem richtig zünftigen Dorffest im Anschluss eigentlich sehr vielversprechend.

»Wer weiß, vielleicht versucht Neukirchen sogar, den Maibaum eines anderen Dorfs zu stehlen und ich werde zum Schmiere stehen eingeteilt.« Er lachte. »Das wäre ja was.«

Ramonas sorgfältig geschminkten Brauen wanderten nach oben. »Gregor, ich hoffe doch sehr, du lässt dich dort nicht in irgendwelchen Unsinn mit hineinziehen. Auch wenn du jetzt im Ruhestand bist, denk bitte daran, dass ich auch einen Ruf zu verlieren habe.«

Er wusste zwar nicht, ob der Diebstahl eines niederbayrischen Maibaums es bis in die Münchner Boulevardpresse schaffen würde, dennoch gelobte er an dieser Stelle feierlich, sich von allem fernzuhalten, das nach Ärger oder – wie sie es nannte – Unsinn aussah, um ihre gesellschaftliche Position, um die es ihm selbst noch nie besonders bange war, nicht zu gefährden.

An der nach wie vor hochgezogenen Augenbraue erkannte Cornelius, dass seine Frau von seinen Beteuerungen alles andere als überzeugt war. Zum Glück hatten sie in diesem Moment den Flughafen erreicht und sie musste ihre Aufmerksamkeit notgedrungen den unzähligen Taschen und Koffern schenken, die es nun aus dem Auto zu bugsieren und auf einen Gepäckwagen zu hieven galt. Dies war natürlich seine Aufgabe, aber irgendjemand musste das Ganze ja auch dirigieren.

Es dauerte eine Weile, bis sie der entgeisterten Angestellten am Schalter erklärt hatte, dass der voluminöse Kofferberg ihr Gepäck sei, das selbstverständlich abgefertigt werden müsse. Nachdem sie eine – in seinen Augen – horrende Summe für Übergepäck bezahlt hatte, wandte sie sich ihm lächelnd zu. »Jetzt heißt es Abschied nehmen.«

Obwohl sie ihn mit dieser Kreuzfahrt hätte jagen können, verspürte er plötzlich eine Art Trennungsschmerz. Tabea hatte recht: Ramona und er waren, seit sie sich kennengelernt hatten, noch nie wirklich lange ohne den anderen gewesen – und schon gar keine vier Wochen. Er bemerkte, dass es ihr genauso ging. Umständlich nestelte sie an seiner – von ihr am Morgen ohnehin tadellos gebundenen – Krawatte herum.

»Und wenn du es gar nicht aushältst, dann fahr nach Hause – oder komm hinterher, und wir gabeln dich in einem der Häfen auf«, sagte sie ungewohnt sanft.

*

Neukirchen war genau das, was man sich unter einem idyllischen Motiv für einen Postkartengruß aus Bayern vorstellte. Es lag knapp dreißig Kilometer von Landshut entfernt in einem ebenen Landschaftsabschnitt mit nur einigen sanften Hügeln im Hintergrund und gehörte auch unter den Dörfern zu den eher kleineren Vertretern dieser Spezies. Doch immerhin besaß es neben zahlreichen Bauernhöfen einen eigenen Gemischtwarenladen und – genau gegenüber der schmucken Kirche mit ihrem markanten gotischen Turm – ein stattliches Gasthaus. All das nahm Cornelius aufmerksam wahr, als er nach zwei Stunden Fahrt die dörfliche Hauptstraße entlangrollte, die sich gleichsam L-förmig an den Häusern vorbeizog. Von ihr gingen nur drei weitere Straßen ab – eine direkt neben dem Gasthaus, das sich in etwa der Ortsmitte befand, und zwei weitere am westlichen Dorfende. Diese Beobachtung hatte er jedoch nicht seinem aufmerksamen Auge zu verdanken, sondern Tabea, die alles, was sie über Neukirchen im Internet finden konnte, für ihn ausgedruckt hatte. Er musste zugeben, dass es nicht gerade viele Seiten waren – genau genommen zwei –, die sie ihm schließlich mit einem Da-siehst-du-mal-was-das-für-ein-kleines-Nest-ist-Blick präsentiert hatte.

Die Tatsache, dass er momentan nur sehr langsam fuhr, lag daher nicht an dem undurchdringbaren Straßendschungel Neukirchens, in dem er sich nur mühsam zurechtfand, sondern an einem Traktor mit Anhänger, der seit etwa dreihundert Metern vor ihm her zockelte und in regelmäßigen Abständen etwas von dem Mist verlor, den er auf seinem Anhänger transportierte. Da aber das Haus von Lukas und Sandra gemäß telefonischer Beschreibung jeden Moment auf der linken Seite auftauchen musste, verzichtete Cornelius darauf, ihn zu überholen.

Hauptstraße 22 – er war am Ziel angekommen. Vorsichtig bog Cornelius in die kiesbedeckte Einfahrt des zweistöckigen Neubaus. Den Baugrund hatte Sandra von ihrer Großmutter geerbt, die sich beharrlich geweigert hatte, ihn der Gemeinde zu verkaufen. Sandra war im Nachbardorf aufgewachsen und liebte – genau wie Lukas – das Landleben. Also hatten sie sich nach fast zwanzig Jahren in der Großstadt entschlossen, nach Neukirchen umzuziehen. Das Haus, das schließlich entstanden war, war zweifellos ein Neubau, dennoch passte es sich mit seinem verwinkelten Baustil, den Holzbalken und grünen Fensterläden wunderbar der ländlichen Umgebung an.

Als Cornelius durch den kleinen Vorgarten auf die Eingangstür zuging, fiel ihm ein, dass der Schlüssel im Gasthaus für ihn hinterlegt war, da Lukas und Sandra bereits seit zwei Tagen in Griechenland waren. Das hatte er vollkommen vergessen.

Er beschloss spontan, das Auto stehen zu lassen und die kurze Strecke zu Fuß zu gehen. Vielleicht lernte er ja gleich seine zukünftigen Nachbarn kennen. Direkt nebenan stand ein stattlicher Bauernhof. Ein gepflegtes und mit zahlreichen Holzverkleidungen versehenes Wohnhaus befand sich auf der zur Nummer 22 angrenzenden Seite. Der große Innenhof mit einem wunderschönen Brunnen trennte es von den Wirtschaftsgebäuden und den Stallungen auf der anderen Seite. Cornelius vernahm das gedämpfte Wiehern von Pferden und entdeckte eine schwarze Katze, die sich vor dem Brunnen in der warmen Nachmittagssonne räkelte. Davon abgesehen war jedoch niemand zu sehen.

In diesem Augenblick hörte Cornelius hinter sich ein energisches Hupen und ein schwarzer Sportwagen, dessen Fahrer ohrenbetäubend laute Musik hörte, donnerte haarscharf an ihm vorbei und raste in den Innenhof. Direkt vor dem Eingang des Wohnhauses kam das Auto mit quietschenden Reifen zum Stehen.

Cornelius war erschrocken zwei Schritte zurückgestolpert und dabei unweigerlich vom Gehsteig auf die Straße getreten, auf der sich soeben ein weiterer Wagen von hinten näherte. Dessen Fahrer wich im letzten Moment aus, versuchte gleichzeitig zu bremsen, kam aber auf der Mistspur, die der Traktor hinterlassen hatte, ins Schleudern und rammte beinahe ein Toilettenhäuschen, das für eine Baustelle am gegenüberliegenden Haus aufgestellt war. Nur wenige Zentimeter davor hielt der Wagen schließlich an.

Dies alles geschah innerhalb weniger Sekunden und so blitzschnell, dass Cornelius nur mit offenem Mund dastand und zu keiner Reaktion fähig war. Erst als der Fahrer des Wagens wutentbrannt ausstieg und schimpfend auf ihn zu rannte, erwachten seine Lebensgeister wieder.

»Was laufen Sie denn mitten auf der Straße herum?«, brüllte der Mann. Er war Mitte fünfzig und hatte hellbraunes, an manchen Stellen schon leicht ergrautes Haar. Während er schrie, blieben seine Augen seltsam leblos. Wie überhaupt sein ganzes Gesicht einen abgekämpften und erschöpften Eindruck machte.

»Beinahe hätte ich Ihretwegen das Auto an diesem Klohäusl angeschrammt. Und wenn es ganz blöd gelaufen wäre, dann hätte ich Sie auch noch überfahren!«

Somit war wenigstens von Anfang an klar, wer beziehungsweise was hier wirklich wichtig war. Es war diese Aussage, die Cornelius endlich seine Stimme und seine Haltung wiederfinden ließ.

»Was kann ich dafür, wenn ich mitten auf dem Gehsteig beinahe von diesem Sportwagen angefahren werde. Irgendwo musste ich ja schließlich hin.« Er deutete auf den Wagen, aus dem soeben ein junger Mann stieg.

Sein Gegenüber erstarrte. Er schien Cornelius, der sich noch einmal entschuldigte, mit einem Mal völlig vergessen zu haben. Dann zuckte er plötzlich zusammen. »Was haben Sie gesagt?«

»Ich sagte, es tut mir leid, dass ich Ihnen so einen Schreck eingejagt habe, aber dieser junge Mann hat mich beinahe angefahren. Im Übrigen bin ich Gregor Cornelius. Ich werde die nächsten vier Wochen im Haus von Lukas und Sandra Albrecht wohnen.«

»Von dem da drin kann ja auch nix Gescheites kommen«, murmelte der Mann geistesabwesend. Doch dann schien er sich zu besinnen, denn nach einer kurzen Pause streckte er seine kräftige Hand aus: »Hartmann, Wolfgang Hartmann. Mir gehört der Hof rechts neben den Albrechts.« Der andere Nachbar also.

»Darf ich Sie zur Entschuldigung vielleicht zu etwas einladen?«, fragte Cornelius. »Ich bin ohnehin auf dem Weg in den Gasthof, weil dort der Schlüssel für mich hinterlegt ist.«

In diesem Augenblick hörte Cornelius Schritte hinter sich. Er wandte sich um und sah, dass der junge Mann langsam auf sie zukam. Die Katze, die den ganzen Tumult zuvor mit Gelassenheit beobachtet hatte, war aufgesprungen und lief jetzt dicht neben ihm. Er lächelte Cornelius freundlich an und streckte ihm sofort seine Hand entgegen.

»Tut mir leid, dass ich Sie so erschreckt hab. Aber ich hab überhaupt nicht damit gerechnet, dass jemand in unserer Einfahrt steht. Alexander Eichinger, aber bitte sagen Sie Sascha zu mir.«

Cornelius war wahrlich kein Experte auf diesem Gebiet, dennoch erkannte selbst er, dass er gerade einem sehr attraktiven Exemplar seiner Spezies gegenüberstand … groß gewachsen, breitschultrig, braun gebrannt und mit der eher seltenen Kombination aus dunklen Haaren und tiefblauen Augen. Er besaß dieses gewisse Charisma, das nicht viele Menschen hatten, das andere aber sofort in seinen Bann zog und zu faszinieren wusste. Cornelius musste zugeben, dass es auch ihm nicht schwer fiel, dem jungen Mann zu verzeihen. Er stellte sich erneut vor und erklärte Sascha, was ihn nach Neukirchen und in die Einfahrt der Eichingers verschlagen hatte.

»Und dann hätte ich beinahe Herrn Hartmann zu einem Unfall genötigt«, schloss er seine Erklärungen ab und deutete auf Wolfgang Hartmann, der die ganze Zeit schweigend daneben gestanden hatte. Dessen Blick hatte sich erneut verdüstert und strahlte zudem plötzlich eine Kälte aus, die Cornelius fast erschreckte.

Für einen kurzen Moment schien auch Sascha Eichinger etwas aus dem Gleichgewicht zu geraten. Sein Lächeln war verschwunden und er vermied es, Wolfgang Hartmann direkt anzusehen oder etwas zu ihm zu sagen. Den Blick abwechselnd auf Cornelius und auf den Boden gerichtet, schwieg er einige Sekunden. Doch dann hatte er sich wieder im Griff.

»Tut mir wirklich leid, dass ich Sie so erschreckt hab. Ich würde Sie gerne auf ein Bier zu uns einladen«, sagte er dann mit einem Blick auf den Bauernhof, »aber wir müssen heute noch aufs Feld. Kommen Sie doch morgen Nachmittag auf den Fußballplatz hinter der Kirche. Wir spielen um drei gegen die Jungs aus Ebersbach und danach gibt’s Freibier für alle.« Er grinste und zwinkerte Cornelius zu. »Hab nämlich vor Kurzem eine Wette verloren.«

Cornelius nahm die Einladung gerne an. Fußball und Freibier – was für eine gute Entscheidung, nach Neukirchen zu kommen! Schuldbewusst musste er kurz an Ramona denken, die davon wenig begeistert wäre.

Erst nachdem Sascha sich von ihm verabschiedet hatte, fiel Cornelius auf, dass Wolfgang Hartmann die ganze Zeit kein Wort gesagt hatte. Auch jetzt blickte er dem jungen Mann nur finster hinterher, ehe er etwas murmelte, das wie »Hauptsache, du hast deinen Spaß!« klang, aber Cornelius war sich nicht sicher, ob er richtig gehört hatte.

»Netter junger Mann, wenn auch ein bisschen ungestüm«, sagte er deshalb vorsichtig, doch Hartmann blieb eine Antwort darauf erspart, denn in diesem Augenblick wurde hinter ihnen laut gehupt.

Ein Traktor war die Hauptstraße entlanggefahren, konnte jetzt jedoch nicht mehr weiter, da Hartmanns Auto immer noch quer auf der Straße stand. An dem weißblauen Band, das an einem der Außenspiegel angebracht war, erkannte Cornelius, dass es derselbe Traktor war, der bei seiner Anreise in Neukirchen vor ihm hergefahren war und den Mist verloren hatte. Seinen Anhänger samt Inhalt hatte er mittlerweile offenbar irgendwo abgestellt.

»Was blockierst denn du mit deinem Auto die ganze Straße?«, rief der Fahrer, ein etwa fünfzigjähriger Mann in schmutzigem Overall und mit einem nicht sehr viel saubereren Gesicht, aus der Fahrerkabine.

»Reg dich wieder ab, ich fahr ja schon weg«, brummte Hartmann. »Das ist übrigens der Leitner Wirt. Aber zum Glück kümmert sich hauptsächlich seine Frau um den Gasthof«, sagte er dann zu Cornelius.

Der Leitner Wirt hatte mittlerweile den Motor abgeschaltet und beugte sich neugierig aus dem Fenster. Das Objekt seiner Begierde war ganz eindeutig Cornelius, und dieser erlöste ihn von seinen Höllenqualen, indem er sich – zum dritten Mal an diesem Tag – vorstellte. Doch jetzt genügte bereits die Erwähnung seines Namens und Leitner wusste – zweifellos durch seine Frau – sofort, um wen es sich handelte. Dies tat er auch lauthals kund.

»Dann sind Sie der Professor aus München, der bei den Albrechts im Haus wohnt!«, rief er triumphierend. »Meine Anna hat mir schon von Ihnen erzählt.«

»Professor?«, fragte Wolfgang Hartmann verwundert. »Sind Sie etwa Arzt?« Aus seiner Stimme war plötzlich Interesse zu hören.

»Nein, nein«, wiegelte Cornelius schnell ab. »Ich hatte bis vor Kurzem einen Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte an der Universität in München, aber jetzt bin ich emeritiert … also im Ruhestand«, fügte er hinzu, bereute diese oberlehrerhafte Erklärung aber sofort.

»Aha.« Hartmanns Begeisterung hielt sich denn auch sichtbar in Grenzen. Cornelius konnte seine Gedanken förmlich lesen. Sein Einstand bei ihm war wahrlich nicht besonders gelungen. Zuerst zwang er ihn beinahe zu einem Zusammenstoß mit einem Toilettenhäuschen und jetzt gab er auch noch den neunmalklugen Wissenschaftler vor ihm ab.

»Waren Sie schon bei meiner Anna, Herr Professor, um sich den Schlüssel zu holen?«, rief der Leitner Wirt. »Unser Gasthaus ist rund um die Uhr geöffnet, müssen Sie wissen. Dort können Sie jederzeit vorbeikommen.«

»Ja, weil deine Anna rund um die Uhr am Arbeiten und Schuften ist«, brummte Wolfgang Hartmann. »Danke für die Einladung, Herr Professor. Vielleicht ein anderes Mal, aber jetzt muss ich noch was erledigen. Auf Wiedersehn«, sagte er dann und ging, ohne den Wirt noch weiter zu beachten, zu seinem Wagen.

Leitner hatte den Motor seines Traktors mittlerweile wieder angelassen. »Wollen Sie mit mir mitfahren, Herr Professor?«

Cornelius lehnte dankend ab. Bis er in das Führerhaus dieses Traktors geklettert wäre, würde er zu Fuß zehnmal am Gasthaus angekommen sein.

»Ich sag dann meiner Anna Bescheid, dass Sie unterwegs sind. Unser Gasthaus ist gleich da vorn auf der rechten Seite, gegenüber der Kirche. Ich bin übrigens Johann Leitner, Landwirt und Eigentümer des Gasthauses Leitner.«

Ich weiß, dachte Cornelius. »Vielen Dank für die detaillierte Wegbeschreibung, Herr Leitner. Ich denke, ich werde Ihr Gasthaus jetzt nicht mehr verfehlen.« Dieses Mal bereute er seinen oberlehrerhaften Ton nicht.

Johann Leitner sah ihn irritiert an. Dann nickte er Cornelius kurz zu und setzte seinen schweren Traktor wieder in Bewegung. Als er langsam die Hauptstraße Richtung Gasthaus entlangfuhr, hinterließen die Räder eine deutliche Dreckspur auf dem Asphalt.

Walpurgisnacht: Niederbayern-Krimi (German Edition)

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