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Kapitel 5

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Und – wie ist er so, dieser Professor Cordelius?«, fragte Carola Schäfer, als sie ihren Sohn und ihre Tochter bei Anna Leitner abholte.

»Cornelius. Er heißt Gregor Cornelius, nicht Cordelius. Und er ist nett, sehr nett sogar. Frag deine Kinder. Denen hat er gleich ein Eis spendiert«, antwortete Anna, während sie gleichzeitig die erste Runde Bier für den Stammtisch zapfte.

Die Gaststube begann sich allmählich zu füllen und Anna war froh, dass die beiden Racker endlich abgeholt wurden. Sie liebte ihren Neffen und ihre Nichte über alles, aber Kinder gehörten nicht in die Gaststube, wo laut diskutiert und politisiert wurde, wo man Karten spielte und Fußball schaute und in der Hitze des Gefechts auch der eine oder andere Ausdruck unterhalb der Gürtellinie fiel. Gerade Sophie hatte Ohren wie ein Luchs und schnappte begierig alles auf, was man in ihrer Gegenwart zum Besten gab. Wörter, die nicht zum Vokabular einer Fünfjährigen gehörten, hatten es ihr besonders angetan.

»Also meinst, dass gut mit ihm auszukommen ist?«

Anna blickte ihre jüngere Schwester verwundert an. »Ja, freilich. Warum denn nicht? Was machst du dir denn auf einmal solche Gedanken?«

Carola blickte sich einmal kurz um, ehe sie im Flüsterton antwortete. Anna musste sich anstrengen, um über den Lärm, den die Männer am Stammtisch machten, überhaupt ein Wort zu verstehen.

»Du kannst dir nicht vorstellen, was bei den Albrechts kurz vor ihrer Abreise los war. Alle fünf Minuten hat jemand aus München angerufen: einmal seine Frau, dann irgendeine Haushälterin, dann wieder seine Frau. Die Frau Albrecht war sich zum Schluss nicht mehr sicher, ob das wirklich so eine gute Idee war, ausgerechnet Lukas’ Patenonkel das Haus anzuvertrauen. Darauf konnte auch nur ein Mann kommen.«

Anna musste unvermittelt lächeln. »Ich möchte nicht wissen, wie oft du deinem Stefan hinterhertelefonierst, wenn der mal nicht zu Hause ist. Ist doch klar, dass seine Frau sich Sorgen macht. Wenn ich da an den Johann denke …« Ihre Miene verdüsterte sich.

Mit einem energischen Ruck hob sie das Tablett mit den gefüllten Biergläsern hoch und ging zum Stammtisch, wo sie bereits sehnsüchtig erwartet wurde. Zurück am Tresen, saß ihre Schwester immer noch dort.

»Überall hat die Frau Albrecht Merkzettel angebracht. Und ich soll ein Auge auf ihn haben, hat sie mir noch zugeflüstert, bevor sie zum Flughafen gefahren sind. Der ist die Sache auch nicht mehr ganz geheuer, da bin ich mir sicher. Aber was soll ich denn zu ihm sagen?«

»Frag ihn halt, ob du ihm bei irgendetwas helfen kannst, wenn du das Gefühl hast, er kommt nicht zurecht.« Anna verlor allmählich die Geduld. »Und im Übrigen sollte die Sandra Albrecht froh und dankbar sein, dass sich jemand für vier Wochen um ihr Haus und die ganzen Handwerker kümmert. Wer hat denn schon so viel Zeit und kann zu Hause alles liegen und stehen lassen? Ich hätte sie hören wollen, wenn sie nicht nach Griechenland hätte mitkommen können.« In Anna brodelte es, während sie die benutzten Biergläser im Spülbecken reinigte. Dass manche Menschen aber auch immer unzufrieden sein mussten. Was würde sie für eine einzige Woche Urlaub in Griechenland oder irgendwo sonst auf dieser Welt geben. Endlich einmal raus aus diesem Haus …

»Was bist denn jetzt auf einmal so sauer? Ich mach mir doch nur Sorgen, dass ich mit diesem Cordelius nicht auskomm.« Carola spürte, dass sie drauf und dran war, mit ihrer Schwester zu streiten.

»Cornelius, nicht Cordelius. Jetzt merk es dir halt mal. Und warum solltest du mit ihm nicht auskommen? Deine Kinder hatten auch keine Probleme. Nimm sie doch einfach mit. Ich hab das Gefühl, er kann sehr gut mit Kindern umgehen.«

»Das wäre mir gar nicht so unrecht«, seufzte Carola. »Ausgerechnet jetzt, wo im Kindergarten die Masern umgehen und der Stefan seinen Fuß noch nicht ganz belasten darf.«

»Apropos Kinder. Die beiden sind beim Daniel Eichinger und spielen im Sandkasten. Das ist auch so ein herzensguter Mensch, auf den man sich hundertprozentig verlassen kann.« Anna klang schon wieder versöhnlicher.

»Daniel ist herzensgut und sein Bruder ein Herzensbrecher. Aber irgendwann werden Sascha seine ganzen Frauengeschichten noch zum Verhängnis, das schwör ich dir.«

*

Gedankenverloren blickte Anna ihrer Schwester nach. In Momenten wie diesen wurden ihr die zwölf Jahre Altersunterschied plötzlich wieder bewusst. Carola das kleine Mädchen und sie die große Schwester, die sie ab und zu an der Hand nehmen musste. Und doch: Was für ein unglaubliches Glück es war, dass sie einander hatten. Als ob sie ihre Gedanken gelesen hätte, kam in diesem Augenblick Amelie Hartmann zur Tür herein. Ihr Anblick machte Anna einmal mehr schmerzhaft bewusst, wie grausam das Schicksal doch mitunter sein konnte.

»Bist du schon wieder da? Ich hab dich erst in einer Stunde zurückerwartet.«

»Ja, ich hab nur kurz was erledigen müssen«, sagte Amelie leise. »Der Papa ist jetzt auch daheim. Auf den Stammtisch hat er sowieso keine Lust. Weißt du eigentlich, wo der Johann ist? Der Baumgartner steht nämlich mit seinem Auto draußen und hat sich nach ihm erkundigt.«

Kaum hatte Amelie den Namen »Baumgartner« ausgesprochen, stellte Anna das Tablett, das sie soeben in die Hand genommen hatte, mit einem Knall auf den Tresen zurück. Amelie blickte sie erstaunt an.

»Nein, ich weiß nicht, wo der Johann ist. Aber mit dem Baumgartner werd ich schon selbst fertig. Kannst du das Tablett bitte an den Vierertisch in der Ecke bringen? Ich bin gleich wieder da.«

Und noch ehe Amelie etwas erwidern konnte, war Anna hinter dem Tresen hervor und an ihr vorbei nach draußen geeilt.

Markus Baumgartner hatte sich gegen seine Mercedeslimousine gelehnt und war so in ein Telefongespräch vertieft, dass er Anna Leitner zuerst gar nicht bemerkte. Obwohl die Temperaturen heute erneut über zwanzig Grad erreichten, trug er einen dunkelblauen Anzug mit dazu passender Weste. Nur die Krawatte hatte er abgelegt und den obersten Kragenknopf geöffnet.

Aber das Aussehen und die Garderobe des Bauunternehmers interessierten Anna Leitner nicht. Er hätte ihretwegen auch im Bademantel oder im Clownskostüm vorfahren können. Letzteres hätte zu seiner Mission sogar noch besser gepasst. Mit verschränkten Armen stellte sie sich vor ihn hin und räusperte sich laut. Baumgartner blickte mit einem verheißungsvollen Lächeln auf, das beim Anblick von Anna Leitner jedoch sofort erstarb. Rasch beendete er das Telefonat und breitete die Arme aus. »Mein liebe Frau …«

»Was machen Sie hier? Hab ich Ihnen nicht gesagt, dass ich Sie hier nicht mehr sehen will.«

»Meine liebe Frau Leitner. Jetzt lassen Sie uns doch nicht schon wieder streiten. Wir …«

»Ich bin nicht Ihre liebe Frau Leitner und ich streite mich auch nicht mit Ihnen, weil Sie sich jetzt von meinem Grundstück entfernen werden. Andernfalls ruf ich die Polizei.«

Baumgartners Laune sank noch mehr in den Keller. »Frau Leitner«, wagte er einen neuen Versuch. »Jetzt lassen Sie uns doch vernünftig sein …« Aber weiter kam er auch dieses Mal nicht.

»Ich bin vernünftig, und zwar vernünftiger, als Sie es je sein werden. Denn sonst hätten Sie nicht versucht, hinter meinem Rücken mit meinem Mann Kontakt aufzunehmen.«

»›Hinter Ihrem Rücken‹, Frau Leitner, wie sich das anhört. Sie tun ja gerade so, als ob ich Sie hintergehen wollte.« Baumgartner wurde der Streit mit diesem sturen Frauenzimmer allmählich zu bunt. Das war das Letzte, was er nach einer anstrengenden Woche gebrauchen konnte.

»Das trifft es sehr genau«, schleuderte ihm Anna wütend entgegen. »Ein allerletztes Mal: Das Feld gehört mir und nicht meinem Mann. Und ich verkaufe nicht! Und ganz bestimmt nicht für Ihren albernen Golfplatz. Und jetzt verschwinden Sie oder ich ruf die Polizei.«

Baumgartner kostete es enorme Überwindung, ohne weiteren Kommentar in sein Auto zu steigen. Mit quietschenden Reifen schoss der Wagen rückwärts auf die Straße und fuhr mit Vollgas davon.

Baumgartner griff instinktiv nach seinem Hemdkragen und öffnete noch einen weiteren Knopf. Er hatte das Gefühl, jeden Augenblick einen Herzinfarkt zu bekommen. Am Ortsende von Neukirchen bog er nicht wie gewöhnlich nach rechts in die Bundesstraße ein, die nach Altenberg und damit auch in sein Büro führte, sondern bretterte mit Vollgas geradeaus auf der wenig befahrenen Nebenstraße weiter. Fünf Minuten später war er am Feld der Leitners angekommen. Der Wagen drohte für einen Moment auszubrechen, da er ihn zu einer waghalsigen Vollbremsung gezwungen hatte. Schwer atmend und mit rasendem Puls stand er schließlich direkt vor dem Acker.

Anna Leitner würde seine Pläne nicht zunichtemachen. Er würde sich gleich morgen nochmals ihren Ehemann vorknöpfen. Der musste sich endlich durchsetzen und sie zu einer Unterschrift bringen, so wie es ihm von diesem Brillenheini versprochen worden war. Es sollte doch alles seit Wochen nur noch Formsache sein, warum wurde es stattdessen immer schwieriger? Aber das hatte man davon, wenn man sich auf andere verließ und sich nicht um alles selbst kümmerte. Sein Blick wanderte vom Feld der Leitners zur nahe gelegenen Wiese der Eichingers und Baumgartner spürte, wie seine Wut neue Dimensionen erreichte.

Anna Leitner war ein Stein in seinem Weg, den er früher oder später entfernen würde. Aber Sascha Eichinger hatte sich zu einem fast unüberwindlichen Fels entwickelt.

»Das ist die Wiesn von meiner Oma, die sie mir vermacht hat. Und die verkauf ich nicht, auch wenn du Schlipsträger dich auf den Kopf stellst. Die Wiesn kriegst du nicht. Und jetzt schleich dich.«

Baumgartner spürte, wie ihm beim Gedanken an den arroganten Jungbauern die Galle hochkam. Dem waren Geld und Wohlstand schon in die Wiege gelegt worden, ohne dass er auch nur einen Finger dafür krumm machen musste. Aber Sascha Eichinger ahnte noch nicht einmal annähernd, mit wem er es jetzt zu tun hatte. Baumgartner würde diese Wiese bekommen und den Golfplatz bauen, da mochte sich dieser Dorfschönling noch so querstellen. Er wollte Krieg – den konnte er haben. Dann würden jetzt eben härtere Geschütze aufgefahren werden.

*

Von den Geschehnissen im Dorf bekam Cornelius nichts mit. Sein Nachmittag verlief weitaus ruhiger, als es nach seinen ersten Stunden in Neukirchen zu erwarten war. Nach Tabea hatte sich auch noch Lukas telefonisch nach dem Wohlbefinden seines Patenonkels erkundigt. Cornelius spielte kurz mit dem Gedanken, Lukas über das angespannte Verhältnis seiner beiden Nachbarn auszufragen, verwarf diesen jedoch rasch wieder, da er direkt von der Ausgrabungsstelle in Griechenland mit ihm telefonierte und zahlreiche Nebengeräusche und Netzausfälle das Gespräch begleiteten.

»Viel Erfolg und viele Grüße an Sandra«, brüllte Cornelius in das Telefon, war sich aber nicht sicher, ob Lukas es noch hörte.

Am Ende seines kleinen Hausrundgangs stand er schließlich im Arbeitszimmer, in dem sich auch Lukas’ Bibliothek befand, die sein Herz natürlich sofort höher schlagen ließ. Cornelius’ Blick wanderte die Regalreihen entlang und blieb schließlich an einem Buch über Keltenschanzen in Bayern hängen. Soweit er sich erinnern konnte, hatte Lukas einmal erwähnt, dass sich nur etwa einen halben Kilometer von Neukirchen entfernt einer dieser rechteckigen Plätze mit Schutzwall und Graben befand.

Begeistert begann er die Ausführungen über die Anlagen zu lesen und war schon bald so in Theorien über mögliche Verteidigungsanlagen, Einfriedungen und Kultstätten vertieft, dass ihn erst das erneute Klingeln seines Mobiltelefons aufschrecken ließ.

Ramona

Sie war auf dem Weg zur Einschiffung im Hafen von Lissabon, von wo aus die dreiwöchige Kreuzfahrt in Kürze beginnen würde. Cornelius überlegte, ob er ihr vom morgigen Fußballspiel zwischen den verfeindeten Dörfern und dem Freibier erzählen sollte, besann sich aber eines Besseren. Irgendetwas sagte ihm, dass dies keine gute Idee war. Er versicherte Ramona stattdessen, dass er ausgezeichnet mit allen Geräten und Vorrichtungen im Haus zurechtkäme, was nicht unbedingt gelogen war, da er bisher weder ein Chaos in der Küche noch einen Kurzschluss oder Ähnliches verursacht hatte.

Genau zwei Stunden später sollte es allerdings so weit sein. Er hatte sich von Ramona verabschiedet, um dann mit hochgekrempelten Hemdsärmeln und voller Optimismus den Herd genauer zu inspizieren. Nachdem er einen Topf mit Wasser auf der eingezeichneten Platte abgestellt und folgsam auf das kleine Feld gedrückt hatte, passierte die ersten Minuten überhaupt nichts. Erst als er sich neugierig über den Herd beugte, spürte Cornelius die abgegebene Wärme. Allerdings wurde diese, aus welchen Gründen auch immer, von der genau gegenüberliegenden Platte verströmt. Er drückte nochmals auf das kleine Eingabefeld. Schließlich schien der Topf an der richtigen Stelle zu stehen und das Wasser begann schon bald munter vor sich hin zu kochen. Er schüttete die Nudeln hinein, rührte sie einmal sorgfältig um und legte den Deckel auf den Topf.

Während er in der angrenzenden Vorratskammer nach der Fertigsauce suchte, auf die er, gemäß Sandras Anweisungen, jederzeit zugreifen sollte, hörte er plötzlich ein verdächtiges Zischen aus der Küche. Schnell rannte er an den Ort des Geschehens, nur um festzustellen, dass der Nudeltopf am Übergehen war. Hektisch suchte er nach einem Geschirrtuch, schmiss dabei den Salzstreuer auf den Boden, der sofort aufging und etwa ein halbes Kilo Salz auf den cremefarbenen Fliesen verteilte, bis es ihm schließlich gelang, den Topf von der Platte zu ziehen. Das war definitiv kein guter Anfang! Doch er würde nicht so schnell aufgeben.

Erst einmal musste das Salz entfernt werden. Cornelius ging wieder in die kleine Vorratskammer, wo er zuvor in der untersten Ablage einen Handfeger und eine Kehrschaufel entdeckt hatte. In diesem Augenblick hörte er allerdings schon wieder das verdächtige Zischen aus der Küche. Was war das?

Wie er feststellen musste, waren die Nudeln schon wieder am Übergehen. Offensichtlich hatte er die andere Herdplatte ebenfalls eingeschaltet. Mit einem abenteuerlichen Spagatschritt, um das Salz nicht noch mehr zu verteilen, hechtete er nach vorne, vergaß aber, als er den Topf anfasste, das Geschirrtuch zu benutzen. Ein stechender Schmerz durchzuckte seine rechte Hand. Mit der Linken schaffte er es irgendwie, nach dem Tuch zu greifen und den Topf schließlich in das Spülbecken zu katapultieren.

Eine verbrannte Hand, ein unappetitlicher Salzwassersee auf dem Herd, eine stattliche Menge Salz quer über den ganzen Küchenboden verteilt und halb gare Nudeln im Spülbecken. Cornelius lehnte sich erschöpft gegen die Anrichte. Was für ein Durcheinander! Der Schmerz in seiner Hand begann sich allmählich in ein unangenehmes Pochen zu verwandeln und er konnte bereits erste Anzeichen einer nicht gerade kleinen Brandblase entdecken. Erst einmal verarzten. Er nahm einige Eiswürfel aus dem Gefrierschrank, wobei er gleich noch eine tiefgefrorene Lasagne entdeckte, deren Zubereitung ihm sofort wesentlich mehr zusagte, als es diese komplizierten Nudeln taten. Man musste sie nur samt Silberverpackung auf einen Teller platzieren und diesen dann in die Mikrowelle stellen. Mit einigen Schwierigkeiten holte Cornelius sie einhändig aus der Pappschachtel. Der Hinweis, dass das benutzte Geschirr unbedingt mikrowellentauglich sein müsse, verunsicherte ihn. Er öffnete den Küchenschrank und inspizierte einige Teller. Woran erkannte er nun, ob diese geeignet waren oder nicht? Er entschied sich schließlich für einen großen beigefarbenen Teller mit Blumenmuster. Dieser schien ihm nicht mehr ganz das neueste Modell zu sein und schon einige Mikrowellengänge mitgemacht zu haben. Cornelius drückte die entsprechende Watttaste und die Lasagne begann sich samt Blumenteller langsam im Kreis zu drehen. Na bitte – es ging doch. Alles halb so wild. In diesem Augenblick blitzte es in der Mikrowelle einmal kurz auf. Ein ohrenbetäubender Knall war zu hören und fast zeitgleich gingen im ganzen Haus die Lichter aus.

Da es mittlerweile relativ spät geworden war, war es auch draußen schon dunkel und nur eine vom Haus relativ weit entfernt stehende Straßenlaterne spendete etwas Licht. Es dauerte einige Sekunden bis sich Cornelius in diesem Halbdunkel zurechtfand. Vorsichtig ging er Richtung Wohnzimmer und tastete nach dem Lichtschalter, doch auch dort blieb alles dunkel. Offensichtlich hatte er mit dem doch nicht so mikrowellentauglichen Blumenteller einen handfesten Kurzschluss verursacht. In welchem Zustand sich dieser und die Mikrowelle momentan befanden, wollte er gar nicht wissen. Dem Knall nach zu urteilen in keinem guten.

Vergeblich versuchte er sich daran zu erinnern, wo er nach dem Gespräch mit Ramona sein Mobiltelefon abgelegt hatte. Da wurde plötzlich kräftig an der Haustür geklingelt, gefolgt von einem energischen Klopfen. Wahrscheinlich hatte er mit seiner Mikrowellenaktion im halben Dorf einen Stromausfall verursacht. Cornelius rechnete bereits mit einem aufgebrachten Wolfgang Hartmann und öffnete entsprechend widerwillig die Tür. Er wusste im ersten Augenblick nicht, was ihn mehr erleichterte: die Tatsache, dass in dem kleinen Haus schräg gegenüber Licht zu sehen war, oder der Anblick einer jungen Frau mit üppigen blonden Locken und einem freundlichen Lächeln statt des übel gelaunten Nachbarn von Hausnummer 24.

»Guten Abend. Ich bin Valerie Dahlmann von gegenüber.« Dabei zeigte sie auf das lichtdurchflutete Haus.

»Bitte entschuldigen Sie die späte Störung, aber ich war gerade an der Mülltonne, als ich einen furchtbaren Knall bei Ihnen hörte und es plötzlich dunkel wurde. Da wollte ich fragen, ob alles in Ordnung ist oder ob Sie vielleicht Hilfe brauchen?«

»Sie schickt der Himmel«, war alles, was ihm im ersten Moment einfiel.

Walpurgisnacht: Niederbayern-Krimi (German Edition)

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