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Das eigene Handeln reflektieren

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Auch die Frage, warum wir etwas tun oder nicht tun, steht vor der Frage, was wir tun können. Das heißt: Zunächst Gedanken sortieren, Haltung überdenken und erst dann handeln. Denn wenn wir für uns selbst unser eigenes Verhalten und Handeln verstehen und dann auch erklären und begründen können, können wir auch die Beziehung zu unseren Kindern stimmig gestalten. Leider nehmen wir uns im Alltag für die Selbstreflexion häufig zu wenig Zeit: Oft sind wir deshalb unentschlossen, reagieren zu schnell und überlegen vor unserer Entscheidung nicht genau, auf welcher Grundlage wir sie treffen.

Die 8-jährige Veronika ist aufgeregt, weil sie mit ihrer Familie in den Urlaub fahren wird. »Kann ich noch schnell heißes Wasser in die Thermoskanne füllen und Apfeltee für die Reise machen, Mama?« Ihre Mutter schaut vom Koffer hoch, den sie gerade zu schließen versucht. »Nein, finde ich nicht gut.« – »Warum nicht?«, fragt Veronika. »Ich bin auch vorsichtig im Auto.« – »Nein!«, beharrt ihre Mutter. Veronika guckt verständnislos. »Schade …«, sagt sie enttäuscht.

Ihre Mutter schaut hoch: »Warum eigentlich nicht?«, beginnt sie einen inneren Dialog mit sich. »Warum will ich das jetzt nicht?«, fragt sie sich prüfend und findet folgende Antworten:

»… weil ich die Befürchtung habe, dass die Zubereitung zu lange dauern könnte, und wir jetzt zügig los wollen?

… weil ich nicht will, dass Veronika in der Küche mit heißem Wasser oder im Auto mit heißem Tee hantiert?

… weil ich gerade gestresst und angestrengt bin und nicht in Ruhe darüber nachdenken kann, ob es sinnvoll ist, Tee mitzunehmen?«

»Mama, das Wasser im Kocher ist schon etwas abgekühlt«, ruft Veronika, als ob sie die Gedanken ihrer Mutter gelesen hätte. »Ich könnte schnell die Teebeutel reinhängen und mache die Kanne auch nicht ganz voll, dann können wir unterwegs warmen Tee trinken. Papa fährt doch, da kannst du mir beim Einschenken helfen, damit nichts danebengeht.«

»Eigentlich eine gute Idee«, schließt Veronikas Mutter ihren inneren Dialog ab und entscheidet sich um. »Ja, du hast recht, Veronika. Das ist eine gute Idee, wenn das Wasser schon etwas abgekühlt ist und die Kanne nicht ganz voll ist, dann können wir das so machen.«

Veronikas Mutter konnte hier in einem inneren Dialog mit sich selbst in einigen Sekunden das WARUM für ihren ersten Entschluss (»ich will es nicht«) überprüfen. Und sie konnte sich auf dieser Basis schließlich anders entscheiden (»gute Idee«). Neben dem Warum ist aus meiner Sicht jedoch auch das WIE entscheidend (»reagiere ich wertschätzend oder grob?«). Die Situation hätte auch so ausgehen können:

»Nein«, denkt Veronikas Mutter. »Ich möchte es jetzt einfach nicht, meine Bedenken sind zu groß und es ist mir gerade zu viel.« Sie ist innerlich entschieden und antwortet: »Veronika, eigentlich eine gute Idee! Für eine andere Fahrt. Wir haben jetzt schon Getränke im Auto. Das nächste Mal denken wir früher dran.«

Veronikas Mutter vertritt hier freundlich ihren Standpunkt und ist geduldig geblieben. Das gelingt uns nicht immer – und doch ist es grundlegend im Umgang mit Kindern. Mir ist wichtig, dass wir darauf achten, wie wir miteinander umgehen, unabhängig davon, zu welchem Resultat wir gekommen sind. Beide Lösungen sind nachvollziehbar und doch so verschieden.

So einfach, wie wir es gerne hätten, ist es mit den vermeintlich richtigen Lösungen also nicht. Denn es geht immer darum, eigene Wege für sich zu begründen und dabei auch die Individualität der einzelnen Beteiligten zu berücksichtigen. Alles andere würde menschlichen Beziehungen und dem Leben mit Kindern nicht gerecht! So sind wir also auf der Suche nach Orientierung und die vielen gut gemeinten Ratschläge – aus Büchern, dem Internet, von der Oma, von Freunden … – führen meistens nur zu einem: zu Ratlosigkeit.

Ratlos? Das ist auch eine Chance!

Aber ratlos zu sein, das ist nicht schlimm! Ratlosigkeit ist zwar kein schönes Gefühl, denn es macht uns erst mal hilflos und manchmal auch handlungsunfähig. Wir können Ratlosigkeit aber auch nutzen – als Chance, Platz für neue Gedanken zu schaffen. Niemand weiß immer alles und schon gar nicht sofort. Gerade in der heutigen Zeit, in der wir oft ruhelos durch das Leben hetzen und ständigem, rasantem Wandel ausgesetzt sind. Wir können – und dürfen – also auch einmal innehalten und uns Zusammenhänge anschauen. Es ist erlaubt, ratlos zu sein! Denn dann können wir überlegen, was uns wirklich wichtig ist. Aber früher, da wussten doch alle immer alles ganz, ganz genau! Oder? Da schien es klar, wie man mit Kindern umgeht. Warum also erscheint es heute so schwierig? Es liegt im Wesentlichen am gesellschaftlichen Wandel: Das Frauen- und Mutterbild hat sich stark verändert. Frauen sind heute viel häufiger berufstätig. Die Scheidungszahl ist gestiegen, die Geburtenrate ging zurück und es haben sich neue nicht eheliche Lebens- und Wohngemeinschaften mit und ohne Kind herausgebildet. Wir haben es also heute mit einer größeren Vielfalt von Familienformen zu tun. Das heißt auch: Es gibt keine allgemeingültigen Werte mehr. Die Vorstellung, so und nicht anders hat Familie zu sein, so und nicht anders müssen Kinder erzogen werden, ist überholt. Das verunsichert Eltern natürlich. Diese Entwicklung eröffnet andererseits jedoch die Möglichkeit, persönliche Vorstellungen herauszubilden und neue Lebenskonzepte zu entwerfen.

Kennen Sie noch den Satz aus Ihrer Kindheit: »Das macht man nicht!«? Bestimmt! Dieses unpersönliche MAN mit seinen unendlich vielen Regeln und Normen, die es transportiert, lässt kaum Raum zum Hinterfragen. Und obwohl wir es heute anders machen wollen, bestimmt das »Man« ganz oft noch unser Handeln im Umgang mit Kindern. »Das macht man nicht!« ist ein immer wiederkehrender, unterschwelliger Vorwurf, den Eltern ihren Kindern häufig unbewusst machen. Er symbolisiert überkommene Werte wie Gehorsam, Anpassung und Unterwerfung. Allerdings wissen wir heute sehr viel mehr über die kindliche Entwicklung und darüber, was Kinder brauchen. Deshalb fühlen wir uns auch nicht mehr wohl mit einem autoritären Erziehungsstil. Wir wollen einfühlsame und verständnisvolle Eltern sein. Dieser Rollenwechsel ist eine Herausforderung!

Die authentische Elternpersönlichkeit

Wir stellen heute vieles, was früher für den Umgang mit Kindern gegolten hat und was wir selbst vielleicht noch erlebt haben, infrage. Wenn wir uns die Geschichte der Erziehung anschauen, dann ist das auch notwendig. Das ist die gute Nachricht! Und was ist die schlechte? Die »schlechte« Nachricht ist, dass wir nun selbst unseren Weg als Eltern suchen müssen, dass wir uns aufmachen müssen, neue Werte und Prinzipien zu finden, zu erproben und zu leben. Werte, die zu uns und unserer Familie passen! Das Positive daran: Wir müssen das nicht nur, wir DÜRFEN es auch! Wir verstecken uns nicht mehr hinter dem »Man«, sondern zeigen uns mit unserer gesamten Persönlichkeit, unserem Gefühl und so auch mit unseren vermeintlichen Schwächen. Das ist erst mal neu und ungewohnt, denn wir sind dadurch auch angreifbar und müssen uns selbst hinterfragen und hinterfragen lassen. Für Kinder jedoch ist es wesentlich, dass wir Eltern für sie sichtbar sind, denn sie wollen wissen, was wir denken und fühlen. Sie brauchen glaubwürdige, authentische Eltern.

» UNSERE KINDER BRAUCHEN ELTERN, DIE VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN, DIE IHRE EIGENEN GRENZEN KENNEN UND DIE AUTHENTISCH SIND. «

Was unsere Kinder brauchen

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