Читать книгу Welpen-Erziehung - Katharina Schlegl-Kofler - Страница 26
3 Die Sozialisierungsphase
ОглавлениеWenn der Welpe die Augen nach und nach öffnet – das dauert ein bis zwei Tage –, beginnt diese neue, wichtige Entwicklungsphase. Sie dauert bis etwa Ende der 16./18. Lebenswoche. Das Gehirn des Welpen ist in diesen Wochen ganz darauf ausgerichtet, neue Eindrücke und Erfahrungen zu verarbeiten und nachhaltig zu speichern. In der Natur dient diese Zeit dazu, dass der Welpe sich ein Bild von seinem Lebensraum macht. Er lernt, was Artgenossen sind und wie sie aussehen, riechen usw. Er lernt, welche Gefahren es gibt, was man fressen kann und was nicht und welche Regeln im Zusammenleben mit den Rudelgenossen gelten. Dies alles lernt er prägungsähnlich. Denn er muss es sein Leben lang wissen. Da dieses prägungsähnliche Lernen zeitlich begrenzt ist, lässt sich Versäumtes später nicht immer nachholen, und auch Negatives bleibt nachhaltig im Gehirn verankert. Diese Aspekte sind für die Erziehung und Ausbildung besonders wichtig und sehr nützlich, wie Sie noch sehen werden.
Auch Regeln und Grenzen sind schon im Welpenalter wichtig für das Zusammenleben und den Bindungsaufbau.
Die Umwelt entdecken
Sobald sich die Augen geöffnet haben, fängt der Welpe an, seine Umwelt bewusst wahrzunehmen. Auch die anderen Sinne nehmen nach und nach ihre Arbeit auf. Das Hundekind beginnt zu hören und kann mehr und mehr Gerüche wahrnehmen. Die körperliche Entwicklung geht Hand in Hand mit der des Gehirns. Je mobiler der Welpe wird, umso größer wird sein Interesse an der Umwelt. Seine Beinchen tragen ihn allmählich immer besser, wenngleich seine ersten Gehversuche noch so aussehen, als hätte er zu tief ins Glas geschaut. War bisher die Wurfkiste ihre Welt, merkt die Welpenschar allmählich, dass es auch außerhalb noch etwas gibt. Langsam tasten sich die Hundekinder zum Ausgang der Wurfkiste vor. Nicht jeder ist gleich mutig, aber irgendwann überwiegt die Neugierde, und der Mutigste traut sich in die »weite Welt« hinaus. Bald folgen die anderen. Nach kurzer Zeit herrscht ein reges Kommen und Gehen, und die ersten beginnen, die Wurfkiste gezielt zu verlassen, wenn sie mal »müssen«. Schnell erweitern sie nun ihren Radius und nehmen den gesamten Welpenauslauf in Beschlag. Ist dieser mit wechselnden Spiel- und Erkundungsmöglichkeiten, etwa einem Wackelbrett, einem Tunnel, Spielzeugen, die verschiedene Geräusche machen, ausgestattet, können die Welpen ihrem Erkundungsdrang frönen und dabei ihr Selbstvertrauen sowie Motorik und Koordination trainieren.
Innerartliches Sozialverhalten
Die Welpen beginnen jetzt auch, sich mit den Geschwistern zu beschäftigen, und spielen bereits miteinander, anfangs noch auf wackeligen Beinchen. Aber sie werden von Tag zu Tag sicherer, und bald sind wilde Balgereien im Gang. Dabei üben die Welpen ihr innerartliches Sozialverhalten. Ein Teil ist angeboren, manches muss aus Erfahrungen gelernt werden. Wenn in der dritten Woche die Milchzähne langsam durchbrechen, lernen die Kleinen zum Beispiel, »mit Gefühl« zu spielen. Denn zwickt man Bruder oder Schwester zu fest, wehren die sich oder beenden das Spiel.
Sozialpartner Mensch
Noch etwas ganz Wichtiges passiert jetzt: Ab der dritten Lebenswoche nehmen die Welpen bewusst den Menschen wahr und wedeln mit dem Schwänzchen, wenn man sie streichelt oder anspricht. Gehört der Mensch von nun an fest zum täglichen Leben des Welpen, wird der Zweibeiner zum wichtigen Sozialpartner. Deshalb wird ein guter Züchter dafür sorgen, dass seine Kleinen regelmäßig Kontakt zu Erwachsenen und Kindern haben. Allerdings immer unter Aufsicht, damit etwa Besucher richtig mit den Hundekindern umgehen. Welpen, die dagegen isoliert und ohne oder mit nur wenig Menschenkontakt aufwachsen oder gar schlechte Erfahrungen machen, haben hier oft Defizite.
Das Wesen
Jeder Welpe hat von Geburt an eine bestimmte Grundveranlagung. So gibt es etwa besonders mutige, die immer vorn dabei sind, wenn es etwas Neues zu entdecken gibt. Dann gibt es solche, die die mutigen Geschwister vorlassen, aber durchaus auch dabei sind. Andere wiederum beobachten ein wenig abseits von den anderen und warten erst einmal ab.
Und es gibt auch Welpen, die von klein auf eher vorsichtig sind und zum Beispiel bei lauten Geräuschen zunächst Schutz suchen. Es gibt »wildere« Welpen und sanfte, eigenständigere und solche, die schon von klein auf sehr führig sind. Neben dieser Grundveranlagung kommen noch die vielen Erfahrungen mit Menschen und der Umwelt dazu, die das Wesen des Welpen formen. Wobei Hunde, die von Natur aus ein stabiles Nervenkostüm und Gelassenheit zeigen, auch mit unangenehmen Erfahrungen und Stress besser zurechtkommen als sensible oder vorsichtige Vierbeiner.