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Gauner-Freitag, Teil I

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Ella?«, stießen Chris und Finny fast gleichzeitig hervor.

Shari blieb der Mund offen stehen. Blue lief vor Ärger rot an. Und ich verfehlte das Frisbee, das gerade auf mich zuschoss. Es traf mich voll an der Stirn. Aua.

»Ja, genau. Ella«, wiederholte Barry, während ich mir die Stirn rieb. »Und Carmen bekommt auch eine wichtige Rolle, klar?«

Produzent und Regisseurin bissen die Zähne zusammen. »Wir denken drüber nach«, presste Chris hervor. Er wusste ebenso gut wie wir, dass Ella bei der Abstimmung nicht allzu gut abgeschnitten hatte.

Auch unser rotblondes, durchtrainiertes Hammerhaimädchen Carmen hatte sich in Hörweite herumgetrieben, rein zufällig natürlich. Sie wirkte ebenso geschockt wie die beiden Filmemacher. »Aber … ich will gar nicht mitspielen!«, rief sie hinüber.

Verdattert blickte Barry sie an. »Oh, ich dachte …«

»Trotzdem lieb, dass du mir den Gefallen tun wolltest«, brummte Carmen. »Wenn ich die Beleuchtung, den Ton und so was machen könnte, fände ich das cool. Ginge das?«

Finny und Chris tauschten einen kurzen Blick. »Natürlich gerne«, sagte Chris sichtlich erleichtert. »Danke, dass du dich um die Technik kümmerst.«

»Dürfen ich und Juna den Schnitt machen?«, mischte sich Izzy ein, die in der Nähe herumgelungert hatte. Da sie es bunt mochte, trug sie gerade ein scharlachrotes indisches Gewand; ihre braunen Haare waren verwuschelt, wahrscheinlich hatte sie wieder mal vergessen, sich zu kämmen. »Oh bitte! Ich hab schon mal mit diesem Schnittprogramm gearbeitet und kenne mich ein bisschen damit aus …«

Chris blickte skeptisch drein, er wusste natürlich, dass die Fliegender-Fisch-Wandlerin unsere chaotischste Schülerin war. Doch er zögerte nur kurz, dann lächelte er Izzy und Juna an. »Geht klar. Total nett von euch, dass ihr das machen wollt.«

Ich wusste, dass er Izzy mochte – er hatte sie sogar mal, ohne uns zu fragen, zu unserem Geheimversteck mitgenommen. Und genau dort, im Wrack, mussten wir uns nun wieder einmal zur Krisensitzung treffen. Es tat mir im Herzen weh, wie traurig uns Jasper hinterherschaute. Hoffentlich klappte das mit dem U-Boot, damit wir ihn in Zukunft mitnehmen konnten!

Kaum waren wir runtergetaucht und hatten uns im rostigen, immer etwas feuchten Innenraum verwandelt, da schimpfte Finny auch schon los. »Dieser stinkende, halb verdaute Hering, was fällt dem ein, uns zu erpressen? So was Dreistes habe ich noch nie erlebt! Man müsste Barry jede Schuppe einzeln abziehen!«

»Ich bin dabei«, sagte ich grimmig. »Nur weil der Typ eine Kamera hat, denkt er, er kann unseren Film sabotieren? Anscheinend haben Barrakudas mehr Zähne als Gewissen!«

Chris, Blue und Noah schimpften ebenfalls, was ihre Menschenlungen hergaben.

Nur eine sagte nichts. Diejenige, um die es hier ging und die sich wahrscheinlich vergeblich auf ihre Hauptrolle gefreut hatte. Schließlich wandte ich mich direkt an Shari und versuchte, ihr die Stimmung vom Gesicht abzulesen.

»Was hältst du von der ganzen Sache?«, fragte ich sie.

»Ach, weißt du, vielleicht ist es besser so.« Shari sah nicht so traurig aus, wie ich erwartet hatte. »Klar habe ich mich drauf gefreut mitzuspielen. Aber es ist nicht mein Lebenstraum oder so. Bis vor ein paar Monaten wusste ich nicht mal, dass es Leute gibt, die vorgeben, jemand anders zu sein, und davon sogar leben können.«

Chris stutzte. »Stimmt. Ein seltsamer Beruf, wenn man drüber nachdenkt. Du wirst dafür bezahlt, dass du nicht du selbst bist.«

»Darauf kommt es hier überhaupt nicht an!« Finny war immer noch auf hundertachtzig. »Die Frage ist, gehen wir auf diesen Deal ein oder nicht?«

»Haben wir denn eine Wahl?«, fragte Noah zurück. »Falls wir keine andere Kamera auftreiben können, müssen wir die Kröte schlucken.«

Trotz allem musste ich grinsen. »Die Python, meinst du wohl. Können wir nicht ein Casting machen, bei dem Ella zeigen muss, was sie draufhat? Vielleicht kann sie noch weniger schauspielern als ich.«

Finny verdrehte die Augen. »Halten wir noch mal fest, dass Tiago nicht weiß, ob er schauspielern kann.«

»Also ich finde, Ella hat eine Chance verdient«, meldete sich überraschend die ruhige dunkelhaarige Blue zu Wort. »Kann ja sein, dass sie es toll macht.«

Shari hatte von Anfang an nachdenklich gewirkt. Nun blickte sie ernst in die Runde. »Blue hat recht. Bitte lehnt Barrys Angebot nicht wegen mir ab, okay? Es macht mir wirklich nicht viel aus.«

Gerührt nahm ich ihre Hand und drückte sie. Das war echt edel von ihr – durch unsere enge Verbindung spürte ich, dass sie sehr wohl enttäuscht war.

»Na gut«, sagte Chris zögernd. »Aber wenn die junge Lennox die ganze Zeit über die Zicke vom Dienst gibt, bin ich so frei, sie im Drehbuch umzubringen und durch jemand anderes zu ersetzen!«

Wir mussten grinsen. »Du bist der Chef«, sagte ich. »Das ist deine Chance, Gott zu spielen. Viel Spaß dabei.«

Vielleicht hätte ich das nicht sagen sollen. Aber woher hätte ich denn wissen sollen, was er vorhatte? Mir fiel nur auf, dass sein Grinsen ein bisschen seltsam aussah.

»Woher hat Barry eigentlich das Geld für einen so abgefahrenen Camcorder? Und ich habe neulich gesehen, wie er Carmen ziemlich wertvollen Schmuck geschenkt hat«, warf ich in die Runde. Wenn es einen guten Kandidaten für krumme Dinger gab, dann wohl jemanden, der über Ella mit Mrs Lennox zu tun hatte. Es konnte gut sein, dass die Anwältin auch bei dieser Sache mit drinhing. Die Lennox war im Gegensatz zu Carl Bittergreen eine Wandlerin, sie wusste, was Woodwalker und Seawalker für Fähigkeiten hatten … und hatte bestimmt viele Ideen, wie man sie missbrauchen konnte. Ich fragte die anderen: »Ist euch irgendwas an Barry aufgefallen in letzter Zeit? War er anders oder hat er andere Sachen gemacht als sonst?«

»Nee, er war genauso unausstehlich wie sonst.« Endlich war das sonnige Shari-Lächeln zurück. »Wieso?«

Also erzählte ich es auch ihnen. Ich wusste, dass ich bei meinen Ermittlungen Hilfe brauchen würde. Natürlich blickten meine Freunde ebenso geschockt drein wie Mr García noch vor kurzer Zeit. »Also, Barry traue ich das zu … aber sonst niemandem«, meinte Noah. »Wer würde sich denn auf so was Mieses einlassen?«

Wir zuckten die Schultern.

»Kommt, wir schwimmen zurück, schließlich musst du am Drehbuch weiterarbeiten, Chris«, meinte Shari.

»Zu Befehl.« Chris sprang auf und tat so, als würde er salutieren, was durch seinen langen, schlaksigen Körper besonders witzig aussah. Nie hatte jemand weniger nach Soldat ausgesehen als er, dazu trugen auch die regenbogenfarbenen Schwimmshorts bei.

Die anderen Leute in unserer Klasse nahmen es grummelnd auf, dass Ella in Chris’ Film die weibliche Hauptrolle spielen würde, aber nachdem ihnen Finny klargemacht hatte, dass keine Ella auch keinen Film bedeuten würde, akzeptierten es alle mehr oder weniger.


Als Ella erfuhr, dass die Hauptrolle ihr gehörte, schlug sie die Hände vor den himbeerfarben geschminkten Mund und riss die Augen auf, als hätte sie gerade einen Tyrannosaurus Rex gesehen. Unglaublich theatralisch. Ich merkte sofort, dass Barry sie schon darauf vorbereitet hatte. »Oh mein Gott, ich?«, quiekte sie. »Die Hauptrolle? Das – ist – der – Wahnsinn! Das ist … Schicksal!«

»Nein, Erpressung«, sagte Chris, der nicht sehr beeindruckt wirkte von ihrer Show. »Sag deinem Kumpel schöne Grüße und wehe, er baut Mist als Kameramann.«

Shari drehte sich um und ging ohne ein Wort davon. Ich holte sie ein und legte ihr den Arm über die Schultern. Ja, sie war enttäuscht, aber sie würde nicht darüber reden, so viel war klar.

Eigentlich hatten wir das Wochenende zusammen verbringen wollen, um endlich in Ruhe auszuprobieren, wie das mit dem Küssen ging, aber Sharis Eltern bestanden darauf, dass sie mit ihnen einen Meeresausflug machte. Also freute ich mich erst mal auf unseren Wild Thing Friday – die Partyvorbereitungen waren schon voll im Gange. Mara mixte eine Bowle, Leonora stimmte ihre E-Gitarre und Polly bereitete zusammen mit Linus Snacks vor. Shari, Jasper und ich hängten eifrig Dekorationen auf – da es jetzt im Herbst früher dunkel wurde, würden die bunten Glühbirnen richtig was hermachen. Auf dem Schulgelände duftete es nach Fischfrikadellen und frisch gebackenen Maismehl-Muffins mit Paprika. Miss White schleppte Kästen mit Limonade heran und Mr Clearwater eine große Schüssel mit Fruchtgummi-Kraken – es gab tatsächlich so was wie Fruchtgummi-Kraken?!

Ah, da war mein Freund aus Miami!

»Na, Alter, wie geht’s?«, fragte mich Rocket, als er in Jeans, mit schwarz-orangefarbener Windjacke und mit dem Rucksack über der Schulter angeschlendert kam. Jetzt, wo ich wusste, dass er in zweiter Gestalt eine Ratte war, fragte ich mich, wie ich es hatte übersehen können. Er hatte ein spitzes Gesicht, schlammfarbene Augen und eindrucksvolle Vorderzähne.

»Kann nicht klagen«, behauptete ich und lächelte Rockets Oma Sally Albright zu, die neben ihm ging.

»Hi, Tiago«, sagte sie gut gelaunt. »Ich soll dich von Orange Juice grüßen. Der wollte leider nicht mitkommen, er mag keine Partys.«

Ich musste lächeln. Ihr flauschiger Kater wäre hier sowieso fehl am Platze gewesen, er hasste Wasser fast genauso sehr wie Carag, der Puma-Wandler aus der Clearwater High, der schon ein paarmal bei uns zu Gast gewesen war. »Grüße zurück. Und, feierst du mit, Sally? Unsere Band hat noch kein Saxofon.«

Unsere Vermieterin winkte ab. »Um Himmels willen, ich bin noch nicht gut genug, um in einer Band zu spielen. Stattdessen nehme ich schnell noch einen Drink mit eurem netten Schulleiter.«

»Mach das«, sagte Rocket. Er wusste, dass Sally mit unseren Lehrern blendend auskam. Die hörten fasziniert zu, wenn sie Geschichten aus ihrer Zeit als Jagdfliegerin auf einem Flugzeugträger erzählte, und revanchierten sich mit Anekdoten über das Leben im Meer.

Wir blickten Oma Sally beide nach, als sie in Richtung Hauptgebäude davonging.

»Hast du ihr inzwischen erzählt, dass sie eine Wandlerin ist?«, fragte Shari, die zugehört hatte.

»Nee.« Rocket verzog das Gesicht. »Ich traue mich nicht. Normalerweise hab ich ja kein Problem mit meiner zweiten Gestalt, aber ich frag mich schon, was sie von mir denken wird. Wer möchte schon einen Ratten-Enkel haben?«

»Vielleicht ist sie selbst auch eine Ratte, damit ist das Problem gelöst«, meinte ich.

»Sie ist garantiert ein Flugtier, schließlich ist sie Pilotin«, widersprach Rocket.

»Kann sein.« Ich betrachtete seinen Rucksack. »Was hast du alles dabei?«

Shari machte große Augen. »Wieder eine Ladung Eis am Stiel für alle? Das war echt lecker …«

Rocket gab mir den Rucksack, der mich durch sein Gewicht sofort halb auf den Boden zog. Mein Freund grinste Shari und mich an. »Na, wonach fühlt sich das an? Nach Eis?«

»Höchstens nach Eis mit eingefrorenem Mammut drin!«, ächzte ich.

»Haha, das wäre cool, dann könnten wir nachher Mammutsteak auf den Grill werfen. Wo ist das U-Boot? Im Schuppen, oder?« Mein Freund war schon auf halbem Weg dorthin, bevor ich dazu kam, ihm nachzuhasten. Shari winkte mir zu und schlenderte davon, denn Blue und Noah warteten schon auf sie.

Hingerissen betrachtete Rocket das Vehikel, das unser Riffhai-Klassenkamerad aus dem Meeresschutzgebiet geholt hatte. »Prachtstück, sag ich nur! Los, wir schaffen es in die Werkstatt, da können wir es viel besser aufschrauben.«

»Und? Meinst du, du kannst es so umrüsten, dass man es von innen steuern kann?«

»Pinkelt ein Wal ins Meer? Nein, im Ernst, ich hab keine Ahnung.«

Wir wickelten eine Plane um das Ding und baten ein paar Leute, uns mit dem Transport zu helfen. Zu dritt verfrachteten wir es auf den Arbeitstisch, an dem Rocket sich schon erfolgreich mit dem defekten Außenborder duelliert hatte. Sofort schnappte sich Rocket einen Schraubendreher. Er brauchte keine Minute, um den Akku zu finden und die Stromversorgung des U-Boots zu fixen. Sofort erwachte es zum Leben, der Propeller drehte sich und eine grüne Leuchte begann zu blinken.

»Na also, es lebt noch«, sagte Rocket zufrieden. »Mal schauen, wie die Steuerung so funktioniert …«

Gebannt schaute ich ihm zu und reichte ihm das Werkzeug, als wäre er ein Chirurg und ich sein Assistent. »Zange!« – »Bitte schön.« – »Phasenprüfer!« – »Kommt sofort.«

Wir vergaßen die Zeit, während wir arbeiteten. Schließlich richtete sich Rocket auf und wischte die ölverschmierten Hände an einem Lappen ab, der vor langer Zeit mal ein Sea-World-T-Shirt gewesen war.

»Passt! Ich kann es so umbauen, dass es sich von innen steuern lässt«, sagte er. »Ein paar Tage brauche ich dafür aber mindestens und ich muss mir ein paar Spezialteile im Internet bestellen.«

»Kein Problem. Wir bekommen hier in der Schule ja seit Neustem Taschengeld.« Ich spähte ins Innere des Vehikels. »Jasper und du, ihr seid beide klein genug, um reinzupassen. Aber wie kommt ihr wieder raus? Die Klappe ist von außen verschraubt.«

»Hm ja, das ist ein Problem. Ich denke mir was aus. Das wird der Hit, du wirst sehen. Zwanzig Meter tief kommt das Ding mindestens, wenn nicht dreißig.«

Doch der Hit war erst mal etwas anderes. Wir hörten es selbst im hintersten Winkel des Hauptgebäudes, als draußen die Party begann und unsere Schulband loslegte.

»Nichts wie hin, oder?«, fragte Rocket und ich nickte.

»Nichts wie hin!«

Doch kaum hatte die Musik begonnen, brach sie auch schon wieder ab und endete in einer kreischenden Rückkopplung. Moment mal! Was ging denn da ab?

Seawalkers (5). Filmstars unter Wasser

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