Читать книгу Green New Deal als Zukunftspakt - Katja Kipping - Страница 9

[18] 2. CORONA UND KLIMA: WAS HAT DAS MITEINANDER ZU TUN? Wake-up call

Оглавление

„Ich sage meinen Aktionären immer: Corona is a wakeup call, also ein Weckruf. Sehen Sie, wie schnell die Regierung im Lockdown in der Lage war, Freiheitsrechte einzuschränken. Glauben Sie ja nicht, dass sie nicht auch ans Eigentumsrecht rangehen würden, wenn es ernst wird mit dem Klimaschutz. Schon deshalb müssen wir jetzt von uns aus auf klimagerechtes Bauen hinwirken.“1 Diese Worte von einem Vertreter eines großen Immobilienkonzerns fielen bei einer digitalen Diskussionsrunde Anfang 2021 an der London School of Economics zum Thema Nachhaltigkeit. Natürlich ging es ihm darum zu verdeutlichen, wie sehr sein Unternehmen auf ökologische Belange achtet. Doch diese Worte lassen auch aus einem anderen Grund aufhorchen. Sie erinnern an die Polemik von Jan Fleischhauer in Reaktion auf den Aufruf #ZeroCovid. Dieser Aufruf aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft schlägt eine europaweite Strategie im Kampf gegen Corona vor. Anstatt die Infektionszahlen nur etwas einzudämmen, sollen sie Richtung null gedrückt werden. [19] Man tritt Fleischhauer nicht zu nahe, wenn man ihn als ausdrücklich Nichtlinken und Anhänger des Marktliberalismus bezeichnet. Aus dieser Position heraus kritisierte er an #ZeroCovid, dass es sich hier um den „Beginn im Kampf um eine neue Wirtschaftsordnung handelt“.2 Dabei findet es Fleischhauer besonders erschreckend, dass „die neue postpandemische Gesellschaft […] eine Gesellschaft sein wird, in der die Profitlogik ausgehebelt ist“.3 Während die gesellschaftliche Linke noch miteinander stritt, wie sie es mit dem Lockdown hält, hatte die andere Seite den Knackpunkt der Sache also längst ausgemacht. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass Fleischhauer und Co. das als Gefahr markieren, was als Chance gesehen werden könnte.

Um den Kollaps von Krankenhäusern und Krematorien zu vermeiden, griff die Regierung während der Coronakrise in alltägliche Abläufe entschieden ein, sogar teilweise in die unternehmerische Freiheit. Nicht jeden dieser Eingriffe heißen wir gut. Besonders die Schlagseite der Infektionsschutzmaßnahmen ist kritikwürdig. Die Hauptlast der Kontaktbeschränkungen wurde den Privathaushalten, dem Einzelhandel, der Kultur und der Gastronomie auferlegt, während die Vorschriften in der restlichen Arbeitswelt, z.B. in den großen Versandzentren von Amazon oder den riesigen Schlachthäusern, die sich schnell als Ansteckungsherde [20] erwiesen, weiterhin mehr oder weniger unverbindlich blieben.

Es zeigte sich aber dennoch deutlich, wie schnell tiefe Eingriffe möglich sind und Milliardenbeträge aktiviert werden können, wenn der politische Wille vorhanden ist. Kann diese kollektive Erfahrung als Ankerpunkt, ja als Ansatzpunkt für das dringend notwendige sozialökologische Umsteuern fungieren? Garantien dafür gibt es keine, bis auf die eine: Wenn wir es nicht versuchen, werden wir definitiv scheitern. Aber wollen wir es den Gegner:innen des sozial-ökologischen Umbaus wirklich so einfach machen? Vor allem angesichts der Komplizenschaft, die sich abzeichnet, wenn man einen Blick auf die organisierte Klimaleugnerszene wirft – und zwar hierzulande wie jenseits des Atlantiks. Besonders gut illustriert das die Geschichte des Heartland Institut.

Green New Deal als Zukunftspakt

Подняться наверх