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2. Kapitel

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Nach vierzehn Stunden auf den Beinen war Declan O’Sullivan am Verhungern. Sein Dienst hatte ihn den ganzen Tag auf Trab gehalten. So hatte er keinen Gedanken daran verschwendet, sich nach der Arbeit umzuziehen. Sein blauer Rock und der Knüppel am Gürtel wiesen ihn als Polizisten aus, und vermutlich lag es an seiner Uniform, dass ihm die entgegenkommenden Passanten bereitwillig Platz machten, wie Wasser, das um einen Felsen herumströmt. Möglicherweise aber wollten sie genauso wie er nur schleunigst aus dem elenden Schneesturm heraus.

Die Temperaturen waren schlagartig um zehn Grad gefallen. Dazu kamen der Sturm und das dichte Schneetreiben. Am kommenden Tag würden die Morgenblätter wieder voll mit Nachrichten über erfrorene Menschen sein. Declan hatte früher nicht einmal geahnt, dass die Winter in New York so bitterkalt sein konnten. Inzwischen war er eines Besseren belehrt worden.

Sein Ziel war ein viergeschossiges Haus aus rotem Backstein, über dessen Eingang auf einem roten Schild RESTAURANT geschrieben stand. In den oberen Etagen konnte man billige Zimmer mieten, unten standen kleine runde Tische hinter den Fenstern und luden zur Einkehr ein. Während die Hochbahn ungeachtet des furchtbaren Wetters vorbeidonnerte, nahm Declan am letzten freien Tisch Platz und klopfte sich den Schnee von der Uniform. Speisekarten gab es nicht. Ein Plakat neben der Tür wies jedoch darauf hin, dass jedes Essen fünfundzwanzig Cents kostete.

Ein Kellner mit weißer Schürze trat an seinen Tisch. Unter dem buschigen roten Vollbart zeichnete sich ein breites Lächeln ab. »Guten Abend, Declan. Eine fürchterliche Kälte, was?«

»Das kannst du wohl laut sagen. Schlimmer kann es im berüchtigten Sibirien auch nicht sein. Ich glaube, ich habe vor lauter Kälte heute Nacht sogar auf Russisch geträumt.«

»Dann wollen wir zusehen, dass wir dich rasch wieder aufwärmen. Was soll heute Abend das Deinige sein, Declan?«

»Ich hätte gern ein Beefsteak, bitte.«

»Medium wie immer?«

»Aye. Sag mal, was macht dein schlimmes Ohr, Ian?«

»Frag lieber nicht. Die Schmerzen treiben mich beinahe die Wände hoch und wollen einfach nicht vergehen.«

»Versuch es mit einem warmen Senfwickel. Meine Grandma hat uns Kindern damit geholfen, wenn wir zu lange im Wind unterwegs waren und Ohrenschmerzen hatten.«

»Das werde ich probieren. Inzwischen würde ich sogar Pferdepisse trinken, wenn das nur helfen würde.«

»Das wage ich zu bezweifeln.«

»Ich auch.« Der Kellner grinste schief. »Nimmst du einen Kaffee zu deinem Beefsteak?«

»Aye.«

»Kommt sofort.«

Während der Kellner davoneilte, lehnte sich Declan auf seinem Platz zurück und ließ den Blick schweifen, mehr aus Gewohnheit, denn aus wirklichem Interesse an seiner Umgebung. Der Anblick war jeden Abend derselbe.

An den Nachbartischen beugten sich Gäste über ihre Teller und schlangen ihr Essen hinunter, als gälte es einen Preis zu gewinnen. In New York schien es jedermann eilig zu haben. Immer. Je mehr sich der Tag dem Abend zuneigte, umso belebter wurde die Straße draußen. Niemand schien Anstoß an dem stürmischen Schneetreiben zu nehmen. Tausende Familienväter waren von der Arbeit heimgekehrt. Es war Brauch, nach dem Abendbrot einen Spaziergang mit Frau und Kindern zu machen und dabei die Einkäufe für den kommenden Tag zu besorgen. Paare strebten zu den Theatern und Varietés. Matrosen drängten in die Clubs und Bordelle. Sie liefen vornübergebeugt und stemmten sich gegen den Wind, kaum mehr als muskelbepackte Schemen im dichten Flockenwirbel.

Bei schönem Wetter fanden Orgeldreher und fahrende Musikanten an jeder Straßenecke ein dankbares Publikum. Dann boten Fruchthändler und Zuckerwarenverkäufer ihre Waren feil. Die pyramidenartig aufgestapelten Produkte lockten in der schummrigen Kienspanbeleuchtung zum Kauf. An diesem Abend blieben sie jedoch fern. Vermutlich wären sie im Schneetreiben ohnehin nur über den Haufen gerannt worden.

Declan hatte einem mageren Zeitungsjungen eine Depesche abgekauft und schlug sie nun auf. Das Papier war feucht und wellte sich, aber die Nachrichten waren durchaus noch lesbar. Das Abendblatt strotzte von schauerlichen Sensationen: Hausbrand in der Canal Street. Rattenplage im Kindergarten der Grace Church. Ein Toter bei einem Bankraub.

Er klappte das Blatt zusammen, weil der Kellner heraneilte – auf dem ausgestreckten Arm eine Pyramide aus hoch aufgetürmten Schüsseln und Schüsselchen balancierend, mit einer Selbstverständlichkeit, als sei für ihn das Gesetz der Schwerkraft aufgehoben. Er schob Declan die oberste Schüssel hin, die über die Tischdecke schlitterte und exakt vor ihm stehen blieb. In gleicher Art folgte eine Schale mit Kartoffeln. Die Tasse Kaffee stellte Ian ab. Anschließend legte er ihm ein rotes Pappstück mit dem gestempelten Aufdruck 25 Cents hin. Das war die Rechnung.

Declan nahm sich ein Besteck aus dem Humpen in der Tischmitte. Vor dem Fenster lief eine junge Frau in einem dunklen Paletot vorüber. Ihr Hut war verrutscht, und ihr kämpferisch vorgerecktes Kinn gefiel ihm. Sie schien in großer Eile zu sein und war an ihm vorbei, ehe er einen längeren Blick auf ihr Gesicht erhaschen konnte. Ihr langer Rock jedoch stach ihm ins Auge, denn er war von der Farbe weichen Mooses. Der Anblick versetzte ihm einen Stich, denn es glich dem, was er in New York am meisten vermisste: das weite Grün seiner irischen Heimat.

Hastig verbannte er die Erinnerungen in den hintersten Winkel seines Verstandes. Er tat besser daran, die Vergangenheit zu vergessen, und zwar für immer.

Declan stach gerade sein Messer in das Beefsteak, als von draußen ein spitzer Schrei hereinklang: »Meine Handtasche! Er hat meine Handtasche gestohlen!«

Eine silberhaarige Lady löste ihren Arm von dem ihres Begleiters und deutete die Bowery hinunter. Der junge Mann neben ihr konnte kaum älter als dreizehn Jahre sein und blickte verwirrt drein. Eine große Hilfe würde er ihr nicht sein.

Declan folgte ihrem Fingerzeig. Ein hagerer Mann in zerlumpter Kleidung schob sich hastig durch die Menge – unter dem Arm eine reizende, mit Blumen bestickte Tasche, die nicht zum Rest seines Aufzugs passen mochte. Declan sprang von seinem Stuhl auf. Verflixt noch mal! Den Burschen kannte er doch! Das war Seamus Flannigan, ein Galgenstrick, der sich gern an den Docks herumtrieb und schon öfter verhaftet worden war. Seamus besaß die Gabe, sich aus fast jedem Schlamassel herauszureden. Bisher war er einer längeren Haftstrafe immer entgangen.

Declan bedachte sein Abendessen mit einem bedauernden Blick, warf zwei Münzen auf den Tisch und stürmte los, um den Tunichtgut zu verfolgen. Er riss die Tür des Restaurants auf und schnappte nach Luft, weil ihm eine eisige Böe entgegenfauchte. Seamus war hochgewachsen und überragte die meisten Passanten um Haupteslänge, daher war er leicht zu verfolgen. Declan schob sich durch das Getümmel, sprang mit einem Satz über einen Stapel Kisten, die vor einem Laden lagerten, und schwenkte über auf die Straße. Sich zwischen einer Straßenbahn und einem Automobil hindurchschlängelnd, näherte er sich dem Flüchtenden. Seamus spähte im Rennen über seine Schulter, aber er schaute nur auf den Bürgersteig, nicht auf die Straße. So entging ihm, dass Declan näher kam.

Gleich hatte er ihn! Mit einem Satz sprang der junge Polizist dem Flüchtenden auf den Rücken und brachte ihn zu Fall. Seamus fluchte wie ein Matrose, aber das half ihm nicht. Die Handtasche rutschte ihm aus den Fingern. Declan zerrte die Handschellen aus seinem Gürtel und fesselte seinem Gefangenen die Hände, ehe er wieder aufstand und Seamus mit sich auf die Füße zog.

»Diesmal reicht es für das Arbeitshaus«, knurrte er. »Richte dich auf mehrere Monate bei Wasser und Brot ein.«

Seamus verzog das Gesicht, als hätte er soeben einen vereiterten Zahn in seinem Mund entdeckt. »Komm schon, Declan, lass mich gehen. Du kennst mich doch.«

»Eben darum weiß ich, dass du überfällig bist.«

»Soll ich unserem schönen Land wirklich zur Last fallen?«

»Das wirst du nicht, keine Sorge. Du wirst arbeiten. Vermutlich wird das eine völlig neue Erfahrung für dich.«

Seamus lachte dunkel und schien nicht im Mindesten besorgt zu sein. »Sag bloß, du nimmst es mir immer noch übel, dass ich damals bei der reizenden Betty Erfolg hatte und du nicht? Das ist Jahre her und war in einem anderen Leben. Betty ist vermutlich längst verheiratet und hat ein halbes Dutzend Kinder mit irgendeinem netten Farmer. Vergiss sie endlich.«

»Es geht nicht um Betty, sondern um das Gesetz. Du hast jemanden bestohlen, Seamus.«

»Eine Dame mit einem Pelzkragen und eleganten Lederschuhen, die vermutlich dreimal mehr als meine gesamte Habe gekostet haben. Sie wird die Tasche nicht vermissen.«

»Das glaubst du doch wohl selbst nicht.«

»Sie besitzt höchstwahrscheinlich mehr Geld, als wir beide in unserem ganzen Leben verdienen können. Es wird ihr nicht fehlen, glaub mir. Hör zu, ich bin wie dieser Robin Wood.«

»Du meinst Robin Hood?«

»Das Schlitzohr, das den Reichen nimmt und den Armen gibt.«

»So siehst du dich also, Seamus? Als Wohltäter? Und welchem armen Schlucker hast du deine Beute zugedacht?«

»Mir natürlich.« Die grünen Augen des Iren blitzten.

»Dir ist wirklich nicht mehr zu helfen.«

»Muss man auch nicht. Ich helfe mir schon selbst. Du darfst mir nur keine Steine in den Weg legen, Declan.«

»An Steine denke ich auch nicht. Eher an Gitterstäbe.«

Seamus zuckte zusammen. »Lass mich gehen, Declan. Wir teilen uns, was auch immer wir in der Tasche finden. Nimm es und geh zu Jolene und ihren Mädchen. Lass dich ein paar Stunden verwöhnen. Vielleicht bist du dann nicht mehr so verkrampft, als hättest du deinen eigenen Knüppel im …« Weiter kam er nicht, weil Declan ihn am Kragen fasste und ihn damit zum Schweigen brachte.

»Ge milis am fìon, tha e searbh ri dhìol«, knurrte er.

Seamus gab ein Geräusch von sich, das halb Stöhnen, halb Lachen war. »Der Wein ist süß, das Zahlen bitter«, übersetzte er. »Ist das wieder eine Weisheit deiner Grandma Molly?«

»Wage es nicht, ihren Namen in den Mund zu nehmen.«

»Warum denn nicht? Sie war eine kluge Frau. Ich mochte sie. War verdammt schade, dass sie damals verunglückt ist. Ohne sie war unser Dorf nicht mehr dasselbe.«

Ein wütender Schmerz zerriss Declan beinahe die Brust. Seine Grandma hatte ihn aufgezogen. Ihr Tod hatte eine Lücke hinterlassen, die sich nicht schließen mochte.

Seamus kniff die Augen zusammen. »Sie war eine gute Frau. Anständig. Deine Mutter war anders, nicht wahr?«

Declan brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen, der das Wasser im Hafen zu Eis hätte erstarren lassen können.

In diesem Augenblick holten die Dame mit dem Pelzkragen und ihr Begleiter sie ein. Beide atmeten keuchend. Der Bursche bückte sich, hob die Tasche auf und klopfte Schnee und Schmutz von ihr ab, ehe er sie schnaufend an die Ältere weiterreichte.

Sie drückte ihre Habe an sich und atmete hörbar aus. »Haben Sie vielen Dank. Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn Sie meine Tasche nicht gerettet hätten. Da drin ist unser Geld für den ganzen kommenden Monat. Hier, bitte, nehmen Sie das.« Sie klappte die Tasche auf und zog einen Geldschein heraus.

Declan schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht annehmen. Ich habe nur meine Pflicht getan.«

Seamus stülpte bedauernd die Lippen vor. Es war unmöglich zu sagen, ob er Reue empfand oder vielmehr Enttäuschung über die entgangene Beute.

»Du kommst jetzt mit mir«, sagte Declan und packte seinen Gefangenen fester, um ihn abzuführen. In diesem Augenblick krachte es ganz in der Nähe. Ein Schuss? Er war selbst über das Tosen des Sturms hinweg zu hören. Alarmiert fuhr Declan herum. Woher war das gekommen? Aus einem der Geschäfte? Nein, aus dem Park!

Schreie gellten. Passanten stoben eilig davon, drängelten und verschwanden in den Bars und Etablissements, welche die Straße säumten. Da! Noch ein Schuss! Und noch einer!

Oh, verdammt noch mal! Er musste nachsehen, was da los war! Declan löste eine Handschelle seines Gefangenen und führte dessen Arme um die Straßenlaterne herum, ehe er ihn wieder fesselte. »Du rührst dich nicht vom Fleck, hast du mich verstanden?«

Seamus verdrehte die Augen.

Declan warf der Lady noch einen Blick zu. Sie war kalkweiß und bebte vor Aufregung und wohl auch vor Entrüstung. Er tippte sich an die Mütze, ehe er mit langen Schritten losstürmte. Der Park war nicht weit. Wenige Minuten später tauchte er zwischen die dicht stehenden Stämme von Ulmen, Weiden und Kiefern ein. Sein Blick suchte die Umgebung ab, aber in dem Flockenwirbel schien alles weiß zu sein. Er konnte niemanden erkennen.

Da raschelte es plötzlich zu seiner Linken.

Sein Herzschlag vervielfachte sich. All seine Sinne waren in Alarmbereitschaft. Er hatte schon zu viel Leid auf den Straßen gesehen und wusste, wie zerbrechlich ein Leben war. Er zog den Knüppel aus dem Gürtel und näherte sich dem Gestrüpp. Zwischen den Zweigen konnte er eine schmächtige Gestalt ausmachen. Es war einer der Zeitungsjungen, die sich für ein paar Cents am Tag die Füße wundliefen und abenteuerliche Schlagzeilen brüllten, um Käufer anzulocken. Die Stiefel des Kindes starrten vor Dreck, und seine blaue Hose mit den Hosenträgern hatte mehr Flicken, als der Himmel Sterne zählte. Eine Jacke schien er nicht zu besitzen, zumindest trug er keine, und das bei diesem Wetter. Das Gesicht des Jungen war so schmutzig, dass man die Züge darunter nur erahnen konnte. Er drückte einen Armvoll Depeschen an seine Brust.

»Tun Sie mir nichts, Mister!«, rief er angstvoll aus.

»Ich werde dir bestimmt nichts tun. Hast du gesehen, wer hier geschossen hat?«

»Das nicht. Nein.«

»Oder auf wen geschossen wurde?«

»Eine Miss und ein junger Mann waren es. Sie hat geblutet. Er hat sie weggetragen.« Die Zähne des Jungen klapperten aufeinander. Ob vor Angst oder vor Kälte war schwer zu sagen.

»Hat der Mann auf sie geschossen?«

»Das glaube ich nicht. Er war auch verletzt.«

»Und wo sind sie hingegangen?«

»D-da lang!« Ein zittriger Zeigefinger wurde ausgestreckt und deutete tiefer in den Park hinein.

»Halte dich hier versteckt, bis ich wiederkomme und dir sage, dass du rauskommen kannst. Hier bist du sicher. In Ordnung?«

»V-verstanden, Sir.« Der Junge nickte und zog sich tiefer in das Gestrüpp zurück.

Declan wandte sich in die Richtung, die ihm das Kind gezeigt hatte, und stürmte los. Tief hängende Zweige peitschten sein Gesicht und zerrten an seiner Uniform, der Sturm stach wie Nadelstiche in sein Gesicht, wirbelte ihm Schnee in die Augen und machte ihn beinahe blind. Aber er achtete nicht darauf. Seine Sinne waren hellwach, und er nahm jedes Geräusch, jede Bewegung auf. Vor ihm gabelte sich der Weg durch den Park.

Wo lang nun? Wo lang?

Declan spähte umher, erhaschte links eine Bewegung und eilte los. Ein Mann krümmte sich im Schnee. Als er Declan bemerkte, wollte er sich hochstemmen, sank jedoch sogleich zurück auf den Boden. Auf seinem Hemd und dem abgewetzten Jackett zeichneten sich dunkelrote Flecken ab. Er war so bleich, dass seine dunklen Augen unheimlich zu glühen schienen. Ein struppiger grauer Bart wucherte an seinem Kinn. Er rollte ein Stück rückwärts weg, kam jedoch nicht weit.

»Bleiben Sie liegen. Ich muss mir Ihre Verletzung ansehen.« Declan beugte sich über den Mann und strich das Jackett zur Seite. Blut quoll ihm entgegen. Viel Blut. Declan hatte genügend Verletzungen in seinem Leben gesehen, um zu ahnen, dass diesem Mann nicht mehr zu helfen war. »Wo ist die Frau?«

»Das … sage ich … nicht.« Die Stimme des Mannes war so rau, als würde sie über ein Waschbrett gezogen. Neben ihm lag ein Revolver im Schnee. Ein 38-er. Declan hob ihn auf und schnupperte daran. Die Waffe war vor Kurzem abgefeuert worden. Er klappte sie auf. Drei Patronen fehlten.

Drei Schüsse. Drei Kugeln. Declan stutzte. Hatte der Zeitungsjunge nicht von einem jungen Mann gesprochen? Dabei konnte es sich unmöglich um diesen Verletzten handeln. Der Mann vor ihm hatte die fünfzig längst überschritten. »Sie waren das, nicht wahr? Sie haben die Schüsse abgefeuert. Aber was ist dann passiert? Haben sich Ihre Opfer gewehrt?«

»Die beiden?« Ein heiseres Gelächter schüttelte den Bärtigen, ging jedoch gleich darauf in ein schmerzerfülltes Stöhnen über. »Die könnten mich nicht verletzen. Dazu sind sie nicht fähig.«

»Aber wer dann? Wer hat das getan?«

»Er war es … hat sich abgesichert. Hat jemanden geschickt, der dafür sorgt, dass ich den Mund halte. Ich … hätte es wissen müssen.« Seine Stimme wurde leiser, war kaum noch zu verstehen.

»Wer hat auf Sie geschossen? Sagen Sie es mir!«

»Das würden Sie mir doch nicht glauben.«

»Lassen Sie es auf einen Versuch ankommen.«

»Es war …« Der Verletzte bäumte sich auf. Blutiger Schaum tropfte von seinen Lippen. Er wollte noch etwas sagen, aber sein Kopf sackte zur Seite. Er war tot.

Declan starrte ihn stumm an, wollte das Offensichtliche nicht wahrhaben, doch von diesem Mann waren keine Antworten mehr zu erwarten. Ein gedungener Mörder war tot. Das lag für ihn auf der Hand. Der Fremde hatte eine Frau und einen Mann umbringen sollen – und dafür mit seinem Leben bezahlt. Damit taten sich mehrere Fragen auf: Wo waren die beiden Menschen, die er töten sollte? Und wer hatte ihn auf dem Gewissen? Sein Auftraggeber? Dieser Verdacht lag für Declan nahe. Aber welcher Mann heuerte einen Mörder an und brachte diesen dann auch um?

Jemand, der eine Menge zu verlieren hat. Jemand mit genügend Macht und Einfluss, um einen Mord mit einem zweiten zu vertuschen. Oh, das gefällt mir gar nicht.

Declans Blick schweifte umher, suchte einen Anhaltspunkt. Irgendeinen Hinweis, dem er nachgehen konnte, um den Verantwortlichen zu finden. Und wo waren die beiden Opfer abgeblieben?

Ich werde Verstärkung rufen. Wir müssen hier alles absuchen. Es ist möglich, dass die beiden Opfer entkommen sind. Dann wird der Unbekannte es höchstwahrscheinlich nicht darauf beruhen lassen. Wenn wir den Auftraggeber nicht erwischen, könnte es noch mehr Tote geben.

Ich habe ein ganz mieses Gefühl …

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