Читать книгу Stumme Zeugen - Katrin Fölck - Страница 8
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„Hat Ihnen Ihre Frau vor Ihrem Verschwinden vielleicht etwas erzählt, was Ihnen seltsam vorgekommen ist?“, befrage ich Keith Woodward zum Tod seiner Frau.
Er zuckt mit den Schultern: „Was sollte das Ihrer Meinung nach denn sein?“
„Ist sie vielleicht von jemandem angesprochen worden? Fühlte sie sich beobachtet, wurde sie gar verfolgt?“
„Nein, nichts dergleichen.“, schüttelt Keith Woodward den Kopf.
„Wissen Sie, warum sie das Haus verließ? Wo sie hinwollte?“
„Ich habe meine Frau nicht kontrolliert, Detektiv. Sie war ein freier Mensch, konnte tun und lassen, was sie wollte. Ich habe wirklich keine Ahnung. Es war alles wie immer.“
„Hat sie vielleicht ein Notizbuch, wo sie ihre Termine eingeschrieben hat?“
„Ja, sowas hat sie. Das Buch hat sie immer bei sich, in ihrer Handtasche. Und die haben Sie ja sicherlich nicht bei ihr gefunden. Sonst würden Sie mich jetzt nicht danach fragen.“
„Hatte sie mit jemandem Streit? Wurde sie bedroht? Gestalkt?“
„Detektiv, ich habe wirklich keine Ahnung. Becci und ich, wir haben uns geliebt. Sie hat mir vertraut. Sie wäre wirklich mit jedem Problem zu mir gekommen und hätte mir davon erzählt…“
Ich entlasse ihn aus der Befragung, da mir klar ist, dass bei dieser Unterhaltung nichts herauskommt. Außerdem sehe ich Rebecca Woodwards Ehemann deutlich seine Erschöpfung an. Er ist am Ende.
„Danke, Mister Woodward. Wir melden uns bei Ihnen, sobald wir etwas Näheres wissen.“
8
„Al, warte mal…“, stoppt mich Sully Dienstagmorgen. „Möglicherweise habe ich da etwas... Du hast doch gesagt, es könnte sich bei unserem Täter um eine Frau handeln, die keine Kinder bekommt und sie sich durch den Mord an den schwangeren Frauen holt…
Ich hatte letzte Nacht genug Zeit, als ich hier die Stellung gehalten habe. Jedenfalls bin ich die Straftäterkartei der letzten Jahre durchgegangen. Mir ist da etwas aufgefallen: Es gab vor einiger Zeit einen äußerst bizarren Fall. Ich war zu der Zeit noch nicht hier, aber Einige unserer Abteilung könnten sich vielleicht noch daran erinnern: Es ging um eine Frau, die ein Neugeborenes von der Geburtenstation entführte… Das ist jetzt ungefähr drei Jahre her.“
„Gut gemacht!“, lobe ich ihn und gebe ihm einen Klapps auf die Schulter. „Hast du den Namen der Frau?“
„Ja, warte…, gleich… Die hatte so einen komischen Namen. Irgendwas mit ´nem Vogel.“
„Wie?“, frage ich.
„Na ja, wie ein Vogel halt.“, wiederholt er und beginnt auf seinem Schreibtisch nach etwas zu suchen. „Ich hatte doch…, wo ist denn der blöde Zettel…“
Als Sully ihn nicht findet, beginnt er auf der Tastatur seines Computers rumzuhämmern. „Nightingale…, Hawk…, Sparrow…“, murmelt er vor sich hin, während er weiter die Tasten bearbeitet. „Bingo! Finch. Sue, Sue-Ann… Da hab ich` s: Susan Finch.“
Sully überfliegt am Bildschirm eilig den Text des Tatbestandes und anschließend den Bericht über die Verurteilung. Schließlich gibt er mir eine kurze Zusammenfassung: „Susan Finch hatte sich in den Kopf gesetzt, ein Baby zu stehlen, nachdem sie erfahren hatte, dass sie keine eigenen Kinder haben kann, um es daraufhin als ihr eigenes auszugeben. Das Krankenhaus, aus dem sie das Baby von der Geburtenstation entführte, wurde per Kamera überwacht, so dass leicht herausgefunden werden konnte, dass sie das Kind mitgenommen hatte. Da sie nicht gerade mit außerordentlich hoher Intelligenz ausgestattet war, brachte sie das Kind in ihre Wohnung. So konnte das Baby schon innerhalb des nächsten Tages wieder an die leibliche Mutter übergeben werden. Die zum Tatzeitpunkt zweiunddreißigjährige Täterin wurde dem Haftrichter vorgeführt. Sie wurde in einer geschlossenen Anstalt für psychisch Kranke verwahrt und therapiert.“
Sully stutzt, macht eine Pause: „Die Strafe müsste sie zwischenzeitlich allerdings verbüßt haben… Leider steht in dieser Akte nichts darüber, ob sie mittlerweile aus der Einrichtung entlassen wurde.“
Er sieht mich an: „Es wäre doch gar nicht so abwegig, dass sie ihren Entschluss von damals gar nicht wirklich aufgegeben hat. Vielleicht hat sie einen Komplizen gefunden, der das mit dem Baby für sie erledigt?“
„Gut möglich.“, merke ich an. „Ich geh dem mal nach. Hast du eine Adresse für mich?“
Sully reicht mir einen Zettel, auf dem er alles notiert hat, was er an Informationen für mich aus der Akte finden konnte.
Nach einem kurzen Anruf weiß ich, dass Susan Finch tatsächlich vor zwei Monaten aus der Klinik entlassen wurde. Die weiterführende psychologische Behandlung, die Grundvoraussetzung für die Entlassung von Susan Finch war, hatte eine Psychologin namens Malgorzata Katschinsky übernommen.