Читать книгу Zahltag - Katrin Fölck - Страница 4
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ОглавлениеDie Sonne thront über allem.
Sie ist unerbittlich.
Ich habe das Gefühl, dass der Boden unter mir schwankt. Wahrscheinlich ist meine Wahrnehmung gestört, von der Gehirnerschütterung, die ich beim Überschlag mit meinem Wagen davon getragen haben musste.
Irgendwie ist mir schlecht. Und schwindlig.
Ich erinnere mich an das Blut, das zugeschwollene Auge, die unerträglichen Schmerzen im Knie.
Neugierig versuche ich, etwas durch mein leicht geöffnetes rechtes Auge zu erfassen, was um mich herum passiert. Doch dafür muss ich den Kopf anheben. Das ist wegen der Schmerzen im Nacken nahezu unmöglich für mich.
Ich sehe die Sonne über mir, die mich blendet, und Sand und lasse mich erschöpft wieder zurücksinken.
Es schaukelt. Vor und zurück. Irgendwie scheine ich mich fortzubewegen. Jedoch, ohne selbst etwas dafür zu tun.
Als das Schaukeln endlich aufhört, sehe ich nur durch einen winzigen Spalt des geöffneten rechten Auges eine Gestalt, die in ein langes Gewand oder einen Schleier gehüllt zu sein scheint. Ich sehe nur ihre Umrisse. Das Gesicht liegt im Dunkeln.
Ich weiß nicht, wo ich bin. Wahrscheinlich dem Himmel näher als der Erde.
…Die Mutter Gottes gekommen, um mich zu empfangen…
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Es ist stockdunkel.
Ich höre seltsame Laute. Lang gezogen. Klagend. Und Stimmen.
Ich liege auf dem Rücken, auf etwas Weichem.
Meine Finger versuchen bereits zu ergründen, was es ist. Es könnte Fell sein oder eine Decke.
Jemand hatte mich gefunden.
Über mir die Weite des Sternenhimmels. Vor mir das Knistern und Flackern eines Feuers mit dem typischen Geruch von verbranntem Holz.
Immer wieder dämmere ich weg.
Mal kürzer, mal länger.
Ich erinnere mich an den Sturm, den Sand um mich herum, der mich langsam, aber stetig einschließt.
In meiner Panik beginne ich zu schreien.
Nein. Ich will nicht sterben… Ich will hier nicht begraben sein.
Kurz darauf spüre ich die sanfte Berührung einer Hand, die meine Wange streift, bevor sie dann einige Zeit auf meiner Stirn verweilt.
Doch wahrscheinlich halluziniere ich da bereits schon, des Flüssigkeitsmangels wegen.
Von weitem dringt der Gesang eines Engels zu mir. Ich verstehe kein Wort davon, was er singt.
Ich muss im Himmel sein.
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Ich sehe in das Gesicht eines wunderschönen Mädchens, das sich über mich beugt. Ihr Antlitz ist so makellos, wie ich kaum eines je gesehen habe.
Und ich habe wirklich schon viele schöne Mädchen gesehen. Sehr viele.
Sie jedoch ist wirklich außergewöhnlich.
Doch mehr noch sind es ihre Augen.
Sie sind honigfarben.
Ihre Stimme, die zu mir durchdringt, ist nicht von dieser Welt. Die Melodie, die sie anstimmt, so fremdartig, unglaublich melancholisch und dennoch wunderschön.
Ich spüre, wie mein Kopf leicht angehoben wird, bevor mir etwas eingeflößt wird, das ganz eigenartig schmeckt und mich dennoch so unbeschreiblich leicht ins Land des Vergessens führt.