Читать книгу Zahltag - Katrin Fölck - Страница 8
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ОглавлениеDie Abreise unserer Karawane verzögert sich.
Die Kamele müssen erst mit sämtlichen Utensilien und Besitztümern bepackt werden, bevor sich die Gruppe zum letzten Teilstück ihrer Reise aufmacht.
Als letztes wird das Kamel, das mich transportieren soll, mit Fellen ausgepolstert, bevor mich zwei der Männer aus der Höhle holen und dann mit Hilfe der Anderen zwischen den Höckern des Kamels in Position bringen. Jedoch nicht, ohne mich noch festzubinden, damit ich nicht herunterstürze.
Khadija kommt mit einem Becher in der Hand zu mir. „Hier, trink das.“, sagt sie, während sie mir das Gefäß reicht.
„Was ist das?“, frage ich.
„Tee mit kif. Du kennst es schon. Du würdest die Schmerzen sonst nicht aushalten…“
Ich führe den Becher an die Lippen. Ich rieche Pfefferminze und sehe, wie sich die Milch mit dem Tee vermengt. Im ersten Moment schmeckt noch die Süße des Zuckers vor. Der Rest, der folgt, ist einfach nur widerwärtig. Auch, wenn ich den Geschmack nicht mag, die Wirkung ist überragend.
Unter schwankenden Bewegungen werde ich sanft in`s Land der Träume geschaukelt.
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„Sch.“, höre ich die Stimme Khadijas, als ich wieder zu mir komme. Sie steht neben meinem Kamel und hält ihres und meins am Zaumzeug fest.
„Alles gut?“, fragt sie.
Ich bin verwirrt, weil ich gar nichts davon mitbekommen habe, wie lange wir bereits unterwegs sind und wo wir uns mittlerweile befinden.
Ich sehe, dass die Sonne kurz überm Horizont steht.
Geht sie unter? Oder geht sie gerade wieder auf?
Das Sitzen erschöpft mich.
Aus einiger Entfernung kommt eine Staubwolke auf uns zu. Es ist eine Gruppe von fünf Reitern.
„Sei still und sag keinen Ton, hörst du? Keinen! Egal, was passiert!“, sagt Khadija, bevor sie mir ein weiteres Tuch um den Kopf wickelt, so dass ich jetzt aussehen muss wie eine Mumie.
„Tuareg.“
Ich weiß nicht, was das bedeutet, aber in ihrer Stimme schwingt etwas mit, das ich als Angst deute.
Die Kamele werden zusehends unruhiger und geben Geräusche ähnlich einem Schnauben oder Wiehern ab.
Das Hufgetrappel kommt schnell näher und mit ihm die schwarzen Reiter, deren Gewänder sich farblich von Nahem als dunkelblau heraus stellt. Sie preschen Sand aufwirbelnd heran und umkreisen unsere Karawane, die damit zum Stehenbleiben gezwungen wird.
Eine der Gestalten, wahrscheinlich der Anführer der Gruppe, schreit etwas. Einer unserer Karawane antwortet ihm. So geht das einige Male hin und her. Bis einer der Tuareg sich meinem Kamel nähert, das immer noch von Khadija am Zaumzeug festgehalten wird. Er zerrt an den Fellen, um nachzusehen, ob sich noch etwas anderes darunter befindet.
Khadija zischt etwas in Richtung des vorwitzigen Fremden und reißt beherzt am Zaumzeug meines Kamels, das sich daraufhin sofort in Bewegung setzt.
Der Fremde lacht und ruft den anderen Reitern etwas zu, woraufhin sie ebenfalls in Gelächter ausbrechen, und dann, in entgegen gesetzter Richtung, abziehen.
„Sie sind weg, Allah sei Dank!“, sagt Khadija.
„Das war knapp.“
„Was wollten die denn?“, frage ich. „Handeln?“
„So ähnlich…“, sagt sie. „Wenn sie dich entdeckt hätten, hätten sie dich mitgenommen und Lösegeld für dich gefordert… Sie haben deinen Mietwagen gefunden… Hier in der Wüste gibt es einige schlimme Banden. Sie verbreiten nicht nur Angst und Schrecken, sie plündern auch oder Schlimmeres.“
„Das wusste ich nicht.“
„Woher auch?! Du wohnst tausende Kilometer weit weg, in einem hoch zivilisierten Land, wo es Gesetze und Regeln gibt, nach dem die Menschen leben und an die sie sich halten. Hier herrscht das Gesetz des Stärkeren…“
Die Kamele setzen sich langsam schaukelnd in Bewegung und verfallen wieder in ihren gewohnten Trott.
„Ich hoffe bloß, sie kommen nicht wieder.“
Die Umgebung verändert sich. Neben Sand sind nun auch Felsformationen auszumachen und es wird grüner.
Zwei Stunden später sind wir am Ziel der Reise angekommen. Eine Siedlung mit richtigen Häusern, Straßen, Menschen. Endlich wieder in der Zivilisation. Unser Führer stoppt die Karawane. Khadija debattiert mit den Männern. Dass es dabei um mich geht, weiß ich nicht.
Während die Männer beginnen, mir vom Kamel zu helfen, entschwindet sie in einem der Häuser, um kurz darauf mit einem hübschen Lockenkopf zurückzukehren.
„Das ist Hamid, mein Cousin. Bei ihm werden wir die nächste Zeit bleiben.“, sagt sie bestimmt.
„Und die Anderen?“, frage ich.
Sie zuckt die Schultern. „Werden wohl auf dem
Markt ihre Sachen zum Verkauf anbieten und dann weiter ziehen.“
„Du gehörst gar nicht zu ihnen?“, frage ich verwundert.
Sie lacht und zeigt mir ihre strahlend weißen Zähne. „Nein, ich wollte zu Hamid.“
„Ich brauche ein Handy.“, sage ich zu ihr. „Ich muss unbedingt telefonieren.“
Khadija nickt und wendet sich ihrem Cousin zu.
Der schüttelt erst ablehnend mit dem Kopf, dann reicht er es mir.