Читать книгу Werwölfe Sammelband - Kayla Gabriel - Страница 15
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ОглавлениеAm Donnerstagmorgen stand Aurelia bei Sonnenaufgang auf. Sie krabbelte aus ihrem weichen Bett und trottete zum raumhohen Panoramafenster in ihrem Schlafzimmer. Ihr Fenster blickte auf eine wahre Mauer aus hochragenden Kiefern und Aurelia sah zufrieden zu, wie die ersten Morgenstrahlen sanfte Lichtfinger auf das Haus richteten.
Sie streckte sich und strich ihre Hände über ihre nackten Rippen und Lenden. Überall hatte sie Muskelkater, eine nette Erinnerung daran, dass sie sich die letzten zwei Tage in endlose Waldläufe und Wanderungen gestürzt hatte. Da Lucas jetzt fort war, war das Anwesen so gut wie verlassen und sie freute sich bereits auf ein ordentliches Training gefolgt von einer üppigen, selbstgekochten Mahlzeit. Sie hatte noch einmal mit ihrem Bruder gesprochen und ausgelassen über die blöden Sprüche, die er sich nie abgewöhnt hatte, gelacht.
In Verbindung mit reichlich Schlaf und dampfenden Bädern war die Zeit wie im Flug vergangen. Ehrlich gesagt hatte sie gar keine Gelegenheit gehabt, um Lucas zu vermissen. Bis zu diesem Augenblick. In ihrem opulenten Schlafzimmer in ihrem Prinzessinnenbett aufzuwachen war sicherlich ein unbeschreibliches Gefühl … aber sie wachte immer noch allein in diesem großen Bett auf.
Auf die Frage, warum sie sich trotz mehreren Jahren auf der Flucht, in denen sie sich nur gelegentlich mit anderen Hackern ausgetauscht hatte und keinerlei Familie oder Freunde gesehen hatte, ausgerechnet jetzt einsam fühlte, konnte Aurelia nur vermuten, dass sie zu sehr damit beschäftigt gewesen war, ihren Feinden aus dem Weg zu gehen, anstatt auf ihre Gefühle zu achten. Die Einsamkeit war direkt aus dem Fenster geworfen worden, zusammen mit Kabelfernsehen, Weizengrasdrinks und teuren Friseurbesuchen. Es gab damals einfach keine Zeit oder Gelegenheit dafür.
Aurelia schüttelte den Kopf, wandte sich vom Fenster ab und ging an ihren Schreibtisch. Nachdem sie einige ihrer anonymen E-Mail-Accounts und versteckten Bankkonten geprüft hatte, beschloss sie, dass es an der Zeit war dieses große, leere Haus von einem Grund zur Melancholie in ein ganz besonderes Vergnügen zu verwandeln.
Sie hatte das riesige Haus ganz für sich allein und sie konnte alles machen, was sie wollte. Am allermeisten wollte sie jetzt ein paar Vanillecupcakes backen und sie auf dem Sofa ausgestreckt verspeisen, während sie sich mit den Real Housewives von Atlanta befasste. Um diesen Luxus noch zu krönen, hatte sie nicht die Absicht, an diesem perfekten Tag eine Hose anzuziehen.
Aurelia kicherte vor sich hin, zog sich ein süßes weißes Paar Frauenshorts und ein langes schwarzes Tanktop über und band ihre feurige Mähne zu einem lockeren Knoten. Dann schnappte sie sich ihr neues iPhone und ging nach unten.
Sie prüfte ihre Benachrichtigungen, um zu sehen, ob Lucas sich gemeldet hatte und schlenderte in die Küche. Sie versuchte nicht eingeschnappt zu sein, als sie sah, dass er sich seit dem letzten Morgen nicht gemeldet hatte, sie hatte ihm auch nicht geschrieben, also war es nicht so, als ob sie eine Antwort erwarten sollte.
Sie legte ihr Telefon beiseite und blickte sich in der Küche um. Diese war eine große Granit- und Edelstahlangelegenheit, alles war maßgeschneidert. Der Grundriss war großzügig und offen, der Raum wurde von einer großen Kupferbar aufgeteilt, welche die Küche in zwei Teile teilte und an der man ungezwungene Mahlzeiten einnehmen konnte. In der Bar waren kabellose Lautsprecher eingebaut und Aurelia schloss ihr iPhone an die Lautsprecher an und lud ihre Lieblingshits hoch. Katy Perry schien zu ihrer Stimmung ganz gut zu passen, ein bisschen frech und ein bisschen süß.
Nachdem sie sich die letzten beiden Tage mit der Küche vertraut gemacht hatte, machte Aurelia sich rasch an den Cupcakes zu schaffen. Ihr Rezept für Vanillecupcakes hatte sie in der hippen Hobbybackphase ihrer frühen Zwanziger perfektioniert und jetzt war das ganze Drum und Dran etwas, das sie auf Autopilot tun konnte. Sie summte vor sich hin, als sie die Zutaten vermischte und ihr Geist wurde Zenmeister-leer im Backprozess. Als der Zuckerguss trocknete und die Cupcakes sich im Ofen sonnten, wandte sie sich wieder dem Fernsehprogramm zu.
Sollte sie mit etwas hirnlosem aber unterhaltsamen anfangen, wie RuPaul’s Drag Race? Oder einem Programm mit etwas mehr Tiefgang, wie Mad Men? Bisher hatte sie nur die erste Staffel davon gesehen, aber sie wusste, dass die Sendung beste Kritiken hatte und sie rundum befriedigen würde. Sie tanzte zu ihren Lieblingssongs, während sie sich weiter in der Küche zu schaffen machte und nachdachte. Wer liebte es nicht in seiner Unterwäsche zu tanzen?
Ungeduldig zog sie die Cupcakes aus der Röhre und entschied sich schließlich für Dr. Who als vernünftigen Kompromiss. Kitschig, aber mit einer guten Storyline. Süßer Doktor, spannende Abenteuer, bizarre Aliens … au ja, das hörte sich genau richtig an.
Sie checkte nochmal ihr Telefon und unterdrückte ein lautes Seufzen. Als die Cupcakes fertig glasiert waren, tat sie zwei davon auf einen Teller und schenkte sich ein großes Glas Milch ein. Zufrieden stellte sie die Musik aus und schnappte sich ihren Snack. Dann ging sie um den Tresen herum und lief schnurstracks zum Wohnzimmer.
… wo sie fast ihre Milch und Cupcakes fallenließ. Eine große, dunkle Form lag in einem der überfüllten Foyers des Wohnbereichs ausgebreitet. Aurelia blieb abrupt stehen. Die Masse aus gewelltem Onyxhaar, schlaksigen Gliedern und roten Converse-Schuhen, die neben dem Sofa auf den Boden traten, ließ keinen Zweifel daran, dass Ben tatsächlich in der Residenz war. Lucas hatte erwähnt, dass Ben da wäre, sollte sie irgendetwas brauchen, aber da Aurelia ihn nicht gesehen hatte, hatte sie ihn irgendwie … vergessen.
Da war sie nun, in Unterwäsche und dabei, wenige Meter von einem fast völlig fremden Wolf herumzuspringen und sich lächerlich zu machen. Einem sehr attraktiven Wolf. Am liebsten wollte sie sich in ihre Wölfin verwandeln und im Wald verschwinden, so peinlich war es ihr.
Ben war in die andere Richtung gewandt und auf den leuchtenden Bildschirm seines Laptops fokussiert. Er trug Kopfhörer, wodurch er sie nicht näherkommen hörte. Aurelia biss ihre Lippe und drehte ab, um sich Richtung Treppe zu schleichen.
“Hey!” kam Bens Stimme und ließ sie aufschrecken.
Erwischt.
Aurelia drehte sich um und grinste unbeholfen. Er blickte jetzt in ihre Richtung.
“Heyyyyyy …” rief sie und war sich überaus bewusst, wie rot sie gerade wurde.
“Willst du dich setzen?” fragte Ben und deutete mit der Hand auf die Sofalandschaft im Wohnzimmer. Aurelia fielen sofort seine Hände auf. Lange, schlanke Finger mit prominenten Venen an seinen Händen und Handgelenken. Sie war ein totaler Fan von sexy Unterarmen, der Sorte, die man nur bei dünneren Typen wie Ben vorfand.
“Ich, äh, wollte nicht stören. Du siehst beschäftigt aus,” sprach Aurelia hastig. Sie riss ihre Augen von seinen Händen los, nur um seine wohlgeformten Wangenknochen und seine geistreichen Ozeanaugen zu finden, die sich hinter seiner modischen transparent-schwarzen Brille verbargen.
Sie war dabei ihn anzuglotzen. Verdammt, scheinbar konnte sie sogar noch stärker erröten!
“Du störst nicht,” entgegnete er und zog eine Augenbraue hoch, als sie ihn so unverblümt musterte. Er warf ihrem spärlichen Outfit einen kurzen Blick zu, ersparte ihr zum Glück aber einen Kommentar.
“Oh, ist schon in Ordnung. Ich wollte mich vor die Glotze setzen, also gehe ich besser nach oben,” sprach sie.
“Ach, komm schon,” beharrte er. “Ich brauche sowieso eine Pause. Ich arbeite seit drei Uhr morgens.”
“Äh, na schön,” sprach Aurelia und fluchte über ihren Mangel an Schlagfertigkeit. Sie wählte die Couch neben ihm und ließ sich nieder. Ihren Snack stellte sie auf einen Tisch.
“So so, vor die Glotze setzen, hä?” fragte er.
Aurelia lächelte verhalten und schätzte seine Bemühung, das Ganze mit etwas Smalltalk aufzulockern.
“Ja. Ich habe gehofft, dass heute vielleicht auf Bravo ein geiler Reality-Marathon läuft,” räumte sie achselzuckend ein.
Ben nickte, klappte seinen Laptop zu und setzte sich auf. Aurelia bemerkte seine einfache schwarze Jeans und sein enges T-Shirt mit der Aufschrift “The Magnetic Fields”. Sie mochte diese Band!
“Ich kann die Kanäle auch mit meinem Handy wechseln,” erklärte er und wedelte mit seinem Telefon in Richtung des kolossalen Fernsehers. Das Gerät erwachte zum Leben und wenig später hatte er Bravo eingeschaltet.
“Hey, sie zeigen gerade Millionaire Matchmaker,” sprach er und grinste.
“Du kennst diese Show?” fragte Aurelia und versuchte kein dummes Gesicht zu machen.
“Ja klar. Ich mag schlechtes Fernsehen genau wie jeder andere.” Er zuckte die Achseln. “Ich hab’ noch etwas zu tun, während mein Code kompiliert wird.”
“Klar doch,” erwiderte Aurelia. Was Wölfe anbelangte, so waren die Rüden normalerweise zu neunzig Prozent arrogante Angeber. Es ging ihnen immer nur um Macht und Dominanz und darum, das Gesicht zu wahren. Sie hatte noch nie einen Rüden getroffen, der so leicht zugeben würde, dass er so ein dummes Laster hatte.
Als sich das Schweigen in die Länge zog, wurde Aurelia klar, dass sie sich etwas mehr Mühe geben sollte. Ben war nett und er war süß und es könnte nicht schaden neben Lucas noch einen weiteren Verbündeten hier im Haus zu haben.
“Möchtest du einen Cupcake?” fragte sie und bot ihm den Teller an. “Ich habe sie eben gebacken.”
Bens Gesicht strahlte sofort auf. Mit seinem längeren Haar, seinen babyblauen Augen und der begeisterten Miene wirkte er jünger, als er eigentlich war. Aurelias Wölfin ahnte, dass er Anfang dreißig sein musste, aber in diesem Moment hätte er auch als Teenager durchgehen können. Es war irgendwie herzerweichend.
“Au ja, Mann. Ich habe sie seit einer Stunde gerochen. Ich wollte mich aber nicht aufdrängen,” entgegnete er.
“Warte, du wusstest, dass ich hier unten war?” quietschte sie.
“Ähm, ja schon. Du hast abgerockt und bist herumgetanzt und hast etwas gebacken, das köstlich riecht. Ich wäre ein mieser Wolf, wenn ich das alles irgendwie verpasst hätte,” sprach er und grinste.
“Verdammt,” fluchte sie und rümpfte die Nase. “Ich hatte gehofft, du hättest wenigstens mein Getanze verpasst.”
“Es kommt nicht gerade oft vor, dass hier heiße Frauen in Höschen rumlaufen. Was es zum perfekten Ort macht, um ungestört zu arbeiten, aber nicht besonders lebendig. Ich freue mich, dass du hier bist,” sprach er und seine Augen blitzten schelmisch.
“Es ist ziemlich still und einsam hier, oder? Bestimmt hört man sein Echo.” erwiderte Aurelia, nahm sich den anderen Cupcake und pulte die Papierhülle ab.
Ben nickte mit vollem Mund. Eine Minute lang aßen sie schweigend, ihre Blicke waren auf den Fernseher gerichtet. Das Schweigen war jetzt aber weniger unbehaglich. Komfortabler.
“Woran arbeitest du so?” wollte Aurelia wissen, als ihr Blick auf seinen Laptop fiel.
“Ähm … ich starte ein neues Softwareprojekt. Eine Art Web-Intelligenz. Das hört sich wahrscheinlich langweilig an.” Ben kratzte sich etwas verlegen am Ohr.
“Was für eine Art Web-Intelligenz? Quellsammlung oder Datenanalyse?” fragte Aurelia. Ihre Neugierde war sofort geweckt.
Ben blinzelte überrascht.
“Ähm, beides,” entgegnete er und schüttelte den Kopf. “Ich möchte ein System entwickeln, das alles aus einer Hand bietet. Etwas, das Massenüberwachungsdaten generiert, aber mit einer Funktion, die die Quellen vollständig anonymisiert. Wenn wir ihnen eine bessere Möglichkeit anbieten könnten, dann könnten wir die NSA möglicherweise dazu bringen, nicht länger auf den gesamten Informationsfluss zuzugreifen.”
“Ganz zu schweigen vom Profit, den so ein bürgerfreundliches Programm abwerfen würde,” äußerte Aurelia beeindruckt.
“Au ja,” sprach Ben und blickte zu ihr. “Genau. Lucas glaubt, es könnte eine Menge Potenzial haben.”
“Hm, eine geniale Idee. Wie soll die Datengewinnung vonstattengehen?”
“Auf alle möglichen Wege. Hauptsächlich über Web Crawler. Websites, soziale Medien, alles worauf wir zugreifen können. Das System verarbeitet jeden Tag Billionen von Daten, im Grunde suchen wir nach Mustern und nach Anomalien. Verhaltensänderungen werden bereits vom System zur Kenntnis genommen. Wenn bestimmte Muster erfüllt sind, stellt das System eine Liste von Verdachtsmomenten auf. Wir legen die Parameter fest und lassen es einfach für uns arbeiten.”
“Was ist dann der Unterschied zum aktuellen System?” fragte Aurelia herausfordernd. Sie mochte das Leuchten in seinen Augen, wenn er von seiner Arbeit sprach. Der Look stand ihm definitiv gut, urteilte sie.
“Wir entfernen die Identifizierungsmarker der Daten, sobald sie in unser System gelangen. Wir sind neutral, weil Daten neutral sind,” sagte er, lehnte sich zurück und stützte den Kopf in die Hand. Der dichte Muskel seines Bizeps wölbte sich und lenkte Aurelia wieder ab.
“Äh …” sprach sie und brachte ihre Gedanken wieder auf den Punkt. “Wie weit seit ihr jetzt genau mit diesem Projekt”
“Ich habe ein kleines Systemmodell entwickelt. Ich habe den ganzen letzten Monat daran gearbeitet. Im Grunde bin ich fertig damit, es muss nur tonnenweise Daten durchsuchen, damit ich die Filter prüfen und das Parametersystem verfeinern kann. Ich habe es die ganze Nacht im Auge behalten,” beendete er verlegen.
“Ich … ich glaube, das ist das Projekt, für das Lucas mich hergeholt hat,” sprach Aurelia aufgeregt.
“Warte, du machst Datenanalyse?” sprach Ben. Er klang unsicher.
“Deine andauernde Verwunderung beleidigt mich langsam,” sprach Aurelia und warf ihm einen eindringlichen Blick zu.
“Tut mir leid. Es ist nur, du weißt schon …” Er verstummte.
“Nein, das glaube ich nicht. Es ist bitteschön was?” wollte sie wissen und kniff die Augen zusammen.
“Sieh dich an. Frauen wie du verstecken sich normalerweise nicht hinter einem Computer,” sprach er.
“Frauen wie ich,” wiederholte sie. “Was zum Teufel soll das heißen, Ben?”
Sie stand vom Sofa auf und hatte die Absicht den Raum und seinen Bewohner hinter sich zu lassen.
Wärme streichelte ihren Ellbogen und dann umpackte Bens große Hand ihr Handgelenk. Aurelia erschauderte und blieb stehen. Er stand auf und richtete sich direkt hinter ihr zu seiner vollen Größe auf. Die feinen Härchen an ihrem Nacken und ihren Armen stellten sich auf, allerdings war sie nicht sicher, ob aus Angst oder vor Aufregung.
“Damit wollte ich sagen, dass du hübsch bist,” sprach er. “Jedenfalls habe ich es versucht. Ich habe nichts Böses damit gemeint, ich schwöre.”
Aurelia schluckte und spürte, wie die Hitze seines Körpers in ihre nackte Haut einsank. Ihr Mund war ausgetrocknet, ihr Gesicht aufgeheizt, ihre Atmung war flach. Dennoch, sie entzog sich nicht seiner Berührung.
“Komm, sieh es dir an,” drängte Ben sanft und zog sie wieder aufs Sofa runter. Er ließ ihr Handgelenk los und sie war erleichtert. Vielleicht auch etwas enttäuscht. Aber überwiegend erleichtert, schärfte sie sich ein.
Ben machte den Laptop auf und Aurelia sprang ein riesiges Bild mit einem Katzenbaby ins Auge. Es war von Text umgeben, einem schlechten Wortspiel. Aurelia musste lachen und Ben wurde rot im Gesicht.
“Wer mag schon keine Katzen-Memes?” fragte er und Grübchen blitzten auf.
“Niemand,” seufzte sie und schüttelte den Kopf. Zumindest war die Spannung gebrochen.
“Also mein Programm …” begann Ben aufgeregt, als er ihr seine Arbeit zeigte. Aurelia entspannte sich noch ein wenig mehr und folgte aufmerksam seiner Erläuterung.
Stunden später gähnte Aurelia und streckte sich. Sie und Ben waren die ganze Nacht aufgeblieben und hatten sich rege über sein Projekt und andere Ideen ausgetauscht. Ihre Denkweisen formten ein perfektes Yin und Yang, beide dachten gleich, gingen aber unterschiedlich an Probleme heran, was sie zu einem hervorragenden Team machte. Sie waren beide so voneinander beeindruckt, dass ehe sie sich versahen, bereits die Sonne aufging.
Als Aurelia gähnend aufgestanden war und sich für eine Runde Schlaf in ihr Zimmer zurückziehen wollte, hatte Ben sie mit einer einfachen Berührung aufgehalten.
“Bleib,” sprach er mit verschlafenen, unwiderstehlichen Augen. “Ich verlange nichts von dir, das verspreche ich.”
Aurelia hatte sich die Lippe gebissen, um ja nicht zu grinsen und hatte eingewilligt. Ben hatte sie in die Arme genommen und sie hatte sich ohne Reue an ihn geschmiegt.
Jetzt stand Aurelia auf und blickte auf Bens schlafende Gestalt herab. Ihr Herz schmerzte leicht, als sie ihn ansah. Er sah so jung aus, so arglos und verletzlich. Ihre Gedanken wanderten zu Lucas, einem Mann, der nie anders als kampfbereit aussah. Selbst im Schlaf war Lucas im Vergleich zu Bens intelligentem dunklen Rüden ein stolzer Goldlöwe.
Sie schüttelte den Kopf und machte sich in ihr Zimmer auf. Eben erst hatte sie Lucas gefunden, ihm eben ihr Herz geöffnet. Lucas erfüllte sie auf so vielen Ebenen, dass es verrückt wäre, noch mehr zu fordern. Und doch, Ben …
Aurelia verdrängte diesen Gedanken. Es war zu früh und sie war zu übermüdet, um diesen Irrsinn in Betracht zu ziehen. Sie hatte einfach so lange auf Liebe und Zuneigung verzichten müssen, dass jeder Typ mit zwei Neuronen im Kopf und einem Sixpack sie binnen Stunden um den Finger wickeln konnte.
Insgeheim schimpfte sie über sich, als sie das Zimmer betrat. Sie rügte sich mit einem mentalen Fingerzeig und stieg in ihr Bett. Dann stöhnte sie über ihre Dummheit, als sie ihr erschöpftes Selbst wieder zum Einschlafen zwang.
Jedoch schien keine ihrer Bemühungen fruchten zu wollen, denn erst als sie es sich laut eingestand, konnte sie sich entspannen.
“Ich mag Ben,” flüsterte sie sich zu. “Ich mag ihn wirklich.”
Wie von Zauberhand schlief Aurelia sofort ein, nachdem sie es ausgesprochen hatte.