Читать книгу Kampf um SANTOR - Testfall HATHOR 2 - K.B. Stock - Страница 10
Kapitel 6 Das Großkampfschiff FREYA
ОглавлениеKaum war die versammelte Gruppe leitender Offiziere über die abwärts führende Treppe im zweiten Stockwerk der Werft an der oberen Eingangsschleuse der FREYA angekommen, warnte Thure-Pan seine Begleiter noch einmal eindringlich.
„General Blackhorse, Ladys und Gentleman“, benutzte er jetzt die formellere Anrede seiner inzwischen auf über zwanzig Personen angewachsenen Gefolgschaft schon wie ein professioneller Touristenführer.
„Gestern haben wir die FREYA ja nur von den äußeren Laufstegen aus betrachtet. Heute sind wir nach vielen Jahrmillionen die ersten menschlichen Nachfahren, die dieses Schiff wieder betreten.
Haltet euch deshalb bitte auf den gelben Leuchtstreifen am Fußboden – und verlasst die angezeigten Gänge und Laufbänder nicht. Das hier ist ein noch unfertiges Schiff – und ich möchte nicht dafür verantwortlich sein, wenn einer von euch wegen eines Fehltritts einen Kilometer weit in die Tiefe fällt.“
Bei diesen warnenden Worten sahen alle Besucher interessiert, dass es im Schiffsinneren und auf den Montageebenen an der Außenhülle vor Astor-Androiden sowie vor larojanischen und terranischen Technikspezialisten geradezu nur so wimmelte.
„Die Instandsetzung und der Weiterbau der FREYA dulden keinen Aufschub. Auch daher meine eben ausgesprochene Warnung. Wir betreten jetzt nämlich eine Baustelle.
Wie ihr sehen könnt, sind all die Arbeiten, die ohne unsere lemurischen Spezialisten aus den Medostationen der THIKAL-X und der KIMBAL momentan möglich sind, auf meinen Befehl hin bereits im Gange.“
„Das war eine gute Einleitung, Oberst Thure-Pan. Ich bin beeindruckt, wie du das hier bisher handhabst. Doch jetzt hoffe ich auf weitere spannende Erkenntnisse bei dieser ungewöhnlichen Führung. Ich wäre zudem sehr dankbar, wenn ich euch dabei begleiten dürfte“, erscholl es jetzt vom hinteren Teil der zum Einstieg in die FREYA ausgefahrenen Rampe, an deren vorderen Ende die Besucher noch immer warteten.
„Admiral Mero-Khan, was für eine Freude. Natürlich! Erlaubnis erteilt!“, rief Oberst Thure-Pan sofort, als er den im Hintergrund stehenden neu hinzugekommenen Besucher erkannte.
„Danke, Oberst – aber ich hab’ auch noch jemand anderen mitgebracht. Du kennst die Dame bereits. Sie ist nach langem Überreden heute zusammen mit ihrem Mann hier angereist, weil sie endlich mal eine lemurische Erfolgsstory erleben will.“
„Kommodore Lara-Thar, selbstverständlich erkenne ich sie. Hallo und willkommen, ich freue mich sehr, dass du deinen alten Chef hierher begleitest“, erwiderte Thure-Pan höflich, als ihm auch bereits die in solchen Dingen unberechenbare Mora Kranz ins Wort fiel.
„Lara-Thar, verheiratete MacLeod, sehe ich das richtig? Du bist ein wenig füllig geworden. Um die Hüften und deinen Bauch herum, meine ich“, rief Mora Kranz freudestrahlend, als sie der larojanischen Ehefrau von Peter MacLeod in ihrer gewohnten Art entgegeneilte und spontan um den Hals fiel.
„Du wirst doch nicht etwa ...?“
„Doch, Fürstin Mora – ich bin schwanger. Schon im fünften Monat. Ich hatte das niemals erwartet. Und Peter und ich sind so glücklich darüber, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Auch wenn das gar nicht geplant war“, fügte Lara nach einer kleinen Pause dann noch hinzu.
„Das ist ja super, Lara. Ich freu’ mich riesig für dich und Peter. Apropos, wo hast du den alten Schwerenöter denn gelassen? Dieser Haudegen von einem Highlander hat dich doch sicher hierher begleitet und seine Lodge auf Skye einmal Lodge sein lassen – oder?
Und zu uns traut er sich nicht her, weil dieser sparsame Schotte dann heute Abend ’ne umfängliche Runde auf deine Schwangerschaft ausgeben müsste, stimmt’s?“
„Zunächst mal, Mora du liegst vollkommen falsch. Wie oft soll ich dir noch erklären, dass deine Gedankenleserei bei uns Larojanern meistens nicht funktioniert.
Und was unsere schöne Lodge betrifft – die Verpflichtungen daheim hat Peter letzte Woche wieder mal an seine Cousine Lizzy übergeben. Vor allem, weil er fand, dass wir nochmal zu zweit Urlaub machen müssten, ehe unsere Tochter geboren wird. Und da kam uns der von Admiral Mero offerierte Trip in die USA gerade recht.
Momentan ist Peter bei seinem Bruder Alec und deiner larojanischen Großcousine. Er schaut dort, ob und womit er ihm vielleicht bei der Betreuung seiner Patienten helfen kann. Er ist ja unter anderem auch ausgebildeter Rettungssanitäter. Kameradschaft unter ehemaligen SAS7-Kämpfern, du verstehst?“
„Na sicher, das ist sehr gut. Doch jetzt wollen wir die laufende Besichtigung nicht weiter aufhalten. Doch halt, zuerst kriegt noch einer von euch beiden einen Begrüßungskuss von mir.“
Damit umarmte Mora Kranz prompt den auf ihrer ersten KUNTUR-Mission geretteten Admiral und ehemaligen phaetonischen Flottenbefehlshaber, während dessen vormalige Stellvertreterin Lara-Thar der bereits in der Schiffsschleuse verschwundenen Besuchergruppe mit gemessenen Schritten hinterherging.
„Mero, gönn’ mir eine Minute. Ich kann mir vorstellen, wie nahe dir die Besichtigung dieses Schiffs heute gehen muss. Vor allem, weil ihr zu deiner Zeit mit der FREYA eine echte Chance beim Kampf um unser Sonnensystem gehabt hättet.“
„Wenn sie denn rechtzeitig fertig geworden wäre – aber, liebe Fürstin, es ist vertane Zeit, sich jetzt noch darüber zu grämen. Schauen wir deshalb lieber nach Vorne und sehen wir zu, dass wir den STYXX irgendwann – wie sagst du das immer so passend – gehörig in den Hintern treten können.“
„Recht so, Herr Admiral – und wir alle werden dabei an deiner Seite sein. Die paar Jährchen, bis das alles soweit ist und wir zu deren Nest nach SANTOR fliegen können, hältst du doch noch locker durch.“
„Ich bin zwar schon ziemlich alt, aber ich bemüh’ mich noch immer um meine Fitness, liebe Mora. Doch es ist kein Hass auf die STYXX, der mich antreibt. Viel wichtiger ist es, dass sich eine derartige Katastrophe in keinem von uns Menschen bewohnten Sternensystem jemals wiederholt.“
„Gut gesprochen, Sir. ‚Sir’ sag’ ich übrigens nicht allzu so oft, aber du verdienst diese Anrede. Komm mit und lass uns jetzt Thure-Pans weiteren Ausführungen lauschen, sonst wird er noch sauer.
Die ganze Gesellschaft ist nämlich eben schon dahinten ins Schiffsinnere verschwunden. Und mein mir angetrauter Fürst ist auch nicht bei uns stehengeblieben.
Hach, das wird er mir büßen – einen alten Kampfgefährten links liegen zu lassen und mir will er stets was über meine mangelnde Höflichkeit vorpredigen – das geht ja schon mal gar nicht.“
„Liebe Fürstin, ich glaube, dein Mann ist der Gruppe absichtlich gefolgt. Weil du sein Gedankenmuster mit deinen telepathischen Sinnen nämlich ohnehin orten kannst. Und das ist gut so, denn nur auf diese Weise können wir beide uns als Nachzügler nicht verirren.
Zudem wollte dein Alex sicher auch verhindern, dass meine ehemalige Stellvertreterin Lara-Thar, angesichts der nicht mehr zum Einsatz gekommenen Kampfkraft dieses Riesenraumers, erneut in Depressionen fällt. Davon hatte sie schließlich genug – und ich hab’ lange überlegt, ob ich sie als Schwangere überhaupt hierher mitnehmen soll.“
„Lara ist stark. Keine Sorge, Mero. Die schafft das locker. Allerdings muss ich zugeben, dass ich das so noch gar nicht betrachtet habe. Ich werd’ mich daher ein bisschen intensiver um sie kümmern“, erwiderte Mora Kranz nachdenklich.
Dann fuhr sie in Windeseile fort: „Okay Mero, lass uns den Rest der Meute aufsuchen – wie ich gerade mitkriege, stehen mein Fürst und der Rest der Boys- und Girlsgroup in diesem Moment vor den geöffneten Hangarschleusen, in denen die Beiboote der FREYA untergebracht sind.“
Als Admiral Mero-Khan und seine Begleiterin Mora Kranz stillvergnügt im besagten Hangar ankamen, hörten sie bereits Oberst Thure-Pans laute Stimme.
„Wir sind hier in einem Starthangar auf der zweiten Werftebene, wobei ich alle Besucher darauf hinweisen will, dass die 150-Meter Korvette, die hier neben ihren drei Schwesterschiffen ruht, vollständig funktionsfähig und auch bewaffnet ist. Notfalls könnte sie auch mit ihrem Nullfeldgenerator starten, ohne dass man dazu die Hangartore öffnen müsste.
Wir gehen jetzt gleich hoch auf die dritte Ebene. Dort sind nochmal acht einhundert Meter messende, vollständig einsatzfähige Beiboote der ODIN-Klasse untergebracht“, sagte Oberst Thure-Pan unter dem beifälligen Murmeln seiner Zuhörer.
„Damit niemand auf falsche Gedanken kommt – start- bzw. einsatzfähig bedeutet leider nicht, dass diese Beiboote das Schicksal des Sol-Systems damals hätten abwenden können.
Einsatzfähig waren sie alle – doch es fehlte an den jeweiligen Kampfbesatzungen, um in den damaligen Kampf mit den STYXX einzugreifen.
Und um entsprechenden Fragen gleich vorzubeugen – die Lemurer hier in der Werft waren größtenteils Ingenieure und Techniker – und keine ausgebildeten Kampfpiloten oder Waffensystemoffiziere.“
„Das habe ich soweit verstanden, Oberst. Aber bitte erklär’ uns jetzt noch, was du uns darüber hinaus noch in Sachen dieser eindrucksvollen Beiboote mitteilen wolltest. Du hast uns doch scheinbar mit voller Absicht zuerst hierhergeführt.
Auch wenn du das in unserem gestrigen Zweierdiskurs bisher nur randläufig angesprochen hast, kann ich mir schon denken, was du damit bezweckst“, erwiderte der US-Luftwaffengeneral und derzeitige Kommandant der KIMBAL, Tony Masterson.
„Da denkt er richtig – und Thure hat’s gerade auch schon implizit gesagt nein, ich korrigiere – er hat’s nur gedacht, sich aber nicht zu sagen getraut. Aber für sowas habt ihr ja schließlich mich“, warf nun die zur Gruppe der Anwesenden wieder aufgeschlossene Mora Kranz ein.
„Thure – und übrigens auch unser lieber Tony denken nämlich, dass wir schnellstens Besatzungen für diese Korvetten und Shuttles brauchen – korrekt?“
„Alte Gedankenschnüfflerin“, knurrte Tony Masterson grinsend, als Mora Kranz auch bereits weitersprach:
„Ich schnüffle nicht, du amerikanischer Büffel – ich hör’ nur immer ganz genau zu. Und du, mein verehrter Herr General, solltest doch eigentlich schon längst wissen, dass ich euch PSI8-Unbegabten meistens einen Schritt voraus bin.
Also – mein Freund Tony hat grad’ eben daran gedacht, dass wir dringend Ausbildungs- und Trainingsmöglichkeiten schaffen müssen, damit die hier vor uns stehenden Kähne wieder in den Einsatz gehen können.
Für die künftige Besatzung der FREYA selber hat er schon eine ganz brauchbare Idee. Jedoch geht’s jetzt nochmal um eine ziemliche Steigerung des von uns bislang angenommenen Crewumfangs.
Und zwar um all die Leute, die diese Korvetten und ODIN-Shuttles künftig fliegen und betreiben sollen. Das sind über die eigentliche Besatzung der FREYA hinaus, nochmal mehr als 1.600 Leute – oh Mann, das wird ’ne schwierige Aufgabe werden. Hab’ ich deine Gedanken bis hierher richtig wiedergegeben?“
„Hast du, liebe Kollegin – auch wenn ich’s nicht so spitze finde, wenn du ständig in meinem Hirn herumstocherst. Wenn du künftig was von mir wissen willst, frag mich halt einfach.“
„Okay Tony, das mach’ ich. Versprochen. Bitte verzeih’ mir nochmal. Aber ich spüre tief in meinem Inneren, dass in dieser Angelegenheit Eile angesagt ist, obwohl ich noch nicht so richtig klarsehe, warum das so ist.
Aber die zügige Inbetriebnahme der FREYA-Beiboote sind einwandfrei ein Schlüssel, mit dem wir die von mir gefühlte Gefahr schnell abwenden können. Deshalb muss es uns jetzt um die Verpflichtung und Schulung der besten Leute gehen, um diese schon fertigen Korvetten und Shuttles schnellstens in Betrieb nehmen zu können.“
„Du nimmst mir die Worte aus dem Mund, Fürstin Mora“, sagte Oberst Thure-Pan leise, während er dem laufenden Diskurs zwischen Mora Kranz und Tony Masterson mehr als interessiert zugehört hatte.
„Wir Lemurer verfügten seinerzeit zwar ebenfalls über Hypno-Trainingsmethoden, von denen ich annehme, dass sie auch in der FREYA vorhanden sind. Jedoch müssen die von uns weiter Auszubildenden ein gerütteltes Maß an Vorkenntnissen mitbringen.
Für die designierten Piloten und Spezialisten der Korvetten und Shuttles heißt das im Klartext, dass sie die jeweils notwendigen Grundkenntnisse bereits auf anderen Schiffen erworben haben müssen, ehe wir sie mit diesen Schiffen üben lassen.
Von Null auf Gleich zum Korvetten-Commander, zum Shuttlepiloten, Navigator oder zum Waffensystemspezialisten wird – selbst mit unserer lemurischen Hypno-Ausbildung – nicht funktionieren.“
„Trotzdem denke ich, dass wir das schaffen können“, warf im selben Moment der ehemalige Kommodore des Luftwaffenausbildungszentrums Holloman und jetzige stellvertretende Kommandant der KIMBAL, Oberst Robert Seebauer, in die Debatte ein.
„Während ihr euch unterhalten habt, hab’ ich eben mal mit meinen Nachfolgern auf der AFB Holloman, Oberstleutnant und demnächst Oberst Konrad Ackermann, seinem Ziehsohn Hauptmann Hartmut Grob sowie mit der Chefin unserer JDEF-Wissenschaftsakademie, Professor Rita Ackermann in Fürstenfeldbruck gesimst“, sagte der deutsche Luftwaffenoberst zur Erklärung.
„So, wie’s momentan aussieht, haben wir eher ein Auswahl- statt eines Rekrutierungsproblems. Vorausgesetzt, es werden auch Angehörige weiterer terranischer Nationen für einen Job auf der FREYA sowie ihrer Beiboote vom Kommando der JDEF zugelassen.
Denn dazu würden – neben Amerikanern und Europäern, dann beispielsweise auch Russen, Asiaten und Afrikaner gehören. Genügend Frauen und Männer, die ihren jeweiligen Abschluss schon in der Tasche haben, sind unter dieser Prämisse nämlich bereits aktuell in ausreichender Anzahl vorhanden.
Was diese Mädels und Jungs so draufhaben, könnt ihr euch ja am Beispiel der Ackermann-Zwillinge ansehen, die bekanntlich bereits seit etlichen Wochen auf der ODIN als Chefpiloten im Einsatz sind.
Bleibt also das Auswahlproblem, das aber nach meiner Meinung eigentlich ebenfalls keines ist. Nach dem nordkoreanischen Abenteuer der ODIN, mit dem unsere Welt gerade nochmal vor dem Schlimmsten bewahrt wurde, bin ich da ziemlich zuversichtlich.
Denn auch die Regierungen der mit uns nur befreundeten, aber noch nicht in Gänze alliierten Staaten haben meines Erachtens mittlerweile begriffen, wohin die Reise geht. Und, wenn sie nicht völlig blöd sind, wissen sie zudem, dass es dabei insbesondere für nationalistisch geprägte Extratouren künftig keinen Raum mehr geben darf.“
„Gut gesprochen Robby – ich hätte es nicht besser ausdrücken können“, mischte sich jetzt wieder der amerikanische Zwei-Sterne-General Tony Masterson in das Gespräch ein.
„Ich plädiere allerdings dafür, dass die finale Auswahlentscheidung unseren lemurischen Freunden vorbehalten bleiben muss. Ich denke, dass das in eurem Sinne wäre“, wandte er sich jetzt an Admiral Mero-Khan, als dienstgradhöchstem der anwesenden lemurischen Offiziere.
Noch ehe Admiral Mero-Khan antworten konnte, ergriff in diesem Augenblick die Kommandantin der MHORA-X zum wiederholten Male völlig ungefragt das Wort.
„Ihr erinnert euch aber sicher noch an das letztjährige Fiasko mit der geklauten KUNTUR-EX-2, mit der dieser nordkoreanische Diktator und seine islamistischen Genossen mit den bei uns eingeschlichenen Piloten versucht hat, nach Südamerika abzuhauen“, sagte Mora Kranz mit hochgezogener Stirn.
„Ich bin immer noch grantig, wenn ich daran denke. Jedoch weiß ich auch, dass wir aus diesem Anlass seither alle für die JDEF vorgesehenen Studenten, nicht nur in Holloman, sondern auch in anderen Fliegerschulen und akademischen Ausbildungseinrichtungen unserer Verbündeten sowie in den assoziierten Ländern einer ausgesprochen strengen Kontrolle unterziehen.
Dennoch steht für mich eine Sache völlig außer Frage. Nämlich, dass alle potenziellen Kandidaten, die wir unseren lemurischen Freunden für den Dienst auf der FREYA zur endgültigen Entscheidung anbieten, vorher durch unsere telepathische Gedankenkontrolle gegangen sein müssen.
Dass nochmal Kriminelle in unsere Reihen einbrechen, nur weil man die eigentlich dafür vorgesehenen Leute ermordet und durch Substitute ersetzt, will ich nicht noch einmal erleben. Darauf hab’ ich absolut keinen Bock mehr, selbst, wenn das heißt, dass ich und Viktor Thule als einzige natürliche Telepathen Überstunden machen müssen.“
„Kein Widerspruch, Mora. So sollten wir es machen. Jedoch – Überstunden brauchst du meines Erachtens nicht zu befürchten.
Ich weiß nämlich von Großfürst Kendo-Khar, dass das letzte Softwareupgrade eurer Oskar-Androiden, und damit auch euer Oskar 1 und seine hier anwesenden larojanischen Androidenkollegen, dieses spezielle Feature der Telepathie ab sofort noch viel besser beherrschen, als jemals zuvor“, sagte Admiral Mero-Khan beruhigend in Moras Richtung, der daraufhin ein erleichterndes Seufzen entfuhr.
„Okay, soviel zum Thema Korvetten und Shuttles. Außerdem sollten wir mit der Besichtigung allmählich mal fertig werden. Mein mit dem Bordcomputer verbundenes Tablet quillt schon vor Beschwerden über, weil wir den Technikern im Weg rumstehen und das Schiff eigentlich schon vor 15 Minuten hätten verlassen sollen“, rief Oberst Thure-Pan seine Besucher jetzt zur Ordnung auf.
„Ich schlage daher vor, dass wir jetzt als letzten Punkt unser Tour gleich noch die Schiffszentrale der FREYA besichtigen, ehe wir die Besichtigungstour für heute abbrechen. Wir können dafür die sechs Turbolifte in den tragenden Pfeilern dort hinten benutzen.
Jeder Lift fasst zehn Leute. Meine lemurischen Kameraden und ich teilen uns jetzt auf, damit auch jede Gruppe sicher im Kommandozentrum der FREYA ankommt.“
Schon wenige Minuten später bestaunten die rund vierzig Besucher die gigantische Zentrale des Schiffs, in der alle Steuer- und Kommandopults der einzelnen Kampfsektionen rund um den Sessel des Kommandanten und der unmittelbar vor ihm platzierten Piloten und Navigatoren angeordnet waren.
„Wir sind hier im Nervenzentrum des Schiffs“, begann Thure-Pan mit seinen Erklärungen, während er nacheinander auf bestimmte Bereiche der im Moment noch von dunklen Bildschirmen gesäumten Sitzreihen deutete.
„Flugsteuerung, Navigation und Ortung und etwas davon abgesetzt die Waffenleitzentrale. Dort drüben stehen die Bedienerkonsolen für den Zugang zum Schiffsrechner, der vor allem bei der Aktivierung der Nullfeldtriebwerke die alles entscheidende Rolle spielt. Und das dort an der rechten Seite ist die Funkzentrale der FREYA.“
„Darf ich fragen, warum du dich in einem fremden Schiffsneubau schon so gut auskennst, Thure“, fragte General Blackhorse in diesem Augenblick.
„Das ist leicht zu erklären, Herr General. Ich hab’ nämlich die gestrige Nacht mit dem sehr spannenden Studium der FREYA-Baupläne verbracht. Dabei habe ich gelernt, dass die Inneneinrichtung dieses Raumschiffs nur eine ums Vielfache vergrößerte Ausgabe unserer ODIN ist.
Und die konnte ich bekanntlich, zusammen mit Brigid-Thor, schon über etwa acht Monate hinweg auf Leib und Nieren testen, ehe uns damals das Unheil über dem heutigen Mount Destiny ereilte und wir alle in unsere Cryo-Tanks flüchten mussten.“
„Tja, das erklärt’s. Aber eigentlich dachte ich, dass es auf der Brücke auch eine eigene Sektion geben müsste, von der aus der Antrieb und die Energieversorgung gesteuert werden. Die ist doch sicher mehr als wichtig, wenn ich nur an das von euch verwendete Hypersprungverfahren denke.
In unseren larojanischen Schiffen hat der leitende Schiffsingenieur seinen Platz deshalb stets in unmittelbarer Nähe des Kommandanten.
Ehrlich gesagt ist mir das auf meiner ‚Zweitausendmeteryacht’ auch lieber so“, sagte im selben Moment Fürstin Vera-Sher, die ebenfalls zur Gruppe der interessierten Besucher gehörende Kommandantin des Lazarettschiffs THIKAL-X.
„Das verstehe ich sehr gut, Fürstin Vera“, erwiderte Oberst Thure-Pan auf den Einwand der in ihrer Uniform überaus hübsch anzusehenden schwarzhaarigen Larojanerin hin. Wobei er sich nicht so recht erklären konnte, warum sein Herz beim Blickkontakt mit den lächelnden grauen Augen dieser ihm bislang unbekannten jungen Larojanerin ein wenig ins Stolpern geriet.
„Sehen Sie, Fürstin Vera – bei unseren Neubauten war und ist es so, dass wir es vorgezogen haben, die leitenden Ingenieure und Techniker am Ort des Geschehens zu belassen. Womit ich ihren eigentlichen Arbeitsplatz im Bereich des Schiffsantriebs und der dazugehörenden Energiemeiler meine.
Vor allem, weil die Nullfeldtechnologie zum Zeitpunkt des begonnenen Neubaus der FREYA für uns Lemurer absolutes Neuland war, hielten wir das für die beste Lösung. Das ist übrigens auch bei unserer ODIN so – und dieses Konzept hat sich während unserer Tests bestens bewährt.
Dass meine lemurischen Kollegen damit seinerzeit nicht ganz so verkehrt gelegen haben, zeigt uns darüber hinaus unsere gemeinsame Geschichte. Denn zuvor wurden andere Layouts ausprobiert, aber schlussendlich für die Flotte als untauglich verworfen.“
„Damit spielst du auf unsere horusianischen Verbündeten auf LUXOR 2 an, richtig?“, fragte Alexander Kranz ohne langes Nachdenken.
„Korrekt. Ihr kennt doch alle die Geschichte der 50 antiken Fernraumschiffe unserer gemeinsamen Vorväter, die kurz vor der Katastrophe mit noch nie getesteten Antrieben und in der Form völlig abweichenden Schiffsbauten nach Andromeda aufbrachen – und die am Ende genau deswegen bei ihrer äußerst gewagten Mission scheiterten.
Von deren Schicksal und ihrer abenteuerlichen Geschichte wissen wir heute bruchstückhaft nur deshalb etwas, weil der horusianische Kapitän Hor-Ench-Amun vom Planeten LUXOR 2 als Nachfahre dieser mutigen Frauen und Männer im letzten Jahr mit seinem lädierten Großkampfschiff CHRONOS und seiner notdürftig zusammengewürfelten Besatzung Zuflucht auf eurem Planeten fand.
Über die anschließende larojanisch-terranische Befreiungsmission, bei der der angreifende STYXX-Schwarm auf LUXOR 2 am Ende vernichtet wurde, muss ich euch ja nichts erzählen. Schließlich waren viele von euch ja selbst bei diesem Einsatz dabei.
Und, wie ihr ebenfalls wisst, erinnern nicht nur die Namen der Horusianer an die alten Ägypter. Kapitän Hor und seine Leute haben uns ja auch erzählt, dass sie eigentlich in Richtung der ägyptischen Pyramiden unterwegs waren, weil sie sich von dort Hilfe erhofften.
Möglicherweise, weil die mutigen Auswanderer nach Andromeda zu ihrer Zeit von dort gestartet waren. Vielleicht ist ja in der Gegend der Pyramiden im Tal der Könige noch immer etwas verborgen, was eure terranischen Forscher bislang nie entdeckt haben ...“
„... von dem aber die Horusianer wussten, dass es genau dort existiert“, ergänzte Mora Kranz die Worte von Oberst Thure-Pan.
„Sie wussten das deshalb, weil das Volk der Horusianer schon vor etlichen Jahrtausenden terranischer Zeitrechnung zeitweisen Kontakt zu den damals dort lebenden alten Ägyptern und später auch zu den südamerikanischen Völkern der Mayas und Azteken sowie zur Urbevölkerung in Nordamerika und Asien hatten.
Mein Gott, überlegt doch mal. Was haben all diese Orte gemeinsam? Das sind doch die Pyramiden, die sich äußerlich so sehr gleichen und von denen da draußen ebenfalls eine steht.“
„Mora hat recht“, meldete sich in diesem Augenblick der bislang nur sehr interessiert zuhörende Kommandierende General der JDEF Amerika, Bart Blackhorse, zu Wort.
„Verehrte Kameraden, vergessen wir bei alledem bitte nicht – Kapitän Hor hielt die heutige Erde für den Ursprungsplaneten seiner Zivilisation – und ich denke, dass er damit richtigliegt. Vor allem, weil er die den Larojanern und Lemurern sehr viel geläufigere Bezeichnung TERRUM kannte.
Unsere Bezeichnung TERRA ist davon ja nicht allzu weit entfernt. Da wir uns schon bald der Erkundung der Seepyramide widmen wollen, wäre es meines Erachtens nicht schlecht, wenn uns die Horusianer von LUXOR 2 bei der Erforschung der übrigen großen Pyramiden – speziell in Ägypten – später ein wenig unter die Arme greifen könnten.“
„Da stimme ich dir und Fürstin Mora zu, Bart“, erwiderte Admiral Mero-Khan nach kurzem Nachdenken. „Immerhin sind die Horusianer nach eigenem Bekunden ja diejenigen, die in der jüngeren Vergangenheit des Öfteren Kontakt zu den Nachfahren der auf der Erde zurückgebliebenen Menschen suchten.
Da für diese Überlebenden über Millionen von Jahren vor allem das eigene Überleben im Vordergrund ihres Handelns stand, ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass sie das großartige technische Wissen ihrer Vorväter allmählich vergaßen.
Und es waren sehr wahrscheinlich eben diese Völker, die die Pyramiden zur Verehrung ihrer vom Himmel herabgestiegenen Götter erschufen. Weil diese Götter nämlich genau mit den Pyramidenschiffen auf der Erde erschienen, die sie aus überlieferten Zeichnungen ihrer Priester bereits kannten.“
Nach dieser Debatte mahnte Oberst Thure-Pan erneut zur Eile.
„Belästigen wir die Arbeiten hier drinnen nicht weiter – wir können ja nach dem Verlassen des Schiffs noch in der Messe weiterdiskutieren.
Vor allem, weil sich General Blackhorse schon die ganze Zeit über Notizen auf seinem Tablet-Computer gemacht hat und sicher noch viele Fragen stellen möchte.“
Damit ging die Schiffsbesichtigung schließlich zu Ende, doch sofort danach trafen sich alle noch immer intensiv miteinander diskutierenden Teilnehmer in der provisorisch eingerichteten Offiziersmesse erneut.