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Prolog
Und was jetzt?

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„Kent, mein Freund. Wir haben deine Untersuchungsergebnisse. Und es tut mir wirklich leid dir sagen zu müssen, dass du Ebola hast.“

Trotz der Indizien, die sich in den vergangenen drei Tagen gehäuft hatten – auffällige Symptome, negative Malariatests – und die den Verdacht auf Ebola bestätigt hätten, wäre ich der Arzt gewesen und nicht der Patient, hatte ich nicht erwartet, diese Worte tatsächlich zu hören.

Unsere erste Ebola-Patientin war vor gerade einmal sechs Wochen in unserem Krankenhaus in Monrovia, Liberia erschienen. Aber davor hatten wir uns bereits drei Monate lang mit der drohenden Gefahr eines Ebola-Ausbruchs auseinandergesetzt. In den achtunddreißig Jahren, seit das Ebola-Virus entdeckt wurde, war jeder Ausbruch auf kleine ländliche Ortschaften begrenzt gewesen.

Diesmal war es jedoch anders. Diesmal hatte das Virus die perfekte Mischung von Faktoren vorgefunden und verbreitete sich rasend schnell über drei Länder und in wichtige Städte.

In unserem Krankenhaus mit fünfundvierzig bis fünfzig Betten funktionierten wir eilig die Kapelle in eine kleine Quarantänestation um, in der Hoffnung, dass wir sie nicht brauchen würden. Als unsere erste Ebola-Patientin kam, hatten wir die einzige Behandlungsmöglichkeit in ganz Südliberia.

In den Anfangsstadien dessen, was die schlimmste Ebola-Epidemie werden sollte, die es jemals gegeben hat, hatte ich gelernt, sofort an Ebola zu denken, wenn ein Patient mit Fieber und Symptomen, die nur wenige Monate zuvor auf Malaria oder Typhus hingedeutet hätten, in unserer Notaufnahme erschien. Um unser medizinisches Personal zu schützen, behandelten wir sogar alle Fieberpatienten so, als hätten sie Ebola, bis erwiesen war, dass sie nicht mit dem Virus infiziert waren. Alles andere war zu riskant.

Bei dem Ebola-Erreger, den wir beobachteten, betrug die Sterblichkeitsrate 70 Prozent. In unserem Krankenhaus war der Anteil an Todesfällen sogar noch höher, denn nur einer von zwölf Patienten, bei denen das Virus nachgewiesen wurde, überlebte.

Einer.

Das Ebolafieber tötete unsere Patienten nicht nur; es raubte ihnen auch ihre Würde. Die Krankheit demütigte ihre Opfer, indem sie ihnen die Kontrolle über die Körperfunktionen nahm. In einem fort wechselten wir Windeln und Laken und wuschen die Patienten, und wenn sie nicht mehr selbstständig essen konnten, fütterten wir sie.

Da wir ihre Krankheit nicht heilen konnten, konzentrierten wir uns darauf, ihr Gefühl der Isolation zu behandeln, das bei einer Station, die nur zwei Gruppen betreten durften, automatisch entstand. Eine Gruppe war das Pflegepersonal, das immer auf die eigene Sicherheit bedacht sein musste, weil unverhältnismäßig viele Pflegekräfte sich mit der Krankheit infizierten. Die zweite Gruppe waren andere Ebola-Patienten, die vor Schmerzen stöhnten und ächzten, bis ihr Körper den Kampf verlor.

Für alle außer einem war der positive Ebola-Test ein Todesurteil geworden, das die erkrankten Patienten ertragen mussten, zusammen mit dem ängstlichen Personal – manchmal sogar unbekannten Fremden –, die nach so strengen Sicherheitsregeln gekleidet waren, dass nur noch die Augen durch die Schutzbrille zu sehen waren.

Keine Angehörigen. Keine Freunde. Keine vertrauten Gesichter. Kein menschlicher Kontakt.

Ohne Heilung, ohne Hoffnung.

Als die Epidemie schlimmer geworden war und unser Krankenhaus bemüht war, die Kapazitäten auszuweiten, um mehr Patienten aufnehmen zu können, war ich zum Leiter der Behandlungsstation ernannt worden. Ich wurde der Arzt, der dafür sorgte, dass unsere Pflegekräfte richtig ausgebildet waren und ihnen immer wieder versicherte, wenn wir uns an die Vorschriften hielten und als Team zusammenarbeiteten, könne uns nichts passieren. Das Personal hatte mir vertraut, denn bei jedem meiner Patienten war ich entschlossen, das Mitgefühl nicht von der Angst besiegen zu lassen.

Und jetzt stand Dr. Lance Plyler, der Oberarzt, der für die medizinische Hilfe unserer Einrichtung in Sachen Ebola-Epidemie verantwortlich war, vor meinem Schlafzimmerfenster – er durfte mein verseuchtes Haus nicht betreten –, und erklärte mir, dass auch ich mich mit dem Virus infiziert hatte. Dr. John Fankhauser, der neun intensive Monate lang mein Kollege und Mentor in Liberia gewesen war, stand in voller Schutzkleidung an meinem Bett, so wie ich an den Betten von zu vielen Patienten auf unserer Ebola-Station gestanden hatte. Er wollte bei mir sein, wenn Lance die Nachricht überbrachte.

„Ich wünschte, du hättest etwas anderes gesagt“, sagte ich zu Lance.

Zu diesem Zeitpunkt war ich so krank, dass ich mich nicht daran erinnere, diese Worte ausgesprochen zu haben. Aber ich weiß noch, was ich gleich danach sagte.

„Also gut, und was jetzt? Wie sieht unser Plan aus? Was machen wir?“

Ich bin Arzt und dazu ausgebildet, auf ein schlechtes Untersuchungsergebnis mit einem Plan zu reagieren. Wichtiger noch war, dass ich Ehemann und Vater war, und meine Gedanken wanderten zu meiner wunderbaren Frau und meinen Kindern, die zu Hause in den USA waren. Ich würde sie vielleicht nie wiedersehen, geschweige denn sie berühren.

Jetzt starrte ich durch das Schlafzimmerfenster hinaus und sah Lance an. „Wie bringe ich es Amber bei?“

Berufen, den Menschen zu dienen

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