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SAMSTAG, 15. NOVEMBER 2025

Freut mich, dass ihr mal wieder gemeinsam vorbeischaut“, sagte Harald, als er mit hinkendem Gang aus der Küche trat. Er hielt in der rechten Hand eine Packung Würfelzucker, in der anderen ein Milchkännchen.

„Kann ich dir irgendwie helfen?“, fragte Alexander. Es kam ein wenig lustlos heraus, und er hoffte, dass Harald dies nicht bemerkte.

Alina und er waren heute bei seinem Bruder eingeladen und saßen am Kaffeetisch in seiner kleinen, junggesellenhaft eingerichteten Wohnung, in die er nach dem frühen Tod seiner Frau gezogen war. Auf dem Tisch stand ein Marmorkuchen, den Alina im Supermarkt gekauft hatte, wo sie auf dem Weg hierher kurz vorbeigegangen waren. Haralds Wohnung lag nur zwei Straßen von ihrem Haus entfernt, zwischen ihrem Haus und der Praxis von Dr. Andris. Doch es war alles andere als ein Besuch nach dem Motto Ach-was-haben-wir-uns-lange-nicht-mehr-gesehen. Der Anlass war ein weiteres Problem, das sich ergeben hatte, eine weitere Lektion in dem Tutorial Wie verberge ich mein ungeborenes Kind vor der heimtückischen Außenwelt? von Alina und Alexander Schalk.

„Bruderherz, ich bin nicht querschnittsgelähmt oder so“, entgegnete Harald mit einem traurigen Lächeln und stellte Milch und Zucker auf den Tisch, dann humpelte er an seinen Platz und schnitt den Kuchen an.

Er war damals mit seiner Frau Beate in einen üblen Verkehrsunfall geraten. Ein Lkw hatte ihnen die Vorfahrt genommen. Seine Frau hatte es nicht überlebt. Er hinkte seitdem und lachte nicht mehr.

Er trug ein grau-blau-weiß kariertes Hemd und sah mit seinem Bart und der braunen, sommersprossengefleckten Haut wie der klassische Holzfällertyp aus. Ein blasser Holzfäller mit etwas eingefallenen Augen.

Alexander dachte daran, wie sich die Zeiten doch gewandelt hatten. Er erinnerte sich, er hatte früher immer beim Schachspielen gegen Harald gewonnen. Nicht, weil er besser gewesen war, sondern weil er schummelte. Ihrer Mutter war es ein großes Anliegen gewesen, ihre beiden Söhne an die Kunst des Schachspiels heranzuführen, da sie dies für eine kultivierte und intelligenzfördernde Freizeitbeschäftigung hielt. Alexander hatte das Schachspielen stets geliebt. Harald hatte viel lieber auf der Wiese neben ihrem Elternhaus mit den Nachbarskindern Fußball gespielt, doch dies war nur möglich, wenn seine Mutter nicht zuhause war, da sie dieses Spiel in höchstem Maße missbilligte, und, so sie ihren Sohn dabei erwischte, alle erdenklichen Anstrengungen unternahm, ihn wieder zurück ins Haus zu holen, und dies meistens mit Erfolg.

Und wenn sie da war, und ihn gerade die Langeweile quälte, so ließ Harald sich eben von Mal zu Mal von seinem jüngeren Bruder zu einer öden Partie Schach überreden. Es war ihm klar, dass Alexander schummelte, doch es war ihm herzlich egal, sodass dieser sich stets unglaublich gerissen vorkam, in der Annahme, sein Bruder hätte nichts bemerkt.

Dann, ein paar Jahre später, hatte Harald ihm schließlich seine Verabredung für den Unterstufenball am Gymnasium ausgespannt. Ob sein großer Bruder sich dabei gerissen vorgekommen war, wusste Alexander nicht, aber er nahm es an. Hatte er sich damit an ihm rächen wollen, für all die unfairen Schachpartien, die er über sich hatte ergehen lassen müssen? Dies hatte er ihm damals, vor Wut und verletztem jugendlichen Stolz vorgeworfen, doch Harald hatte ihn nur ausgelacht und ihm einen Vogel gezeigt. Und dennoch, insgeheim glaubte Alexander zu wissen, dass er es ihm damit hatte heimzahlen wollen.

„Kaffee?“, fragte Harald, und ehe Alexander antworten konnte, hatte er ihm bereits eingegossen.

„Danke“, sagte dieser geistesabwesend.

Er sah seinen Bruder genau dreimal im Jahr: an seinem eigenen Geburtstag, sowie an dem von Harald und an dem von Alina. Es war auch schon vorgekommen, dass sie sich zu Weihnachten einen Besuch abgestattet hatten. Das war in Alexanders Augen vollkommen ausreichend.

Vor etwa anderthalb Jahren hatte sich herausgestellt, dass Harald einen Gehirntumor hatte. Er nahm es scheinbar gelassen hin und ging seitdem regelmäßig zur Chemotherapie. Für Alexander war dies jedoch kein Grund gewesen, sich nun öfter mit ihm zu treffen. Alina war diejenige, die sich scheinbar die meisten Sorgen machte. Sie telefonierte regelmäßig mit Harald und fragte nach seinem Befinden. Wahrscheinlich stellte er eine Art Verwandschaftsersatz für sie dar.

Auch Alina bekam eine Tasse Kaffee.

Sie unterhielten sich eine Viertelstunde über dieses und jenes, dann kam Alexander zum Thema. „Weshalb wir aber zu dir gekommen sind …“

„Richtig“, warf Harald ein. „Lasst uns doch gleich zur Sache kommen. Was habt ihr auf dem Herzen?“

„Was ich dir jetzt sage, liegt unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit. Es darf absolut niemand davon erfahren, verstehst du?“ Unwillkürlich versuchte sich Alexander an irgendeine Situation in seiner Kindheit zu erinnern, in der sein großer Bruder eines seiner Geheimnisse verraten hatte; doch so sehr er auch grübelte, in den fünf Sekunden, die er sich dazu Zeit nahm, es fiel ihm nichts ein.

Hör doch jetzt um Gottes Willen auf damit, sagte er sich selbst und ballte die Faust. Was hat das denn im Moment für eine Bedeutung?

„Absolut niemand“, wiederholte er, und es musste für Harald so wirken, als warte sein Bruder auf den einsetzenden Trommelwirbel oder auf eine dramatische Orchesteruntermalung. In Wahrheit wollte er damit Alina ganz bewusst zeigen, dass er sie ernst nahm, so wie sie es sich von ihm gewünscht hatte – dass sie keinen Grund hatte, sich allein mit ihrer Angst zu fühlen, dass er fest zu ihr stand. Er lächelte ihr augenzwinkernd zu und fühlte sich fast ein bisschen edelmütig.

„Du hast mein Wort“, sagte Harald und fasste ihn freundschaftlich auf die Schulter. Alexander bemerkte nebenbei, dass Haralds Bart an manchen Stellen bereits ergraut war. Und wieder blitzte ein Erinnerungsfetzen auf: Harald war immer furchtbar stolz auf seinen Bartwuchs gewesen. Seit seinem sechzehnten Lebensjahr hatte Alexander ihn nie mehr rasiert gesehen. Er selbst war nicht so üppig bewachsen und bevorzugte ohnehin totalen Kahlschlag. Erneut musste Alexander sein eigenes Gedächtnis für die Ausdauer bewundern, mit dem es diese nervtötenden, dummen und nutzlosen Erinnerungen an die Oberfläche brachte, wie tote, vergammelte Tintenfische, die von der Flut an einen Badestrand gespült wurden.

„Wir erwarten ein Kind, und zwar bereits seit mehreren Monaten.“

Harald hatte gerade einen Schluck von seinem Kaffee genommen, den er, wie seit seiner Jugendzeit schon, schwarz und ohne Zucker trank. Eigentlich hätte er sich auf melodramatische Weise daran verschlucken und in einen Hustenanfall ausbrechen müssen, hätte die Tasse zitternd auf den Tisch zurückstellen und mit großen Augen ungläubig stammeln müssen: „Was …? Aber – wie ist das denn möglich, du lieber Gott?“ Doch anstatt etwas Vergleichbares zu tun, leerte Harald seine Tasse in einem langsamen Zug, stellte sie zurück auf ihren Platz, faltete die Hände und sagte: „Nun, das weiß ich ja schon.“

Er sah Alexander an, als hätte dieser gerade irgendeinen albernen Zaubertrick vermasselt. Dieser glaubte zuerst, sich verhört zu haben. Vielleicht hatte er sich auch undeutlich ausgedrückt?

„Ähm … wie jetzt?“, hörte er sich fragen, und dann war er es, der sich verschluckte. Harald klopfte ihm mit einer fürsorglichen Geste auf den Rücken. „Na, Alina hat’s mir doch schon vor ein paar Wochen erzählt. Sie war ziemlich besorgt, kann ich ja auch gut verstehen, ist ’ne verdammt komplizierte Sache. Aber das hast du doch sicher gewusst, oder? Na ja, vielleicht ist es dir entgangen, wär ja kein Wunder bei dem Stress, den ihr beide grad haben müsst, aber schadet ja nichts, wenn ich schon vorab informiert bin, und natürlich hab ich auch keiner Menschenseele was davon erzählt.“

Alexander spürte, wie etwas in ihm zu zittern begann; es war ein Zittern, das er von einem gewissen Abend in einer Bar namens Crystal’s kannte; ein Zittern, das er inzwischen zu beherrschen gelernt hatte, indem er sich vorstellte, wie er sich selbst in eine eiserne Rüstung zwängte, die in einem Gefrierschrank gelagert worden war. Er stellte sich vor, wie er in Dunkelheit getaucht wurde, wie das eiskalte Metall sich um seine Haut legte und jedes Gefühl sofort absterben ließ. Das funktionierte. Das war die patentierte Alexander-Schalk-Selbstregulation.

Okay, dachte er. Du hast keine andere Möglichkeit gesehen, du hast dich von mir so allein gelassen gefühlt, dass du dich bei meinem Bruder ausheulen musstest. Fotze. Mag sein, dass du das brauchtest, weil ich mich erst viel später entschlossen habe, zu dir zu stehen – aber der Teufel soll mich holen, wenn du mir das erzählt hast und ich es einfach vergessen habe. Er lachte das unverfänglichste Lachen, das er zustande brachte, und setzte eine überraschte Miene auf. „Na gut, das muss ich wohl tatsächlich nicht mitgekriegt haben. Herrje, und jetzt hätte ich mich gerade so schön wichtig machen und eine richtige Bombe platzen lassen können. Da hat mein Schätzchen mir aber einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht, was?“ Er legte seine Hand auf die ihre und drückte sie. Etwas fester, als unbedingt nötig. Diese lächelte ihn an, während aus ihren Augen Zweifel und Unbehagen sprachen. „Spaß beiseite, das spart wirklich viele Worte, wenn du bereits Bescheid weißt. Worum es uns geht, ist Folgendes: Die Samenbanken sollen bald geöffnet werden, wie du sicher mitgekriegt hast. Die Frauen dürfen bereits aufs Rathaus gehen und ein Samenpräparat beantragen. Wir gingen gestern am Rathaus vorbei, und die Schlange vor der Tür war enorm.“

„Ja, habe ich auch gesehen, als ich in der Stadt war. Schien so, als hätten sich alle Frauen aus dem Dorf samt und sonders dort verabredet.“

„Aber die Regierung hat jetzt im Gegenzug eine neue Reihe von Tests angekündigt, und zwar wird in Kürze jeder einzelne Kerl in Deutschland auf seine Zeugungsfähigkeit getestet, und du kannst dir denken, wo da mein Problem liegt.“

„Hab es in den Nachrichten gesehen. Hab so ziemlich alles mitverfolgt.“ Der bärtige Mann hatte seine gefalteten Hände in den Schoß gelegt und blickte nachdenklich drein. „Wenn ich so drüber nachdenke, Bruder … gebührt dir mein Respekt. Ist ja nicht so, dass es irgendein … Verdienst oder etwas in der Art wäre, aber es flößt einem doch eine gewisse Achtung ein, wenn man bedenkt, wie erbärmlich es um alle anderen Kerle auf der verdammten Welt bestellt ist, man selbst eingeschlossen.“

Alexander konnte nicht umhin, ihm ein Lächeln zu schenken, das dieser jedoch gar nicht sah, da er versonnen ins Leere blickte. „Das weißt du ja nicht. Vielleicht stellt sich bei deinem Test etwas anderes heraus.“

„Klingt nach Spaß“, sagte Harald und lachte heiser, während er sich eine neue Tasse Kaffee eingoss.

„Ich soll dir also ein Päckchen Mayonnaise leihen, sozusagen, weil du glaubst, dass du sie so überlisten kannst.“

Wenn Alina nicht dabei gewesen wäre, hätte er sich gewiss nicht um diese alberne Metapher bemüht, dessen war Alexander sicher. Harald konnte recht derb werden, wenn ihm der Sinn danach stand.

„Ich bin mir sicher. Man wird diese Proben wahrscheinlich kaum zu Hause nehmen und einschicken können oder so, wahrscheinlich wird man nicht drum herum kommen, zum Arzt zu gehen, aber ich kann es mir nur so vorstellen, dass dort jeder eine Einzelkabine haben wird, wo er sein Werk in Ruhe vollenden kann. Alles andere … na ja, so desolat ist die derzeitige Situation nun auch wieder nicht. Jedenfalls würde es niemand mitbekommen, wenn ich die Proben vertausche. Weißt du … wir haben sonst niemanden, den wir um so was bitten könnten.“ Er lachte, und es klang auf eine irrsinnige Art verlegen. Nicht einmal in seinen verrücktesten Träumen hätte er sich vorstellen können, seinen Bruder um so etwas zu bitten. Auf einmal war er nicht mehr sauer auf Alina. Nein, es war eigentlich eine gute Idee, ihn vorab darauf einzustimmen, ihn welchem Schlamassel sie steckten, und es war allemal besser, wenn sie mit ihm darüber sprach, als wenn sie womöglich mit ihren Arbeitskolleginnen plauderte oder mit der Frau ihres Chefs, Sarah Andris, die alle Personen im Dorf, bis hin zu ihrer Schuh- und Körbchengröße, auswendig zu kennen schien. Wohl wahr. Alles in allem ein kluger Schachzug. Er schämte sich, dass er für einen Moment einen solchen Groll gegen sie gehegt hatte. Schach? Hat hier jemand was von Schach gesagt?, quakte plötzlich eine Stimme in seinem Kopf, und er kam sich albern vor.

„Ich würde dich normalerweise zum Teufel jagen, Alex, das würde ich wirklich“, lachte sein Bruder, „aber ich glaube, in diesem Fall kannst du mich um etwas derart Verrücktes bitten.“

„Es würde mir ein große Last abnehmen. Uns beiden.“

„Sagt mir einfach rechtzeitig Bescheid, dann mach ich mich an die Arbeit.“

„Danke.“ Alexander lief ein Schauer über den Rücken.

Eine Zeit lang sagte niemand etwas. Nur das Klappern der Löffel in den Tassen war zu hören, sowie das Kratzen der Gabeln auf den Kuchentellern. Dann Harald, der auf eine angestrengte, greisenhafte Art Luft holte.

„Wenn ihr meine Meinung hören wollt: Beendet die Sache, solange noch niemand davon weiß.“

Wieder Stille. Alexander legte seine Gabel nieder und sah ihn mit zusammengekniffenen Augenbrauen an.

„Mir ist klar, dass ihr das nicht hören wollt, denn ich kann mir vorstellen, wie glücklich ihr trotz aller Umstände sein müsst, aber ganz ehrlich gesagt … Mir ist schleierhaft, wie das auf die Dauer funktionieren soll.“

„Harald“, sagte Alexander mit fester Stimme, „bevor du weitersprichst: Wir sind nicht gekommen, um dich um Rat zu fragen. Du willst uns helfen, und das finde ich großartig von dir, aber …“

„Es gibt Kinderheime, und ihr könnt euch ein Pflegekind nehmen und es adoptieren, das ist fast dasselbe und in jeder Hinsicht besser für euch und das Kind, denn ihr habt ja mitgekriegt, was sie mit diesem armen Kerl in Bonn angestellt haben. Wie stellst du dir das vor, Alex, erklär mir das mal?“ Seine Stimme war lauter geworden. Er hatte die Beine übereinander geschlagen und seine rechte Hand zu einer resoluten Geste erhoben, wie ein Politiker in einer Talkshow, der gerade sein Parteiprogramm erläutert. Alexander hasste es, wenn sein Bruder sich so aufführte. Das hatte er seit jeher getan, schon in seiner Jugend, wenn Mutter nicht zuhause gewesen war und sie ihn gebeten hatte, auf seinen kleinen Bruder aufzupassen. Er ließ keine Gelegenheit aus, sich als Ersatzvater aufzuspielen. Alexander nahm an, dass auch dies einer der Gründe war, warum er es bisher liebend gern Alina überlassen hatte, regelmäßig bei ihm vorbeizutelefonieren. Davor hatte er ihn vielleicht einmal jährlich besucht, und dies auch nur aus reinem Pflichtgefühl. „Harald, bitte …“, sagte Alina mit schwacher Stimme, doch er schien sie zu ignorieren.

„Wie wollt ihr die Schwangerschaft vor den Leuten geheim halten, und wo soll Alina das Kind auf die Welt bringen? Wo soll es aufwachsen, im Keller vielleicht? Alex, du musst doch zugeben, das könnt ihr vergessen. Ich hab es deiner Frau bereits mehrfach erklärt, aber sie scheint doch zu blauäugig zu sein, um der Realität ins Auge zu sehen.“ Das Zittern. Erneut brach es tief aus dem Inneren hervor und erfasste Alexander in einer gewaltigen Woge, sodass er sich selbst für einen Moment die Beherrschung verlieren und seine Faust im Gesicht seines kluge Reden haltenden Bruders platzieren sah. Es war wieder Zeit, die tiefgefrorene Rüstung anzulegen. „Aber wenigstens du solltest zur Vernunft kommen. Du weißt selbst, dass ich recht habe.“

„Nein, das hast du nicht“, sagte Alexander und sah den Mann am Tisch mit dem kältesten Blick an, den er zustande bringen konnte. Für einen Moment schien es in der Wohnung noch eisiger zu sein als in jener Februarnacht, in der er einen angetrunkenen, unglücklich verliebten Jüngling im Hinterhof des Crystal’s verprügelt hatte. „Es ist eine Übergangslösung. Wir sind optimistisch, dass sich die Situation wieder normalisiert.“

Er machte eine Pause und blickte Harald noch durchdringender an.

„Und selbst wenn das nicht der Fall sein wird, egal was passieren mag, was du da redest, das ist keine Option für uns. Du würdest das vielleicht übers Herz bringen. Ich nicht.“

„Das Problem wird sich nicht von selbst lösen. Du musst handeln, Alex.“

„Nein, dass muss ich nicht. Mag sein, dass es in deinen Augen so aussieht. Für uns ist es ein Geschenk, und kein Problem, das einer Lösung bedarf. Alina und ich haben uns dafür entschieden und ziehen die Sache gemeinsam durch.“ Er nahm ihre Hand und drückte sie sanft, während er Harald mit seinem Blick durchbohrte. „Ich will von dir nie wieder etwas in dieser Art hören. Eine Abtreibung kommt nicht in Frage.“

Sein Bruder wandte den Blick ab und ließ die Hände in den Schoß sinken. Mit leicht verdrossener Miene schaute er über den Kaffeetisch, als ob ihm gerade eingefallen wäre, dass es höchste Zeit war, sich einen neuen zu kaufen. „Nun gut.“

Eine unbestimmte Zeit lang herrschte Stille. Vielleicht waren es zwei Minuten, vielleicht auch fünf; vielleicht eine halbe Stunde.

„Wir gehen jetzt“, sagte Alexander schließlich und stand auf, während er Alinas Hand in seiner hielt. Beide hatten sie ihren Kuchen kaum angerührt, am Kaffee lediglich genippt. Sie lächelte ihm zu und stand dann ebenfalls auf. In ihren Augen standen Tränen. Hatte er sie mit seiner harten Ansage derart gerührt?

„In Ordnung“, sagte Harald mit ausdrucksloser Miene und setzte sich in Richtung Flur in Bewegung. Alexander und Alina gingen ihm nach. Als er die Wohnungstür für sie öffnete, sagte er: „Ich wollte es nur erwähnt haben. Schließlich seid ihr mir nicht egal, wisst ihr. Ich mein es nur gut mit euch.“

Alexander trat an ihm vorbei auf die Schwelle. Alina folgte ihm. Er wandte sich zu ihm um und schenkte ihm ein kaltes Lächeln. „Das ist nett. Aber eigentlich geht es dich nichts an. Es ist nicht dein Kind, weißt du?“

„Sicher, da hast du recht“, sagte Harald leise und schloss langsam die Tür.

Operation White Angel

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