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DEZEMBER 2025

Die eingereichten Anträge auf Zuteilung eines Samenpräparates stapelten sich bei den Behörden mit jedem Tag höher, doch nichts geschah. Sie durften noch nicht bearbeitet werden.

In den folgenden Wochen, während der erste Schnee fiel, verging kein Tag, an dem nicht in irgendeiner Ecke Deutschlands die Leute auf die Straße gingen. Die Demonstrationen nahmen immer größere Ausmaße an, die Stimmung wurde immer aggressiver; die Banner und Plakate wurden immer größer und die darauf gedruckten Worte immer harscher. Es gab einen klaren Feind: die Bundesregierung, die mit ihrer offensichtlichen Trägheit die Bevölkerung in den Wahnsinn trieb. Aus den rechten Parteien kam bald der Vorwurf der Entvölkerungspolitik. Der Begriff wurde quasi über Nacht salonfähig, da er wenig später auch aus den eigenen Reihen der konservativen Regierungsparteien zu hören war.

Tatsächlich war die Regierung bemüht, so schnell wie möglich alle nötigen Vorkehrungen zu treffen, um die ersten Samenpräparate für die Bevölkerung freigeben zu können. Doch das war leichter gesagt als getan. Der erste Schritt bestand darin, mit den Samenbanken zu verhandeln (es gab zu diesem Zeitpunkt zwölf dieser Institutionen in Deutschland) und die vorhandenen Vorräte aufzukaufen, sowie die Firmen, die Geschäftsführer und ihre Angestellten angemessen zu entlohnen. Die Sache war bereits nach zwei Wochen ausgehandelt, und das war wesentlich schneller, als man sich zu erhoffen gewagt hatte. Jedoch war es in dieser Zeit bereits mehrmals zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen. Diese wurden noch vehementer, als bekannt wurde, dass nun alle aufgekauften Spermien in die größte deutsche Samenbank, die in Magdeburg lag, verfrachtet werden sollten, um dort eine Art logistisches Zentrum inklusive großem Verwaltungsapparat zu erschaffen. Ein Vorhaben, das von der Opposition, und auch von zahlreichen Stimmen aus der eigenen Partei, als unnötiger und zeitraubender Aufwand kritisiert wurde, aber nichtsdestotrotz umgesetzt wurde. Während sich nun aus den verschiedensten Ecken Deutschlands die ersten gepanzerten Transporter mit all den Stickstoffbehältern, in denen die gespendeten Spermien auf rund minus zweihundert Grad Celsius heruntergekühlt lagerten, in Richtung Magdeburg in Bewegung setzten, versammelte die Regierung eine Schar von Medizinern und Juristen und anderen qualifizierten Beratern um sich, um die weitere Vorgehensweise so schnell wie möglich zu klären. War es praktikabel, genau Buch darüber zu führen, wessen Samenspende welcher Frau zugeteilt würden? Sich von Anfang an auf strikte Anonymität zu einigen, war der einfachste Weg, das war allen Beteiligten klar; weniger klar war jedoch, ob sich dies mit den geltenden Gesetzen vereinbaren ließ. Auf welche Art und Weise sollte die künstliche Befruchtung erfolgen? Die Ärzte waren sich bei dieser Frage allesamt uneinig, doch ihre Wichtigkeit lag auf der Hand: Sie entschied darüber, welche Samenmenge pro Befruchtungsversuch verbraucht werden musste, um eine Schwangerschaft überhaupt statistisch gesehen wahrscheinlich zu machen. Abgesehen davon führten die unterschiedlichen Möglichkeiten auch zu unterschiedlichen Gesamtkosten. Es vergingen weitere zwei Wochen, und die öffentliche Unruhe weitete sich auf andere Schauplätze aus: auf die Schlangen vor den Rathäusern. Es kam nunmehr täglich zu Auseinandersetzungen zwischen den Frauen, die alle darauf drängten, so schnell wie möglich ihren Antrag ausfüllen zu können. Die Damen gingen so aggressiv aufeinander los, dass vielerorts Krankenwagen vor den Rathäusern vorfuhren; die meisten der Antragstellerinnen blieb jedoch unversehrt oder kam mit ein paar Abschürfungen, Kratzspuren oder Bisswunden davon. Eines Abends, als Alexander nach Feierabend heimkehrte, begegnete ihm Simons Gattin in der Westendstraße. Auf ihrem rechten Auge war ein azurblaues Veilchen erblüht, und einen Tag später am Stammtisch bestätigte ihm Simon, dass seine Frau vor dem Rathaus einen Schlag ins Gesicht verpasst bekommen hatte; dabei spielte ein leicht amüsiertes Lächeln um seine Mundwinkel.

Alexander verfolgte die Berichterstattungen sehr genau und begann Hoffnung zu schöpfen. Sollten die Samenbestände in absehbarer Zeit der Bevölkerung tatsächlich zugänglich gemacht werden … dann würde er es vielleicht schaffen, Alina davon zu überzeugen, dass ihr Versteckspiel nicht mehr nötig war.

Die Beratungen gingen weiter, und schließlich einigte man sich mit den Ärzten auf die unkomplizierteste Befruchtungsmethode, um so schnell wie möglich so viele Frauen wie möglich versorgen zu können. Die letzte verbliebene Hürde war nunmehr die deutsche Gesetzgebung. Die Juristen wiesen daraufhin, dass das gesamte Vorgehen mit dem Embryonenschutzgesetz nicht in Einklang zu bringen war, und dass es hier einer tiefgreifenden Gesetzesänderung bedurfte; hiermit stießen sie bei der Regierung jedoch auf taube Ohren, denn diese beendete die Beratungsgespräche kurzerhand und verzichtete auf die Meinungen des Bundestages. Am zweiten Weihnachtsfeiertag gab sie dem Samenzentrum in Magdeburg, das inzwischen ausreichend organisiert war, die Anweisung, die eingereichten Anträge zu bearbeiten.

Operation White Angel

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