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Schatten über der Liebe

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Das Bett war schon immer mein liebster Rückzugsort gewesen. Ich lag also auf der Tagesdecke und starrte gegen die Decke. Dennis hatte mich heute Morgen fragend angesehen und mir dann spontan mitgeteilt, dass er sich heute um Naike kümmern wolle. Ich musste wohl Mitleid erregend ausgesehen haben. Weitere Fragen hatte er nicht gestellt, was wirklich ungewöhnlich war.

Also lag ich auf dem Bett und starrte gegen die Decke. Draußen verpasste ich ohnehin nichts. Es hatte heute Morgen ein heftiges Sommergewitter gegeben und nun dampfte das ganze Wasser nach oben. Es war feucht-heiß und unangenehm draußen. Hier ließ es sich zumindest aushalten.

Oben summte eine Fliege und krabbelte an der Decke rum. Wie die Aliens wohl aussehen, wenn sie nicht gerade wie wir aussehen? Was hatte ich denn wirklich geküsst? Eigentlich wollte ich doch gar nicht weiter daran denken! Ich musste mich ablenken.

Musik ist immer eine gute Methode, um auf andere Gedanken zu kommen. Handy raus, Playlist ausgewählt. Mist, den Bluetooth-Lautsprecher vergessen anzuschalten.

Musik entspannt. Warum singen alle immer von Liebeskummer? Und hatte ich Liebeskummer? Oder war mir übel, weil ich einen Alien geküsst hatte? Und was sollte das Geflacker? Ich habe Rìccio gesehen und dann wieder Chiòcciola. Immer im Wechsel. Was sollte das?

Dabei wollte ich doch eigentlich die Bilder aus dem Kopf bekommen. Gegen die merkwürdigen Pasten hatte zumindest Zähneputzen und Gurgeln geholfen. Nur was macht man bei seinem Kopf.

Und dann war auf einmal die Gedankenklingel wieder da. Ich wollte niemanden sehen Chiòcciola nicht und Rìccio schon gar nicht. Kopfkissen über dem Kopf half auch nicht. Musik lauter? Die Gedanken waren immer noch da.

‘Lass mich rein. Bitte! Ich muss dir etwas sagen.’

Nein. Ich wollte niemanden hier haben. Dennis hatte das schon richtig erkannt, als er mir kommentarlos Naike abgenommen hat. Wie bekomme ich die Gedanken aus meinem Kopf?

‘Bitte, mach die Tür auf!’

Nein, der soll dahin gehen, wo der Pfeffer wächst. Nein noch besser, in sein eigenes Sonnensystem! Am besten zu Fuß! Da kann er flackern, solange er will!

Bei Geräuschen helfen Stöpsel in den Ohren. Wie aber bekommt man Ruhe im Kopf bei schrillen Gedanken. Irgendwann wurde es mir zu viel und ich rannte die Treppe herunter. Es war Chiòcciola und nicht Rìccio.

‘Danke.’

Wortlos ging ich zurück in mein Zimmer. Chiòcciola folgte mir. Ich setzte mich im Schneidersitz in die hintere Ecke auf mein Bett. Chiòcciola nahm auf dem Schaukelstuhl in der anderen Zimmerecke Platz.

‘Es tut mir leid. Das habe ich wirklich nicht gewollt und es hätte auch eigentlich gar nicht passieren dürfen.’

„Du? Rìccio doch wohl eher!”

‘Nein. Wir sind ich.’

„Das wird jetzt schon etwas gruselig, oder?”

‘Das Konzept, welches ihr habt, gibt es so bei uns in der Welt nicht. Deswegen war es für mich so spannend.’

„Du sprichst in Rätseln. Was für ein Konzept?”

‘Du und Dennis. Ihr seid zur selben Zeit geboren. Einmal als Junge, einmal als Mädchen, das meine ich.’

„Und was gibt es nun bei euch nicht. Zwillinge? Und übrigens nicht gleichzeitig. Ich war zuerst; mit deutlichem Abstand!”

‘Beides nicht. Zwillinge und Mädchen und Jungen.’

„Nun, wenn es keine Mädchen und Jungen gibt, dann ist mir schon klar, warum ihr Schwierigkeiten mit den Zwillingen bekommt.”

‘Das ist ja das Kernproblem. Ich war neugierig und habe es zugelassen, weil ich dachte, es könnte gar nicht passieren mit jemandem aus einer anderen Welt.’

„Was hätte nicht passieren sollen?”

‘Das, was du beobachtet hast. Das passiert, wenn wir uns verlieben.’

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Was dann kam war eine große Abhandlung über das Liebesleben der Aliens. Ich war so baff, dass ich gar nicht fähig war, Chiòcciolas Redeschwall zu unterbrechen. Wobei es ja mehr Gedankengebilde waren, die durch meinen Kopf rasten. Zeitweise war mir regelrecht schwindelig von all den Bildern, die in meinem Kopf entstanden und sich miteinander vernetzten. Bilder von ihrer Kindheit, ihren Eltern. Ich kann hier nur einen kleinen Teil der Unterhaltung wiedergeben. Für einiges habe ich keine passenden Worte um die Bilder zu beschreiben.

‘Bei uns ist, anders als bei euch, beides angelegt. Wenn wir uns verlieben, erst dann werden die Rollen festgelegt.’

„Wie beides angelegt? Welche Rollen?”

‘Wenn wir eine Familie gründen, meist sind wir dann so zwischen 200 und 250 Jahre alt, dann überlegen sich beide, wer welche Rolle übernimmt.’

„Ihr stimmt darüber ab, wer Vater und wer Mutter ist?”

‘Im Prinzip ja. Das ist das, was du gesehen hast, als du deine Augen geöffnet hast. Du hast bestimmt ein Flackern gesehen. Bei diesem Prozess, wechseln sich unsere Persönlichkeitsbestandteile ab und es wird bestimmt, wer für welche Rolle in dieser Beziehung und für das Baby am geeignetsten ist. Wie gesagt, es war unpassend und hätte nicht passieren dürfen.’

„Wie schmeichelhaft! Unpassend!”

‘Nein, wirklich schmeichelhaft. Denn es zeigt, dass ich dich lieber habe, als mir bewusst war. Denn dieser Prozess läuft ja unbewusst und nur, wenn es zwischen zweien richtig stimmt.’

„Du hast mich als Elternteil für deinen Nachwuchs ausgesucht? Oder doch eher Rìccio?”

‘Wir sind beide eins. Ist dir aufgefallen, dass du uns nie gleichzeitig gesehen hast? Und ja, aber wenn, dann für unseren Nachwuchs! Aber ehrlich gesagt. Es könnte ja gar nicht funktionieren. Und außerdem bin ich viel zu jung dazu.’

„Was soll ich sagen, ich bin 130 Jahre jünger als du, und in unserer Gesellschaft wäre es eine Katastrophe, wenn ich jetzt schwanger werden sollte.”

‘Wieso du. Vielleicht hätte ich ja das Baby bekommen.’

„Echt jetzt? Glaubst du bei mir hätte das Geflacker auch funktioniert? Doch wohl eher nicht! Ich bin schon definiert, zumindest welche Rolle ich übernehme. Das wird jetzt wirklich gruselig!”

‘Du hast wahrscheinlich Recht. Aber ich weiß nicht so recht, ob mir das gefallen hätte. Denn ich kann mit dir irgendwie als Chiòcciola besser sprechen, als in der Rolle als Rìccio.’

„Aber dann hätte sich die Frage ja gar nicht gestellt. Dann wäre es ja gar nicht zu dem Kuss gekommen, oder?”

‘Manchmal entscheiden sich bei uns auch beide für dieselbe Rolle. Dann gibt es allerdings meist auch keine Babys.’

„Bei uns gibt es das auch, aber das wäre nichts für mich. Nein, wirklich!”

‘Dann ist für euch die Rolle von jemanden das entscheidendere Auswahlkriterium, als die Person selbst? Ich meine, lieber jemanden mit der passenden Rolle als eine passende Person?’

„Eure Gedankentricks bringen mich ganz durcheinander. Erst kann ich mir vorstellen, einen Freund von Dennis zu küssen, dann ist er gleichzeitig meine Freundin, und dann will die plötzlich ein Alien-Baby von mir. Das ist ein bisschen viel für einen verregneten Sommertag, findest du nicht? Ich bin fünfzehn!”

‘Zumindest hast du mich wieder Freundin genannt. Das ist schön. Und, du hast es getan, das mit dem Kuss und nicht nur vorgestellt. Und mir hat es gefallen.’

„Mir auch! Das ist ja das Problem.”

Die Chiòcciola-Trilogie

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