Читать книгу Mond der Unsterblichkeit - Kim Landers - Страница 5

Prolog

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Das Beltanefeuer loderte in der Dunkelheit, um die letzten Geister des Winters fortzutreiben.

Eine rothaarige, junge Frau näherte sich und starrte fasziniert in die Flammen. Feuer zog sie magisch an, es besaß etwas Gefährliches und Sinnliches zugleich.

Über die Köpfe der anderen hinweg winkte sie ihrem Freund zu, der auf der anderen Seite des Feuers stand, die Hände tief in den Taschen seiner Jeans vergraben. Seine breiten Schultern steckten in einem weißen Hemd, das bis zum Hosenbund aufgeknöpft war und seine muskulöse Brust entblößte. Sie leckte sich über die Lippen. Er war sexy, und ließ andere Männer blass erscheinen.

Stimmengewirr und Gitarrenklänge vermischten sich zu einer immer lauter werdenden Geräuschkulisse. Viele Bewohner Gealachs hatten sich auf der Lichtung versammelt. Unter Gelächter prosteten sie sich zu oder tanzten ausgelassen ums Feuer, das in dieser Nacht jedem magische Kräfte versprach. Einem alten Brauch zufolge, hielt das Glück von Liebespaaren ein Leben lang, wenn sie Hand in Hand über die Flammen sprangen, die aus dem niedrig aufgeschichteten Reisighaufen züngelten. Diese Chance bot sich nur ein Mal im Jahr, und viele stellten sich an, um diesen Sprung zu wagen.

Auch die Rothaarige wurde aufgefordert, lehnte aber ab. Stattdessen ging sie ums Feuer zu ihrem Freund, zupfte ihm am Ärmel, und warf ihm einen bedeutungsvollen Blick zu. Ein lüsternes Grinsen erschien auf dem gut geschnittenen Gesicht mit dem Dreitagebart, als er ihre Hand ergriff. Heimlich stahlen sie sich von der Feier. Hand in Hand rannten sie durch den Wald den Hügel empor, auf dessen Kuppe sie ungestört sein würden.

Nur spärlich fiel das silbrige Mondlicht durch die dichten Baumkronen. Ausgelassen sprangen sie über Moospolster und Baumwurzeln. Es war herrlich, sich frei und unbeobachtet zu fühlen. Eine leichte Böe fegte die letzten Regentropfen von den Blättern als Sprühregen auf sie herab. Die Frau schrie erschrocken auf, als sich ein Schwall Wasser über sie ergoss. Während sie stehen blieb, und die Nässe aus Haaren und Kleidung schüttelte, war ihr Begleiter bereits weitergelaufen. Ein kühler letzter Apriltag. Seit Tagen hatte es fast ununterbrochen geregnet. Der Waldboden war matschig, und der würzige Duft von feuchter Erde und Moos schwebte in der Luft.

„Hey, warte doch! Nicht so schnell!“, rief sie ihrem blonden Freund zu, der mit weit ausholenden Schritten bereits den Hügel erklomm. Da er nicht auf sie wartete, rannte sie hinter ihm her, stolperte über eine Baumwurzel, und fluchte. „Warte! Ich bin nicht so sportlich wie du. So habe ich mir das nicht vorgestellt!“, rief sie ihm hinterher, ohne eine Antwort zu erhalten. „Bitte bleib stehen. Verdammt!“ Tränen schossen in ihre Augen, als sie auf dem matschigen Untergrund erneut ausglitt, und mit dem Fuß umknickte. Leise schimpfte sie vor sich hin, weil er auf ein Schäferstündchen an seinem Lieblingsplatz bestanden hatte, einem Viehunterstand in der Nähe des Steinkreises. So eine blöde Idee.

Bevor sie sich vom Boden aufrappelte, war er bei ihr und fasste sie am Ellbogen.

„Komm schon, Honey, ich kann’s kaum erwarten, an diesem unheimlichen Ort mit dir Sex zu haben.“ Er grinste. Seit sie denken konnte, rief man sie Honey. Die meisten kannten ihren richtigen Namen nicht. Aus seinem Mund klang es sinnlich, begehrenswert.

„Mist, ich hab mir den Knöchel verknackst, und meine Schuhe sind durchweicht. Ich hab das Gefühl, auf Schwämmen zu laufen“, jammerte sie.

Er lachte rau. „Wir haben es gleich geschafft. Es wird unvergleichlich. Über uns der Vollmond, die laue Nacht. Wir beide ganz allein. Wir lieben uns auf Moos …“

„Und kriegen einen nassen Hintern. Darauf kann ich verzichten.“

„Vielleicht liegt noch Heu im Unterstand.“

Honey legte die Hände auf seine Schultern. „Lass uns wieder zurückgehen, und ein warmes Plätzchen suchen. Mir wird kalt.“

„Ich wärme dich.“

Er zog ihren Körper an sich. Sie kicherte, als er seinen Unterleib an dem ihren rieb. Seine Lippen trafen die ihren. Sie schlang die Arme um seinen Hals, und erwiderte den Kuss. Er stöhnte auf, schob seine Hände unter ihren Pullover, um ihre nackten Brüste zu umfassen.

„Deine Haut ist so warm und riecht süß. Ich möchte dich am liebsten gleich ausziehen.“

Seine Hand glitt in den Bund ihrer Jeans, um noch mehr von ihr zu spüren.

In dem Augenblick, als er ihr lockiges Dreieck ertastete, schraken sie durch einen lauten Knall zusammen.

„Was war das?“ Honeys zitternde Hand suchte die seine.

„Vielleicht haben die Bengel von den McCormicks was ins Feuer geworfen.“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, das klang eher wie ein gewaltiger Trommelschlag, und kam aus der Nähe des Menhirs. Vielleicht der alte Hermit? Der besitzt eine Trommel. Lass uns nachsehen. Nicht auszudenken, wenn uns jemand beim Sex beobachten würde!“

„Ach, Quatsch. Und wenn schon? Gäbe doch den Kick! Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass da oben auf dem Hügel niemand ist. Die sind alle beim Fest“, wehrte er ab, und zog sie erneut in die Arme. Sie stemmte sich gegen seinen Brustkorb.

„Ich möchte lieber nachsehen, ob es wirklich nur Hermit ist. Den werden wir schnell los, der verpfeift uns nicht. Nun sei kein Spielverderber, lass uns weitergehen. Wir haben noch die ganze Nacht Zeit. Meine Eltern glauben eh, dass ich bei Jenni übernachte.“

„Na gut, aber danach gehen wir direkt zu meinem Lieblingsplatz, um endlich zur Sache zu kommen. Versprochen?“

„Versprochen.“

„Okay, lass uns nachsehen.“

Er zog Honey hinter sich her. Sie erreichten den Waldessaum und überquerten die Wiese, auf der ein einzelner Menhir vom Mond bestrahlt wurde, als stünde er unter einem Spotlight.

„Hier ist es irgendwie unheimlich.“ Honey blickte sich ängstlich nach allen Seiten um. Von Hermit war nichts zu sehen. Plötzlich hörten sie einen tiefen, monotonen Gesang. Wieder folgte ein Trommelschlag.

„Vielleicht tanzen dort oben die Hexen auf den Steingräbern.“ Ihr Freund zog eine Grimasse, hüpfte mit einem imaginären Besen zwischen den Beinen herum, und lachte dabei.

„Oder Revenant ist zurück und will dein Blut aussaugen!“

„Hör auf mit dem Blödsinn. Es gibt keine Hexen und Vampire.“ Sie stieß ihm den Ellbogen in die Rippen.

„Und es gibt sie doch! Meine Tante Cecilia ist eine Hexe“, behauptete er.

Honey winkte ab. „Das sagst du nur, um dich wichtig zu machen. Es gibt keine Hexen!“

Der anschwellende, tiefe Gesang ließ sie innehalten.

„Wir sollten doch lieber gleich zu deinem Lieblingsplatz gehen.“

„Du wolltest wissen, ob es der alte Eremit ist. Jetzt kneif nicht, lass uns nachsehen, was er dort treibt. Ich bin neugierig geworden. Anscheinend ist er nicht allein. Vielleicht macht er was Verbotenes?“

„Ach, ich weiß nicht. Und wenn er uns erkennt und verrät?“

„Eben hast du noch was anderes gesagt. Aber der wird uns nicht erwischen. Ich kenne mich hier gut aus.“

Ohne ein weiteres Wort folgte sie ihm. Als sie sich dem Steinkreis näherten, sahen sie mittendrin ein offenes Feuer, viel beeindruckender als das Beltanefeuer. Ein Dutzend dunkler Kuttenträger scharten sich um einen Mann, der als Einziger unter ihnen eine weiße Kutte trug, und einen hölzernen Stab zum Himmel hob. In der anderen Hand hielt er eine dampfende Schale. Immer wenn er etwas daraus ins Feuer goss, schlugen zwei die Trommel. Alle Gesichter lagen tief in den Kapuzen und waren nicht zu erkennen.

„Das ist bestimmt nicht Hermit“, flüsterte Honey.

Als sie anhob, mehr zu sagen, verschloss ihr Freund mit seiner Hand ihren Mund. Dann zog er sie in den Schutz der Bäume zurück. Wütend schob sie seine Hand fort.

„Was soll das?“, zischte sie und stemmte die Hände in die Hüften.

„Sei leise, sonst entdecken die uns. Ich möchte noch ein wenig näher ran und hören, was da abgeht“, flüsterte er, und wollte sich an der Baumreihe entlang zum Steinkreis bewegen. Sie hielt ihn am Arm zurück.

„Sag mal, spinnst du? Dort erwischen die uns doch sofort, und zählen eins und eins zusammen. Da können wir gleich in Gealach erzählen, dass wir die ganze Nacht zusammen verbracht haben. Ich will mir gar nicht ausmalen, was alle dazu sagen werden.“

„Die werden uns schon nicht erwischen, vertrau mir“, antwortete er voller Zuversicht, und lief weiter, sodass Honey nichts anderes übrig blieb, als ihm zu folgen, denn sie kannte den Rückweg zum Beltanefest nicht.

Sie umrundeten den Steinkreis, und verbargen sich an der Stelle im Unterholz, der den besten Ausblick auf das Geschehen bot. Honey würgte, als sie erkannte, wie der in Weiß Gekleidete einem Raben mit bloßen Händen den Kopf abdrehte, und das Blut aus dem Rumpf in die dampfende Schale tropfen ließ. Vom Ekel überwältigt, barg sie ihren Kopf an der Schulter ihres Freundes, und schloss die Augen.

„Der Weiße ist ein Druide. Ich frage mich, welches Ritual der hier praktiziert. Meine Tante hat mir von so was nichts erzählt“, flüsterte er, und verfolgte neugierig jede Handbewegung.

„Ist mir egal. Ich finde es nur eklig. Wir haben genug gesehen, komm. Das ist sowieso nicht Hermit. Die hier interessieren mich nicht. Wo ist denn nun dein Lieblingsplatz? Lass uns gehen.“ Sie wollte ihn fortziehen, aber er streifte ungeduldig ihre Hand ab.

Inzwischen waren die Trommelschläge verklungen, und der Druide rief Worte in einer fremden Sprache. Ein zustimmendes Raunen der anderen folgte. Dann herrschte Stille, die nur vom Knistern des Feuers unterbrochen wurde. Honey machte einen Schritt rückwärts. Dabei trat sie auf einen Ast. Das knackende Geräusch durchschnitt die Stille. Alle Köpfe drehten sich ruckartig in ihre Richtung.

„Mist! Jetzt hast du uns verraten! Nichts wie weg hier.“ Ihr Freund packte sie am Arm und riss sie mit sich.

Sie liefen in die gleiche Richtung, aus der sie glaubten, gekommen zu sein. Aber als sie die Baumgrenze auf der gegenüber liegenden Seite des Steinkreises erreichten, stoppte er.

„Scheiße! Welches ist bloß der richtige Weg?“, rief er aus, und fuhr sich durch die blonden Haare.

„Ich dachte, du kennst dich hier aus“, warf Honey ihm vor.

„Nach links“, entschied er, und zog die humpelnde Freundin erneut hinter sich her. „Scheiße, die folgen uns!“, rief er.

Dumpfe Schritte näherten sich den beiden in raschem Tempo.

„Ergreift sie! Sie dürfen nicht entkommen!“, brüllte einer der Kuttenträger.

Sofort erhöhten beide das Tempo. Unter Tränen hielt Honey so gut es ging mit. Endlich erreichten sie den Waldweg, der zum Parkplatz führte, auf dem sie den Wagen vor dem Beltanefest geparkt hatten.

„Da lang!“, trieb ihr Freund sie an.

Honeys Knöchel knickte erneut um. Sie schrie auf und stoppte. „Ich kann nicht mehr, es tut so weh“, japste sie und rieb sich den Knöchel.

„Du willst doch nicht, dass die uns einfangen. Komm schon, wir haben es gleich geschafft.“

Er klang verärgert und zerrte an ihrem Arm. Honey strauchelte und fiel mit einem Aufschrei der Länge nach hin. Im gleichen Moment wurden sie von den Kuttenträgern umringt, die an Mitglieder des Ku-Klux-Clans erinnerten. Ihr Freund zog sie hoch, und umfing stützend ihre Taille. Er versuchte, mit ihr aus dem Kreis zu fliehen. Doch zwei Hünen versperrten den Weg.

„Was soll das? Wir haben nichts getan. Lassen Sie uns gehen.“ Honeys Freund stellte sich schützend vor sie.

„Bist du nicht der Neffe von Cecilia, der Hexe?“ Der Druide in der weißen Kutte drängte sich durch die Umstehenden, und trat auf ihren Freund zu. Noch immer war dessen Gesicht tief in der Kapuzenhöhle verborgen und nicht zu erkennen.

„Ja“, antwortete ihr Freund atemlos, und starrte den Druiden fragend an. „Ich kenne Sie nicht. Wer sind Sie? Und was wollen Sie von uns? Wir sind nur im Wald spazieren gegangen.“ Er zog die zitternde Honey schützend an sich.

Ohne auf die Fragen einzugehen, befahl der Druide, ihnen zu folgen. Als sie sich zur Wehr setzten, wurden sie mit Stößen in den Rücken vorwärts getrieben. Man führte sie zum Steinkreis zurück.

„Was wollen die von uns?“, wisperte Honey mit tränenerstickter Stimme.

„Ich weiß es nicht. Aber sie werden uns schon nichts tun“, versuchte er sie zu beruhigen.

Die Kuttenträger zwangen sie, niederzuknien. Einer von ihnen band ihnen die Hände hinter dem Rücken mit einem Strick zusammen. Dann trat der Druide auf sie zu, fasste sie nacheinander derb am Kinn und zwang sie, den Mund zu öffnen. Ihr Freund wehrte sich, aber die Kuttenträger drückten ihm unerbittlich die Schultern nach unten, und hielten seinen Kopf fest. Honey hingegen ließ alles ohne Gegenwehr über sich ergehen. Sie warf einen Blick auf ihren Freund, der bleich und zitternd ihr gegenüber am Boden kniete. Die gewohnte Selbstsicherheit in seinen Augen hatte sich in Furcht verwandelt. Der Druide holte eine kleine, bauchige Flasche aus seiner Hosentasche, und flößte ihnen nacheinander den Inhalt ein. Kurz darauf stöhnten beide auf.

Dann erlahmte jede Gegenwehr, ihre Schultern sackten kraftlos herab, und der Kopf kippte nach vorn, dass das Kinn auf der Brust lag. Einer der Hünen trat vor Honey, zog ihr die Jacke aus und riss ihr mit derben Griffen die Bluse vom Leib. Sie zitterte und Tränen liefen ihre Wangen hinab. Nur ein leises Wimmern kam über ihre Lippen. Sie flüsterte ein Gebet, und bat darin, in Ohnmacht zu fallen.

Der Hüne schlitzte mit einem Messer das Hemd ihres Freundes am Rücken auf. Mit der dampfenden Schale in der Hand beugte sich der Druide zu Honey, tauchte seine Hand in die rote Flüssigkeit, und bestrich damit ihr Gesicht und den nackten Oberkörper. Es war das Blut des Raben, vermischt mit einem unbekannten, nach Schwefel riechenden Sud. Sie begann zu würgen. Der Druide murmelte erneut Worte in der fremden Sprache, und wandte sich ihrem Freund zu, um auch ihn mit dem Sud zu bestreichen. Die Schale stellte er zurück auf die Steine und streckte die Arme gen Himmel.

„Dämonen, nehmt diese Opfer an, in der Nacht des Mondes der Unsterblichkeit!“

Honey zitterte, ihr Atem bildete in der plötzlichen Kälte weiße Wolken vor ihrem Mund. Ihre Lippen formten tonlose Worte. Tränen liefen unaufhaltsam über ihr verschmiertes Gesicht, und tropften vom Kinn auf ihre Brust. Ihr Blick sah flehend zu den Umstehenden, die mit verschränkten Armen, Statuen gleich, dastanden.

Sie schluchzte auf. „Bitte … Bitte lassen Sie … uns gehen.“

Die Temperatur sank weiter rapide. Nebelschwaden zogen heran und hüllten sie in einen Gazeschleier. Daraus griffen Hände nach ihr, deren Besitzer nicht zu erkennen waren, zerrten grob an ihren Haaren und Schultern. Voller Entsetzen weiteten sich Honeys Augen. Krallen bohrten sich in ihren Rücken. Wie Raureif überzog gefrierender Schweiß ihre Haut. Selbst das Blut, das aus ihren Rückenwunden sickerte, begann zu gefrieren. Eine blasse Zunge versuchte gierig das Blut fort zu lecken, bevor es vollends gefror. Honeys Augen rollten unkontrolliert, bis nur noch das Weiß darin zu sehen war.

Andere Hände aus dem Nebel zerrten ihren Freund an den Haaren fort. Er stieß animalische Schreie aus, als Krallen auch in seinen Rücken stießen. Behaarte Hände umschlossen seine Kehle und drückten zu. Seine Augen traten hervor, während er nach Luft rang. Aus seiner Kehle ertönte ein heiseres Gurgeln.

Die Krallenhände wanderten über Honeys nackten Leib, sanft, fast andächtig. Sie mündeten in Pfoten, die gierig ihre Brüste umspannten. Ein tiefes Knurren erklang, das Honey erneut zum Wimmern brachte.

Die Krallen der Kreatur glitten fächerartig über ihre Schultern zu ihrem Brustansatz, scharf wie Rasierklingen. Rote Streifen zogen sich über ihre Brüste bis zum Bauchnabel. Es waren feine Schnitte, die zu dampfen begannen. Langsam sickerte Blut aus ihnen, in einem fadendünnen Strahl, der die roten Streifen in Zickzackbahnen verwandelte. Das Gleiche vollzog sich auf ihrem Rücken. Gierig leckte eine Zunge, dessen Besitzer im Nebel verborgen blieb, über die blutenden Wunden. Eine Kralle drang seitlich in ihren Hals, bohrte sich langsam durch den Kehlkopf nach oben, um die Zunge zu durchstoßen und in ihre Mundhöhle einzudringen. Eine weitere durchdrang erneut ihren Rücken und bohrte sich in ihre Lunge. Warmes Blut floss aus Mund und Hals über ihren kalten, erstarrten Körper. Mit einem Ruck zogen sich die Krallen aus Hals und Rücken zurück. Dann zerrten sie an ihren Armen, fuhren unter ihre Haut und spannten sie so, dass der Feuerschein hindurch leuchtete. Honeys Lider flatterten, während aus ihrer geschundenen Kehle nur ein heiseres Röcheln ertönte. Die Arme der sonst unsichtbaren Kreatur, hieben wie Windmühlenflügel klatschend auf ihren Rücken ein, und zogen sie mit sich in einen Strudel des Schmerzes, der sie in tiefe Dunkelheit versinken ließ.

Auch der Körper ihres Freundes wurde von Klauenhänden gepackt, deren Besitzer noch immer verborgen blieb. Dort, wo die spitzen Klauen sich in sein Fleisch bohrten, floss das Blut zäh, bis es in dicken Tropfen erstarrte. Während sein Körper unkontrolliert zuckte, als jagten Stromstöße hindurch, verzerrte sich sein Gesicht zu einer Fratze. Dann erschlaffte er, das Zucken hörte auf. Sein Schrei hallte durch die Nacht und verstummte dann so plötzlich, als hätte man ihn abgeschnitten. Schließlich verschwand er mit dem Nebel, der sich in Nichts auflöste.

Mond der Unsterblichkeit

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